Eine kleine Wochenschau | KW11-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


11. März 2024, Berlin

Heute wäre Start der Marathonvorbereitung. Für den Cuxhaven-Marathon Anfang Mai. Mit flotten Tempoeinheiten, schnellen Intervallen, langen 35-Kilometerläufen. Ich hatte mich richtig darauf gefreut. Aufs Kilometer fressen, mich quälen und an die eigenen Grenzen gehen.

Meine Güte, was stimmt mit mir nicht? Wie bin ich so geworden? Und was kommt als nächstes? Erzähle ich meinen Menschen ungefragt, dass ich gerne grüne Smoothies trinke? Die wären besser als Käsekuchen. Super lecker, vitalisierend, fördern den Stoffwechsel und sind voller Antioxidantien. (Was auch immer das ist.)

Aufgrund meiner Leistenbruchdiagnose musste ich mein Marathontraining radikal ändern. Weniger, kürzer, langsamer. Klingt wie das Motto der Olympischen Spiele der Ambitionslosen.

Titelbild mit einer Hauswand, auf die in rot und blau "ekelhafd" geschrieben wurde.
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Eine kleine Wochenschau | KW11-2024 (Teil 2)

Teil 1


15. März 2024, Berlin

Aus dem Dominikaner-Kloster gegenüber tritt ein Mönch. Ziemlich jung. Vielleicht Anfang/Mitte 20. Was bewegt einen Menschen, in so jungem Alter ins Kloster zu gehen? Die Liebe zu Gott? Die Verzweiflung an der Welt? Die Suche nach geistiger Erleuchtung?

Während ich über seine Beweggründe für ein Leben in einer Ordensgemeinschaft nachdenke, kramt der junge Mönch ein paar AirPods aus seinem Gewand, steckt sie sich in die Ohren und vertieft sich auf dem Weg Richtung Turmstraße in sein Smartphone. Er scheint auch weltliche Bedürfnisse zu haben.

Was er sich wohl anhört? Einen Podcast mit Anselm Grün? Gregorianische Choräle? Oder bläst er sich „Highway to hell“ von AC/DC in die Ohren? Das würde mein kindliches Gemüt erfreuen.

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Unübersichtliche Ansteh-Situation im Post-Kiosk-Shop. Ich glaube, eine junge Frau ist vor mir an der Reihe und sage zu ihr: „Du warst zuerst da, oder?“ Sie schaut mich irritiert an. Wahrscheinlich denkt sie: „Warum duzt mich der alte Knacker?“

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Bei Penny fragt ein circa achtjähriger Junge seine Mama, ob er eine Plastikschrottzeitschrift haben darf. Sie erlaubt es ihm, aber er müsse sie von seinem Taschengeld selbst bezahlen. Voll ekstatischer Freude umarmt der Kleine sie und ruft: „Du bist die Allerbeste!“

Entweder versteht er nicht, was „selbst bezahlen“ bedeutet oder er spekuliert darauf, dass seine Mama das Geld nie von ihm eintreiben wird.

16. März 2024, Berlin

Lauf-Gedanke: Die Welt wäre ein friedlicherer Ort, hätten alle Länder ausschließlich Clowns-Armeen. Keine Einheiten hochgerüsteter und hochtrainierter Elitekämpfer, sondern mit Clown-Soldaten.

Diese verbuddeln keine Minen, sondern legen Bananenschalen aus, statt mit scharfer Munition aus Maschinengewehren zu schießen, verspritzen sie Wasser aus Revers-Blumen und sie verwickeln sich nicht in tödliche Nahkämpfe, sondern treten sich mit ihren riesigen Schuhen gegenseitig in den Hintern. Blutvergießen gleich Null. Außerdem zettelt niemand einen Krieg an, wenn er weiß, dass dann ein Bataillon aus hunderten von Clowns anrückt.

Ich sollte noch mehr laufen, wenn ich dabei so gute Ideen habe. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass ich nicht der erste Mensch bin, der die Idee einer Clowns-Armee hatte. (Im Zweifel gibt es eine Simpsons-Folge dazu.)

17. März 2024, Berlin

4.40 Uhr Aufstehen. Zugfahrt nach Frankfurt, wo ich abends mit meinen Eltern und meinem Bruder in die Oper gehe. Carmen. Das Weihnachtsgeschenk meines Bruders und mir für unsere Eltern.

