Cassis 2022 – Heimreise (23.07.): Au revoir!

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Abreisetag. Traditionell der unschönste Tag des Urlaubs. Dass der Handywecker um 4.45 Uhr klingelt, macht ihn nicht schöner. (Kein Tag wird schöner, wenn du um 4.45 Uhr aus dem Schlaf gerissen wirst.) Das einzig Gute an der frühen Uhrzeit: Die Zikaden schlafen auch noch und ihr tagesfüllendes Plärrkonzert beginnt erst später. Das macht das Letzte-Urlaubstag-Glas zwar nicht halbvoll, aber wenigstens fünf Prozent voll. (Vielleicht auch nur drei Prozent. Oder zwei.)

Wir stehen selbstverständlich nicht freiwillig und aus Spaß an der Freude so früh auf oder um uns selbst zu kasteien. Unser Zug nach Frankfurt fährt um 8.10 Uhr in Marseille los. Um ihn zu erreichen, müssen wir um 6.32 Uhr in Cassis die Regionalbahn nehmen. Theoretisch ginge auch die Bahn um 7. 32 Uhr. Dann kämen wir allerdings nur dreizehn Minuten vor Abfahrt des TGV in Marseille an.

Als lebenserfahrener und übervorsichtiger, immer mit dem Schlimmsten rechnender Mensch ist mir das zu riskant. Dem Sohn, der es für vollkommen ausreichend hält, zwei Minuten vor Abfahrt am Bahnhof zu erscheinen, haben wir verschwiegen, dass es eine spätere Reiseoption gibt. Es hilft ja niemandem, die mühsam erarbeitete Urlaubserholung zu gefährden, indem du fruchtlose Diskussionen mit einem Teenager führst, die du irgendwann diktatorisch beendest, was bei allen Beteiligten zu Frust und schlechter Laune führt.

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Cassis 2022 – Tag 14 (22.07.): Ein letztes Mal

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Der letzte Urlaubstag und damit der letzte morgendliche Lauf. Was die Strecke angeht, gilt heute: Keine Experimente! Da halte ich es ganz mit der 50er-Jahre-CDU. (Ein Satz, von dem ich auch nicht gedacht hätte, dass ich ihn mal schreibe.) Nach gestern möchte ich aber nicht noch einmal so einen gebirgspfadartigen Weg laufen. Meine Sehnen, Bänder und Gelenke auch nicht.

Stattdessen quäle ich mich noch ein letztes Mal die Bahnhofsberg-Waldweg-Villenviertel-Strecke hoch. Um der guten alten Zeiten willen. Eine Idee, die auch so CDUig klingt. Und ziemlich bescheuert ist. Du gehst ja auch nicht zu deinem alten Klassenkameraden, der dich früher gemobbt hat, damit er dir um der guten alten Zeiten willen nochmal eine reinhaut.

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Cassis 2022 – Tag 13 (21.07.): The boat that rocked

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„Fuck, fuck, fuck! Warum ist das hier so steil und rutschig? Fuck, fuck, fuck!“ Eine Frage, die ich mir bei meinem morgendlichen Lauf stelle und nicht beantworten kann. Dazu fehlt mir das geographische und geologische Wissen über die Entstehung und Entwicklung der südfranzösischen Topographie.

Ohnehin müsste die Frage eher lauten: „Fuck, fuck, fuck! Warum bin ich so bescheuert, hier zu laufen, wo es so steil und rutschig ist? Fuck, fuck, fuck!“ Wobei ich auch dies nicht beantworten kann, weil mir dazu das psychoanalytische und entwicklungspsychologische Wissen fehlt.

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Cassis 2022 – Tag 12 (20.07.): Türlich, türlich!

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Ich laufe durch das Villenviertel hinter dem Waldweg und in meinem Kopf singt es: „Schweiß, Schweiß, Baby. Schweiß, Schweiß, Baby.“

Sorry, ich komm nochmal rein.

Ich laufe durch das Villenviertel hinter dem Waldweg und in meinem Kopf singt es: „Like Schweiß in the sunshine!“

CUT! Nochmal von vorne. Und ACTION!

Ich laufe durch das Villenviertel hinter dem Waldweg und in meinem Kopf singt es: „I’ve had the Schweiß of my life!“

Egal, das bleibt jetzt so. Ist ja kostenlos.

Am Ende des Villenviertels ist die Straße leicht abschüssig. Das ist ungewohnt, aber auch mal ganz schön.

Da ich mir heute 16,5 Kilometer auferlegt habe – bitte sagen Sie nichts –, erreiche ich heute einen Nachbarort von Cassis. Auf dem Schild am Ortseingang steht Roquefort. Wie cool ist es bitte schön, in einem Ort zu wohnen, der wie ein Käse heißt? Noch cooler wäre es nur, in einem Käse zu wohnen. Oder in einem Käsekuchen. (Auch wenn der wahrscheinlich sehr schwer sauber zu halten ist.)

