Familien-Gedöns der Woche (531)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

Der Tag neigt sich, die Teenager werden aktiv. Man kennt es auch von Chinchillas oder Hamstern.

— Buddenbohm (@buddenbohm.bsky.social) 31. Dezember 2024 um 18:02
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Eine kleine Wochenschau | KW52/2024: Besuch in der Heimat (Teil 2)

Teil 1


27. Dezember 2024, Westerburg/Stahlhofen

Nachmittagsspaziergang am Wiesensee. Bewegung tut ja immer gut und außerdem ist es ganz schön, mal anderthalb Stunden nichts zu essen.

Der Wiesensee ist ein circa 80 Hektar großer, aufgestauter, künstlicher See. Mit Golfhotel, Segelverein und Seecafé. Aber zurzeit ohne Wasser. Das wurde vor ungefähr zwei Jahren abgelassen, um die Stauanlage und den Damm zu sanieren. Somit ist der Wiesensee eigentlich kein See mehr, sondern nur noch Wiese.

Weil in der Zwischenzeit das Gras so hoch gewachsen war, wurde der See, der kein See mehr ist, mit Spezialmaschinen gemäht. Bei SWR 4 lassen sich dazu mehrere Berichte finden.

Weil der wasserlose See die Menschen vor Ort bewegt. Ende Juli fand sogar eine Demo mit rund 120 Teilnehmer*innen statt. So richtig mit Schildern und Sprechchören. Organisiert hatte den Protest die Initiative „Wasser für den Wiesensee“, die sich bei der Namensgebung anscheinend von „Brot für die Welt” inspirieren ließ.

Auf der Kundgebung übergab die Initiative eine Liste mit 2.200 Unterschriften an den Verbandsgemeindebürgermeister. Der musste sich dann rechtfertigen, warum die Wasserlosigkeit des Wiesensees schon so lange anhält. In dem Medienbericht ist von einer aufgeheizten Stimmung die Rede, mit Zwischenrufen und Pfiffen der Demonstrierenden.

Mit dem Verbandsgemeindebürgermeister bin ich auch zur Schule gegangen. Wir waren im gleichen Mathe-LK. Was wohl aus mir geworden wäre, wenn ich im Westerwald geblieben wäre? Vielleicht wäre ich sein Pressesprecher. Eher unwahrscheinlich, da er bei der CDU ist. Dann schon eher mittelloser Stadtschreiber, der bei seinen Eltern wohnt, weil er sich keine eigene Wohnung leisten kann. (Wahrscheinlich bekommen meine Mutter und mein Vater beim Lesen gerade nervöses Augenzucken.)

Unser Spaziergang um den See ist auch ohne Wasser idyllisch. Der Himmel ist blau und die Sonne strahlt. Ich weiß nicht, wann ich in Berlin das letzte Mal die Sonne gesehen habe.

Auf dem Rückweg spricht uns an einem Parkplatz eine Frau an. Ihr Autoschlüssel tue nicht das, was er soll, nämlich das Auto öffnen. Der Ersatzschlüssel läge in ihrem Rucksack im Fußraum unter der Rückbank und sie wisse nicht weiter.

Nach mehreren Versuchen öffnet sich zumindest der Kofferraum. Durch die halb umgeklappte Rückwand quetsche ich mich mit wenig Geschick, noch weniger Anmut und gar keiner Würde nach vorne und angle den Rucksack hervor.

Der Ersatzschlüssel funktioniert zunächst ebenfalls nicht richtig. Der Sohn krabbelt daher bis nach vorne zum Fahrersitz, um die Tür von Hand zu öffnen, wobei er auch nicht gerade aussieht, als verdiene er seinen Lebensunterhalt als Schlangenmensch im chinesischen Staatszirkus. (Ich schreibe dies mit größter väterlicher Zuneigung.)

Schließlich lässt sich das Auto mit dem Ersatzschlüssel wenigstens manuell öffnen. Die Frau ist erleichtert und wir haben unsere gute Tat des Tages vollbracht.

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Meine Frau und ich schlafen in meinem alten Kinderzimmer, von dem außer ein paar aufgeklebten Sternen an der Decke und meinem alten Schreibtisch nicht viel kinderzimmeriges übriggeblieben ist.

Auf ein Schränkchen haben meine Eltern einen Adventskalender hingestellt, den ich für sie zur Grundschulzeit gebastelt habe. Aus 24 Streichholzschachteln, in vier Sechser-Reihen, mit Goldpapier und aufgemalten Sternen verziert.

