Eine kleine Wochenschau | KW21-2023 (Teil 2)

Teil 1


26. Mai 2023, Berlin

Für unseren Irland-Wander-Trip muss ich noch ein paar Besorgungen machen. Dafür stehe ich nun im dm vor einem Regal mit einem unübersichtlichen Angebot an Erste-Hilfe-Utensilien.

Es gibt Verbandszeug in unterschiedlicher Länge und Materialbeschaffenheit, Wundsalben, Desinfektionsspray, Bandagen und Tapes sowie eine verwirrend große Auswahl an Pflastern. Kleine, große, zugeschnittene, nicht zugeschnittene, sensitive, unsensitive, teure, billige, Kinderpflaster mit lustigen Tiermotiven und Erwachsenenpflaster in ödem Braun, bei deren Anblick dir sofort dieser spezielle Geruch aus der Kindheit in die Nase steigt, wenn dir Mama ein Pflaster auf das aufgeschlagene Knie geklebt hat.

Ganz unten im Regal stehen ein paar Tuben mit der Aufschrift „Pferdesalbe“. Für Begriffsstutzige ist ein Pferd auf den Etiketten abgebildet. Ich frage mich, für was die Salben gut sind. Werden sie von Pferden mit rissigen und schrundigen Hufen benutzt? Dann stünden sie wohl eher in der Tierhandlung und nicht in der Drogerie.

Oder wird bei der Herstellung der Salbe Pferd verwendet? Kann ich mir nicht vorstellen. Und falls doch, würde das bestimmt nicht extra auf die Tube geschrieben. Bei der Tiefkühl-Pferdelasagne wurde seinerzeit ja auch nicht an die große Glocke gehängt, dass sie keine Rinderbolo, sondern Fury-Hack enthält.

Durch eine kurze Internet-Recherche erfahre ich, dass die Salbe ursprünglich tatsächlich bei Pferden eingesetzt wurde. Zum Eincremen schmerzender Beine. Irgendwann hat sich dann anscheinend ein Mensch gedacht, was für Black Beauty gut ist, wird mir auch nicht schaden und hat sich das Zeug auf die Haxen gekleistert.

Neben dem Erste-Hilfe-Regal werden Kondome angeboten. Die brauchen wir aber nicht für unsere Wander-Tour. Außerdem könnten wir sie auch vor Ort erwerben. Rezeptfrei gibt’s die in Irlandt allerdings erst seit 1985 und bis Anfang der 1990er Jahre nur in ausgewählten Apotheken und so genannten Familien-Planungs-Zentren. (Wahrscheinlich erst nach längeren Diskussionen, ob Enthaltsamkeit nicht die bessere Verhütung ist, und einem Vortrag über die Vorzüge, 18 Kinder zu haben.)

Interessanterweise steht bei den Kondomen auch Läuse-Shampoo. (Für den Kopf, nicht für untenrum.) Vielleicht als Warnhinweis: Ohne Kondome bekommst du Kinder und zwei, drei Jahre später liest du am Schwarzen Brett in der Kita einen Aushang mit der Aufschrift „Achtung! Wir haben Läuse!!!” (Um den ernst der Lage zu betonen, immer mit drei Ausrufezeichen. Was vollkommen unnötig ist, denn wenn in einer Kita das Wort „Läuse“ fällt, schrillen sowieso bei allen die Alarmglocken.)

Herpespflaster gibt es ebenfalls bei den Kondomen. Das ist unlogisch. Mit einem fetten Lippenherpes brauchst du keine Präservative. Der verhindert mit hundertprozentiger Erfolgsquote die Anbahnung jedweder sexuellen Aktivität und damit ungewollte Kinder oder Geschlechtskrankheiten.

Die Blasenpflaster, die auf meiner Liste stehen, finde ich wiederum nicht bei den Erste-Hilfe-Utensilien. Bei den Verhütungsmitteln ebenfalls nicht. Nach längerem Suchen entdecke ich sie bei den Strumpfhosen und Fußpflegeprodukten. Wie soll sich da ein Mensch zurechtfinden?

27. Mai 2023, Berlin

Wir wohnen in einer ziemlich engen Straße. Wenn die Autos links und rechts nicht ganz exakt in den vorgesehenen Flächen geparkt sind, wird es für entgegenkommende Autos schwierig, aneinander vorbeizufahren. Die Autos links und rechts sind recht häufig nicht ganz exakt in den vorgesehenen Flächen geparkt.

