Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
14. April 2025, Berlin
Der Montag beginnt mit Delfinen. Nicht für uns, aber für den Sohn und N. Die sind auf Bali für eine Sonnenaufgangs-Bootstour in aller Herrgottsfrühe aufgestanden. Zwischendurch begleitet von einer Flipper-Gruppe, die fröhlich durchs Wasser pflügte.
Sie waren aber nicht die einzigen auf dem Wasser, außer ihnen waren rund 80 bis 100 weitere Kähne unterwegs. Deswegen hoffte der Sohn, dass die Delfine gute Laune hatten, aber er ist skeptisch. Sehr wahrscheinlich war der Spaß für die Delfine eher begrenzt und sie flohen den Touri-Schiffen.
Derweil beginnt in Kiel für die Tochter das Sommersemester. Kurz vor Ostern sind die Professor*innen jedoch noch nicht in Vorlesungsstimmung und ein Großteil der Veranstaltungen fällt aus. Somit hat die Tochter ebenfalls einen guten Start in Woche, wenn auch ohne Delfine.

15. April 2025, Berlin
Meine Frau überbringt unschöne Neuigkeiten: Unser Kinderarzt ist in Rente gegangen. Das wirkt sich zwar nicht auf die ärztliche Versorgung unserer Kinder aus – die sind mit 21 und 18 zu alt für Kinderarztpraxisbesuche –, aber der Renteneintritt von Dr. W. führt einem die eigene Vergänglichkeit vor Augen.
Rund 20 Jahre lang waren wir bei Dr. W. Anfangs, als die Tochter und der Sohn noch kleiner waren, häufiger, später nicht mehr ganz so oft. (Ich glaube, ich habe Dr. W. das letzte Mal vor vier, fünf Jahren gesehen). Mit Einfühlvermögen, Geduld und Kompetenz hat er unsere Kinder regelmäßig ge-u-untersucht, geimpft und sonstige Wehwehchen bei ihnen behandelt.
Eigentlich dachte ich immer, Dr. W. sei nur wenige Jahre älter als wir. Vielleicht hat er sich einfach besser gehalten. Oder wir damals aufgrund von nächtlichem Babygeschrei, permanenter Müdigkeit und Wandeln am Rande des Kleinkind-Wahnsinns nicht ganz so gut.
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Fundstück in meiner Inbox: eine Kalt-Akquise-Mail mit dem Betreff: „Ich habe eine Anfrage für Sie aus Berlin.“ Nicht besonders catchy, aber catchy genug, dass ich die Nachricht lese. (Ich arbeite gerade an einer 100-Slides- Präsentation, da ist jede Abwechslung willkommen.)
Ein Sebastian schreibt mir, er sei auf meine Seite aufmerksam geworden. Das ist erstmal erfreulich. Allerdings bei der Suche nach einem Entrümpelungsservice. Das ist wiederum verwunderlich. (Möglicherweise sollte ich mir Gedanken über die Qualität meiner Texte machen.)
Sebastian fragt, ob ich wüsste, was das Hauptproblem sei. Mein erster Gedanke: „Dass ich gar keinen Entrümpelungsservice habe?“ Das hält Sebastian anscheinend für vernachlässigenswert, stattdessen befürchtet er, meine potenziellen Kunden finden mich nicht, wodurch ich jeden Tag Auftritte verlöre, die sich meine Konkurrenz schnappten.
Weil ich auf die Mail nicht reagiere, wird mich Sebastian in zwei Tagen erneut kontaktieren. Als Profi für Neukundengewinnung im Handwerk möchte er mir zeigen, wie ich neue Kunden gewinne und mich als Spitzenreiter in meiner Region etabliere.
Lieber Sebastian, bevor du mich ein weiteres Mal anschreibst, erkläre ich hiermit öffentlich und rechtsverbindlich: Solltest du mich erfolgreich als Nummer 1 des Berliner Entrümpelungsservice positionieren, bekommst du 80 Prozent meiner Entrümpelungseinnahmen. Versprochen.
(Auf Anraten meines Anwalts, den ich nicht habe, möchte ich betonen, dass diese Aussage mitnichten rechtsverbindlich ist.)
16. April 2025, Berlin
An der Fußgängerampel eingangs der Dortmunder Straße klebt ein Sticker der Jugendhilfe, der auf die Aktion „Stark gegen Drogen“ aufmerksam macht. Auf dem Aufkleber ist eine debil grinsende Aprikose mit einer Blockflöte in der Hand abgebildet.
In einer Sprechblase steht folgender Text:
Heyho ich bin Achim, die drogenfreie Aprikose,
einst klebten meine Finger an jeder Spirituose,
ballerte Alkohol bis zur Narkose.
Heute sind Drogen für mich Quatsch mit Soße,
ich habe jetzt ein Hobby, bin an der Blockflöte ein Virtuose.
(Ich wünschte, ich hätte mir das ausgedacht).

Da drängt sich die Frage auf, wie drogenfrei die Menschen von der Jugendhilfe waren und an welcher Spirituose ihre Finger klebten, als sie beim Brainstorming zu dem Ergebnis kamen, eine Blockflöte spielende Aprikose sei das beste Medium, um Jugendliche von Drogen fernzuhalten.
Vielleicht sollen junge Menschen beim Betrachten des Aufklebers denken, sie seien auf einem Trip hängen geblieben und das hat so eine abschreckende Wirkung, dass sie von da an Haschisch, Ecstasy und Co. abschwören. (Wer will schon Zeit seines Lebens von einer Blockflöte spielenden Aprikose verfolgt werden?)
17. April 2025, Berlin
Mein Morgen startet mit Radio Eins und „Michaela sagt” von Element of Crime. Das löst bei mir nostalgische Gefühle aus, denn das Lied kam 1999 raus, als wir nach Berlin gingen.
Wir machten damals ein Praktikum am Europäischen Migrationszentrum, was sich für mich nach renommiertem Institut in einem verglasten Bürogebäude anhörte, wie man es aus dem Frankfurter Bankenvierte kennt, in der Realität aber in einer Hinterhof-Altbauwohnung im Prenzlauer Berg angesiedelt war. Die Arbeit war okay, das Team wunderbar und der Sommer großartig, so dass wir beschlossen, zum Hauptstudium in Berlin zu bleiben, und wir zogen nie weg.
Während „Michaela sagt“ läuft, denke ich daran, wie ich das erste Mal durchs Brandenburger Tor lief, an WG-Partys und Treffen im Mauerpark und an unsere Zwischenmiete-Wohnung unweit des Görlitzer Parks mit sehr vielen Batik-Tüchern hingen, hinduistischen Götter-Figuren sowie einem aufdringlichen Patschuli-Geruch, der sich auch nach dreimonatigem Dauerlüften nicht vertreiben ließ.
Und an die Hundehaufen in der Schliemannstraße und an den jugendlichen Dealer, der uns jeden Morgen, während wir unsere Räder anschlossen, Drogen anbot. Als er mich das erste Mal fragte: „Willst du was?“, hielt ich das noch für eine Drohung und dachte, er wolle mir gleich aufs Maul hauen. (Fun Fact: In meinen fast 26 Jahren in Berlin wurde mir nie aufs Maul gehauen.)
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)