Post aus Portugal #05 | Lost in Zamora (28.04.)

Teil 1


17.30 Uhr. Seit mittlerweile fünf Stunden steht unser Zug irgendwo zwischen Madrid und Zamora in der prallen Sonne. Eine circa 80-jährige Frau im angrenzenden Waggon hat Kreislaufprobleme, unter den Reisenden sind zwei Familien mit Säuglingen.

Wir wissen, dass ganz Spanien – und Portugal – keinen Strom haben, ansonsten sind wir von der Außenwelt abgeschnitten. Ohne Informationen, was genau passiert ist und was als nächstes geschehen wird. Ob, wann und wie wir hier wegkommen.

Trotz ausgefallener Klimaanlage, stickiger Luft und nicht mehr funktionsfähigen Toiletten ist die Stimmung entspannt. Geradezu gelöst. Niemand beschwert sich, niemand wird laut, niemand verwünscht Renfe, die spanische Bahn. Die Situation wird hingenommen, wie sie ist. Seneca, der alte Stoiker, wäre begeistert.

Ich möchte mir nicht ausmalen, was in Deutschland in so einer Lage los wäre. Hier scherzen die Menschen miteinander, verteilen Wasser aus dem Bordbistro, erkundigen sich gegenseitig nach dem Wohlbefinden.

So harmonisch wie es hier zugeht, flechten wir uns gleich Haarkränze aus Blumen, tanzen barfuß im Kreis und singen: „Kumbaya, my lord, kumbaya“.

Gegen 18 Uhr tut sich endlich etwas. Geländefahrzeuge der Guardia Civil erscheinen. Polizist*innen steigen aus, holen Wasser-Sixpacks aus den Autos und bringen sie an den Zug.

Ein Erste-Hilfe-Wagen fährt vor. Ein paar Sanitäter kümmern sich als erstes um die Kreislauf geplagte ältere Dame und heben sie auf einer Art Rollstuhl aus dem Zug. Was gar nicht so leicht ist, denn ein Gleisbett mitten in der Pampa erfüllt nicht gerade die Kriterien für Barrierefreiheit.

Als nächstes tauchen vier, fünf Autos des Roten Kreuzes auf. Mehr Getränke werden ausgeladen und verteilt, dazu Kekse und Obst.

Der Sanitätswagen fährt mit der älteren Dame davon, die Guardia Civil verfrachtet die beiden Familien mit den Säuglingen in ein Auto und bringen sie weg.

Inzwischen bauen die Rot-Kreuzler einen länglichen schwarzen Koffer auf einem Klapptisch auf. Sieht von hinten wie ein DJ-Set aus. Hoffentlich kommt nicht gleich David Guetta und legt auf.

Der Koffer entpuppt sich als eine mit einem Stromgenerator betriebene Ladestation, um Handys aufzuladen. Was fast so wichtig ist, wie die Versorgung von Verletzten und Versehrten.

Ein Rot-Kreuz-Wagen, der an einer Bahnstrecke stehen. Die Hintertüren sind geöffnet, davor steht ein Klapptisch, darauf ein Koffer, an dem Handys aufgeladen werden können.

Draußen herrscht hektische Betriebsamkeit. Polizisten reden mit Bahnmitarbeitern, Bahnmitarbeiter mit Reisenden und Reisende mit anderen Reisenden. Stille Post am stehenden Zug.

Eine resolute, sonnenbebrillte Polizistin mit Megafon ergreift das Wort. Ein junger Mann, der mitbekommen hat, dass ich kein Spanisch spreche, übersetzt netterweise für mich.

Gleich kämen Busse und brächten die Reisenden nach Zamora, die ohnehin dort ausgestiegen wären. Für alle anderen ginge es nach Medina. Nicht in Marokko, sondern in eine Stadt circa 160 Kilometer nordwestlich von Madrid.

In meinem Kopf singt Tone Lōc „Funky cold Medina“, was ich aber für mich behalte. Schließlich soll mich mein Dolmetscher für ein sozial einigermaßen funktionierendes Individuum halten und nicht für einen Irren, in dessen Hirn 80er-Jahre-Hip-Hop läuft.

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Aufbruch nach Medina. Man unterstützt sich gegenseitig, sich selbst und das Gepäck heil die steilen Zugtreppen hinunter und über die Gleise zu den Bussen zu bekommen.

