„50! Was jetzt schon?“ So trällerte Reinhard Mey vor über 30 Jahren. Seit heute muss, kann, darf ich mir die gleiche Frage stellen.

50. Wie konnte das passieren? Das entspricht so gar nicht meiner Selbstwahrnehmung, meiner Selbsteinschätzung, meinem Selbstverständnis. Ich halte mich natürlich nicht mehr für jugendlich. Das wäre selbstverleugnend, peinlich, zum Fremdschämen. (Obwohl mir eine umgedrehte Basecap nicht so schlecht steht.)

Aber ich habe keine allzu verstaubten Ansichten, habe noch nie CDU gewählt und finde auch nicht, dass früher alles besser war oder dass die Jugend von heute verdorben ist. Kurzum, ich fühle mich nicht alt, nicht frühvergreist, sondern einigermaßen jung geblieben.

Bis ich an einem Spiegel vorbeikomme. Da ist die 50 nicht mehr zu verleugnen. Der Bart ist grau, die Schläfen ebenfalls, um die Augen haben sich kleine Falten eingegraben und die Ähnlichkeit mit meinem Vater nimmt von Jahr zu Jahr mehr zu. Was prinzipiell nicht schlimm ist, allerdings ist er 82.

Nun also 50. Fünf Jahrzehnte. Ein halbes Jahrhundert. Das hört sich nicht schön an, das hat keinen guten Klang und das fühlt sich auch nicht gut an. (Vor allem nicht in den Knien, wenn ich nach längerem Sitzen aufstehe.) Aber da hilft kein Schimpfen, kein Jammern, kein Weinen. Das lässt sich nicht ändern, das ist der Lauf der Zeit, da muss man durch.

Zur Ablenkung von meiner zunehmenden Vergänglichkeit und zur Selbstreflektion habe ich 50 Fakten über mich gesammelt:

1. Ich bin in Mannheim geboren, habe aber nie dort gelebt.
2. Ich habe in acht verschiedenen Städten gewohnt.
3. Ich habe 18 Länder auf drei Kontinenten bereist.
4. Ich war schon mal in New York, aber noch nie auf Hawaii. Dafür bin ich bereits durch San Francisco gegangen, jedoch nicht in zerrissenen Jeans.
5. Nach dem Zivildienst wollte ich Religionspädagogik studieren.
6. Ich habe in Marburg, London, Bath und Berlin studiert, habe aber nur einen Abschluss. (Nicht in Religionspädagogik)
7. Meine Frau und ich haben uns nur kennengelernt und unsere Kinder gibt es nur, weil ich eine Einschreibefrist in Münster verpasst habe.

8. Auf meiner Namensliste für die Tochter stand Serafina. (Unsere Tochter heißt nicht Serafina.)
9. Auf meiner Namensliste für den Sohn stand Paula. (Unser Sohn heißt nicht Paul.)
10. Ich besitze ein „Food Hygiene Certificate“ aus Großbritannien, mit dem ich dort in der Gastronomie arbeiten könnte. (Da es von 1994 ist, müsste ich es wahrscheinlich vorher erneuern.)
11. Ich habe dreizehn Jahre Geige gespielt.
12. Ich kann keine Noten lesen.
13. Mein größter Kindheitstraum war, einmal mit Boris Becker Tennis zu spielen.
14. Während der Corona-Pandemie habe ich im Traum mit Jens Spahn Tennis gespielt. Anschließend tranken wir Prosecco.

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15. Mein erster Kinofilm war „Cap und Capper“.
16. Der Film, den ich am häufigsten gesehen habe, ist „Die nackte Kanone“.
17. Mein Vater und ich haben gemeinsam alle Folgen von „Diese Drombuschs“ geschaut.
18. Mit meiner Mutter habe ich alle Folgen von „Die Wicherts von nebenan“ geschaut.
19. Mein Lieblingsbuch ist „A prayer for Owen Meany“ von John Irving.
20. Mein Lieblingslied ist „Junkies und Scientologen“ von Thees Uhlmann.
21. Meine Lieblingsband ist Fortuna Ehrenfeld.
22. Mein erstes Konzert war Herbert Grönemeyer auf der Lorelei 1988. Die Karte hat 18 DM gekostet.
23. Ich gehe nur noch auf Konzerte, bei denen man sitzt.
24. Ich hasse rhythmisches Klatschen. (Zu viele Nürnberger-Reichsparteitag-Assoziationen)
25. Ich war einmal im Berghain. (Keine Ahnung, wie ich an Sven Marquardt vorbeigekommen bin.)
26. Ich habe mal mit Gregor Gysi zu Mittag gegessen.
27. Ich stand mal hinter Reinhard Mey in einer Toilettenschlange.
28. Ich lag noch nie im Krankenhaus.
29. Ich habe noch nie ein Stofftier weggeworfen.
30. Meine Lieblingsfarbe ist grün.
31. Ich trage fast ausschließlich schwarze Kleidung.
32. Ich habe noch nie jemandem den Mittelfinger gezeigt.
33. Ich trinke nie allein Alkohol.
34. Ich esse allein Kuchen.

35. Meine Lieblingsessen sind Pizza und Nudeln.
36. Ich laufe pro Jahr 3.000 Kilometer, damit ich essen kann, ohne dick zu werden.
37. Ich muss sehr diszipliniert sein, weil ich sehr undiszipliniert bin.
38. Das erste Fußballspiel, das ich gesehen habe, war Deutschland gegen Algerien (1982). Deutschland verlor 1:2.
39. Ich bin 2015 das letzte Mal Auto gefahren.

40. Ich bin noch nie E-Scooter gefahren.
41. Ich kann keine Knöpfe annähen.
42. Ich finde Fingernägel eklig. Fußnägel noch ekliger.
43. Prince Charles und Lady Di haben an meinem sechsten Geburtstag geheiratet.
44. An meiner Kinderzimmer-Pinnwand hingen Babybilder von Prince William, die ich aus den Klatsch-Zeitschriften meiner Oma ausgeschnitten habe.
45. Ich bin 1,80 m groß. Wenn ich gerade stehe.
46. Ich stehe nie gerade.
47. Als Kind war Jody aus „Ein Colt für alle Fälle“ die schönste Frau der Welt für mich. Paola Felix die zweitschönste.
48. Meine größte Angst: Den Kampf gegen meinen inneren Boomer zu verlieren.
49. Ich hasse meinen Geburtstag.
50. Meine Lieblingsweisheit: Auch das wird vorübergehen. (Seneca)

(Warum, zur Hölle, sieht Reinhard Mey aus wie 30? Egal.)

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