Eine kleine Wochenschau | KW38-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


18. September 2023, Berlin

Meine Frau probiert bei Snapchat einen Senioren-Filter aus. Ihr Haar wird schneeweiß, die Wangen schlaff, ihre Augenpartie faltig. Sie ist 30 Jahre gealtert.

Bei mir ist das Ergebnis weniger spektakulär. Mein Bart ist ohnehin schon grau, lediglich mein Haar wird schlohweiß eingefärbt. Im Gesicht ändert sich nichts.

Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll: Entweder werde ich mit Ende 70 noch als Ende 40-Jähriger durchgehen, oder ich sehe heute schon wie ein 80-Jähriger aus, der sich die Haare dunkel färbt.

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Eine kleine Wochenschau | KW37-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


11. September 2023, Berlin

Die Tochter hat in Carlow einen neuen Job angefangen. Als Putzkraft in einem Hotel. Gestern, an ihrem zweiten Arbeitstag, hat sie ihren Kopf mit voller Wucht gegen die Kante eine Badezimmertür geknallt. Weil ihr schwindlig und leicht übel war, wurde sie nach Hause geschickt.

Heute geht es ihr schon viel besser, aber sie hat an der Stirn eine monströs große Beule. Wie in einem Tom & Jerry-Cartoon, wenn Tom einen Hammer auf die Rübe bekommen hat. Es fehlt nur, dass ein paar Vögelchen ihren Kopf umkreisen.

Ich behalte den Gedanken lieber für mich. Humor soll laut dem Volksmund zwar die beste Medizin sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Tochter das genauso lustig findet wie ich.

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Eine kleine Wochenschau | KW36-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


04. September 2023, Berlin

Unter unserem Balkon unterhalten sich zwei junge Frauen. Die eine erzählt, ihr Professor hätte verboten, dass während des Seminars gestrickt wird. Sie hat dafür kein Verständnis. „Ich kann doch gleichzeitig stricken und zuhören.“ Die andere Frau pflichtet ihr bei: „Genau. Und ich kann auch nicht stricken und trotzdem nicht zuhören.“

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Eine kleine Wochenschau | KW35-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


28. August 2023, Berlin

Die Tochter erzählt, eben auf dem Heimweg seien zwei Männer im Auto an ihr vorbeigefahren, hätten das Fenster runtergekurbelt und ihr hinterhergepfiffen. Für sie – wie die allermeisten Frauen – ist das keine Seltenheit. Im Gegenteil. Als sie während der Corona- Lockdowns täglich mit ihrer besten Freundin spazieren ging, gab es keinen einzigen Tag, an dem ihnen nicht hinterhergepfiffen oder -gerufen wurde.

Das erste Mal passierte der Tochter so etwas mit 14. Da sprach sie ein ungefähr 30-jähriger Typ auf der Straße an und wollte ihre Nummer haben. Sie holte ihr Handy raus und sagte, wenn er sie nicht in Ruhe ließ, würde sie die Polizei rufen. Glücklicherweise funktionierte das und er ging weiter.

Heute nahm der Catcalling-Vorfall eine sehr befriedigende Wendung. Die beiden Männer waren durch ihre Hinterherpfeiferei so abgelenkt, dass sie das vor ihnen abbremsende Auto nicht bemerkten und ihm hinten drauf fuhren. (Nur mit Blech-, ohne Personenschaden.) Geschieht ihnen recht. Oder wie die Tochter es nennt: „Instant Karma.“ Dabei lacht sie dreckig, was ich durchaus für angemessen halte.

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Eine kleine Wochenschau | KW34-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


21. August 2023, Berlin

Heute ist Dirty-Dancing-Tag. Als ich den Film Ende der 80er im Kino gesehen habe, war ich Team Jennifer Grey und fieberte mit ihr mit, ob sie und Patrick Swayze aka Johnny zusammenkommen, und fand den Vater, der ihr das verbieten wollte, super spießig.

