Post aus Portugal #09 | Wohnung gesucht. Und frische Unterhosen.

Freitag, 2. Mai

Morgens aufwachen im Hotel. Ein deutlicher Hinweis, dass ich nicht geträumt habe, in dem von uns angemieteten Appartement wäre der Wasserboiler von der Wand gekracht und hätte die halbe Küche zerstört. Dafür ist das Bett bequem. Positiv denken.

Im Bett Wohnungsrecherche. Ernüchterndes Ergebnis. Kurzfristig verfügbare Wohnungen sind rar, teuer, ungeeignet (Wohnheimzimmer mit Gemeinschaftsbad und -Küche) oder dezentral (in Vierteln, die so weit entfernt sind, dass sie eher zu Porto als zu Lissabon zählen). Häufig alles zusammen.

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Post aus Portugal #08 | What the actual fuck? (01.05.)

„Ein Tag wird nicht schlechter, wenn er mit Käsekuchen beginnt.“ Dachte ich, während ich mir eine Gabel des Käsekuchens, der mich zu dieser Weisheit inspirierte, in den Mund schob.

Dann lud ich ein Foto des Kuchens auf Instagram hoch, schrieb den von mir erdachten Satz dazu und hoffte auf Likes, Herzchen und andere Formen der Beifallsbekundung.

Sieben Stunden später sollte mir das Leben, das Schicksal oder was auch immer zeigen, dass meine Weisheit gar nicht so weise war. Im Gegenteil. Sie war eine spektakuläre Fehleinschätzung.

Trotz des Käsekuchen-Starts wurde unser Tag nicht nur nicht schlechter, sondern richtig schlecht. Noch schlechter wäre er nur gewesen, hätte ich ihn statt mit meiner Frau mit Friedrich Merz und Donald Trump verbringen müssen.

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Post aus Portugal #07 | It never rains in Porto, außer heute (30.04.)

Stadtspaziergang durch Porto. Bei Regen. Mal mehr, mal weniger. Meistens mehr. Ab und an auch mal weniger. Aber selten.

Für die Souvenir-Verkäufer ein einträgliches Geschäft. Kaum fällt der erste Tropfen, haben sie Schirme, Regenjacken und Ponchos im Angebot, die sie werbe- und verkaufswirksam am Eingang ihrer Läden präsentieren. Was gut für uns ist. So erstanden wir gleich morgens einen Knirps für fünf Euro. Und den obligatorischen Kühlschrank-Magneten gleich dazu, womit das auch erledigt wäre.

Panoramablick über Porto
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Post aus Portugal #06 | Der Weg ist das Ziel (29.04.)

Teil 1, Teil 2


Dinge, die nie auf meiner Bucket-Liste standen, die ich nun trotzdem abhaken kann: In einer spanischen Kleinstadt, von der ich vorher noch nie gehört habe, auf dem Boden eines Bahnhofs schlafen, zugedeckt mit einer Rot-Kreuz-Decke.

Trotz windschützender Wand und Rucksäcke war es draußen irgendwann zu ungemütlich. Die Kälte kroch unter die Decke, meine beiden Jacken, die ich trug, meine Kleidung, bis in die Knochen hinein.

Gegen halb zwei verzogen wir uns in die Wartehalle, um uns ein Plätzchen zu suchen. Der einzige noch freie Raum war eine Gasse, die für den Weg zum Klo freigehalten worden war. Ich befand, ein Klogässchen müsste ausreichen und legte mich an den Rand.

In der verklärenden Erinnerung meines Kurzzeitgedächtnisses hatte ich auf dem Bahnhofsvorplatz eine halbwegs bequeme Schlafposition gefunden. Hier gelingt mir das nicht so recht. Auf dem Rücken liegend, tun die Fersen weh, drehe ich sie nach außen, schmerzen die Knöchel.

In der Seitenlage drückt wiederum mein Beckenknochen unangenehm auf den Betonboden. Oder der Betonboden auf meinen Beckenknochen. Das ist eine Frage der Perspektive. Allerdings mit dem gleichen Resultat: Aua.

Foto aus einem fahrenden Bus. Draußen fährt ein LKW vorbei.
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Post aus Portugal #04 | Es steht ein Zug im Nirgendwo (28.04.)