Der Schaffner spricht breitestes Hessisch, stellt sich als Alfred Tetzlaff vor und macht bei jeder Lautsprecher-Durchsage miese Ein-Euro-Gags, für die sich selbst Fips Asmussen zu schade wäre. („Den nächste Bahnhof erreische mir drei Minute früher. Isch bitte die Unannähmlichkeite zu entschuldige.”) Schlimm. Nicht nur, aber vor allem zu der frühen Uhrzeit.

Die ältere Frau neben mir („Ich bin das letzte Mal vor 30 Jahren Bahn gefahren.”) findet die Ansagen lustig. Bei jeder Durchsage lacht sie laut und herzhaft. Allerdings hat sie an ihrem Handy Tastentöne eingeschaltet, so dass ich ihrer Urteilsfähigkeit skeptisch gegenüberstehe.

Auf Höhe meines Sitzplatzes hat von außen jemand ein Herz in das dreckige Fenster gemalt. Liebe in Zeiten des Schmutz. (Schöner Titel für einen Groschenroman.)

Muss die Zugfahrt zur inhaltlichen Vorbereitung auf die abendliche Oper nutzen, denn ich habe keine Ahnung, um was es bei Carmen geht. Außer dass es in Spanien spielt. Was ich aufgrund des titelgebenden Namens schlussfolgere. Außerdem weiß ich noch, dass George Bizet das Stück komponiert hat. Dessen Name hört sich für mich aber eher nach Französisch als nach Spanisch an. Was daran liegt, dass er Franzose war. (Wikipedia)

Ich kann nicht ausschließen, dass ich Carmen bereits einmal gesehen habe. Vor vielen Jahren in der Deutschen Oper. Zumindest erinnere ich mich, dass ich dort einmal bei einer Vorstellung eingeschlafen bin. Nicht aus Langeweile, sondern weil wir damals unsere Wohnung renovierten und ich hundemüde war. Oder das war „Der Barbier von Sevilla“, den ich damals verschlief. Spielt ja auch in Spanien, da kann man das schon mal verwechseln.


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Eine kleine Wochenschau | KW10-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


04. März 2024, Berlin

Auf dem Waldweg am Hohenzollernkanal hält eine Frau mit weit ausgebreiteten Armen einen entgegenkommenden Radfahrer auf. Ihrer Ansicht nach darf der hier nicht radeln. Die beiden tauschen ein paar Unfreundlichkeiten und Mittelfinger aus, dann ziehen sie ihrer Wege. Guten Morgen, Berlin.

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Eine kleine Wochenschau | KW10-2024 (Teil 2)

Teil 1


07. März 2024, Berlin

Vor Getränke Töpper steht eine Werbetafel: „Schlenkerla Rauchbier verschiedene Sorten“.

Schlenkerla ist eine fränkische Brauerei und bekannt für die beworbenen Rauchbiere. Das weiß ich, weil vor vielen Jahren ein Kollege mit fränkischen Wurzeln ein paar Flaschen davon für eine gemeinsame Verkostung mitgebracht hat.

Ohne zu harsch klingen zu wollen: Das Bier schmeckte grauenvoll. Als hätte jemand in die Flasche geascht und dann mit geräuchertem Schinken ausgewischt. Mir ist vollkommen schleierhaft, wie Menschen das lecker finden können. Gut, als Franke bist du mit Markus Söder Kummer gewohnt, da ist dir dann auch egal, wenn du Aschenbecher-Schinken-Bier trinkst.

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Im U-Bahnhof Turmstraße hängt im Schaukasten der Dorotheenstädtischen Buchhandlung ein Zitat von Julius Stinde: „Was aber sind Hoffnungen? Streuzucker für den Rhabarber des menschlichen Lebens.“

Kann mich nicht entscheiden, ob ich das sehr, sehr deep oder sehr, sehr dämlich finde. Was ist der Rhabarber des menschlichen Lebens? Und wer ist Julius Stinde?

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Der Sohn hat heute die letzte reguläre Klausur seiner Schullaufbahn geschrieben. Da auch alle seine Freunde ihre letzten Arbeiten vor der Abi-Phase hinter sich gebracht haben, wurde spontan entschieden, dies mit ein, zwei Partien Bier-Ball zu feiern. Mir sind die genauen Regeln des Bier-Balls nicht geläufig, aber ich gehe davon aus, dass es mehr um den Bier-Part und weniger um den Ball-Teil geht.