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Cassis 2022 – Tag 11 (19.07.): Was macht die Taube am Strand?

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Erkenntnisse während meines neunten Laufs hier in Cassis: Es ist jeden Morgen gleich heiß und drückend, die Anzahl der Bäume auf dem Flachstück zum Bahnhof ist immer gleich gering und der Berg hinter dem Bahnhof bleibt gleich steil. Ich glaube, ich bin da einer großen Sache auf der Spur.

Für die heutige Laufeinheit habe ich mir sechzehn Kilometer vorgenommen. Ich bleibe anscheinend jeden Tag gleich bescheuert.

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Cassis 2022 – Tag 10 (18.07.): Je ne parle pas français. Really not.

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Kurz nach 8. Bin etwas früher aufgewacht als gestern, bleibe aber noch liegen. Erstens ist das Bett bequem – wenngleich es nicht mit einer Brioches-Matratze punkten kann – zweitens muss ich dann keine Berge hoch joggen, und drittens hat es hier keine 35 Grad, sondern ist erfrischend kühl. Für letzteres sorgt die Klimaanlage in unserem Schlafzimmer.

Die Klimaanlage läuft die ganze Nacht, was mir ein wenig ein schlechtes Öko-Gewissen macht. (Stichwort Stromverbrauch, CO2-Ausstoß usw.) Wir kühlen unseren Raum runter und heizen dadurch den Planeten auf, so dass er für unsere Ur-Ur-Enkel*innen unbewohnbar wird. (Vielleicht schon für unsere Ur-Enkel*innen. Sorry!)

Klimaanlagen sind zwar nicht gut fürs Öko-Karma, aber leider für angenehme Raumtemperaturen. Ohne sie hätten wir sehr unwirtliche Schlafbedingungen und würden über Nacht ganz langsam gegart. Wobei das ja eine sehr schonende und bekömmliche Kochmethode sein soll. (Leckere „Pulled Human“-Rezepte finden Sie im Dark-Web auf meinem Kochblog „Grilling them softly“.) (Verstörende Sätze wie diese sind der Grund, dass auch am Tag 10 dieser Urlaubsblog immer noch kostenfrei ist.)

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Cassis 2022 – Tag 09 (17.07.): Ein Königreich für ein Wasser, Wasser, Wasser

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Viertel vor zehn, ich laufe die flache Straße Richtung Bahnhof hinunter. Die Sonne hat das Thermometer schon auf 33 Grad gepusht. Das Einzige, woran ich denken kann, ist „Wasser, Wasser, Wasser!”

Dabei war mein heutiger Laufplan gut. Vierzehn Kilometer, aber ohne Höhenmeter und ohne „Hunger Games“-Waldweg. Einfach so oft zwischen Kreisel und Bahnhof hin und her laufen, bis die erwünschte Distanz beisammen ist. Das ist zwar etwas öde, aber ich muss mir ja nicht jeden Tag diesen Anstieg hinterm Bahnhof geben. Ich bin schließlich keine 20 mehr. (Mein 20-jähriges Ich schaut mich entgeistert an und fragt: „Und warum soll ich jeden Tag diesen verschissenen Berg hoch rennen? Geht’s noch?“

So gut der Laufplan in der Theorie war, so mangelhaft war er in der Umsetzung. Das fing damit an, dass ich erst um 8.30 Uhr aufgewacht bin. Ist im Urlaub ja eigentlich ganz schön. Sofern du dann sofort losläufst, um die schlimmste Hitze zu vermeiden. Habe ich aber nicht getan. Stattdessen habe ich rumgedödelt – Kaffee, Balkon, Aussicht, noch ein Kaffee, Internet lesen – und dadurch erst um halb zehn mit meinem Lauf angefangen.

Die Sonne war da bereits auf Betriebstemperatur und hat gebrutzelt, was das Zeug hält. Sie müssen mir nicht schreiben, dass es sehr unvernünftig ist, in der prallen Sonne bei über 30 Grad zu laufen. Das ist mir durchaus bewusst. Aber ich kenne meinen Körper und weiß, was ich ihm zumuten kann. Auf Sardinien und Kreta bin ich bei ähnlich hohen Temperaturen gelaufen. Wobei das Unvernünftige natürlich nicht vernünftiger wird, nur weil du es mehrmals tust. Mein Körper nickt und ruft: „Wasser, Wasser, Wasser!”

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Cassis 2022 – Tag 08 (16.07.): Morning has broken

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„Ist das Kotze auf dem Boden?“ Eine Frage, die du dir lieber nicht stellen möchtest, wenn du vor die Tür trittst. Eigentlich wollte ich meinen morgendlichen Lauf in Angriff nehmen. Nun inspiziere ich erstmal die Lache im Eingangsbereich vor unserer Ferienwohnung. Gelblich, breiig-wässrig mit bunten, kleinen Bröckchen. „Joa, das ist Kotze“, schlussfolgere ich. Weil ich mir dabei wie Sherlock Holmes vorkomme, bin ich kurz davor, eine imaginäre Pfeife zu paffen.

