07. April 2025, Berlin
Heute ist keine-Hausarbeit-Tag. Nach der Party am Samstag müssten wir eigentlich die Wohnung putzen. Das lassen wir aber schön bleiben, denn wer sind wir, dass wir uns erdreisten, den Keine-Hausarbeit-Tag zu missachten. Schließlich möchten wir keine religiösen Gefühle verletzen.
08. April 2025, Berlin
Um unseren Restgetränkebestand zu dezimieren, trinke ich beim Arbeiten weniger Kaffee, sondern Fritz-Cola. Wie in einem hippen Start-up der frühen 2000er. Vielleicht stelle ich im Wohnzimmer einen Kicker oder eine Tischtennisplatte auf und spiele gegen mich selbst. Auf mobile Massagen verzichte ich aber. Auf Kokain ebenso.
09. April 2025, Berlin
Heute ist Tag der finnischen Sprache. Mein finnisches Lieblingswort: „Kalsarikännit“. Übersetzt heißt das so viel wie: „Sich in Unterhosen daheim alleine betrinken“.
###
Hole meine Eltern am Bahnhof ab. Das letzte Mal waren sie im Dezember 2023 da. Damals war es so kalt, dass sie beschlossen, Winter sei keine gute Zeit, um Berlin zu besuchen. Fürs Wochenende ist Regen angesagt. Vielleicht kommen die beiden nächstes Jahr erst im Sommer.
10. April 2025, Berlin
Post vom Notar. Wegen eines Vertrags, den ich unterschreiben muss. Im Schreiben heißt es: „Beiliegend übersende ich Ihnen eine Fotokopie meiner vorgenannten Urkunde und einen Genehmigungsentwurf zu dieser Urkunde zur gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung.“
Das klingt hübsch. „Zur gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung.“ Was mache ich allerdings, wenn mir der Vertrag nicht gefällt. Unterschreibe ich ihn dann ungefällig? Und mit was bedient man einen Vertrag? Am besten mit einem Aperol Spritz, denn irgendwie muss das Zeug ja weg.
11. April 2025, Berlin
Laufe seit längerem mal wieder dem Prediger über den Weg. Die Wintermonate haben ihm nicht gutgetan. Seine Jacke ist stark verschmutzt, das Gesicht aufgedunsen und der Blick glasig. Er brabbelt irgendetwas unverständliches.
Die Tiraden des Predigers haben mich immer sehr beeindruckt. Wie er mit donnernder Stimme und bemerkenswerter Eloquenz seine Botschaften verkündet hat. Häufig gegen die katholische Kirche, wenn er vor dem Kloster gegenüber stand. Jetzt wirkt er verwirrt und murmelt unzusammenhängende Worte vor sich hin.
Später sehe ich, wie er einen älteren Mann in einem Straßencafé belästigt, bis sich die beiden anbrüllen. Ich tippe auf zu viele und zu schlechte Drogen. Hoffentlich geht es dem Prediger bald wieder besser. Im Rahmen seiner Möglichkeiten.
12. April 2025, Berlin
Abends Essen im Paris-Moskau. Das war unser Weihnachtsgeschenk für meine Eltern. Seit einigen Jahren ist es bei uns gute Sitte, nur noch Geschenke zu machen, die konsumiert werden und bei denen wir gemeinsame Zeit verbringen. Auf keinen Fall etwas, das rumsteht und regelmäßig abgestaubt werden muss. Und später entsorgt werden muss. Von meinem Bruder oder mir.
Zu ihrem 70. bekam meine Mutter zum Beispiel ein Wochenende in Ludwigshafen. Was erstmal weniger nach Geschenk, sondern mehr nach Bestrafung klingt. Aber meine Mutter wuchs dort auf und wir machten unter anderem eine Stadtführung in ihrem früheren Wohnviertel. Da hörten wir dann sehr viele Namen von uns unbekannten Menschen, die früher ebenfalls dort wohnten.
13. April 2025, Berlin
Laufe durch den kleinen Tiergarten. Kürzlich wurden hier neue Mülleimer aufgestellt. Alle im leuchtenden BSR-Orange.
Unfassbar viele neue Mülleimer. An jeder Bank einer. Stehen zwei oder drei Bänke nebeneinander, sind sie auch mal von zwei, drei Eimern gesäumt. Damit du nicht aufstehen musst, um deinen Müll zu entsorgen.
Mülleimer so weit das Auge reicht. Wenn man den Blick über den Park schweifen lässt, sieht es aus wie eine Invasion einer Hundertschaft orangefarbener R2-D2.
Alle Beiträge der Wochenschau finden Sie hier.

Sie möchten informiert werden, damit Sie nie wieder, aber auch wirklich nie wieder einen Familienbetrieb-Beitrag verpassen?

Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
5 Uhr in Euro ist halb drei, nicht halb zwei.
Da hast du natürlich recht. Danke für den Hinweis.