Wie man das von sinkenden Schiffen kennt, haben Alte, Kinder und Kranke Vorrang. In die erste Kategorie falle ich (noch) nicht, in die zweite schon. Schließlich leben meine Eltern noch, so dass ich per Definition ein Kind bin. 49-jährige Sprösslinge erfahren bei der Busplatzvergabe aber keine bevorzugte Behandlung.

Meine Frau wiederum hat einen angeborenen Herzfehler. Das qualifiziert sie definitiv als Kranke. Allerdings trägt sie einen riesigen, schweren Trekking-Rucksack, der in der unteren Hälfte mit Büchern vollgestopft ist. (Fragen Sie nicht.) Da gerätst du argumentativ schnell ins Hintertreffen, wenn du eine prioritäre Busbeförderung mit Verweis auf deine kränkliche Konstitution einforderst.

Menschenschlange vor einem Zug, der auf freier Strecke steht. In der Ferne sind Busse zu sehen.

Während wir im Bus auf kurvigen Überlandstraßen unterwegs sind, bin ich dankbar, wie gut der spanische Katastrophenschutz funktioniert. Im ganzen Land ist der Strom ausgefallen, die Infrastruktur zusammengebrochen, Krankenhäuser und Pflegeheime laufen im Notbetrieb, Menschen stecken in Aufzügen fest, überall sind Züge stehengeblieben, in den Städten die U-Bahnen. Chaos pur.

Trotzdem haben die Behörden innerhalb weniger Stunden Dutzende von Bussen samt Fahrern organisiert, gestrandete Reisende mit Getränken, Essen und Erster Hilfe versorgt, und wir sind nun unterwegs zu einem Bahnhof, von wo aus wir weitertransportiert werden.

Da sind Katastrophen-Szenarien entwickelt, Vorbereitungen getroffen und Menschen geschult worden, so dass irgendwo jemand einen Plan aus seiner Schublade ziehen konnte. Jetzt greift ein Rädchen ins andere und die Notfall-Maschinerie läuft wie am Schnürchen. Toll.

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Kurz vor halb acht erreichen wir Medina. Ein Ort von überschaubarer Größe mit rund 20.000 Einwohner*innen, der nicht den Eindruck eines Fremdenverkehrs-Hotspots macht. Größeren Hotels oder anderweitige Herbergen sind nicht zu sehen, gastronomische Einrichtungen eher spärlich gesät.

Der Bahnhof am Rande des Städtchens ist unwesentlich größer als der in Westerburg, aber neuer und moderner. Die Monitore in dem Warteraum funktionieren, aber die angezeigten Verbindungen sind alle veraltet. Somit läuft der Strom inzwischen wieder, aber der Zugverkehr nicht.

Ich habe große Zweifel, dass wir hier heute wegkommen. Genauso wenig sehe ich, dass Medina über genügend Hotelbetten verfügt, um spontan Hunderte von Menschen unterzubringen, die mit Bussen herbeigekarrt wurden.

Im Warteraum steht ein einzelner Bahnhofsmitarbeiter, der jedoch nichts Genaueres weiß. Außer dass keine Züge fahren. Kurze Zeit später erscheint wieder das Rote Kreuz und verteilt Wasser, Obst und Kekse.

Nach rund 20 Minuten, die sich länger anfühlen, taucht jemand auf, der offiziell aussieht. Der Mann erklärt, man arbeite an einem Plan, wie es weiter geht. In der Zwischenzeit sei für Proviant gesorgt und die Polizei sorge für unsere Sicherheit. Ich glaube eher, die Ordnungshüter sind zum Schutz des Bahnhofs da, falls die Stimmung kippt.

Eine halbe Stunde später kommt der Offizielle zurück und präsentiert die Lösung. Die besteht überraschenderweise darin, dass die Busse uns nach Zamora transportieren.

Das heißt, wir sind ungefähr 60 Kilometer durch die Gegend Richtung Osten gegondelt, um nun circa 90 bis 100 Kilometer gen Westen zu fahren. In die Stadt, in die die anderen Reisenden aus unserem Zug schon vor drei Stunden gebracht worden sind. Möglicherweise sind die spanischen Katastrophenschutz-Pläne doch nicht so genial, wie ich dachte.

