Es ist kurz vor Mitternacht und der Rest der Familie hat mich in das Bad unseres Ferienhauses verbannt. Ich habe nämlich gleich Geburtstag. Und den nimmt der Rest der Familie im Gegensatz zur mir sehr ernst. Während ich in dem muffigen kleinen Bad warte, rumort es draußen geschäftig.
Mit zunehmendem Alter wird mir das Konzept des Geburtstagsfeierns immer suspekter. Warum lässt man jemanden hochleben, nur weil er auf die Welt gekommen ist? Eigentlich müsste doch die Mutter gefeiert werden, die das Kind nach neun beschwerlichen Monaten mit Übelkeit, Wassereinlagerungen und hormonellen bedingten Stimmungsschwankungen unter Schmerzen aus sich rauspresst. (Ich sollte Mutter vielleicht mal wieder anrufen.)
Frage durch die Tür, ob ich endlich das Bad verlassen darf. Ich darf nicht.
Betrachte mich etwas genauer im Spiegel, um festzustellen, ob man mir die bald 41 Jahre ansieht. Entdecke im Bart und an den Schläfen das ein oder andere graue Haar. Darüber hat Pur mal ein Lied gesungen. „Ein graues Haar, wieder geht ein Jahr.“ Schlimmer Reim, schlimmes Lied, schlimme Band. Alles schlimm.
Daher würde ich bei mir auch nicht von grauen Haaren sprechen, sondern von silbernen Strähnen, die mein ansonsten dunkles und vor allem, was ich betonen möchte, dichtes Haar durchweben. Das klingt nach gut aussehendem, distinguiertem Herrn mit intellektueller Ausstrahlung.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)