So auch heute Vormittag. Deswegen stehen sich ein weißer Lieferwagen und ein roter Kombi gegenüber. Einer der Fahrer müsste ein wenig zurücksetzen, um etwas Platz zu schaffen. Das passiert selbstverständlich nicht. Sobald sich Menschen in einen PKW setzen, vergessen die meisten Tugenden wie Nachsicht, Entgegenkommen oder Rücksichtnahme.

Hinter den beiden Autos warten drei bis vier weitere Fahrzeuge, die aufgrund der Lieferwagen-Kombi-Pattsituation auch nicht weiterkommen. Ein Fahrer hupt wütend. Lang und laut. Wahrscheinlich denkt er, die Schallwellen wirbeln den Weg frei. Tun sie jedoch nicht.

Der Fahrer des Lieferwagens und des Kombis haben inzwischen ihre Fensterscheiben runtergekurbelt. Sie diskutieren, wer zurücksetzen soll. Im Prinzip sind sie einer Meinung: Der andere soll Platz machen.

Was bemerkenswert ist: Die Männer reden vollkommen ruhig miteinander. Vielleicht ein klein wenig aufgebracht, aber sie schreien sich nicht an und bedenken sich auch nicht mit allerlei Unflätigkeiten. Für Berlin ist das sehr ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher, als wenn einer der beiden freiwillig zurückfahren würde.

Das Verkehrsaufkommen in der Straße nimmt weiter zu.

Aus dem Kombi steigt eine Frau aus und fotografiert das Kennzeichen des Lieferwagens. Keine Ahnung warum. Vielleicht ist sie eine Art Trainspotterin aber für Nummernschilder. Immer wenn sie eins sieht, macht sie ein Foto davon. (Ein sehr zeitaufwändiges Hobby.)

Die beiden Männer verlassen ihre Autos ebenfalls. Aber nicht um ihre Unterhaltung durch einen Faustkampf fortzusetzen, sondern um sich gegenseitig zu zeigen, wie wenig der andere nur zurückfahren müsste, um die Situation aufzulösen. Dabei reden sie weiterhin vollkommen sachlich und besonnen. Die beiden führen quasi einen herrschaftsfreien Diskurs, bei dem Habermas vor Rührung feuchte Augen bekäme. Vielleicht befinde ich mich nicht mehr in Berlin, sondern in einem Paralleluniversum. Das bessere Argument setzt sich trotzdem nicht durch. Die Autos werden keinen Millimeter bewegt.

Der Verkehr auf beiden Seiten staut sich mittlerweile bis nach Brandenburg.

Nach gut fünfzehn Minuten finden die Männer doch einen Kompromiss. Sie quetschen sich einfach gleichzeitig vorwärts aneinander vorbei. Lieber fahren sie sich eine Schramme ins Auto, als auch nur ein µ nachzugeben. Sehr schön. Das ist Berlin, wie ich es kenne.

28. Mai 2023, Berlin

Die Leichtathletik-Abteilung des TSV GutsMuths schickt mir eine Mail. Am 3./4. Juni findet das jährlich Sportfest statt, zu dem ich herzlich eingeladen werde.

Das Sportfest besteht aus den Disziplinen 100 Meter, Weitsprung, Kugelstoßen und 800 oder 1.500 Meter. Was das mit Fest zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Der TSV GutsMuths und ich scheinen sehr unterschiedliche Auffassungen davon zu haben, was ein Fest zu einem Fest macht.

Das mit den 800 oder 1.500 Metern bekäme ich hin. Wenn ich aber 100 Meter renne, versuche, beim Weitsprung nicht vor der Sandgrube zu landen, und mich beim Kugelstoßen bemühe, dass mir die Eisenkugel nicht auf die Füße fällt, verstoße ich wahrscheinlich gegen Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) Daher verzichte ich auf die Sportfest-Teilnahme und verschiebe die Mail in den virtuellen Papierkorb.


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Eine kleine Wochenschau | KW21-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


22. Mai 2023, Berlin

Nachdem vor zwei Wochen der Frühling eingezogen ist, macht sich heute schon der Sommer breit. Es sind 27 Grad.

Kurz vorm Supermarkt steht ein Mann mit einem ungefähr dreijährigen Mädchen auf dem Arm. Die Kleine weint bitterlich und ist nicht zu beruhigen.