Als der Sohn nach Hause kommt, riecht er wie nach einem ausgeuferten Kneipenbesuch. Donnerstags um 15 Uhr. Aber warum auch nicht? Irgendwie muss er sich ja auf die Motto-Woche vorbereiten. Und den Abi-Gag. Und den Abi-Ball.

08. März 2024, Berlin

Heute ist Internationaler Frauentag. In Berlin ein Feiertag. Dank Schaltjahr fällt er dieses Jahr auf einen Freitag. Somit haben wir ein langes Wochenende, was die Popularität des Feiertags zusätzlich steigert.

In den nächsten beiden Jahren fällt der Frauentag allerdings aufs Wochenende. Damit ist er zwei Jahre ein vollkommen nutzloser Feiertag, was seinen Popularitätswerten sicherlich nicht zuträglich ist.

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Apropos Frauentag: Kürzlich gab es auf 3sat einen Bericht über eine Kampagne des Familienministeriums gegen die Diskriminierung älterer Arbeitnehmerinnen. Irgendwann stellte sich heraus, dass es um Frauen ab 43 ging. Meine 48-jährige Frau starrte regungslos auf den Bildschirm. Fällt das eigentlich unter Altersdiskriminierung, wenn du mit 43 als alt bezeichnet wirst?

09. März 2024, Berlin

Seit der Leistenbruch-Diagnose horche ich beim Laufen sehr sensibel in meinen Körper hinein. Ich höre aber nichts. Dafür fühle ich. Nicht den Leistenbruch, aber am Außenspann zieht es, die Wade zwickt und das Knie knarrzt. So ist das wohl, wenn dein Körper sein Verfallsdatum überschreitet und der Verschleiß der einzelnen Körperteile unaufhaltsam voranschreitet. Fällt das unter Diskriminierung älterer Läufer*innen?

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Nachmittags erste Schreibversuche für ein neues Buchprojekt. Ernüchterndes Ergebnis. Niveau Viertklässler-Aufsatz. Nur weniger originell und phantasievoll. Schlimm.

10. März 2024, Berlin

Redigiere morgens die gestrigen Textfragmente. Nun wenigstens Niveau-Fünftklässler-Aufsatz.

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Neue Nachricht in der Inobx. Vom Sex-Toy-Anbieter Amorelie. Betreff: Wir möchten mit Ihnen zusammenarbeiten. Hört sich vielversprechend an. Zumindest gut genug, um weiterzulesen.

Saad Amjad, seines Zeichens Amorelie-SEO-Experte, hofft, dass ich in bester Verfassung und von positiver Energie umgeben bin. Wie nett. Er fährt fort, das Herzstück von Amorelie sei die Förderung sexuellen Wohlgefühls. Nach Durchsicht meiner Website ist er der Ansicht, ich verfolge eine ähnliche Vision und wolle Menschen in diesem essenziellen Lebensbereich bestärken und informieren. Er schlägt eine Kooperation vor. Zum Beispiel zu Themen wie „sinnliche Geschenkideen für den Partner“, „positive Aspekte eines aktiven Liebeslebens“ oder „neue Würze im Schlafzimmer“.

Frage mich, aufgrund welcher meiner Beiträge der gute Saad zu dem Schluss kam, ich bestärke und informiere Menschen im Bereich des sexuellen Wohlgefühls. Die würde ich auch mal gerne lesen.


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Eine kleine Wochenschau | KW09-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


26. Februar 2024, Berlin

Die Woche beginnt hoffnungsvoll. In meiner Inbox ist eine Mail von LOTTO Berlin. Betreff „Gewinnbenachrichtigung.“

Nachdem ich in meinem Kundenkonto kontrolliert habe, wie viel wir gewonnen haben, ist die Woche doch eher ernüchternd: Unser Gewinn beträgt 6 Euro. Meine Frau sieht das positiver als ich: „Cool, dann können wir uns einen Döner kaufen.“

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Eine kleine Wochenschau | KW09-2024 (Teil 2)

Teil 1


01. März 2024, Berlin

Der März ist da. Während der Januar ungefähr 138 Wochen gedauert hat, war der Februar nach zweimal Schlafen rum.

