Griechenland 2016 – Tag 1: Von mcgyverhaften Internetverbindungen, egoistischem Baden im Meer, herausfordernden Großeinkäufen und bemerkenswerten Abendessen

Wache um 7.30 Uhr auf. Der Rest der Familie schläft noch. Beginne den Tag, indem ich am Laptop eine Internet-Verbindung herstelle. Wie sich herausstellen soll, ist dies ein Unterfangen, das sich einfacher anhört, als es tatsächlich ist.

Die Urlaubskasse immer im sparsamen Blick checke ich zunächst die WLAN-Netzwerke in der Gegend. Finde tatsächlich ein Offenes von einem nahegelegenen Ressort und versuche, mich einzuwählen. Der Rechner ruckelt, rödelt und röchelt. Nach einer gefühlten Ewigkeit gibt er schließlich auf und schüttelt den imaginären Kopf. Keine Verbindung möglich!

Nun gut. Stöpsel also den Surf-Stick mit Prepaid-Guthaben ein, den ich für Fälle wie diesen extra noch in Berlin gekauft hatte. Schon beim Einstecken in den dritten USB-Anschluss erkennt der Computer endlich den Stick und der Browser öffnet sich. Mein Telefonanbieter begrüßt mich freundlich, um mir mitzuteilen, dass ich mich in Griechenland befinde. (Vielen Dank, so weit war ich auch schon.) Danach stellt er bedauernd fest, es könne keine Internetverbindung hergestellt werden, da sich auf der Prepaid-Karte nur noch ein Guthaben von 0,02 Euro befänden. (Früher hätte ich dafür beim Bäcker wenigstens noch ein Brause-Bonbon kaufen können, aber das hilft jetzt auch nicht weiter.)

Um unbegrenzten Surf-Spaß zu genießen, solle ich einfach ein günstiges Tagespaket buchen. Online. Wie das ohne Internetverbindung funktionieren soll, erklärt mir der Telefonanbieter nicht.

Versuche nun, über mein Handy Guthaben auf die Karte zu überweisen. Das klappt zunächst erstaunlich problemlos. Bis kurz vor Schluss, als mir die Bank mitteilt, ich hätte auf meinem Smartphone das Online-Banking nicht freischalten lassen. Es wäre auch zu einfach gewesen!

Als letzter Ausweg bleibt mir nun, mein Handy als mobilen Hotspot einzurichten. Sagt mir zumindest Google. Stelle also eine Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Laptop her. Dies liest sich für Sie jetzt recht trivial, aber in der Realität braucht es mehrere Anläufe inklusive dem mehrmaligen Aus- und Anschalten des Flugmodus sowie dem mehrfachen Runter- und Hochfahren des Computers, bis die Internetverbindung mittels Tethering steht (So der Fachbegriff, den ich heute gelernt habe. Da macht lebenslanges Lernen endlich mal Sinn.)

Fühle mich jetzt wie McGyver. Nur, dass ich die Internet-Verbindung nicht mit einer Büroklammer, Panzerband und einem Schälchen Olivenöl hergestellt habe, sondern mit einem hochmodernen Mobiltelefon. Und jeder mittelmäßig begabte Fünfjährige hätte es schneller hinbekommen. Aber das ist mir egal, denn „ich bin jetzt drin“. (Schön, wenn man mal sein altes Jugendidol zitieren kann.)

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Inzwischen sind auch die Frau und die Kinder aufgewacht. Da sie, sensibel wie sie sind, die negativen atmosphärischen Schwingungen, die ich bei meinem Kampf mit der Internet-Verbindung ausstrahlte, spürten, vermieden sie es klugerweise mich anzusprechen und zogen ohne mich los, um fürs Frühstück einzukaufen.