Den Inhalt haben meine Eltern ebenfalls aufgehoben. Kleine Bildchen, Mini-Basteleien, erstaunlich viele Ein-Pfennig-Münzen und verschiedene Gutscheine:

  • Einmal Frühstückstisch decken
  • Einmal Straße Keren (Schnee schippen)
  • Zweimal abtrocknen

Außerdem, aus welchen Gründen auch immer, für eine Tube U-hu für meinen Vater. Keine Ahnung warum. Ich kann mich nicht erinnern, dass er viel gebastelt hätte. Vielleicht hatte ich seinen Kleber bei der Herstellung des Adventskalenders aufgebraucht und wollte ihm per Gutschein einen neuen zukommen lassen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Gutscheine jemals eingelöst habe. Möglicherweise ist der Adventskalender ein Wink meiner Eltern, ich solle endlich die verdammte Straße kehren, und mein Vater hätte gerne mit 40-jähriger Verspätung seinen Alleskleber.

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Abends, viertel nach zehn. Warte mit dem Sohn nicht am Erlebnis- sondern am Busbahnhof auf den 460er nach Montabaur. Von dort fährt der Sohn um 23.10 Uhr mit zurück nach Berlin, weil er morgen wieder ins Brauhaus muss.

Ein Bus fährt ein, mir ist unklar, ob es unserer ist. Ich gehe an die Tür, der Fahrer ignoriert mich zunächst, erst als ich dezent an die Scheibe klopfe, betätigt er missmutig den Türöffner. Auf meine Frage, ob er nach Montabaur führe, erwidert er in einem Tonfall, der heimelige Berlin-Gefühle ihn mir hervorruft, was denn an dem Bus stünde.

Trete einen Schritt zurück und lese laut vor: „ww mobility“. „Genau, ich hab’ Feierabend“, grummelt der Busfahrer.

Dass mobility und Feierabend kaum gegensätzlicher sein können und dass da eher „ww immobility“ stehen müsste, verkneife ich mir. Ich habe nicht den Eindruck, dass der Mann an einem herrschaftsfreien Diskurs im Habermasschen Sinne interessiert ist, bei dem nur das bessere Argument zählt.

Schließlich kommt doch noch der 460er. Über den Gang weg sitzen zwei junge Frauen, circa Anfang 20. So wie sie sich aufgebrezelt haben, vermute ich, sie sind auf dem Weg zu irgendeinem Club. Mit einer Dose „Monster“ trinken sie sich die nötige Energie für die Nacht an.

Eine der beiden ruft irgendwo an. Ihre Freundin trüge eine Jeans, ob sie damit reinkäme, will sie wissen. „Eine Belanciara“, raunt die andere, in der Hoffnung damit zu punkten. Der Gesprächspartner teilt ihr mit, das sei in Ordnung, so lange niemand aussähe, als ginge er zum Sport.

Angesichts meiner schwarzen Jogginghose hätte ich demnach keine Chance an der Tür. Mein Alter könnte auch ein Problem sein. (Stichwort: „Kommen die jetzt schon zum Sterben hier hin?“)

In Montabaur leiste ich dem Sohn noch eine halbe Stunde in der zugigen Bahnhofshalle Gesellschaft. Der Warteraum ist geschlossen. Ein Zettel weist darauf hin, dieser sei aufgrund wiederholter Vandalismusvorfälle nur zu den Arbeitszeiten des Service-Personals geöffnet. Mein Vater meint später dazu, dann sei er wohl nie auf.

Auf der Rückfahrt sitzen wir immerhin zu neunt im Bus. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen nachts um kurz vor halb zwölf mit dem ÖPNV durch den Westerwald fahren.

Als wir Westerburg erreichen, fährt kurze Zeit später auch noch ein Zug nach Limburg. Da soll noch einer sagen, der ländliche Raum hätte nichts vom Deutschlandticket.

28. Dezember 2024, Montabaur/Berlin

11.20 Uhr. Der ICE von Montabaur nach Köln ist ungewöhnlich voll. Während meine Frau und ich uns zu unseren reservierten Plätzen vorwühlen, bleibt die Tochter im Eingangsbereich stehen. Der Schaffner, der sie kontrolliert, lässt sie in der angrenzenden ersten Klasse sitzen („Mein Weihnachtsgeschenk für Sie.“) und einen Lieblingsgast-Keks gibt er ihr auch noch.