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Morgendliche Laufrunde. Ich will gerade in den Volkspark Rehberge einbiegen, als ich sehe ich in der Ferne eine Gruppe joggender Soldaten sehe. Heißt das überhaupt Gruppe? Oder ist das eine Kompanie? Oder ein Zug? Keine Ahnung. Ich war nicht bei der Bundeswehr und habe mich auch nie fürs Militär interessiert. Im Gegensatz zu meinem Klassenkameraden C., der mal im Geschichtsunterricht der 10. Klase aus dem Stegreif referierte, mit welcher Strategie und Taktik die Wehrmacht über Belgien in Frankreich einmarschiert ist. Ich fand das damals gleichermaßen faszinierend wie befremdlich. (Um ehrlich zu sein mehr befremdlich als faszinierend. Wer beschäftigt sich in seiner Freizeit damit, wie Armeen andere Länder überfallen und Menschen töten?)

Die frühsportelnden Soldaten tragen die charakteristischen, eng geschnittenen blau-hellblauen Trainingsanzüge, die nach Olympiamannschaft der 70er/80er aussehen. Ich beschließe, von meiner üblichen Strecke abzuweichen, was für mich, als Mensch, der Routinen zu schätzen weiß, sehr ungewöhnlich ist.

Anstatt in den Park einzubiegen, fühle ich mich herausgefordert, den Soldaten hinterherzulaufen, sie ein- und schließlich zu überholen. Ich weiß selbst nicht warum. Vielleicht habe ich heute früh einen Überschuss an Testosteron im Blut. Oder fällt das unter toxische Männlichkeit? Dass ich ihnen zeigen will, dass ich schneller laufen kann als sie? Möglicherweise ist es auch eine einsetzende Midlife-Crisis. Oder beginnende Alterssenilität. (Da sind die Übergänge häufig fließend.)

Die Soldaten sind circa 300 Meter von mir entfernt. Stück für Stück schiebe ich mich näher, bis ich sie nach circa sieben bis acht Minuten eingeholt haben. Sie sehen sehr jung aus. Fast wie Schülerpraktikanten. Auf jeden Fall nicht, als seien sie volljährig. Ist das überhaupt erlaubt? Minderjährige Soldaten? Oder müssen dann die Eltern bei jedem Schuss ihre Erlaubnis geben?

Trotz ihres jungen Alters machen die Soldaten keinen besonders fitten Eindruck. Schwitzend, schnaufend und stöhnend schleppen sie sich über den Waldweg. Bevor über die Aufrüstung Deutschlands mit Atomwaffen nachgedacht wird, sollte vielleicht zunächst an der körperlichen Ertüchtigung der Bundeswehr-Soldaten gearbeitet werden.

Ich laufe schließlich an den Nachwuchs-Bundis vorbei und erfreue mich zu sehr daran, dass der Ende-40-jährige Ex-Zivi die adoleszenten Soldaten abzieht. Wahrscheinlich ist es doch die Midlife-Crisis.

02. März 2024, Berlin

Auf unserem Samstagsvormittagslauf kommen meine Frau und ich an einer Bank vorbei, auf der ein betrunkener Obdachloser sitzt. „Es gibt auch ein Leben nach dem Joggen“, brüllt er uns hinterher. Ich hoffe, er hat recht.

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In meinem Spam-Ordner entdecke ich eine Mail von Susanne Klatten, der mit einem Vermögen von über 20 Milliarden Euro reichsten Frau Deutschlands. Sie schlägt mir einen Deal vor. Vielleicht komme ich diese Woche doch noch zu meiner Million. Hoffentlich finde ich dann den FAZ-Testament-Tipps-Artikel wieder.

03. März 2024, Berlin

Unter einem älteren Blog-Artikel hinterlässt eine Nira Shalom einen sehr ausführlichen Kommentar. Nachdem ihr langjähriger Partner Anderson sich von ihr getrennt und sie erfolglos versucht hatte, ihn zurückzugewinnen, wandte sie sich an einen Zauberer. Der erklärte ihr, dass ihr ex-Freund innerhalb von drei Tagen zu ihr zurückkäme, was dann sogar bereits nach zwei Tagen geschah.