Nun kehren sie mit vollen Tüten zurück. Die Tochter berichtet stolz, sie sei alleine in die Bäckerei gegangen und habe „little breads“ bestellt. Diese entpuppen sich als sehr weiche Weißbrote, die haptisch sehr angenehm in der Hand liegen und durch eine kaufreundlicher Labberkruste zu überzeugen wissen. Ihre Fluffigkeit steht wahrscheinlich in anti-proportionalem Verhältnis zu ihrem Nährstoffgehalt. Das heißt: Sie sind köstlich! Insbesondere, wenn man sie fingerdick mit griechischer Schokocreme bestreicht, die nach geschmolzener Kinderschokolade schmeckt. So hat man dann auch effizient seinen Tageskalorienbedarf gedeckt. Allerdings nur für den Fall, dass man den ganzen Tag im Straßenbau bei brütender Hitze schuften muss. Für alle anderen Fälle hat man sich eine kleine Kalorienreserve für schlechte Zeiten angesammelt.

Frühstück. Mit fluffigen Brötchen.

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Während des Frühstücks verkündet die Frau, sie gedenke, heute am Strand einen Bikini zu tragen. Sie wolle uns nur schon mal vorwarnen. Erwidere, sie müsse nicht uns, sondern besser die anderen Strandbesucher vorwarnen. Ein sehr lustiger Spruch, wie ich finde. Vordergründig lacht die Gattin auch lauthals mit mir, aber sicherlich wird sie mich dafür heute Nacht mit dem Kopfkissen ersticken.

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Nach dem Frühstück brechen wir dann zum ersten Strandbesuch auf. Dass dies ein guter, aber keineswegs exklusiver Plan ist, beweisen Hunderte von Touristen, die bereits den Strand bevölkern. Mit etwas Glück und einem längeren, allmählich den Kinderunmut heraufbeschwörenden Fußmarsch finden wir an einer Strandbar noch vier freie Liegen, wo wir unser Lager aufschlagen.

Meer. In Sichtweite.

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Die Frau und die Kinder wollen sofort ins Wasser. Erkläre mich bereit, draußen zu bleiben und auf unsere Sachen aufzupassen. Das klingt für Sie möglicherweise altruistischer und großmütiger, als es tatsächlich ist. Ich hege nämlich eine starke Aversion gegen das Schwimmen und daher ist mein Verzicht, ins Meer zu gehen, in erster Linie eine nutzenmaximierende Entscheidung meinerseits und nicht der Versuch, Pluspunkte für die Mutter-Theresa-Gedächtnis-Medaille zu sammeln.

Kaum habe ich mich dem Dösen und Nichtstun so richtig hingegeben, da tauchen Tochter und Sohn an der Liege auf, um mir mitzuteilen, das Meer sei total warm und ich müsse unbedingt mit ins Wasser kommen. Nach kurzem Zieren lasse ich mich überreden und begebe mich in das laut der Kinder gar nicht so kühle Nass.

Tatsächlich ist die Wassertemperatur wesentlich angenehmer als im bretonischen Atlantik der letzten Jahre. Dies hat den großen Vorteil, dass mir ein würdeloser und greisenhaft langsamer Einstieg ins Meer erspart bleibt. (Und den anderen Badegästen bleibt es erspart, dieses Fremdscham hervorrufende Schauspiel ertragen zu müssen.) Das wohl temperierte Meer hat allerdings auch den großen Nachteil, dass ich mich in den nächsten vierzehn Tagen nicht mit dem Argument, das eiskalte Wasser und meine – frei erfundene – Herzschwäche seien nicht miteinander kompatibel, vor dem Baden im Meer drücken kann. Schlimm!

Ehrlicherweise ist meine Bereitschaft ins Meer zu gehen, nicht ausschließlich darauf zurückzuführen, dass ich dem Wunsch der Kinder nachgebe, mit ihnen zu plantschen. Dies möchte ich nicht verschweigen, damit sie von mir nicht einen falschen und unangemessen positiven Eindruck des stets treu sorgenden und immerzu zur Verfügung stehenden Vaters bekommen. Tatsächlich hat es ganz einfache biologische Gründe. Mein übermäßiger Kaffeekonsum hat nämlich meine Blase bis zum Überschwappen gefüllt und am Strand gibt es einen eklatanten Mangel an sanitären Einrichtungen. Den Rest können Sie sich vorstellen und ich denke, es ist nicht notwendig, hier mehr ins Detail zu gehen. Schließlich möchte ich nicht, dass sie von mir den unschönen aber durchaus korrekten Eindruck eines ungehobelten, verrohten Meerurinierers bekommen.