Mehr als 25 Jahre später sehe ich das etwas anders. In dem Film geht es um eine Minderjährige, die im Urlaub von einem Tänzer verführt wird, der zehn bis fünfzehn Jahre älter ist und einen eher unsteten Lebenswandel führt. Und den es anscheinend nicht stört, dass das 17-jährige Objekt seiner Begierde „Baby“ genannt wird. Da bin ich inzwischen Team Vater und würde mich auch nicht umstimmen lassen, weil die beiden so schön miteinander tanzen.

(Außerdem hat Patrick Swayze in „Fackeln im Sturm“ beim Heulen immer so viel gerotzt. Das fände ich, wenn er meine Tochter heiraten und bei der Hochzeit vor Rührung weinen würde, sehr unästhetisch.)

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Eine kleine Wochenschau | KW33-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


14. August 2023, Berlin

Der Sohn ist bis Samstag im Judo-Trainingslager, die Tochter besucht für ein paar Tage die Großeltern im Westerwald. Meine Frau und ich können uns diese Woche also in der Rolle der Empty Nester üben. Ausprobieren, wie es so ist, wenn die Kinder groß und aus dem Haus sind.

Unsere Freizeitmöglichkeiten sind schier grenzenlos. Wir könnten uns ins Kulturleben stürzen, ins Kino gehen oder Restaurants und Bars besuchen und anschließend die Clubs der Stadt unsicher machen. (Sofern wir reingelassen werden.)

Wobei wir das alles auch sonst machen könnten. Die Tochter wohnt schließlich inzwischen den größten Teil des Jahres in Irland und der Sohn ist 16, da liegt er abends nicht im Bett und weint, wenn wir nicht da sind. Ich bin mir nicht sicher, ob es ihm überhaupt auffallen würde.

Daher habe ich meine Zweifel, ob wir diese Woche kulturell, sozial und gastronomisch wahnsinnig aktiv sein werden. (Im Hintergrund nickt die Couch und kratzt sich am Kopf.)

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Eine kleine Wochenschau | KW32-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


07. August 2023, Berlin

Meine Frau ist gestern mit ihrer Mutter und der Tochter für eine Woche nach Föhr gefahren. Abends gerate ich auf 3Sat in eine Dokumentation über die spektakulärsten Bergbahnen der Schweiz. Genauer gesagt, über die Rigi-Bahn, die erste Zahnrad-Bahn Europas, ein Meisterwerk der Schweizerischen Ingenieurskunst, erfunden von einem Mann, der auf dem eingeblendeten schwarzweiß Foto über einen stattlichen Bart verfügt, dessen Namen ich jedoch vergessen habe. (Ich kann Ihnen also nicht sagen, wie der Zahnrad-Bahn-Erfinder heißt, könnte aber helfen, eine Phantombild-Zeichnung von ihm anzufertigen.)

Die Rigi-Bahn fährt von Arth-Goldau hoch auf den Gipfel der Rigi durch atemberaubende Berg-Landschaften mit Wasserfällen, Felsen und grünen Wiesen. Auf einer Strecke von achteinhalb Kilometern bewältigt sie circa 1.300 Höhenmeter. Vor der Eröffnung der Rigi-Bahn 1871 wurden betuchte Menschen in Sänften den Berg hinaufgetragen, was ich mir für alle Beteiligten unschön vorstelle.

Dreimal im Jahr, dem sogenannten Rigi-Historic-XXL-Day, werden die alten Züge aus dem Depot geholt, und fahren einen Tag lang hoch zum Rigi-Kulm. (Und im Idealfall auch wieder runter.) Einige der Triebwagen sind über 100 Jahre alt, der älteste sogar 149 Jahre. Der feucht-fröhliche Traum aller Trainspotter. Die reisen extra aus ganz Europa an, um dieses Ereignis in Bild und Video festzuhalten.

Als der Abspann läuft, frage ich mich, ob mir mein Strohwitwertum nicht so gut tut. Meine Frau ist nicht einmal zwei Tage weg und schon schaue ich Dokumentationen über historische Züge. Sollte sie mich jemals verlassen, sehe ich mich, wie ich an der Rigi-Strecke stehe und gemeinsam mit anderen Zug-Nerds – meinen neuen besten Freunden – alte Zahnrad-Bahnen fotografiere.