Daher hat sich Nira Shalom geschworen, jedem, der Partnerschaftsprobleme hat, an den „einzig wahren und mächtigen Zauberer“ zu verweisen. Warum sie das ausgerechnet auf meinem Blog postet, weiß ich nicht. Anscheinend hält sie die Beziehungen der Familienbetrieb-Leser*innen für besonders prekär.

Der von Nira Shalom angepriesene Zauberer hat Sprüche für jedwedes Problem, das du dir nur vorstellen kannst, in seinem magischen Portfolio: Liebeszauber, Zauber für verlorene Liebe, Scheidungszauber, Heiratszauber, Bindungszauber, Brechzauber, und Verbannung eines geliebten Menschen aus der Vergangenheit. Aber auch Zufriedenheitszauber, Heilung für alle Krankheiten, Beförderungszauber und Geldzauber. Sollte mein Millionendeal mit Susanne Klatten nicht zustande kommen, schicke ich dem Zauberer eine Mail.


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Eine kleine Wochenschau | KW08-2024 (Teil 2)

Teil 1


23. Februar 2024, Berlin

Heute Nacht bin ich viermal aufgewacht, weil ich auf Toilette musste. Ich hoffe, meine Prostata ist nicht auf Melonengröße angewachsen und drückt auf meine Blase.

Vormittags stoße ich auf eine alternative Erklärung: Auf Spiegel Online gibt es einen Artikel mit der Überschrift „Binge-Blase: Wer viel Fernsehen schaut, muss nachts öfter pinkeln.“ Ein chinesisches Forschungsteam hat in einer Studie, deren Ergebnisse in der Special-Interest-Zeitschrift „Neurourology and Urodynamics“ veröffentlicht wurden, herausgefunden, dass Erwachsene, die im Schnitt mehr als fünf Stunden fernsehen schaut, mit höherer Wahrscheinlichkeit nachts aufs Klo müssen.

Tatsächlich haben wir gestern unvernünftigerweise bis um Mitternacht genetflixt. Und schon um kurz nach sieben angefangen. (Also, 19 Uhr, nicht 7 Uhr morgens.) Das waren fast fünf Stunden vor der Glotze. (In einer Art preußischer Pflichterfüllung mussten wir fünf Folgen von „Shameless“ schauen, um die zweite Staffel zu beenden.)

Ob ich heute wohl aufgrund meines neu erworbenen Wissens weniger Fernsehen schauen und früher ins Bett gehen werde? Ich nehme es mir vor, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich an der Umsetzung scheitern werde. Die dritte „Shameless“-Staffel schaut sich schließlich nicht von alleine.

24. Februar 2024, Berlin

Während ich die Wohnung sauge, muss ich an ein Interview mit zwei US-amerikanischen Paartherapeuten denken, das diese Woche auf Spiegel-Online erschienen ist. „Männer, die staubsaugen, haben mehr Sex“, heißt es da in der Überschrift.

Ich war allerdings zu faul war, den Artikel zu lesen. Somit weiß ich nicht, worin genau der Kausalzusammenhang zwischen Staubsaugen und sexueller Aktivität besteht und ob das nur auf Männer in Paarbeziehungen zutrifft. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass Singles, die staubsaugen, ebenfalls mehr Sex haben. Zwar nur mit dem Saugrohr, aber in der Not isst der Teufel angeblich fliegen und der Sex-Solist wird erfinderisch.

Auf Rat meines Anwalts, den ich nicht habe, möchte ich betonen, dass jedwede sexuelle Betätigung, die einen Staubsauger beinhaltet, keine gute Idee ist.

25. Februar 2024, Berlin

Der Instagram-Algorithmus spielt mir seit einigen Tagen sehr viel Werbung für Fitnessgeräte ein. Weil ich einmal ein solches Angebot länger als zehn Sekunden angeschaut habe, hält Instagram mich für einen fanatischen Sport-Junkie, der pausenlos mit Fitness-Werbung zugeballert werden will. Für Fitness-Studios, Trainings-Apps, Freeletics-Kurse, Sandsäcke, Klimmzugstangen, Gewichte und vieles mehr.

Alles im Hochpreis-Segment. Bei einem Anbieter gibt es beispielsweise ein Set mit sechs Hantelscheiben (1 Kilogramm, 2,5 Kilogramm und 5 Kilogramm) für 259 Euro. Und da hast du noch keine Stange, mit denen du die Scheiben in die Höhe stemmen kannst. Die kostet nochmal 299 Euro extra.

