Eine kleine Wochenschau | KW32-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


07. August 2023, Berlin

Meine Frau ist gestern mit ihrer Mutter und der Tochter für eine Woche nach Föhr gefahren. Abends gerate ich auf 3Sat in eine Dokumentation über die spektakulärsten Bergbahnen der Schweiz. Genauer gesagt, über die Rigi-Bahn, die erste Zahnrad-Bahn Europas, ein Meisterwerk der Schweizerischen Ingenieurskunst, erfunden von einem Mann, der auf dem eingeblendeten schwarzweiß Foto über einen stattlichen Bart verfügt, dessen Namen ich jedoch vergessen habe. (Ich kann Ihnen also nicht sagen, wie der Zahnrad-Bahn-Erfinder heißt, könnte aber helfen, eine Phantombild-Zeichnung von ihm anzufertigen.)

Die Rigi-Bahn fährt von Arth-Goldau hoch auf den Gipfel der Rigi durch atemberaubende Berg-Landschaften mit Wasserfällen, Felsen und grünen Wiesen. Auf einer Strecke von achteinhalb Kilometern bewältigt sie circa 1.300 Höhenmeter. Vor der Eröffnung der Rigi-Bahn 1871 wurden betuchte Menschen in Sänften den Berg hinaufgetragen, was ich mir für alle Beteiligten unschön vorstelle.

Dreimal im Jahr, dem sogenannten Rigi-Historic-XXL-Day, werden die alten Züge aus dem Depot geholt, und fahren einen Tag lang hoch zum Rigi-Kulm. (Und im Idealfall auch wieder runter.) Einige der Triebwagen sind über 100 Jahre alt, der älteste sogar 149 Jahre. Der feucht-fröhliche Traum aller Trainspotter. Die reisen extra aus ganz Europa an, um dieses Ereignis in Bild und Video festzuhalten.

Als der Abspann läuft, frage ich mich, ob mir mein Strohwitwertum nicht so gut tut. Meine Frau ist nicht einmal zwei Tage weg und schon schaue ich Dokumentationen über historische Züge. Sollte sie mich jemals verlassen, sehe ich mich, wie ich an der Rigi-Strecke stehe und gemeinsam mit anderen Zug-Nerds – meinen neuen besten Freunden – alte Zahnrad-Bahnen fotografiere.

08. August 2023, Berlin

Es ist gut, dass ich die Woche über nicht ganz allein bin, sondern der Sohn auch da ist. Das übt ein Mindestmaß sozialen Drucks aus, mich wie ein halbwegs verantwortungsvoller Vater zu benehmen. Außerdem lebe ich dann nicht wie ein Zwölfjähriger, der von seinen Eltern übers Wochenende allein gelassen wurde. Mit dreckigem Geschirr, das sich in der Spüle stapelt, mit der Abwesenheit von Obst und Gemüse in der persönlichen Ernährungspyramide und mit Wäsche, die nicht mehr zusammengelegt, sondern direkt vom Ständer wieder angezogen wird.

Ganz so schlimm ist es bei mir dann doch nicht. Also, das mit der Wäsche vielleicht schon. Ich erachte das aber nicht als Zeichen der Verlotterung, sondern als Mittel der Effizienz- und Produktivitätssteigerung.

Meine Ernährung ist aber okay. Zumindest esse ich Obst. Weil ich mir regelmäßig Porridge mit Apfel mache. Das geht schnell, ist nahrhaft und lecker. Der Sohn kocht sich selbst irgendetwas anderes. Zum Beispiel Hühnchen mit Gnocchi in Tomatensauce. Leider bleibt nie etwas übrig.

Schmutziges Geschirr stapelt sich bei uns auch nicht. Was vor allem daran liegt, dass ich meinen Porridge häufig direkt aus dem Topf esse. Eigentlich immer. Das ruft bei mir ein nostalgisches Terence-Hill-und-Bud-Spencer-Feeling hervor, wie sie sich in ihren Western die Bohnen aus der Pfanne reingeschaufelt haben.

Direkt aus dem Topf zu essen, mag zwar von den Normen der gesitteten Nahrungsaufnahme abweichen, ich möchte das aber als aktiven Beitrag zum Klimaschutz verstanden wissen. Schließlich reduziere ich damit mein Geschirraufkommen erheblich, so dass ich beim Abwasch weniger Wasser und Spülmittel benötige. Ich bin quasi die Letzte Generation, nur dass ich mich nicht an der Spülmaschine festkleben.