Als er zu uns kommt, sind die Kekse alle und wir gehen leer aus. Schlimm, diese Zweiklassengesellschaft. Oder wir sind für ihn einfach keine Lieblingsgäste. Auch schlimm.

Später ist der Gott der Bahnreisenden nicht mehr ganz so gnädig mit der Tochter. Ihr Zug nach Kiel hat ordentlich Verspätung. Aber nicht genug. Ihr Zug kommt in Kiel 57 Minuten später als geplant an und damit drei Minuten zu früh für die 25-Prozent-Entschädigung.

Meine Frau und ich müssen von Köln nach Berlin wieder im 6er-Abteil sitzen. Mit einer weiteren Frau und einer alleinreisenden Mutter mit ihrem circa achtjährigen Sohn und ihrer knapp einjährigen Tochter. Das Baby ist gut gelaunt und bietet mir ihren angesabberten Haferkeks an, ich lehne dankend ab.

In Hagen steigen die drei um. Während sich die Mutter umzieht, drückt sie mir ihre Tochter in den Arm. Entweder sehe ich sehr, sehr vertrauenswürdig aus oder die Frau ist sehr, sehr leichtsinnig. Die Kleine bedankt sich, indem sie mir fröhlich lachend auf die Brille tatscht.

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Der Rest der Fahrt verläuft ereignisarm. Als wir am Berliner Hauptbahnhof ankommen, sind in der Ferne Böller zu hören. Willkommen zuhause.


Ein herzliches Dankeschön allen Leser*innen, die das ganze Jahr über so fleißig die Wochenschau gelesen, kommentiert und geteilt haben. Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Silvesterabend und einen guten Start ins neue Jahr. Möge 2025 phantastisch werden.


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Eine kleine Wochenschau | KW52/2024: Besuch in der Heimat

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


25. Dezember 2024, Berlin/Westerburg

Kurz nach 11. Im Zug auf dem Weg zum Weihnachtsbesuch im Westerwald. Meine Frau, die Tochter und ich sitzen in einem 6er-Abteil. Meiner Stimmung ist das nicht besonders zuträglich. Und mit „nicht besonders“ meine ich „überhaupt nicht“. Ich mag 6er-Abteile nicht. Du bist fremden Menschen auf engstem Raum ausgeliefert, kannst deine Beine nicht ausstrecken und meistens ist es stickig.

In einer Mischung aus schlechtem Zeitmanagement, Stress und Trägheit konnte ich mich erst vor drei Tagen um die Tickets kümmern, was dazu führte, dass es in keinem einzigen Großraum-Abteil mehr drei freie zusammenliegende Plätze gab. Ihre Antwort spektakulär fehleinschätzend fragte ich meine Frau, ob sie lieber zusammen im Abteil oder verstreut im Großraum sitzen möchte, sie entschied sich für das Gemeinschaftserlebnis im 6er-Abteil.

Das war doof, nun konnte ich nicht mehr sagen, dass ich mich auf keinen Fall zu sechst mit mir unbekannten Personen einpferchen lassen möchte, denn dann hätte ich sie ja gar nicht erst fragen müssen. Stattdessen hätte ich die Einzelplätze reservieren und gegebenenfalls erklären können, dies wären die einzigen noch freien gewesen. (Kleingeistige Moralapostel bezeichnend dies möglicherweise als Lüge, für mich fällt das in einer langjährigen Paarbeziehung unter harmoniefördernde Diskussionsvermeidung.)

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Familien-Gedöns der Woche (530)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

Treffe meine Kollegin heute Morgen nach der Weihnachtsfeier: „Hattest du heute auch zur 1. Stunde?“ „Ich hab zwei kleine Kinder: ich hab IMMER zur 1. Stunde.“ 😭

— Marsen (@marsen.bsky.social) 19. Dezember 2024 um 19:28
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Eine kleine Wochenschau | KW50/2024 (Teil 2)

Teil 1


12. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Internationaler Tag der Neutralität. Oder wie es in der Schweiz heißt: Donnerstag.

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Höre in den letzten Tagen sehr viel Fatoni, einen Deutsch-Rapper, den ich durch Patricia Cammarata entdeckt habe, da sie ihn auf ihre Musterbruch-Spotify-Playlist gepackt hat.

Ich bin mir bewusst, dass mit Ende 40 Deutsch-Rap zu hören, nur bedingt mit dem Konzept des „in Würde altern“ einhergeht. Trotzdem erfreue ich mich an Textzeilen wie „alle Arme gehen von links nach rechts wie Horst Mahler“, „ich bin kein Sexist, ich mansplaine auch Männer“ oder „ich bin nicht besonders klug, ihr seid nur besonders dumm“.