Der Mann legt eine bewundernswerte Gelassenheit an den Tag. Wahrscheinlich führt er jeden Tag Meditations- und Achtsamkeitsübungen durch. Oder frühstückt morgens Beruhigungsmittel. Er fragt seine Tochter mit sanfter Stimme: „Was möchtest du denn, Spätzchen?“ „Einen Mantel“, schluchzt das Kind und vergräbt in größter Verzweiflung sein Gesichtchen in der Schulter seines Papas.

Heutzutage ist es nicht mehr opportun, Kinderwünsche mit einem barschen „Nein“ abzuschlagen und das ist auch gut so. Kinder sollen in einer positiven Ja-Umgebung aufwachsen. Das ist das kleine 1×1 der bedürfnisorientierten Erziehung. Dennoch habe ich großes Verständnis, als der Mann antwortet: „Das geht nicht, Spätzchen, dafür ist es viel zu warm.“

Die Kleine ist allerdings ganz anderer Ansicht. Wenig Spätzchen- sondern eher Hulk-like brüllt sie in der Lautstärke eines Düsenjets beim Durchbrechen der Schallmauer. Bei allem Mitgefühl für den Vater bin ich froh, dass ich in den Supermarkt gehen kann und mich des Problems nicht annehmen muss.

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Familien-Tweets und -Tröts der Woche (461)

Die DSGVO, so beliebt wie Rosinen, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Tweets kann Twitter irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Tweets nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, die besten Familien-Tweets und -Tröts der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW20-2023 (Teil 2)

Teil 1


19. Mai 2023, Berlin

Neben dm hat ein neuer Döner-Laden aufgemacht. Als Eröffnungs-Angebot gibt es einen Schüler-Döner. Ich hoffe, „Schüler“ bezieht sich auf die Zielgruppe und nicht den Inhalt des Döners.

Anfang der Woche kostete der Schüler-Döner noch fünf Euro, heute nur noch 4,90. Eine Preisreduktion von zwei Prozent. Ich bin mir nicht sicher, ob das ausreicht, um das Geschäft anzukurbeln.

20. Mai 2023, Berlin

Der Tochter geht es inzwischen besser. Bei unserem Telefonat erzählt sie davon, wie sie kürzlich auf einer Irland-Rundreise in einem Pub mit zwei Iren ins Gespräch kam. Als sie sagte, sie käme aus Deutschland, meinte einer der beiden: „Ah, Angela Merkel. Thank you for all the money.“ Dann haben sie sie auf ein Bier eingeladen. „As our way to pay you back.“ Schön, wie die EU zur Völkerverständigung beiträgt.

21. Mai 2023, Berlin

In meinem Spam-Ordner finde ich eine Mail mit dem Betreff „Ihre privaten Informationen wurden durch verdächtige Ereignisse gestohlen.“ Solche Spam-Mails bekomme ich häufiger, das ist nicht weiter ungewöhnlich. Dafür aber der Absender: Der bin ich selbst. Ich bin aber skeptisch, ob die Nachricht tatsächlich von mir ist. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, sie geschrieben zu haben.

Die Mail beginnt mit einem freundlichen „Ich grüße Sie!“ Ich begrüße mich gewissermaßen selbst. Das ist nett. Und zeugt von gutem Benehmen. Das passt zu mir.

Danach heißt es: „Ich möchte mich Ihnen gerne vorstellen.“ Das ist etwas unnötig. Schließlich kenne ich mich seit 47 Jahren. Deswegen könnte ich mich auch ruhig duzen.

„Ich bin ein spezialisierter Hacker und habe es geschafft, ihr Betriebssystem zu hacken.“ Das ist sehr unrealistisch. Ich kann zwar einige Software-Programme ganz gut bedienen, aber meine Computer-Kenntnisse reichen definitiv nicht aus, um irgendetwas zu hacken. Außerdem besitze ich keinen schwarzen Hoodie und als Hacker musst du zwingend einen schwarzen Hoodie tragen. Das weiß man aus Serien und Filmen und schlechten Stockfotos.

In einer sehr langatmigen Ausführung beschreibe ich, wie es mir gelungen ist, mittels eines Trojaners die Kontrolle über meinen Computer zu erlangen. Da habe ich mir das Leben unnötig schwer gemacht. Schließlich ist es mein Computer und ich besitze sämtliche Zugangsdaten. Somit hätte ich mir diesen Trojaner-Quatsch sparen können. Allerdings bin ich manchmal etwas kompliziert. Es kann also durchaus sein, dass ich so vorgegangen bin.

