Meine Eltern besuchen uns für ein paar Tage. Aufgrund von Gleisbauarbeiten und damit einhergehender Streckensperrung zwischen Montabaur und Frankfurt mussten sie einen Teil der Anreise im Flixbus absolvieren. Schön, dass sie auch im Alter das Abenteuer nicht scheuen.
01. Dezember 2023, Berlin
Ich habe meiner Frau einen Schoko-Adventskalender besorgt. Um ihr eine Freude zu machen und um ihr zu zeigen, dass ich an sie denke. Weil sie mir keinen gekauft hat, konnte ich damit außerdem das fein austarierte Gleichgewicht der Mächte in unserer Partnerschaft wiederherstellen. Das war das eigentliche Ziel meines Adventskalendergeschenks.
Vor vier oder fünf Jahren hatten meine Frau und ich vor Weihnachten ausgemacht, dass wir uns nichts schenken. Allerdings hatten wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was „nichts“ heißt. So kam es, dass mir meine Frau an Heiligabend „nur eine Kleinigkeit“ überreichte, während ich nichts vorbereitet hatte und mich nicht einmal mit einer spontan gebastelten Sockenpuppe revanchieren konnte.
Mit dem Schoko-Adventskalender sollten wir nun wieder quitt sein.
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Ich habe einen neuen Follower auf Tiktok: Haarausfall-Beratung.shop. Fängt die Herrschaft der Künstlichen Intelligenz damit an, dass dich deine Social-Media-Kanäle mobben?
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Wir besuchen abends den Weihnachtsmarkt am Schlosspark Charlottenburg. Dort, wo ich morgens regelmäßig laufe, pfeife ich mir fettige Bratkartoffeln und Glüh-Gin rein. Damit balanciere ich mein Ernährungs-und-Bewegungs-Ying-und-Yang aus.
Anschließend fährt der Sohn mit meinen Eltern mit Bus und Bahn nach Hause, meine Frau und ich laufen. Als Wegzehrung kaufen wir uns Churros, wodurch mein Ernährungs-und-Bewegungs-Ying-und-Yang leicht ins Ungleichgewicht gerät.
Meine Frau meint, eine kleine Portion würde für uns zusammen reichen. Zu ihrer Überraschung bestelle ich trotzdem eine große Portion. Normalerweise downsize ich immer auf kleinere Mengen. Weil ich den Hunger meiner Frau besser kenne als sie und vermeiden will, ihre Reste aufzuessen (siehe Ying-und-Yang-Balance).
Als die Verkäuferin für die große Tüte Churros zehn Euro von mir verlangt, dämmert mir, dass eine kleine Portion nicht nur für meine Kalorienbilanz die bessere Wahl gewesen wäre.
02. Dezember 2023, Berlin
Beim Joggen im Schlosspark überholt mich ein Mann auf Langlauf-Skiern. Noch ungefähr 69-mal Laufen gehen, bis ich wieder kurze Hosen tragen kann.
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Abends gehen wir mit meinen Eltern ins Tipi am Kanzleramt. Zur Weihnachtsshow des Musik-Kabarett-Duos Ass-Dur. Musik-Kabarett hört sich etwas spießig und vermufft an, stellt sich aber als sehr lustig heraus. Vor allem die Aufführung von „Backe, backe Kuchen“ im Stile von Edvard Grieg gefällt mir sehr gut. Auch das möchte ich als Ausdruck meines sonnigen Gemüts verstanden wissen.
Allerdings lache ich auch mehr als unangebracht lange über den Witz „Warum hat der Nikolaus so einen großen Sack?“ – „Weil er nur einmal im Jahr kommt.“, was wiederum für die Schlichtheit meines Humors spricht.
03. Dezember 2023, Berlin
Nachdem wir uns gestern Kultur gegeben haben, ist heute wieder die Kulinarik an der Reihe. Wir gehen zum Nikolaus-Brunch in die Markthalle.
Für mich ist Brunchen die beste Mahlzeiten-Erfindung aller Zeiten. Du fängst mit Frühstück an, gehst zum Mittagessen über und bleibst dann noch sitzen, um Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. Dazu versorgt einen der Prosecco-Butler wieder mit Getränken. Perfekt. Und eine gutes Vorbereitungstraining auf die Weihnachtsfeiertage.
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Auf Spiegel Online lese ich einen Artikel über das Brutverhalten von Zügelpinguinen. Zum Schutz vor Raubmöwen-Attacken dürfen sie ihre Eier nicht aus den Augen lassen. Niemals und rund um die Uhr. Dafür haben sie ihren Schlafzyklus optimiert. Sie machen immer nur Vier-Sekunden-Nickerchen, davon aber rund 10.000 Stück am Tag. Ich denke, Eltern mit Säuglingen können sehr viel von den Zügelpinguinen lernen.
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Der Sohn muss einen Essay für Philosophie fertigstellen. Von den vier zur Auswahl stehenden Themen hat er sich für „Sind die Menschen auf der Welt Gast oder Gastgeber?“ entschieden. Eigentlich bin ich ganz gut darin, bei einer Diskussion die verschiedenen Standpunkte zu erfassen und vertreten zu können. Bei dieser Fragestellung fällt mir aber partout kein Argument ein, warum wir Gastgeber sein könnten. Wer wären dann unsere Gäste? Aliens, die nie kommen, weil ihnen die Menschen zu doof sind?
Ich frage den Sohn, welche Themen es noch gab. Irgendwas mit Kunst, da sei er sofort raus gewesen, und die anderen beiden seien richtige Kackthemen. So betrachtet, scheint die Gast-Gastgeber-Frage doch die beste Wahl zu sein.
Das perfekte Schrottwichtel-Geschenk
Sie sind noch auf der Suche nach einem Geschenk für Weihnachten? Oder fürs Schrottwichteln? Da könnte eines meiner Bücher genau das Richtige sein. Schreiben Sie mir einfach eine Mail.
Die Bücher kosten zwischen 10 und 12 Euro (plus Versandkosten). Gerne versehe ich das Buch auch mit einer persönlichen Widmung. (Das verhindert, dass es weiterverschenkt werden kann.)
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)