Allerdings muss ich mich nun bei Kundenanrufen immer etwas runter regulieren, damit ich sie nicht mit „Yo, was geht?“ begrüße. Obendrein sind Auftraggeber wahrscheinlich auch nur mäßig begeistert, wenn ich ihre Mails mit „Ihr habt wieder alle nur am Watschenbaum gerüttelt“ beantworte.

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Abendlicher Weihnachtsfilm: „Die highligen drei Könige“, über die Freund Ethan, Isaac und Chris, die jeden Heiligabend ausgiebig in New York feiern. Dieses Jahr zum letzten Mal, weil Isaac und seine Frau Betsy ein Kind erwarten.

Wie der Titel vermuten lässt, spielt der Konsum von Drogen in der Storyline eine nicht unerhebliche Rolle und der Film ist eine Art weihnachtliches „Hangover“, geht damit aber leider nicht all-in. Alles in allem dreieinhalb Dominosteine.

13. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Tag der Violine. Ich verzichte darauf, ihn zu begehen, indem ich meine alte Geige auspacke und auf ihr spiele. Ich denke, sie ist dafür sehr dankbar. Und alle Nachbarn ebenso.

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Seit zwei Tagen spielt mir der Insta-Algorithmus Werbung für Pyjamas ein. Das ist eher nach meinem Geschmack als die Hüftbruch-Todesprophezeiungen. Gut, es handelt sich um Schlafanzüge für Frauen, aber in Zeiten fließender Gender-Kategorien ist das egal.

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Erreiche morgens ein neues Selbsthass-Level, indem ich vor dem Spiegel Frühsport mache und, weil ich anschließend noch laufen gehen will, dabei ein hautenges Funktions-Shirt trage. In der Vorweihnachtszeit ist das nicht besonders empfehlenswert. Zumindest weiß ich nun, wo die Plätzchen, Lebkuchen und Dominosteine, die ich in letzter Zeit verputzt habe, gelandet sind: Auf meinen Hüften.

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Heute Abend schauen wir „Let it snow“ (auf Deutsch „Tage wie diese“), eine Jugendbuch-Verfilmung nach einer Vorlage von John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“), Maureen Johnson und Lauren Myracle, in der eine Gruppe von Highschool-Schüler*innen die Liebe und das Leben erleben und vor großen Entscheidungen stehen, die noch viel größer wirken, wenn du 18 bist. Ein ganz wunderbarer Film mit Joan Cusack als weise Aluhut-Trägerin und einer großartigen Interpretation von „The whole of the moon“. Das verdient fünf Dominosteine.

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Als ich später im Bett liege, singt-grölt ein Mann in der Ferne. Irgendwas mit Fotzen und Hurensöhnen. Schön, diese vorweihnachtliche Besinnlichkeit.

14. Dezember 2024, Berlin

Der Judoverein des Sohns richtet sein jährliches Weihnachtsturnier aus und meine Frau und ich begehen unsere gute Tat des Jahres, indem wir helfen. Unsere Aufgabe besteht darin, von den Teilnehmenden Startgebühren zu kassieren und Wiegekarten auszugeben.

Zur Vorbereitung haben wir in den letzten Tagen fast 400 Karten ausgedruckt, zugeschnitten und sortiert. Dabei musste ich feststellen, dass ich für jemanden, der sein Geld mit Schreiben verdient, erstaunlich oft das Alphabet aufsagen muss, um sich zu vergewissern, dass das R vor dem T kommt. Und das L vor dem M.

Um rechtzeitig vor Ort zu sein, müssen wir um 5 Uhr aufstehen, fast anderthalb Stunden Bus fahren und zweimal umsteigen. Das ist alles eher unschön. Dafür kannst du bei dem Turnier aber in Jogginghosen rumlaufen, ohne als Assi zu gelten. Es sind die kleinen Dinge, die zählen.

15. Dezember 2024, Berlin

Wir feiern heute unsere alljährliche Plätzchenparty. Mit Plätzchen, Stollen, Glühwein, und Punsch. Über den Tag verteilt werden knapp 100 Freunde, Bekannte, Kollegen und Nachbarn vorbeikommen. Ich hoffe, das ufert nicht aus wie bei „Dirty Office Party”. Wobei ein echtes Rentier in der Wohnung schon ein Hingucker wäre.


