An der Aral-Tankstelle in der Jagowstraße hat eine Krähe ihren Kopf tief in einen der orangefarbenen BSR-Mülleimer gesteckt. Nach einigem Trippeln und Wippeln zieht sie ihn heraus und hält in ihrem Schnabel einen zugebundenen Hundekotbeutel. Sie lässt ihn auf den Bürgersteig fallen, wo bereits eine Tüte mit Hundeexkrementen liegt.
Anschließend versinkt sie wieder in dem Eimer, trippelt und wippelt, taucht wieder auf und – patsch – landet das nächste Säckchen auf dem Boden. So geht das weiter und weiter. Der Eifer, mit dem die Krähe die eingetüteten Hundehaufen um den Mülleimer verteilt, hat etwas leicht Manisches.
Warum sie das wohl macht? Vielleicht findet gerade ein Krähen-Wettbewerb statt: „Euer Kiez soll kacke werden.“

In der Turmstraße wirbt im Büro der SPD-Abgeordneten Annika Klose ein Aushang für das Parlamentarische Patenschafts-Programm. „Mit dem Bundestag in die USA.“ Was für eine tolle Möglichkeit, aus nächster Nähe zu erleben, wie eine Autokratie entsteht. Als nächstes dann „Praktikumsplätze in Pjöngjang“.
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Spiegel Online berichtet über einen Fall am Bundessozialgericht: Ist man im Büro auf dem Weg zur Kaffeemaschine unfallversichert? Das Urteil: Nein – außer das Koffein dient der Konzentrationsförderung, dann schon.
Stelle ich mir frustrierend vor: Du studierst viele Semester Jura, lernst tausende von Paragraphen auswendig, bestehst zwei Staatsexamina, arbeitest mehrere Jahre an Sozialgerichten, wirst vom Bundespräsidenten zum Bundessozialrichter ernannt und dann musst du dich mit Menschen beschäftigen, die nicht in der Lage sind, die Kaffeeküche unfallfrei zu erreichen.
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Gestern war Tag für die vollständige Beseitigung der Kernwaffen und Tag des Deutschen Butterbrotes. Fällt das unter „Choose your battles wisely“? (Falls ja, entscheide ich mich für das Butterbrot.)
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Ich hadere damit, nicht mehr Ende 40 zu sein, sondern sagen zu müssen: „Ich bin 50.“
Dazu mein Laufkollege O.: „Die einzige Alternative wäre, früh zu sterben.“
Wie weise. Er ist ja auch schon 54.
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Apropos alt: Ich berichte meiner Frau, dass ich beim Laufen die ganze Zeit eine Schniefnase gehabt hätte. Sie meint, das hinge mit schlaffem Bindegewebe in der Nasenscheidewand zusammen, bei ihrem Opa hätte auch immer ein Tropfen an der Nase gehangen. Keine Ahnung, warum sie mir das erzählt.
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An der Penny-Kasse steht hinter mir der Prediger. In letzter Zeit war er häufig sehr erregt, pöbelte rum und legte sich mit Passant*innen an. Heute wirkt er ruhig und ausgeglichen. Wahrscheinlich hat er heute noch keine Drogen genommen.
Er erzählt der Kassiererin, er habe seit gestern auch noch Hausverbot bei ALDI, jetzt könne er nur noch hier einkaufen. Die Frau weiß mit dieser Information nichts so recht anzufangen, nickt kurz und gibt ihm das Wechselgeld.
Fast schon draußen, dreht er noch mal um und sagt: „Mir tut das jedes Mal leid, wenn ich bei euch Stress mache. Wirklich. Jedes Mal. Sorry.“
Das ist das Schönste und Traurigste, das ich diese Woche gehört habe.

Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)