Fear and Loathing auf dem Elternsprechtag


„Donnerstag ist Elternsprechtag.“ Der Sohn ist gerade von der Schule nach Hause gekommen und steht in der Tür zu meinem Arbeitszimmer.

„Donnerstag ist Elternsprechtag.“ Ein Satz, der wenig Gutes erahnen lässt. Weniger als wenig. Gar nichts. Wie beim Zahnarzt „Das wird ein kleines bisschen wehtun.“, in der Fahrradwerkstatt „Billig wird das nicht.“ oder in der Bahn „Unsere Ankunft verspätet sich um wenige Minuten.“

Der Sohn würde mir diese Elternsprechtag-Information nicht mitteilen, wäre damit nicht die Erwartung verbunden, dass ich dort erscheine. Darauf habe ich wenig Lust. Weniger als wenig. Gar keine.

Meine Mutter war da anders. Die ging jedes Jahr freudig zum Elternsprechtag. Nicht, um meine schulischen Leistungen zu besprechen, die waren meist unauffällig. Nein, sie wollte die neuen Lehrerinnen und Lehrer kennenlernen und mit denen, die sie bereits kannte, ein Schwätzchen halten.

Ich dagegen bin nicht gut darin, mit Menschen zu reden, die ich nicht kenne. Außer an Karneval. Weil der Elternsprechtag aber nicht in einer Kneipe stattfindet und kein Kölsch gereicht wird, möchte ich da nicht hingehen. Meine Frau auch nicht. Nicht einmal in der Kneipe und mit Kölsch.

Bisher konnten wir in der Schullaufbahn unserer Kinder Elternsprechtage erfolgreich vermeiden. Nun ist der Sohn seit ein paar Monaten in der siebten Klasse auf dem Gymnasium, wo es nach dem ersten Halbjahr obligatorisch ist, dass sich Eltern mit allen Hauptfach-Lehrerinnen und -Lehrern treffen. Hätte ich das gewusst, hätten wir den Sohn auf einer anderen Schule angemeldet.

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Die Hausaufgaben-Hölle

Die meisten Eltern stimmen wohl zu, dass Hausaufgaben – neben den Fragen, wie lange man noch Computer spielen darf und wie viel Schokolade man am Tag verzehren darf –, im Familienalltag zu den Themen mit dem höchsten Konfliktpotenzial gehören. Kinder wollen die Hausaufgaben prinzipiell immer erst nach dem Spielen machen, Eltern sind dagegen der Ansicht, dass sie vor den Freizeitaktivitäten zu erledigen sind. Ein nahezu unauflöslicher Widerspruch.

Hausaufgaben. Des Kindes Leid, der Eltern Leider.

Hausaufgaben. Des Kindes Leid, der Eltern Leider.

 

Außerdem kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen, ob Aufgaben korrekt gelöst wurden. Beim Stoff der ersten beiden Jahre sind die Eltern noch im Vorteil, können sie sich bei den behandelten Fragen doch als Universal-Gelehrte vom Schlage eines Leonardo da Vincis fühlen („Wie viel ist 3 + 4?“, „Wie viele Blätter hat ein vierblättriges Kleeblatt?“ usw.).

Spätestens ab den Schuljahren 5 und 6 tauchen jedoch immer mehr Fragen auf, bei denen Eltern – sofern sie sich nicht den Wissenskanon von Dietrich Schwanitz reingepaukt haben, um die Millionen bei Günter Jauch zu gewinnen – an die Grenzen ihres Wissenshorizonts stoßen („Durch welche Bundesländer fließt die Elbe?“, „Welche Stoffeigenschaften hat Aluminium?“, „Wie lautet das Kommutativgesetz?“ etc.). Erschwerend kommt hinzu, dass die Kinder in diesem Alter in die prä-pubertäre Phase eintreten und ihr Gefühlshaushalt sich am trefflichsten mit den Attributen labil und fragil beschreiben lässt. Auseinandersetzungen und Streitigkeiten rund um die Erledigung der Hausaufgaben sind somit vorprogrammiert.

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