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Eine kleine Wochenschau | KW50/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


09. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Welt-Anti-Korruptionstag. Den nehme ich das erste Mal bewusst wahr. Weil meine Frau letzte Woche am ersten Tag der Adventskalender-Verlosung im Ministerium gezogen wurde. Die potenziellen Gewinne: Geschenke, die Ministeriums-Mitarbeitende nicht annehmen durften, weil sie über der 10-Euro-Compliance-Grenze lagen. Stattdessen mussten sie im Korruptions-Referat abgegeben werden. (Meine Frau nennt das Referat so. Ich glaube aber, das heißt eher Anti-Korruptions-Referat oder so ähnlich.)

Die gesetzesnonkonformen Präsente werden nicht vernichtet, sondern zum Jahresende verlost. Mir scheint, dass dieses Vorgehen, die Grenzen der Regeln zur Verhinderung von Vorteilsannahmen bis aufs Äußerste ausreizen. (Oder wie es bei Japser Ffordes „Shades of Grey“ heißt: „loopholery at its best“.

Meine Frau wusste zunächst nicht, was sie gewonnen hatte. Ihren Preis bekam sie nach ein paar Tagen per Hauspost zugestellt. So lange durfte sie auf eine goldene Uhr hoffen, die möglicherweise der Ministerin überreicht worden war. Der Gewinn entpuppte sich dann als weniger glamourös und noch weniger luxuriös: Es war eine 0,3-Liter-Trinkflasche. Oder wie ihr Kollege sagte: „Wer zur Hölle gibt so etwas im Korruptionsreferat ab?“

Titelbild mit einem kindlichen Ritter, der auf die Wand einer Grundschule gemalt ist
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Familien-Gedöns der Woche (529)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW49/2024 (Teil 2)

Teil 1


06. Dezember 2024, Berlin

Heute ist nicht nur Nikolaus, sondern auch Nationalfeiertag Finnlands. Ich glaube aber, das ist Zufall und das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

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Im Hausflur hängt ein handgeschriebener Zettel. R. aus dem zweiten Stock wird 17 und gedenkt, dies gebührend zu feiern. Präventiv kündigt sie an, die Party könne ziemlich laut werden. Auf den üblichen Satz „Falls wir zu laut sind, kommt vorbei und sagt Bescheid.“ verzichtet sie. (Ihr Subtext lautet eher: „Deal with it, losers!“) Um halb eins werde sie alle rausschmeißen, so dass um eins Ruhe wäre.

Ich hoffe, sie feiert nicht nur bis eins, sondern länger und richtig laut und wild und ausufernd. Man wird schließlich nur einmal 17. In diesem Sinne: Happy Birthday, R.

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Abends sind wir mutig – vielleicht auch übermutig – und wagen uns an „Bringing Christmas Home“. In der Beschreibung heißt es: „Der Antiquitätenhändler Russell Carlisle stößt in einer alten Uniform auf einen vergessenen Liebesbrief aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und macht sich mit Hilfe einer Professorin für Militärgeschichte auf die Suche nach dem Empfänger.“

So weit so schlimm. In der zweiten Einstellung sagt die Professorin zu einer Studentin: „I want you to take a personal approach to your writing. Get inside the heads of our soldiers, and know what even a small piece of home can do for them. You know, the heart of the battlefield is not weapons it’s people.” Der Nachsatz „mostly dead people“ hat es bedauerlicherweise nicht ins Drehbuch geschafft.

Da wir die 90 Minuten Lebenszeit, die uns der Film kosten wird, nie zurückbekommen werden, beenden wir ihn nach zwei Minuten 45 Sekunden. (Die wir auch nicht zurückbekommen werden.) Daher kann ich nicht mit absoluter Gewissheit sagen, ob es zwischen Antiquitätenhändler und Militärprofessorin funken wird, gehe aber schwer davon aus. Zumindest wäre das nicht der überraschendste Plot-Twist der Filmgeschichte, denn weder das Film-Poster noch die ersten Szenen lassen vermuten, dass „Bringing Christmas Home“ mit den Konventionen und Erzählschablonen von Weihnachtsfilmen bricht.

Stattdessen schauen wir „Dash & Lily“, eine Kurzserie, in der zwei New Yorker Jugendlichen durch ein Notizbuch kommunizieren, das Lily in einem Buchladen versteckt hat. Während sie sich verschiedene Aufgaben stellen, kommen sich die beiden näher, was selbstverständlich auch vorhersehbar ist, aber die Storyline ist trotzdem gut, die Charaktere und Dialoge auch und da kann man schon mal vier Dominosteine vergeben.