Der Insta-Algorithmus scheint eine vollkommen falsche Vorstellung von meiner finanziellen Situation zu haben. Das könnte auch der Grund sein, warum ich zusätzlich sehr viel Werbung für Wealth Management bekomme. Zur Mehrung meines Vermögens. „Pflege-Immobilien als Kapitalanlage“ „Mehr als 200.000 Euro im Depot?“ „Sieben Wege, wie Investoren ab 250.000 Euro aufhören können zu arbeiten“

In nächster Zeit sollte ich besser keine Fitness- und Wealth-Management-Werbung mehr anklicken. Stattdessen lieber Anzeigen für Kuchen, Schokolade und andere Süßigkeiten. Das würde meinen Insta-Feed viel ansprechender gestalten.


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Eine kleine Wochenschau | KW08-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


19. Februar 2024, Berlin

Für die Tochter beginnt in Carlow einer der soziokulturellen Höhepunkte des Jahres für Studierende: die sogenannte RAG Week.

Die RAG Week ist ein Charity-Event, denn RAG steht für „Raise and give“. Mir ist nicht klar, wer Adressat des Giving ist, aber für das Raising sind die Studierenden zuständig. Indem sie in den Pub gehen und Bier sowie andere alkoholische Getränke. Zum einen raisen sie damit ihren Blutalkoholgehalt, zum anderen Geld für irgendeinen guten Zweck. Wahrscheinlich die Vermehrung des Vermögens der Pub-Betreiber.

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Eine kleine Wochenschau | KW07-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


12. Februar 2024, Berlin

Rosenmontag. Für mich nicht. Nach vier Tagen Karneval in Köln steht bei mir die Resozialisierung in den normalen Alltag an.

Das ist gar nicht so einfach. Im Supermarkt laufen keine verkleideten Menschen rum, nirgendwo läuft Karnevalsmusik, niemand will schunkeln und du bekommst nicht von Wildfremden Kölsch angeboten. Schade. Sehr schade.

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Eine kleine Wochenschau | KW07-2024 (Teil 2)

Teil 1


16. Februar 2024, Berlin

Auf dem Spreeweg hinterm Schlosspark Charlottenburg kommt mir ein Läufer entgegen. Er ist mindestens 1,90, breitschultrig und blond. Wie aus dem Cast eines Leni-Riefenstahl-Films.

Der Typ ist sehr muskulös, mit einstelligem Körperfettanteil und extrem ausdefiniert. Wie aus Marmor gemeißelt. Woher ich das weiß? Er trägt kein Shirt und läuft mit nacktem Oberkörper.

Bei circa 7 Grad und stetig wehendem Wind einerseits etwas befremdlich. Andererseits verstehe ich ihn. Wäre ich so durchtrainiert, trüge ich auch kein Oberteil. Nie. Nicht beim Einkaufen, nicht bei Videokonferenzen, nicht bei Kundenterminen. Niemals. Nie.

17. Februar 2024, Berlin

Der Sohn informiert uns, er ginge mit einem Freund auf eine Studiums- und Ausbildungsmesse. Die Mutter des Freundes hätte ihnen davon erzählt. Dazu hätte die Elternvertreterin eine Mail rumgeschickt, erklärt er. Seine Stimme klingt leicht vorwurfsvoll.

Ich bin fein raus. Ich war bei der Tochter für die Elternabende und – noch schlimmer – für die Kommunikation mit anderen Eltern zuständig. Beim Sohn fällt das in den Verantwortungsbereich meiner Frau.

Die erklärt, sie würde die Mails der Elternvertreterin meist nur überfliegen. Ihre Stimme klingt dabei nicht besonders schuldbewusst. Schließlich hätte sie keine Zeit, den ganzen Tag Nachrichten zu schulischen Angelegenheiten durchzuarbeiten. Ich glaube zwar nicht, dass die Elternvertreterin so viele Mails schickt, dass das Lesen derselbigen eine tagesfüllende Angelegenheit ist, nicke aber dennoch zustimmend. Als guter Ehemann ist es wichtig, sich solidarisch mit deiner Partnerin zu zeigen.

