Werde durch den Regen, der an den Rollladen prasselt und vom Wind, der an demselbigen rüttelt, geweckt. Heute ist eigentlich ein Lauftag mit dem Bonner Freund angesetzt. Hoffe, dass er einknickt und wir das Laufen bei dem schlechten Wetter ausfallen lassen.
Treffen uns im Wohnzimmer, wo knurrend der Morgengruß ausgetauscht wird. Tragen beide bereits unsere Laufklamotten und tauschen uns darüber aus, wie schlecht das Wetter sei, so unwirtlich und laufunfreundlich. Zeigen aber beide kein Zeichen der Schwäche, dass der andere dahingehend interpretieren könnte, dass wir nicht loslaufen wollen.
Nur die Vorbereitungsschritte dauern alle etwas länger: Schuhe werden sehr sorgfältig gebunden, Bänder ausgiebig gedehnt und Laufuhren akribisch kontrolliert. Treten schließlich auf die Terrasse, wo uns der Wind den Regen ins Gesicht peitscht. Da jedoch keiner von uns Anstalten macht, diesen Wahnsinn abzubrechen, laufen wir los.
Kaum sind wir am Gartentor angelangt, verzieht der Bonner Freund schmerzverzerrt das Gesicht. Die offene Blase am kleinen Zeh, sie reibe ganz fürchterlich. Es gehe heute beim besten Willen nicht.
Erstaune mich selbst, indem ich antworte: „Dann werde ich das Los des langen Laufs einfach für dich mittragen, mein Freund!“ Bin irritiert. Nicht nur wegen der schwülstigen Ausdrucksweise, sondern noch mehr wegen des Inhalts meiner Aussage.
Eine passende Antwort wäre gewesen: „Komm‘, stütz dich bei mir auf. Ich trage dich zurück ins Haus.“ Oder: „Das hat wirklich keinen Sinn. Lass‘ uns lieber im Haus einen Kaffee trinken.“ Aber nein, wir nehmen uns kurz und fest in den Arm, weinen ein bisschen und ich mache mich tatsächlich alleine auf den Weg.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)