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Eine kleine Wochenschau | KW27-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


03. Juli 2023, Berlin

Heute ist Schmeichle-deinem-Spiegelbild-Tag. Umgekehrt würde mir der Tag erheblich besser gefallen. Wenn mir mein Spiegelbild schmeicheln müsste. Stattdessen muss ich tagein, tagaus, mir jeden Morgen im Bad einen weißbärtigen Mann anschauen, der für den älteren Bruder meines Vaters gehalten werden könnte. Und die Zähne muss ich ihm auch noch putzen. Danke für nichts, Spiegelbild.

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Der Sohn ist gestern Abend gut in Paris angekommen. Von Unruhen keine Spur. Zumindest nicht auf den Bildern, die er uns schickt.

Meine Frau und ich sind dennoch besorgt. Warum schickt der Sohn Fotos, ohne dass wir ihn vorher dazu aufgefordert haben? Das ist sehr ungewöhnlich. Ob es ihm gut geht? Vielleicht will er auch schonmal für gute Stimmung sorgen, falls sein Kursfahrt-Taschengeld nicht ausreicht und er uns später um einen kleinen Zuschuss bitten muss.

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Eine kleine Wochenschau | KW26-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


26. Juni 2023, Berlin

Die Tochter hat ihre Note für das erste Studienjahr erfahren. Beziehungsweise ihre Prozente. Die gibt es an irischen Universitäten anstatt Noten. Sie hat 68 Prozent. Das klingt nicht nach wahnsinnig viel, aber es gibt quasi nie mehr als 70 Prozent. Von daher sind ihre 68 Prozent ziemlich gut. Insbesondere weil sie das mit relativ überschaubarem Aufwand erreicht hat, ohne die sozialen Aspekte des First-Year-Student-Lebens zu vernachlässigen.

Etwas Angst hatte sie vor der Bewertung einer Geschichtsklausur. Die hatte sie leicht fiebrig und mit Halsschmerzen geschrieben. Sie wollte sich kein Attest besorgen und dann im August nachschreiben müssen. Ihre Sorge war allerdings unbegründet. Auch in dieser Arbeit hat sie 68 Prozent bekommen.

Ob das für die Leistung der Tochter oder gegen die Bewertungsmaßstäbe der Uni spricht, vermag ich nicht zu sagen. Ich vermute allerdings letzteres. Ihre Freundin kam auf 58 Prozent, obwohl sie in der gesamten Klausur auf die Verwendung von Jahreszahlen verzichtet hatte, weil sie sich nicht so richtig an sie erinnern konnte. Eine kreative Auslegung des Konzepts „Mut zur Lücke“.

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Eine kleine Wochenschau | KW24-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


12. Juni 2023, Berlin

Nach unserem Irland-Urlaub steht die Resozialisierung in den Erwerbsarbeit-Alltag an. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, nachdem wir tagelang bei bestem Wetter durch die irische Landschaft gewandert sind und unser Sozialleben abgesehen von vereinzelten Kontakten mit anderen Wander*innen sowie B+B-Gastgeber*innen in erster Linie aus Begegnungen mit Kühen und Schafen bestand.

Auch kulinarisch ist die Wiedereingliederung eine Herausforderung. Eine Woche lang gab es morgens Würstchen, Speck, Rührei und Pancakes und abends stärkten wir uns in irischen Pubs mit Burgern und Pommes oder Fish & Chips. Meine Frau hielt es heute Morgen aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht für nötig, mir ein ähnliches Frühstückangebot zu unterbreiten. Ich möchte das nicht direkt als Zeichen mangelnder Wertschätzung und Zuneigung interpretieren, empfinde es aber dennoch als äußerst bedauerlich.

Stattdessen muss ich mir selbst Haferflocken machen. Zumindest mein Cholesterinspiegel freut sich darüber.

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