Meine Frau meint außerdem, sie wisse überhaupt nicht, warum sie diese Mail bekommen hat. Schließlich habe sie schon studiert und keinen Bedarf an einer zusätzlichen Ausbildung. Ich nicke wieder zustimmend. Es wäre doch viel sinnvoller, die Schüler*innen bekämen Information zu Ausbildungsmessen direkt. Ich mache weiter einen auf Wackeldackel.

Als der Sohn später nach Hause kommt, zeigt er sich wenig begeistert von der Messe. Da seien fast nur komische Unternehmen gewesen. Zoll, Berliner Verkehrsgesellschaft und Berliner Stadt-Reinigung scheinen nicht den Glamourfaktor zu suggerieren, den der Sohn sich von seinem zukünftigen Arbeitgeber erhofft.

Außerdem wäre es viel zu voll gewesen. Wegen der vielen Eltern, die ihre Kinder dahingeschleppt hätten. Da ist es ja gut, dass meine Frau und ich nicht mitgekommen sind.

18. Februar 2024, Berlin

Patricia Cammarata hat mich glücklich gemacht. Sehr glücklich sogar. Eine Aussage, die merkwürdig klingt. Unangemessen. Unangebracht. Fast schon anzüglich. (Oder schlüpfrig, wie es in den 70ern hieß.)

Mein Glücksgefühl rührt daher, dass Patricias am 7. Februar ihr neuestes Werk veröffentlicht hat. „Musterbruch. Überraschende Lösungen für wirkliche Gleichberechtigung“ (Affiliate-Link) Das Buch ist – wie nicht anders zu erwarten – lehrreich, informativ, anregend und lesenswert. Selbstverständlich ist es sofort auf der Spiegel-Bestseller-Liste gelandet. Wie alles aus Patricias Feder.

Patricia Cammarata: Musterbruch – Überraschende Lösungen für wirkliche Gleichberechtigung. Beltz-Verlag.

Zugegebenermaßen reicht das alles trotzdem nicht aus, dass meine Glückshormondrüsen die Schleusen öffnen und sich zur Übersollproduktion pushen.

Vor ein paar Tage hatte mir Patricia eine Tafel Schokolade geschickt. Nicht irgendeine, sondern von Tony’s Chocolonely. Die mit den dicken 180-Gramm-Tafeln, die so merkwürdig vorgestanzt sind, dass du mindestens anderthalb Rippen auf einmal essen musst. Die Tafel war nicht gewöhnlich verpackt, sondern in dem Musterbruch-Cover. (Eine geniale Marketing-Idee, die ich definitiv bei meinem nächsten Buch klauen werde.)

In der beiliegenden Karte schrieb Patricia, der Verlag schicke mir das Rezensionsexemplar, sie wollte mir aber die Schokolade zukommen lassen. Das freute mich sehr und öffnete die Glückshormondrüsen-Schleusen ein wenig. In verschiedenen Musterbruch-Social-Media-Posts hatte ich die Tafel bereits gesehen und darauf gehofft, auch eine abzubekommen. Jedoch wollte ich nicht direkt danach fragen, um nicht – berechtigterweise – gierig und verfressen zu wirken.

Da nichts im Leben perfekt ist, musste ich dann allerdings aushalten, dass auf meinem Schreibtisch eine 180-Gramm-Schokolade lag, die ich nicht öffnen könnte. Denn das Buch ließ auf sich warten und ich musste den Verzehr der Schokolade bis zu einem gemeinsamen Schokoladen-Buch-Foto verschieben. (Dass die Schokolade beständig flüsterte: „Iss mich, Christian, iss mich.“, machte meine Situation nicht einfacher.)

Zwei Tage später kam die Post vom Verlag. Der große braune Umschlag enthielt nicht nur das Musterbruch-Buch, sondern auch: eine zweite Tafel Schokolade! Da lagen sich Endorphine, Dopamin und Serotonin in meinem Körper in den Armen und schalteten tatsächlich auf Übersoll-Produktion.

Nun möchte ich auf keinen Fall den Eindruck erwecken, die Schokolade sei besser als Patricias Buch. Aber die Lektüre wird definitiv nicht schlechter, wenn du dir dabei weiße Schokolade mit Himbeergeschmack reinpfeifst.