Die Reisenden nehmen diese schildbürgerhafte Volte mit Fassung hin. Im Bus sind auch alle gut drauf, Packungen mit Keksen werden durch die Reihen gereicht, alle bedienen sich. Ein bisschen Klassenfahrt-Atmosphäre mit Menschen, mit denen du nicht zur Schule gegangen bist.

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22 Uhr. Unser Bus fährt in Zamora ein. Die Stadt ist erheblich größer als Medina und hat laut Wikipedia rund 60.000 Einwohner. Ein Ort, der mir besser geeignet scheint, um Zugladungen gestrandeter Reisender aufzunehmen.

Am Bahnhof stehen bereits sechs, sieben Omnibusse, auf dem Vorplatz tummeln sich Hunderte von Menschen. Es herrscht allgemeine Ratlosigkeit, wie im ganzen Land allgemeine Ratlosigkeit herrscht. Niemand weiß irgendetwas, auch nicht die Mitarbeiter des Bahnhofs oder von Renfe.

Menschen und Polizisten, die sich auf einem Bahnhofsvorplatz tummerln.

Trotzdem bleiben alle ruhig und gelassen. Keine Schimpftiraden, keine Klagen, keine Nervenzusammenbrüche. Wir haben uns unserem Schicksal ergeben, vereint in der Ungewissheit, was als nächstes passiert, und gleichzeitig in der Hoffnung, irgendwann hier wegzukommen. Vielleicht frühstücken Spanier*innen Valium und sind deshalb so relaxt.

Menschen checken an ihren Handys hektisch die Hotelbuchungsplattformen nach freien Zimmern. Einige fahren in Taxis weg. Wohnen sie in der Nähe, haben sie eine Unterkunft gefunden, setzen sie ihre Reise in der Droschke fort? Man weiß es nicht.

Wir bleiben am Bahnhof. Falls es eine Mitteilung gibt, ob, wann und wie es weitergeht. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und man möchte sie nicht frühzeitig aufgeben.

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Der Bahnhof von Zamora ist riesig. Mit seinen Türmen, steinerner Brüstung und einem beachtlichen Torbogen am Eingang wirkt er wie eine Burg. Leider ohne Zugbrücke und Graben, was die imposante Erscheinung des Gebäudes aber nicht schmälert.

Frontalansicht des Bahnhofs von Zamora, der mit Türmen, Zinnen und Torbögen wie eine Burg aussieht.

Der Wartesaal ist dafür erstaunlich klein. So klein, dass die Bezeichnung Saal fast schon irreführend ist. Innen kannst du dir kaum vorstellen, dass du in dem von außen so eindrucksvollen Bauwerk stehst. Wie bei Harry Potter, wo Ein-Mann-Zelte Platz für Drei-Zimmer-Wohnungen bieten, nur umgekehrt.

Rechts in dem Bahnhofsschloss befindet sich eine Gaststätte. Die ist wiederum sehr weitläufig und nimmt mehr als die Hälfte des Gebäudes ein. Da weißt du dann auch, warum der Wartebereich die Grundfläche einer Besenkammer hat.

Für den Bahnhofsgastronom ist der heutige Blackout eine glückliche Fügung. Aufgrund des späten und unverhofften Besucherandrangs macht er den Umsatz seines Lebens.

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Kurz nach unserer Ankunft treffen wieder die Helfer*innen vom Roten Kreuz ein, erneut mit Wasser, Saft, Obst und Keksen im Gepäck. Ich frage mich allmählich, ob das immer die gleichen Leute sind und ob das Rote Kreuz in Spanien über unerschöpfliche Lebensmittelvorräte verfügt.

In einer Art Imbisswagen, der mit einem lautstarken Generator betrieben wird, kochen die Helfer*innen Kaffee, Tee und Kakao. Den Handy-Ladekoffer bauen sie ebenfalls wieder auf. Somit ist für alles gesorgt.

Polizei ist auch eine Menge vor Ort. Einige in Uniform, manche in Polo-Shirts mit Wappen, ein paar mit neongelben Westen, auf denen Policia steht, andere in Zivil mit Polizeimarken am Hosenbund. Sie strahlen Ruhe, Zuversicht und Sicherheit aus. Wie ein Fels in der Brandung der Unsicherheit.