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Nachdem alle Familienmitglieder gut durchgebraten und die Kinder vom Meerwasser ganz aufgeweicht sind, verlassen wir am späten Nachmittag den Strand. Die Frau und ich ziehen erstmal los, um einen Großeinkauf zur Deckung des kulinarischen, kosmetischen und haushaltshygienischen Bedarfs für die nächsten Tage zu tätigen Dabei stellt uns die kyrillische griechische Schrift beim Kauf einiger Produkte vor gewisse Herausforderungen. Man möchte ja ungern einen Becher Creme Fraiche essen müssen, nur weil man dachte griechischen Joghurt gekauft zu haben. Und auch die Haushaltsreiniger unterscheiden sich teilweise nur unwesentlich von hochgiftigen Insektenvernichtungsmitteln. Trotz dieser Hürden stapeln wir schnell turmhoch Waren über Waren in unserem Einkaufswagen und spülen damit den einen oder anderen Mehrwertsteuer-Euro in die klamme griechische Staatskasse.

An der Kasse fragt uns dann eine emsige Verkäuferin, ob wir nicht eine Kundenkarte des Supermarkts unser Eigen nennen möchten. Mit dieser könnten wir wahnsinnig tolle Rabatte auf ausgewählte Produkte erhalten. Unsere Argumente, wir seien Touristen aus Deutschland und nur für die nächsten vierzehn Tage in Griechenland, beeindrucken sie nur wenig. Nun gut, jetzt ist halt Erika Musterfrau stolze Besitzerin einer mascard-Kundenkarte.

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Am frühen Abend gehen wir dann zum Essen in die Taverne. Zu Kostas. Wie wir es vor fünf Jahren immer taten.

Abendmahl. Nach Kostas Art.

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Es wird ein ganz besonderes Abendessen. Die Kinder essen nämlich Salat. Freiwillig. Und ohne, dass wir Ihnen Geld versprechen. Ja, so haben wir auch geschaut.

Es soll aber noch doller kommen. Nachdem wir Weißbrot, gegrillten Feta, Auberginen-Mus, Moussaka, gefüllte Aubergine, Pommes und mit Käse gefüllten Hackbraten gegessen und das Ganze mit Mythos-Bier (die Eltern) sowie Eistee (die Kinder) runtergespült haben, bekommen wir einen Nachtisch aufs Haus angeboten. Wir müssen ablehnen, da wir vollkommen satt sind. Ja, so hat die Kellnerin auch geschaut.

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Den Tag beschließen wir dann mit einem familiären Mensch-ärgere-dich-nicht-Match.

Der Beste möge gewinnen. Also, so lange ich es bin.

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Die Frau hat zwar als Erste alle Figuren im Häuschen, aber es besteht Konsens am Tisch – beziehungsweise bei mir –, dass sie geschummelt hat. Daher gebührt dem Zweitplatzierten – das bin zufälligerweise ich – eigentlich der Sieg. Der Rest der Familie erklärt meine Regelauslegung aber für nichtig. Das ist halt der Neid, mit dem wir Erfolgreichen leben müssen.

Gute Nacht!

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8 Kommentare zu “Griechenland 2016 – Tag 1: Von mcgyverhaften Internetverbindungen, egoistischem Baden im Meer, herausfordernden Großeinkäufen und bemerkenswerten Abendessen

  1. Da meine Frau und ich erst Ende August in den Urlaub fahren, ist deine super Reise Dokumentation ;-) sehr vorfreudesteigernd.

    Gruß
    Andi

  2. Unser Urlaub ist leider schon wieder zu Ende, aber das Lesen der wunderbaren Berichte, die mich jedes Mal mehrfach zum Grinsen bringen, ist eine tolle Auszeit im Alltag. Danke und einen tollen Urlaub!

    • Das ist eine sehr schöne Vorstellung. Und das fluffige Brot ist auch gar nicht so teuer, da muss man gar nicht so viele Reiseführer verkaufen.

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