Der Schlager-Marathon (2). Oder: Die Karawane zieht weiter

Den ersten Teil des Schlager-Marathons finden Sie hier.

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Um 9.30 Uhr ist es endlich soweit: Das Rennen geht auch für unseren Startblock los. Zusammen mit hunderten, wenn nicht gar tausenden, anderen Läuferinnen und Läufern setze ich mich in Bewegung. Meine Playlist ist gefüllt mit Schlagermusik und NDW-Hits, denn diese erwiesen sich in der Vorbereitung als mein idealer Laufbegleiter. Entsprechend schickt mich Udo Jürgens mit einem getragenen „Heute beginnt der Rest deines Lebens“ auf die Strecke und ich fürchte mich ein wenig vor den vor mir liegenden 42 Kilometern. In dreieinhalb Stunden will ich den Marathon schaffen und habe das Vorhaben in einer Mischung aus Pathos und Tschakka-Selbstmotivation „Projekt 210“ genannt. Um den Druck zusätzlich zu erhöhen, habe ich ganz vielen Freunden und Bekannten davon erzählt. Vielleicht wäre „Projekt Volltrottel“ ein passenderer Name gewesen.

Der Platz auf der Laufstrecke ist ziemlich begrenzt. Die erste Herausforderung des Marathons besteht anscheinend darin, keine fremden Ellenbogen in die Rippen zu bekommen und gleichzeitig niemandem von hinten in die Haxen zu treten. Am besten reiht man sich hinter Teilnehmern ein, die das gleiche Tempo laufen wie man selbst. Die Höhner begleiten mich musikalisch bei diesem Versuch mit „Die Karawane zieht weiter, dä Sultan hätt Doosch!“

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Der musikalische Adventskalender – Tag 13: “Leise rieselt der Schnee” von Udo Jürgens mit Nana Mouskouri

Um die Vorfreude auf das Weihnachtsfest ins Unermessliche zu steigern, stellt der musikalische Adventskalender jeden Tag ein neues Weihnachtslied vor – von Perlen der Weihnachtsmusikgeschichte über Nerv tötende Evergreens bis hin zu Grausamkeiten aus dem musikalischen Giftschrank ist alles dabei. Viel Spaß beim Hören!

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Während es gestern im musikalischen Adventskalender mit Bob Dylan einen der größten Stars der Folk-Szene gab, wird es heute deutsch: mit Udo Jürgens, der sich zur Verstärkung Nana Mouskouri geholt hat, um “Leise rieselt der Schnee” aufzuführen.

“Leise rieselt der Schnee” zählt zu den bekanntesten Weihnachtsliedern in deutscher Sprache. Der evangelische Pfarrer Eduard Ebel dichtete es 1895 und damit kurz vor der Geburt Udo Jürgens, diesem nicht altern wollenden “Dorian Gray” des deutschen Musikbusiness, der dieses Jahr zum wiederholten Male 70 Jahre alt geworden ist, aber immer noch so jugendlich wirkt wie anno 1978, als er zum sportlichen Desaster der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Argentinien den passenden Soundtrack lieferte (“Buenos Dias Argentina”). Begleitet wird Jürgens von Griechenlands Kultur-Exportschlager Nummer 1 (und das ist der Moment, in dem Costa Cordalis von Weinkrämpfen geschüttelt wird), Nana Mouskouri, die bereits mit Stolz und Würde ihre Hornbrille trug, als die heutigen Hipster noch auf Seerosen-Blättern schwammen und darauf warteten, vom Klapperstorch geholt zu werden.

Bei dem Auftritt besticht Udo Jürgens durch ein Jacket mit scheußlichem Karomuster, das nicht einmal Mitte der 80er Jahre als geschmackvoll galt, womit er allerdings geschickt von dem ein oder anderen Fehlgriff in die Tasten ablenkt. Nana Mouskouri wiederum wartet mit einem festlichen weihnachtsroten Kleid im Lamettalook auf, wodurch wiederum ihr doch leicht zittriges Vibrato in den Hintergrund gerät.

Einige Hörerinnen und Hörer fragen sich vielleicht, warum der musikalische Adventskalender sie mit diesem Lied quält, aber sie sollten diese Interpretation von “Leise rieselt der Schnee” als Erinnerung verstehen, dass Weihnachten die Zeit ist, in der wir einander beistehen sollten. Und sei es nur, um sich für zwei Minuten gegenseitig zu stützen, die es Bedarf das Lied zu überstehen, ohne den Computer anzünden zu wollen.

Dennoch viel Spaß beim Hören!