Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
19. August 2024, Berlin
Am Rande des Volkspark Rehberge parkt ein Auto mit einer großen Werbeaufschrift auf der Seite. „Relax Car“. Drinnen sitzt ein älterer Mann, er hat die Rückenlehne bis zum Anschlag nach hinten gestellt und schläft mit offenem Mund.
Ich weiß nicht, was ein „Relax Car“ genau ist, aber ich habe den Eindruck, es funktioniert 1a.
Der Prediger hat heute einen schlechten Tag. Er läuft die Turmstraße entlang und beschimpft Autofahrer, weil sie ihm zu nahekommen. Das liegt allerdings daran, dass er mitten auf dem Mittelstreifen geht.
20. August 2024, Berlin
An der Ampel am Anfang der Oldenburger wartet eine ältere Frau mit einem kleinen Mädchen. Obwohl noch Rot ist, überqueren ein paar Fußgänger*innen die Straße.
Die Oma sagt zu ihrer Enkelin: „Die sind auf der Weide groß geworden, deswegen wissen die nicht, dass man erst bei grün losgeht.“
„Die sind auf der Weide groß geworden.“ Was für eine schöne Beleidigung. Nicht aggressiv, aber ausreichend geringschätzig. Ich werde das in meinen aktiven Wortschatz aufnehmen.
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Irgendjemand hat vor einigen Tagen mit meiner E-Mail-Adresse einen Account bei Duolingo eröffnet. (Vielleicht mein bayerischer Namensvetter?) Ich werde darauf aufmerksam, als mir die Duolingo-Eule zu meinem 3-Tage-Englisch-Streak gratuliert.
Weil ich mich nie bei der Sprachlern-Seite angemeldet habe, erstelle ich ein neues Passwort und finde nach längerem Suchen die Unterseite, wo ich meinen Zugang löschen kann. Mir wird mitgeteilt, das dauere sieben Tag und bis dahin könne ich meine Entscheidung jederzeit rückgängig machen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das nicht machen werde.
21. August 2024, Berlin
Fahre mit dem Rad an einem Tattoo-Studio vorbei. Laut Ladenschild heißt es: „Babyface.ink“.
Merkwürdiger Name. Sieht der Tätowierer vielleicht sehr, sehr jung aus? Oder tätowiert er die Gesichter von Babys? Ich hoffe inständig ersteres.
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Die Duolingo-Eule schickt mir eine Mail und fragt, ob ich meinen Streak nicht fortsetzen möchte. Nein, möchte ich nicht.
22. August 2024, Berlin
Warte am Bahnhof auf meinen ehemaligen Kollegen G., mit dem ich zum Essen verabredet bin. Starre in die Gegend, um ihn in dem Menschengewusel zu entdecken, als zwei junge Frauen mit gezücktem Handy auf mich zusteuern. Sie fragen, ob ich mich im Bahnhof auskenne und wüsste, ob hier irgendwo ein Geldautomat stünde.
Ich habe keinen Schimmer, möchte die beiden aber nicht enttäuschen. (Der People Pleaser ist stark in mir.) „Bestimmt gibt es irgendwo einen Automaten“, sage ich. „Aber ich weiß nicht, wo genau.“ Dabei schaue ich nach links und rechts, in der Hoffnung, einen zu entdecken. Tue ich aber nicht und zucke entschuldigend mit den Achseln.
„Dann suchen wir mal weiter“, sagt die eine. „Viel Glück!“, erwidere ich, mehr kann ich nicht für sie tun.
„Danke“, sagt die andere, ihr Gesichtsausdruck sieht allerdings mehr nach: „Danke für Nichts.“ aus. Vielleicht denkt sie, ich bin auf der Weide groß geworden.
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G. und ich treffen uns in einem Burger-Schuppen im Bahnhof. Die Preise sind ziemlich happig und liegen weit über meinem normalen Budget fürs Mittagessen. Okay, das besteht für gewöhnlich aus Porridge mit Hafermilch und Apfel, was ungefähr ein Euro kostet. Das kann ein fancy Burger natürlich nicht unterbieten.
G. studiert die Speisekarte und stellt fest, dass der Aperol Spritz mit 6,50 Euro verhältnismäßig preiswert ist. Wir zögern eine Sekunde zu lang, bevor wir zu dem Schluss kommen, dass Donnerstag, 13 Uhr, nicht der richtige Zeitpunkt ist, sich Cocktails reinzulöten.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)