Wache nach dem gestrigen anstrengenden Bootsausflug erst um 8.30 Uhr auf. Trotz der nachwirkenden Erschöpfung muss ich heute Laufen gehen. Auch am Ende des Urlaubs möchte man den Anschein preußischen Pflichtgefühls wahren.
Treffe im Bad den inneren Schweinehund, der eine Marineuniform trägt und sagt, es wäre unter der Würde eines Kapitäns, zu joggen. Entgegne, ein Kapitän müsse mit gutem Vorbild vorangehen. Besonders in Sachen Körperertüchtigung. Der innere Schweinehund blickt mich zornig an und sagt das mache alles keinen Spaß mit mir und deswegen kündige er. Dann zieht er schnaubend ab und tritt im Rausgehen meine Laufschuhe durch die Ferienwohnung.
Kurze Zeit später stehe ich in Laufbekleidung an der Straße. Heute sind auch die Hunde wieder da. Sie wollen mir anscheinend ein letztes Geleit geben.
Als erstes muss ich mich aber ein wenig locker machen. Werfe in einer geschmeidigen Bewegung meine rechte Ferse nach hinten, umfasse blitzschnell mit der rechten Hand den Knöchel und ziehe den Fuß in Richtung Gesäß, um die Oberschenkelmuskulatur zu dehnen. Verliere dabei aber das Gleichgewicht und schwanke bedrohlich nach vorne. Rudere hektisch mit dem linken Arm, bis ich wieder in der Vertikalen stehe. So viel Anmut und Grazie sah man zuletzt, als Rudolf Nurejew am Bolschoi-Theater den Schwanensee tanzte. Die ersten Hunde holen sich Popcorn.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)