Die Polizist*innen haben auch keine Information, was als nächstes passiert, kümmern sich aber um alles, damit es den Gestrandeten gut geht. Organisieren Unterkünfte für die Älteren und die Familien mit kleinen Kindern, bestellen Taxis oder übernehmen selbst Fahrdienste, verteilen Getränke, bringen Mehrfachstecker, damit mehr Handys aufgeladen werden können, tragen schweres Gepäck, helfen Geschwächten. Später bauen sie gemeinsam mit den Rote-Kreuz-Helfer*innen eine lange Strecke aus Tischen auf und schmieren Klappstullen im Akkord.

Der Slogan „Die Polizei – dein Freund und Helfer“ hatte sicherlich noch nie allgemeine Gültigkeit und ist mehr Eigen-PR als Tatsachenbeschreibung. Aber in dieser Nacht am Bahnhof von Zamora trifft er zu.

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23 Uhr. Selbst den größten Naivlingen – und zu denen würde ich uns zählen – ist inzwischen klar, dass heute kein Zug und auch kein Bus mehr irgendwohin fährt.

Wir haben Hunger auf etwas Warmes. Gemeinsam mit einem schwedischen Ehepaar mache ich mich zu einem nahegelegenen Burger King auf.

Die beiden sind circa Mitte 50, kommen aus Göteborg und sind auf einer dreiwöchige Zugreise mit Stationen in Madrid, Vigo, Porto und Lissabon. Um entschleunigt die iberische Halbinsel zu erkunden. Wahrscheinlich hatte sie nicht ganz so viel Entschleunigung im Sinn, wie sie heute geboten bekommen.

Meine Frau bleibt am Bahnhof zurück. Damit sie mich anrufen kann, falls ich schnell zurückkommen muss, weil doch noch eine Fahrgelegenheit organisiert wurde. (Stichwort größte Naivlinge)

Der Fast-Food-Laden ist gut gefüllt. Circa 90 Prozent der Gäste erkenne ich aus dem Zug wieder.

Der Andrang am Schalter ist groß und ich habe wenig Vertrauen in die Englisch-Kenntnissen des Burger-King-Personals. Daher gebe ich meine Bestellung an einem der Automaten auf. Ein Vorgang, der einen halbwegs intelligenten Menschen mit Hochschulabschluss nicht überfordern sollte. Dachte ich zumindest.

Als erstes fragt die Maschine, ob ich mich mit meinem „my Burger King“-Konto anmelden und Burger-King-Kronen sammeln möchte. Möchte ich nicht.

Dann erscheinen auf dem Bildschirm ungefähr eine Million Burger, Beilagen, Getränke und Menu-Variationen. Hinter mir steht eine beachtliche Schlange hungriger Kund*innen. Suche hektisch nach glutenfreien Burgern für meine Frau. Erste Schweißperlen bilden sich auf meiner Nase.

Endlich werde ich fündig. Zur Auswahl stehen Whopper, Cheeseburger und Hamburger. Weil meine Frau bei kleinen Portionen schlechte Laune bekommt, nehme ich den Whopper.

Nun schlägt das Gerät Beilagen vor. Pommes, Curly Fries oder Chicken Nuggets. Ich nehme Pommes, weil die oben stehen. Das verkürzt meine Nachdenkzeit und strapaziert nicht unnötig die Geduld der hinter mir Wartenden.

Nächste Frage: Ob ich die Pommes in groß, mittel oder klein möchte. Groß. Wie wäre es mit extra Sauce? King Flame, Honey Mustard, Barbecue, Mayonnaise oder Sour Cream? Nein, nein, nein, nein, nein.

Die Maschine bietet mir einen Salat an, ich lehne ab. Ein dünner Schweißrinnsal läuft meinen Rücken hinunter.

Nächster Schritt: Getränkeauswahl. Coca-Cola Zero, Coca-Cola, Coca-Cola Zero Zero, Fanta Orange Zero, Fanta Lemon Zero, Fuse Tea, Sprite Zero, Aquarius Zero, Monster, Bier, Trina 500 ml, Mineral Water 50 cl.

Das ist alles so unsortiert und durcheinander und mit meinem Wunsch nach Ordnung und Systematik nur schwer vereinbar. Nicht drüber nachdenken, ich schwitze so schon genug.

Ich drücke Coca-Cola Zero. Groß, mittel, klein? Groß. In der Flasche oder im Refill-Becher? In der Flasche.