In der Mail erkläre ich nun, dass ich jetzt uneingeschränkten Zugriff auf meinen Computer und alle Geräte, die mir gehören, habe. Was meine ich mit „alle Geräte, die mir gehören“? Habe ich mir Zugang zu unserem Kühlschrank erschlichen? Das ist keine große Kunst. Schließlich wohne ich hier. Da muss ich nur in die Küche gehen, die Kühlschranktür öffnen und – zack – habe ich uneingeschränkten Zugriff auf Marmelade, Käse und Milch.

Endlich komme ich zum eigentlichen Anliegen meiner Mail an mich. Angeblich habe ich ein Video angefertigt, auf dem ich auf der linken Seite bei einer meiner „leidenschaftlichen Masturbationssitzungen“ zu sehen bin, während auf der rechten Seite die „schmutzigen Videos“ ablaufen, die ich mir dabei angeschaut habe.

Jetzt bin ich mir ziemlich sicher, dass die Mail nicht von mir ist. Mir fehlt schlicht das notwendige Know-how, um so einen Clip zu erstellen. Allerdings würde mich schon interessieren, was das für „schmutzige Videos“ sind, die zu den „Masturbationssitzungen“ führen. Und sogar „leidenschaftlichen“.

Ich kann aber noch aus einem weiteren Grund ausschließen, dass es Masturbations-Tapes von mir gibt. Bekanntermaßen geht mein Arbeitszimmer zum Hinterhof hinaus. So wie ich der Nachbarin beim Duschen zuschauen kann, könnte sie mich beim Onanieren am Computer beobachten. Das würde ich nicht wollen. Nicht zuletzt, weil das für mich den befriedigenden Aspekt der Selbstbefriedigung erheblich mindern würde.

Um zu verhindern, dass das Video an alle meine Kontakte verschickt wird, soll ich Geld an mich überweisen. 1.750 Euro. Das finde ich ambitionslos wenig. So spektakulär kann das Video nicht sein. Sonst würde ich doch mindestens einen fünfstelligen Betrag von mir verlangen.

Die Summe soll in Bitcoins gezahlt werden. Da habe ich mich jetzt aber selbst ausgetrickst. Ich besitze gar kein Kryptowährungskonto. Das heißt, ich kann weder Bitcoins transferieren noch empfangen. Die Mail muss also ein Fake sein. Oder ich bin ein Riesentrottel, der nicht nur sich selbst scamt, sondern auch noch zu doof dafür ist.

Die Mail endet mit einem versöhnlichen „Ich wünsche Ihnen viel Glück.“ Das finde ich nett. Daher werde ich auf eine Selbstanzeige verzichten.


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Eine kleine Wochenschau | KW20-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


15. Mai 2023, Berlin

Der Sohn muss heute Chemie schreiben. Das Gute daran: Es ist die letzte Chemie-Arbeit seines Lebens. Das Schlechte daran: Er muss heute Chemie schreiben.

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Familien-Tweets und -Tröts der Woche (460)

Die DSGVO, so beliebt wie Rosinen, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Tweets kann Twitter irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Tweets nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Eine kleine Wochenschau | KW19-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


08. Mai 2023, Berlin

Wir gehen ins Kino. Kannst du ja problemlos machen, wenn die Kinder groß sind. Passiert trotzdem nur selten. Wir schauen Guardians of the Galaxy, Vol. 3, und haben uns in der letzten Reihe luxuriöse Sessel gegönnt, in denen du fast liegen kannst. Kannst du ja problemlos machen, wenn du nur selten ins Kino gehst.

Um trotzdem etwas Geld zu sparen, haben wir unsere eigenen Snacks mitgebracht. 17-Uhr-Christian hat Stullen geschmiert, Äpfel geschnitten und Gemüse-Chips eingepackt. 20-Uhr-Christian muss nun seinen Sitznachbar*innen zusehen, wie sie Nachos mit Käsesauce, M + Ms und Gummibärchen essen, und findet, dass 17-Uhr-Christian ein Volltrottel ist.

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Eine kleine Wochenschau | KW19-2023 (Teil 2)

Teil 1


11. Mai 2023, Berlin

Heute ist Iss-was-du-willst-Tag. Und morgen der Steige-auf-keinen-Fall-auf-die-Waage-Tag.

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Die jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Urologen steht an. Nicht gerade der schönste Termin des Jahres, aber was muss, das muss. Besser sich einmal alle zwölf Monate den Finger in den Po stecken und den Hoden kraulen lassen, als irgendwann unnötig an Krebs zu sterben, weil er nicht rechtzeitig entdeckt wurde.