09. August 2023, Berlin

8 Uhr. Laufe heute im Stadion des TSV Gutsmuth. 16 Kilometer stehen auf dem Plan. Also 40 Runden.

Eine Viertelstunde später erscheinen drei Kinder zum Spielen auf dem Sportplatz. Zwei Brüder im Alter von fünf und acht, ihre Schwester ist circa zehn. Die drei tragen Sportkleidung und haben einen Fußball dabei.

Ihr Spiel besteht darin, dass die Älteren ihren kleinen Bruder Runden laufen lassen. Sie nehmen die Zeit und feuern ihn an. Später muss er beim Rundenlaufen mit dem Fußball dribbeln, danach prellen. Könnte ich auch mal versuchen. Das würde das monotone Im-Kreis-Laufen etwas abwechslungsreicher gestalten. Allerdings kann ich nicht besonders gut dribbeln. Sogar besonders schlecht. Wahrscheinlich würde ich dabei über den Ball stolpern und mir irgendetwas brechen.

Deswegen lasse ich das lieber bleiben und spule Runde für Runde mein Pensum ab, während der Fünfjährige neben mir unter dem Jubel seiner Geschwister mit dem Ball über die Tartanbahn wuselt.

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Finde eine interessante Mail im Spam-Ordner. Die Nachricht beginnt mit der Anrede: „Liebster Gottes“ Vielleicht etwas übertrieben, aber dennoch schmeichelhaft. Eine Stella Pamela hat dreieinhalb Millionen Euro zu vergeben.

Das Schicksal hat Frau Pamela übel mitgespielt. Vor vier Jahren verstarb ihr Mann, seines Zeichens kuwaitischer Botschafter an der Elfenbeinküste, „nach einer kurzen Herzerkrankung Herzstillstand, der nur drei Tage anhielt.“ (Ich glaube ja eher, dass der Herzstillstand seit vier Jahren anhält, aber das tut nichts zur Sache.)

Tragischerweise ist Stella Pamela nun an Krebs erkrankt, laut ihren Ärzten hat sie noch drei Monate zu leben. Vorher will sie das Geld loswerden. Es soll an jemanden gehen, der damit für Gott arbeitet.

Das finde ich gut. Laut ihrer Anrede bin ich schließlich selbst Gott. Also kann ich die dreieinhalb Millionen für mich ausgeben. Dafür bekomme ich bestimmt eine geräumige Dachterrassenwohnung in attraktiver Spreelage. Fragt sich nur, wie viel Geld dann noch übrigbleibt, um in eine Käsekuchenbäckerei zu investieren.

10. August 2023, Berlin

Bekomme eine Büchersendung mit zwei Exemplaren von „Hilfe, ich werde Papa!“ Die neunte Auflage ist erschienen. Das ist so ein vertragliches Ding. Bei jeder Auflage erhalte ich zwei Bücher. Keine Ahnung, warum. Ich weiß schließlich, was drinsteht, denn das Buch ist ja von mir. (Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr so ganz genau, was ich damals geschrieben habe, denn das ist immerhin viereinhalb Jahre her.)

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die das Buch gekauft haben. Und ein großes Sorry an alle, die es doof fanden.

Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, „Hilfe, ich werde Papa!“ zu kaufen oder zu verschenken, hier ein Überblick einiger aktueller Amazon-Rezensionen:

  • TIMM vergibt drei Sterne. Das Buch sei lustig, aber nicht besonders informativ. Umgekehrt fände ich es schlimmer.
  • Karamellman ist gegenteiliger Ansicht: „Nicht unbedingt mein Humor, aber der Inhalt war nützlich.“ Das spricht weder für Karamellmans Humorverständnis, noch für sein Informationsbedürfnis zum Thema Vaterschaft. Da er aber vier Sterne vergeben hat, möchte ich das nicht weiter kritisieren.
  • Unter der Überschrift „leicht zu lesen“ bewertet ein Thomas das Buch mit fünf Sternen. „Liest sich kurz und knapp in etwa einer Stunde.“ Die kurze Lesedauer wird in erstaunlich vielen Rezensionen positiv hervorgehoben. Vielleicht sollte der Verlag das als verkaufsfördernden Sticker aufs Buch pappen. „Maximal 60 Minuten Lesedauer. Oder noch weniger, wenn Sie es nicht zu Ende lesen.“

Wenn Sie ein Faible für Schweizer Akzente haben und Gefallen an meinen Büchern finden – also quasi einem absonderlichem Doppel-Fetisch frönen – empfehle ich Ihnen den Podcast „Take Dad“. Dort lesen Felix und Christoph in ihrer Reihe „Sexy Lese-Snacks“ kurze Passagen aus meinen Büchern vor und unterhalten sich darüber. („Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“, „Ein Vater greift zur Flasche“, „Hilfe, ich werde Papa“, „Dad you can!“)


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