07. Dezember 2024, Berlin

Nikolauslauf am Schlachtensee. Gemeinsam mit meiner Frau und meiner samstäglichen Grunewald-Laufgruppe. Wir haben uns alle für den Viertelmarathon (10,9km) angemeldet. Es gibt auch noch die längeren Distanzen Drittel-, Halb- und Big-5-Marathon, aber zum Jahresende musst du es ja auch nicht übertreiben.

Anschließend trinken wir selbstgemachten Glühwein, den A. mitgebracht hat. Nach gut einer Stunde laufen in der Kälte eine wohltuende Wärmequelle. Gut, das wäre heißer Tee auch, aber der Glühwein ist leckerer.

Nach einem Becher steigt uns allen der Alkohol leicht in den Kopf. Was ich als gutes Zeichen deute, dass wir uns für gewöhnlich nach dem Sport und auf fast nüchternen Magen keinen Alk reinschädeln.

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Beim Weihnachtsfilm-Screening gehen wir mit einem Film, den wir schon zweimal gesehen haben, auf Nummer sicher: „Dirty Office Party“ Kurz vor Weihnachten kündigt die hartherzige CEO Carol alias Jennifer Anniston an, die Chicagoer Zweigstelle zu schließen, die ihr Bruder Clay leitet und der durch eine ausschweifende Weihnachtsfeier einen neuen Kunden gewinnen und die Firma retten will.

Der Romantik- und Weihnachtslevel des Films ist überschaubar, aber dafür gehen Autoren, Regisseur und Darsteller bei der Comedy all in. Mit einer epischen Party, inklusive Sex, Drugs, Hip-Hop und echten Rentieren, an deren Ende das halbe Bürogebäude verwüstet ist. Das macht mir richtig Lust, doch noch mal irgendwo als Angestellter zu arbeiten. Dafür vergebe ich viereinhalb Dominosteine.

Weil es erst 20.30 Uhr ist, als „Dirty Office Party“ zu Ende ist, und du um diese Uhrzeit nur ins Bett gehen kannst, wenn du über 90 bist – liebe Grüße an den Senioren-Handy-Filter –, legen wir mit „Bad Moms 2“ nach. Ebenfalls mit begrenztem Christmas-Spirit, aber auch mit erstklassigem Comedy-Klamauk. Nicht nur, aber auch für Justin Hartley als Santa Stripper, der von Kathryn Hahn den Scham- und Pobereich gewachst bekommt, verdient der Film vier Dominosteine.

08. Dezember 2024, Berlin

Nikolausbrunch in die Arminius-Markthalle. Da waren wir bereits letztes Jahr und weil uns das Konzept, lange, viel und lecker essen, überzeugt, wiederholen wir das jetzt.

Insbesondere der Prosecco-Butler hatte es uns damals angetan. Eigentlich finde ich die Vorstellung befremdlich, mich von Angestellten bedienen zu lassen. Aber ein Diener, der dich regelmäßig mit Schaumwein versorgt, ist schon eine feine Sache. Das könnte ich mir auch im Alltag ganz gut vorstellen. Prost.


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Eine kleine Wochenschau | KW49/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


02. Dezember 2024, Berlin

Die Black Week ist rum, dafür ist heute Cyber Monday. Deswegen weiter Insta-Werbung noch und nöcher. Ich bekomme ein Angebot von Masterclass eingespielt. Für den Kurs: „Connect with anyone. Learn CIA-proven tactics to build better relationships.”

So gut kennt mich der Algorithmus doch nicht. Ich möchte keine „better relationships“ bilden. Im Gegenteil. An einem Kurs: „Avoid everybody. Learn CIA-proven tactics to go into hiding” wäre ich mehr interessiert.

Titelbild mit einem schwarzen Herz auf einer Häuserwand. Durch die Mitte des Herzes geht eine schwarzer Farbstrich senkrecht nach unten bis aus dem Bildausschnitt raus.
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Familien-Gedöns der Woche (528)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

Tag zwei allein zu Hause mit den Kindern. Bis jetzt läuft es ganz gut. Drückt mir die Daumen, dass sie mein Versteck auch heute nicht finden.

— Markus Tschannen (@souslik.bsky.social) 1. Dezember 2024 um 10:43
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