Vor dem Urologen-Termin bin ich immer etwas nervös. Als eher schamhafter Mensch entkleide ich mich nur ungern vor anderen Menschen. Außerdem befürchte ich, ich hätte mich nicht gründlich genug gewaschen und könnte untenrum streng riechen. Das wäre sehr unangenehm. Vor allem für den Urologen.

Wegen der Aufregung schwitze ich stärker als gewöhnlich. Deswegen habe ich noch mehr Angst, im Schritt zu müffeln. Das signalisiert meinen Schweißdrüsen wiederum, nochmal richtig Gas zu geben. Es ist ein Teufelskreis aus Schweiß und Angst.

Die Untersuchung geht dann ganz schnell. Quasi rein raus. Ich verdränge den Gedanken, der Arzt hat sich besonders beeilt, weil ich wie ein Puma gestunken habe.

Anschließend muss ich ins Laborzimmer zur Blutabnahme. Eine äußerst attraktive Arzthelferin begrüßt mich und fragt, ob ich für den PSA-Test bereits bezahlt hätte. Ich verneine. Die Schlange am Tresen wäre so lang gewesen, aber ich würde das anschließend sofort erledigen.

Sie ermahnt mich, das ja nicht zu vergessen. Sonst käme sie persönlich zu mir nach Hause, um das Geld einzutreiben. Ich kann mir gerade noch ein unangenehm onkelhaftes „Ach, das wäre doch ganz nett” verkneifen. Anscheinend hat der Urologe beim Abtasten der Prostata einen schmierlappigen Boomer in mir geweckt.

Nachdem sie die Kanüle aus meiner Vene gezogen hat, fragt mich die junge Frau, ob ich Blutverdünner nähme. „Nein“, erwidere ich. „Aber meine Frau.“ Eine Information so irrelevant, als hätte ich ihr gerade mitgeteilt, dass ich früher ein Zwergkaninchen namens Hasi als Haustier hatte. (Was auch nicht stimmt, denn meine Eltern fuhren eine strikte No-Haustier-Policy.)

Die Arzthelferin schaut mich etwas irritiert an. Schließlich sagt sie: „Gut, dann lege ich ihrer Frau einen Druckverband an, wenn ich ihr mal Blut abnehme.“ Dabei klebt sie mir ein Pflaster auf die winzige Einstichstelle an meinem Arm.

Ich verabschiede mich und bezahle am Tresen die Blutabnahme und den Test. Nach dem „Meine Frau nimmt Blutverdünner“-Unfug käme die Arzthelferin sowieso nicht mehr bei mir vorbei, um die Laborschulden einzufordern. Mein innerer Boomer macht ein trauriges Gesicht.

Wen auch immer es betrifft: Gehen Sie regelmäßig zur Hoden- und Prostatakrebsvorsorge. Die Untersuchung ist gar nicht so schlimm und kann Leben retten. Ihr eigenes.

12. Mai 2023, Berlin

Heute hat die Nachbarin aus dem Hinterhof nicht nur morgens geduscht, sondern nachmittags gleich nochmal. Langsam ist das mit der nachbarlichen Duscherei wirklich unangenehm. Möglicherweise sollte ich im Arbeitszimmer auch Milchglas-Fenster einbauen lassen, damit ich der Nachbarin nicht immer beim Duschen zusehen muss.

Aber vielleicht hat sie sie zweimal am Tag geduscht, weil sie weiß, dass ich sie dabei sehen kann, und ihr gefällt das. Weil sie irgendeinen voyeuristischen Exhibitionisten-Fetisch hat. Zumindest hält mein innerer Boomer das für möglich. Ich sollte ihn besser zum Schweigen bringen. Am besten mit einer kalten Dusche. Mein innerer Boomer ist nicht begeistert und sagt: „Aber nicht zu kalt. Du weißt schon, falls die Nachbarin zuschaut.“

13. Mai 2023, Berlin

Wache um kurz vor vier auf. Draußen vor unserem Schlafzimmer findet ein Heidenspektakel statt. Aber nicht von Autos, die durch die Straße rasen, oder durch Tourist*innen, die nach einer durchgefeierten Nacht ins nahegelegene Hostel zurückkehren. Nein, es sind Krähen, die diesen Lärm veranstalten. Sehr laut, sehr ausdauernd und sehr nervig. Frage mich, ob die Krähen gerade von einer Party zurückkommen und besoffen randalieren, oder ob sie auf dem Weg zur Frühschicht sind und sich denken, wenn wir wach sein müssen, muss der Christian auch nicht mehr schlafen.