Ich habe eine Vermutung, von wem der Kotzflatschen stammt. Unsere Ferienwohnung liegt im Erdgeschoss eines dreistöckigen Appartement-Komplexes. Die Wohnung über unserer haben gestern drei junge Männer, circa Anfang 20, bezogen. Abends gingen sie runter in den Ort zum Feiern. Als sie zu später – beziehungsweise früher – Stunde zurückkamen, arrangierten sie erstmal ihre Wohnungseinrichtung um. Zumindest hörte es sich im Halbschlaf so an, als würden große Schränke kreuz und quer durch die Wohnung geschoben. Dem Lärm zufolge könnte sich aber auch eine Gruppe Clogs tragender Elefanten an einem Irish Dance versucht haben. (Ich möchte nicht ausschließen, dass unsere neuen Nachbarn Frankreichs Vergeltung für die deutschen Proll-Assis im Zug nach Marseilles sind.)

Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass das ältere Ehepaar aus der Ferienwohnung neben uns vor unsere Tür gekotzt hat. Aufgrund der nächtlichen Geschehnisse erscheint es mir naheliegender, dass einer der feierbiestigen Knaben oben von der Brüstung zu uns runter gereihert hat. (Ob meiner holmesken Deduktionsfähigkeiten, bin ich erneut versucht, an der imaginären Pfeife zu ziehen.)

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Cassis 2022 – Tag 07 (15.07.): Tage, an denen du vom Schwitzen schwitzt

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Ich öffne langsam die Augen und schaue aufs Handy. 7.45 Uhr. Für Mitte 40 ist das fast schon ausschlafen.

Draußen lärmen, schreien und ratschen die Zikaden fröhlich vor sich hin. Das werden sie ohne Unterbrechung den ganzen Tag bis zum Abend tun. Meine Güte, wie horny musst du sein, wenn du von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang rumblökst, wie geil du bist und dass du so richtig, richtig Bock auf Sex hast. Immer. Zu jeder Zeit. Dagegen kann das Sexualverhalten von Bonobos fast schon als zölibatär gelten.

Die Notgeilheit der Zikaden hat möglicherweise etwas mit ihrer Lebenserwartung zu tun. Sie werden nur ein paar Monate alt. Da willst du selbstverständlich sexmäßig alles rausholen, was es nur geht.

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Cassis 2022 – Tag 06 (14.07.): Liberté, égalité, fraternité! Oder: Ein Feuerwerk wie ein Drogenrausch

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Ist das ein Kampfhund auf dem Foto? Oder eine Mischung aus Rottweiler und Labrador?

Das frage ich mich, als ich auf meinem morgendlichen Lauf an einem Waldweg ankomme, der von einer Schranke versperrt wird. An der Schranke hängt ein Zettel. Mit dem sucht jemand nach seinem entlaufenen Hund. Von dem ich nicht weiß, ob es ein Kampfhund oder ein Kampf-Kuschel-Mischling ist.

Ich zögere, ob ich den Waldweg weiterlaufen soll. Zum einen wegen der Schranke. Die wird ja irgendeine beschränkende Bedeutung haben. Wahrscheinlich, damit keine Autos da langfahren. Oder es ist militärisches Sperrgebiet und wenn ich den Wald durchquere, nehmen mich ein paar treffsichere Scharfschützen ins Visier.

Zum anderen wegen des entlaufenen Hundes, von dem ich nicht weiß, ob es Attila ist oder ein Schmusebärchen mit Anger-Management-Problemen. Ich bin gerade den steilen Berg hinter dem Bahnhof hochgerannt. Deswegen habe ich große Zweifel, ob ich noch in der körperlichen und geistigen Verfassung bin, um bei einem Wettrennen mit einem ziemlich großen und vermutlich ziemlich schnellen Hund als Sieger hervorzugehen. Vor allem, wenn dieser seit Tagen auf Frolicentzug ist und meine Waden für ein schmackhaftes Mahl hält.

Was für das Weiterlaufen spricht? Ich habe mir für heute elf Kilometer vorgenommen. Auf die käme ich nicht so einfach, wenn ich jetzt nicht weiterlaufe. Umdrehen ist also keine Option. Ich schnaufe noch einmal tief durch, schlage den Waldweg ein und frage mich, ob das noch Leichtsinn oder schon Selbstüberschätzung, die an toxische Männlichkeit grenzt. Egal, wird schon nichts passieren. (Wäre eigentlich eine hübsche Grabinschrift, falls ich mit meiner Einschätzung falsch liegen sollte.)

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