Patricia wäre übrigens nicht das Marketing-Genie, das sie ist, hätte sie sich nicht weitere großartige cross- und multimediale Maßnahmen ausgedacht, um Aufmerksamkeit für das Buch zu erzeugen. Beispielsweise gibt es auf Spotify eine Musterbruch-Playlist mit thematisch passenden Songs von Mine, Danger Dan, Fatoni und vielen mehr.

Darüber hinaus hat sie ein Video erstellt, in dem sie dem Marvel-Helden Loki das Musterbruch-Buch zeigt. Ein spitzenmäßiger Clip, bei dem du allerdings förmlich spürst, wie Patricias Kinder sie sofort auf Insta geblockt haben.

Nun zum Buch. Falls Sie sich wundern, was der merkwürdige Titel Musterbruch zu bedeuten hat: Patricia beschreibt die nervig hartnäckigen und eingefahrenen Geschlechterrollenmuster in Partnerschaft, Sorge- und Erwerbsarbeit und wie diese aufgebrochen werden können. Musterbruch klingt nicht nach, wir drehen mal an ein paar Stellschräubchen, um das System ein bisschen zu optimieren, sondern nach „Bring den Vorschlaghammer mit – liebe Grüße an Element of Crime – und lass uns die ganze Scheiße kurz und klein kloppen.“

Dennoch ruft Patricia nicht zu Gewalt gegen Sachen oder gar Personen auf. Stattdessen erklärt sie, wie wir unser geschlechterstereotypes und Gleichberechtigung verhinderndes Denken überwinden können. Zusätzlich macht sie konkrete Vorschläge, wie Paarbeziehungen im Alltag gleichberechtigter gelebt werden können. Jedes Kapitel endet mit Kurzzusammenfassungen für Lesefaule und es gibt zahlreiche Links, QR-Codes und Hinweise zu weiterführenden Informationen.

Das alles macht Musterbruch zu einer extrem empfehlenswerten Lektüre. Insbesondere für diejenigen, die keinen Bock darauf haben.

Verlosung

Damit möglichst viele Menschen das Musterbruch-Buch lesen, verlose ich mein Rezensionsexemplar. (Die Schokolade nicht. Das ist physisch nicht mehr möglich.)

Der Verlosungsmechanismus ist diesmal ein wenig anders als sonst. Um die Sichtbarkeit von Frauen zu erhöhen, müsst ihr im Kommentar unter diesem Beitrag entweder fünf bekannte Philosophinnen, relevante Politikerinnen, Komponistinnen, Autorinnen oder Millionärinnen auflisten. Welche Kategorie ihr auswählt, bleibt euch überlassen. Um mir Arbeit zu ersparen und um juristische Auseinandersetzungen vorzubeugen, überprüfe ich die Richtigkeit der Antworten nicht.

Ansonsten gilt wie immer: Es werden ausschließlich Kommentare unter dem Blog-Post gezählt, nicht bei Facebook, Insta, Bluesky oder auf einer der inzwischen 18 Trilliarden existierenden Social-Media-Plattformen.) Mehrere Kommentare bzw. Listen von derselben Person führen nicht zu mehreren Losen.

Teilnahmevoraussetzung ist eine gültige E-Mail-Adresse. (Diese wird nicht veröffentlicht und nur zum Zwecke der Gewinnbenachrichtigung verwendet. Im Sinne der DSGVO werden alle Adressen nach Beendigung der Verlosung gelöscht.) Die Verlosung endet am Donnerstag, den 22. Februar 2024, um 23.59 Uhr. Der Rechtsweg ist ebenso wie der Linksweg ausgeschlossen, eine Auszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Allen Teilnehmer*innen viel Glück!

Falls Sie das erste Mal auf dem Blog kommentieren, muss Ihr Kommentar manuell freigeschaltet werden. Aufgrund meiner Erwerbsarbeit im Bergwerk kann dies manchmal ein paar Stunden dauern. Geraten Sie daher nicht in Panik, wenn Ihr Kommentar nicht sofort unter dem Beitrag erscheint. Ich versichere Ihnen, dass kein Kommentar verloren gehen wird. (Außer den Kommentaren, die verloren gehen.)

Patricia Cammarata: Musterbruch – Überraschende Lösungen für wirkliche Gleichberechtigung. Beltz-Verlag. (Affiliate Link)


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