12.40 Uhr. Unser Zug steht. Dabei sollte er fahren. Von Madrid nach Vigo. Tut er aber nicht. Schon seit zehn Minuten.

Stattdessen hat er irgendwo in der kastilischen Walachei gehalten. Draußen ist nicht viel zu sehen. Keine Ortschaften oder Ansiedlungen weit und breit. Nur Landschaft. Davon ziemlich viel. Links und rechts erheben sich kleinere Hügel, die Vegetation rangiert farblich von dunklem Grün bis verdorrtem Braun.

Der Zug macht keine Anstalten, sich wieder in Bewegung zu setzen. Als regelmäßiger Kunde der Deutschen Bahn findest du das erstmal nicht ungewöhnlich. Da hältst du auch mal mitten auf der Strecke. Wegen Personen in den Gleisen, noch belegten Bahnsteigen im nächsten Bahnhof, Stellwerkproblemen oder so etwas.

Gerade haben wir aber keine Ahnung, warum der Zug nicht fährt. Es gibt keine Durchsage, keine Erläuterung, keine Informationen. Garnichts.

Da ist die Deutsche Bahn vorbildlich. Die klärt in der Regel sehr zügig auf, was das Problem ist und warum die Fahrt nicht fortgesetzt wird. Vielleicht haben die deutschen Zugbegleiter*innen damit mehr Erfahrung als ihre spanischen Kolleg*innen von Renfe.

Eine gute Viertelstunde später betritt ein Schaffner den Waggon und spuckt einen Wortschwall in Maschinengewehrgeschwindigkeit aus. Ich meine, die Worte „Strom“ (energia) und „ganz Spanien“ (toda España) herauszuhören.

Da ich meinen Spanischkennt-nissen nicht ganz vertraue – zu Recht, denn ich spreche kein Spanisch –, frage ich einen Mit-reisenden über den Gang, ob ich das richtig verstanden habe. Das Englisch des Mannes ist unwe-sentlich verständlicher als die Ansage des Schaffners, aber er bestätigt meine Vermutung. („No electricity, whole country.“)

Kein Strom im ganzen Land, hört sich nicht gut an. Ich habe genügend apokalyptische End-of-the-world-Katastrophen-Thriller gelesen und verfüge über ausreichend schwarzmalende Phantasie, dass ich mir irgendetwas zwischen Sabotage, Hackerangriff und Terrorismus zusammenreime.

Ein Zug der irgendwo auf einer Bahnstreck steht. Davor laufen Menschen auf und ab und telefonieren.
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Post aus Portugal #00 | Goodbye Deutschland

Friedrich Merz wird Anfang Mai Bundeskanzler und meine Frau und ich verlassen Deutschland. Ein starker, wenn nicht gar spektakulärer Texteinstieg, der Haltung, die richtige Gesinnung sowie Entschlossenheit suggeriert und uns in bestem Lichte erscheinen lässt.

Der einzige Wermutstropfen dabei: Der Satz ist grob irreführend. Der Merzsche Amtsantritt und unsere Auslandspläne liegen nur zufällig zeitlich beieinander. Unsere Planung begann schon vor circa zwei Jahre und hatte nichts mit einem möglichen Wahlsieg des sauerländischen Mr.-Burns-Verschnitts zu tun.

Sie müssen sich aber nicht sorgen, dass wir einen auf „Goodbye Deutschland“ machen und wie Moni und Bernd nach Brasilien auswandern und an der Copacabana eine Cocktail-Bar eröffnen, weil wir Strand und Sonne spitze finden und uns in „Manni‘s Durstschänke“ so gerne fertig gemixte Caipis reinlöten. Und uns hält von unserem Vorhaben auch nicht ab, dass wir kein Wort Portugiesisch sprechen und unsere fehlende Sprachkompetenz nur noch von unserer mangelnden gastronomischen Erfahrung unterboten wird.

Eine Reihe von Gepäckstücken auf dem Boden eines Bahnhofs. (Ein großer bräunlicher Trekking-Rucksack, ein kleiner grauer Rucksack, eine Einkaufstasche, ein bunt gestreifter Beutel, ein kleiner schwarzer Rucksack, ein großer lilafarbener Trekking-Rucksack.)
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