Vielleicht ein Nachtisch? King Fusion Conguitos Cookie White Choco, Cookie Milk Choco, Oreo, Kitkat oder Nocilla Avellanas? Wahlweise in groß oder klein. Oder ein King Sandy Chocolate, Caramel, Strawberry oder White Chocolate? Alternativ wären auch ein King Shake in den Varianten Oreo, Kitkat oder Nocilla Avellanas möglich. Oder ein Brownie. Ich bleibe beim Nein.

So viele Fragen! Stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Dabei habe ich erst die Hälfte meiner Bestellung aufgegeben. Mit meinen schweißnassen Fingern ist die Bedienung des Touchscreens immer herausfordernder.

Kämpfe mich trotzdem durch die vegetarischen Menü-Optionen inklusive einer weiteren Milliarde Fragen. Inzwischen sind die Menschen in der Warteschlange kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Biege endlich auf der Bestell-Marathon-Zielgeraden ein. Für hier oder zum Mitnehmen? Mitnehmen. Möchten Sie eine Tüte? Ich drücke ja, weil das praktisch für den Transport ist und ich nicht immer zu allem nein sagen kann.

Wollen Sie ein „my Burger King“-Konto anlegen und mit Ihrer Bestellung eine Fantastilliarden Kronen sammeln? Nein, nein, eine fantastilliardemal nein. Ich möchte einfach meine verdammten Burger und nie wieder eine Frage beantworten müssen.

Möchten Sie bar, mit Kreditkarte oder mit Debitkarte bezahlen?

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Erschöpft wie nach einem Marathon, kehre ich zum Bahnhof zurück. Ich erkundige mich bei meiner Frau, ob sie Neuigkeiten hat. Fragen kostet ja nichts.

Natürlich ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass Renfe während meiner Abwesenheit nicht doch einen Zug aufgetan hat, der uns nach Vigo bringt. Aber auch nicht mit 1.000-prozentiger Sicherheit auszuschließen.

Wir befinden uns jedoch nicht in diesem Paralleluniversum, sondern in dem, wo keine Züge und Busse fahren. Dafür haben wir Burger.

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Allmählich kehrt am Bahnhof Ruhe ein. Das Bistro schließt, das Rote Kreuz und die Polizei verteilen Decken.

Ein Obdachloser hat in einer Ecke unter dem Vordach seine Iso-Matte und seinen Schlafsack ausgebreitet. Mit Interesse beobachtet er, wie die Menschen sich für die Nacht einrichten. Dann holt er sich beim Roten Kreuz Getränke und Proviant.

Während sich die Vorausschauenden frühzeitig Plätze im Wartesaal gesichert haben, richten sich andere aus den Bistro-Stühlen provisorische Schlafgelegenheiten. Die weniger Vorausschauenden, sprich wir, müssen draußen übernachten.

Wir finden eine schützende Wand. Die großen Rucksäcke legen wir als zusätzlichen Windbrecher neben uns, die kleinen nutzen wir als Nackenstützen.

Der Bahnhofsvorplatz ist nun fast menschenleer, eingetaucht in das gelblich-orangene Licht der Straßenlaternen. Nach der ganzen Aufregung des Tages wirkt die Szenerie unwirklich friedlich, fast schon idyllisch.

Wir liegen im und um den Bahnhof als Schicksalsgemeinschaft der Gestrandeten, geschützt und umsorgt durch Polizei und Rotes Kreuz, die an der Einfahrt unter einem weißen Zeltpavillon stehen und auf uns aufpassen.

Der Boden ist etwas hart, aber es ist ja nur für eine Nacht. „Genau, eine komplette Nacht, du Trottel“, sagen meine Knochen und machen dazu eine obszöne Handbewegung.

Fortsetzung folgt.

Selfie von einer Frau und einem Mann, die vor ihren Rücksäcken sitzen.

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3 Kommentare zu “Post aus Portugal #05 | Lost in Zamora (28.04.)

  1. Wow, ich fieber total mit
    und weiß ja eigentlich, dass es euch gut geht (sonst würdest du ja nicht die Zeilen schreiben).
    Und woran ich immer dabei denke: wie gut, dass ihr zu zweit seid!
    So fühlt man sich nicht so überfordert mit dieser Ausnahmesituation. Und im Nachhinein war es eine erinnerungswürdige Zugreise.
    Bin gespannt wie es weitergeht.
    Viele Grüße aus Berlin.

Erwähnungen

  • Andreas
  • Sarah
  • Mirko Quaas

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