Nach einer guten Stunde hört das Gekrächze endlich auf. Dafür fangen die Tauben mit ihrem Balzgegurre an. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Tauben um die Häuser gezogen sind und ihnen ist jetzt vor dem Schlafen noch nach einem Sexhupferl. Oder sind sie gerade aufgewacht und wollen das Wochenende mit ein bisschen Morgensex einleiten? Anscheinend gibt es aber keine Beischlaf-Interessentinnen und die Tauberiche gurren über eine Stunde lang mit einer gleichermaßen ausdauernden wie penetranten Lautstärke.

Stehe um kurz vor sechs auf, mache mir einen Kaffee und setze mich im Wohnzimmer aufs Sofa, um ihn ganz in Ruhe zu trinken. Das funktioniert für 30 Sekunden. Dann fliegt eine Biene durch die geöffneten Balkontür und brummt lärmend durchs Zimmer, was einen entspannten Kaffeekonsum unmöglich macht.

Ich verstehe das nicht. Meine Frau hat erst kürzlich den Balkon mit verschiedenen Blumen frisch bepflanzt. Das heißt, die Biene könnte draußen ganz gemütlich frühstücken. Aber nein, sie muss vor unserem Bücherregal auf- und abfliegen, sich 20 Jahre alte Reiseführer aus London, der Bretagne und Dänemark anschauen und dabei mehr Lärm machen als ein Formel-1-Bolide auf dem Nürburgring.

Da lebst du schon in der Großstadt und musst dich trotzdem von Krähen, Tauben und Insekten terrorisieren lassen. Schönen Dank auch.

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Heute ist Tag des Apfelkuchens. Prinzipiell ein begrüßenswerter Ehrentag. Der aber nutzlos ist, wenn du keinen Apfelkuchen hast. Oder sonst irgendeinen Kuchen. Kekse gingen notfalls auch. Oder Schokolade. Oder irgendwelche kurzkettigen Kohlehydrate, die direkt ins zerebrale Belohnungszentrum ballern.

14. Mai 2023, Berlin

Heute ist Muttertag. Und unser Hochzeitstag. Gleich zwei Tage, die wir nicht groß feiern. Außer dass wir abends etwas Leckeres kochen. Aber das machen wir häufig sonntags. Ganz unabhängig von Mutter- und Hochzeitstagen. Und wir trinken einen Gin Tonic. Dazu sind wir auch nicht auf mütter- oder eheliche Ehrentage angewiesen.

Wie dem auch sei. Ein Prost auf unsere Mütter und auf uns.


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Familien-Tweets und -Tröts der Woche (459)

Die DSGVO, so beliebt wie Rosinen, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Tweets kann Twitter irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Tweets nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wissen macht: Hä? – #02 | Alles rund um Muttertag

„Wissen macht: Hä?“, meine immer noch recht neue Infotainment-Rubrik mit weiterhin mittelmäßig wenig Info und mittelmäßig viel tainment zu Jahres- und Feiertagen, geschichtlichen Ereignissen sowie aktuellem Zeitgeschehen. Wer regelmäßig „Wissen macht: Hä?“ liest wird wahrscheinlich nicht klüger, aber auch nicht dümmer. Vielleicht.


14. Mai ist Muttertag. Der Tag, an dem Mütter geehrt und gefeiert werden, in der Hoffnung, sie vergessen dann, dass sie die restlichen 364 Tage im Jahr in schlechter bezahlten Jobs arbeiten, in gut bezahlten Jobs weniger Geld als Männer bekommen, mehr Haus- und Carearbeit als Väter übernehmen und dafür mit einem erhöhten Risiko von Altersarmut belohnt werden.

Sollten Sie der Meinung sein, die Schnittblumenindustrie und die Nazis haben den Muttertag erfunden, liegen Sie falsch. Aber auch ein bisschen richtig. Tautologische Sätze mit wenig Aussagekraft und noch weniger Erkenntnisgewinn. Willkommen bei „Wissen macht: Hä?“

In der neuesten „Wissen macht: Hä?“-Ausgabe erfahren Sie, was wirklich der Ursprung des mütterlichen Ehrentages ist, wie er nach Deutschland kam, was die beliebtesten Geschenke zu Muttertag sind und noch viel mehr. Wie immer – das heißt, wie in der ersten Ausgabe – ist das hier alles knallhart recherchiert, streng evidenzbasiert und so fundiert, dass sie es mit ihrem neuen Wissen locker bis zur 50-Euro-Frage bei Günther Jauch schaffen.

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