Heute etwas Abwechslung zu den täglichen Strandbesuchen. Harre solidarisch mit dem Bonner Freund in einem bretonischen Nest aus, nachdem der Bonner Familienwagen auf dem Weg zum Strand nach einer bodenseitigen Steinattacke den Dienst quittiert und der Automobil-Club Europa verspricht, schnellstmöglich einen Abschleppwagen zu schicken. Warten auf Renault!
Während die seniorigen Dorfbewohner durch Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft und erstaunliche Englischkenntnisse glänzen, erweist sich der nach zwei Stunden eintreffende Automechaniker als ausschließlich der französischen Sprache mächtig. Nach einer dreißigminütigen Fahrt in die Werkstatt eröffnet uns ein englischsprachiger Kollege, die “Speedbox” sei kaputt (Vulgo: Getriebe im Arsch) und da müsse eine VW-Werkstatt ran.
Müssen auf der Fahrt dorthin mit dem Mechaniker eine dreiviertel Stunde französisches Inforadio hören, bis das Blut aus den Ohren strömt. Warten danach für Stunden in einem VW-Autohauses in St Brieuc gefangen, weil der ACE erneut zusichert, schnellstmöglich für die Lösung des Problems zu sorgen und einen Mietwagen zu organisieren.
Schaue mir mehrfach einen vollkommen realitätsfremden VW-Sharan-Werbespot in Dauerschleife an, bei dem eine vierköpfige Familie vollkommen entspannt das übersichtliche Gepäck im geräumigen Auto verstaut und dann grenzdebil lächelnd mehrere Stunden auf der Autobahn verbringt, um gut gelaunt in einem sauberen Fahrzeug am Ziel anzukommen. Schließe daraus, dass die Macher des Spots keine Kinder haben können.
Rätsele zwischenzeitlich immer noch wartend, was auf dem französischen 3.980 €-Kostenvoranschlag für die Reparatur wohl der Posten über 1,20 € beinhalten mag. Wahrscheinlich der Kaffee für den Mechaniker. Verfallen schließlich in einen paralyseähnlichen Zustand der Apathie und hoffen, aus dem Raum-Zeit-Kontinuum des Autohauses befreit zu werden. Männer, die auf Neuwagen starren!
Werden nach fast dreieinhalb Stunden Warten von einem selbstmordgefährdeten Taxifahrer, an dessen Fahrstil sich japanische Kampfpiloten auf Kamikaze-Mission im Zweiten Weltkrieg ein Beispiel hätten nehmen können, in den Nachbarort zu einem Opelhaus gebracht. Dort erhalten wir einen tiefer gelegten dreitürigen GTI-Sportwagen, mit dem wir dann sechzig Minuten nach Hause fahren können.
Nach genauester Begutachtung des Mietwagens stellt der Sohn mit einem Anflug von Neid in der Stimme fest, dass unsere Freunde jetzt ein viel cooleres Auto als wir haben. Eine Einschätzung, die nur bedingt von der Bonner Freundin geteilt wird, die sich fragt, wie die drei Kinder auf die Rückbank zu quetschen sind.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)