Die Weihnachtsgeschichte ist die wohl wildeste Familiensaga aller Zeiten. Die Hauptakteure: Jesus & Maria & Josef. Na gut, der eigentliche Star ist Jesus – und Maria ein bisschen. Josef ist eher Nebendarsteller, aber ohne Chance auf eine Oscar-Auszeichnung.
Die Origin-Story von Jesus enthält sämtliche Zutaten für eine spektakuläre Trash-TV-Doku-Soap: Teenager-Schwangerschaft, dubiose Vaterschaft, Kuckucks-Kind und Stallgeburt irgendwo im Nirgendwo. Das ist alles so dick aufgetragen, dass man immer wieder denkt: „Das gibt’s doch gar nicht, das hat sich doch jemand ausgedacht.“

Mit ungefähr 14/15 erfährt Maria, dass sie schwanger ist. Nicht durch einen Pinkeltest, sondern durch einen Engel. (Weird.)
Da ist et leev Marie einigermaßen verdutzt. Zwar ist sie mit Josef, dem alten Carpenter, verlobt, aber knick-knack-mäßig lief da noch nichts. Oder wie Maria sagt: „Wie soll das zugehen? Ich habe doch mit keinem Mann zu tun.”
Der Engel erklärt ihr, das habe alles seine Richtigkeit, sie sei auserwählt den Heiland zu gebären. Dass Gott Maria eine Schwangerschaft einbrockt, dann aber einen Boten schickt, um ihr die Neuigkeit zu überbringen, wirft nicht das beste Licht auf den Allmächtigen. Deswegen verschweigt der Engel auch, dass der Bub eigentlich nur auf die Welt kommen soll, um für die Sünden der Menschheit zu sterben. Ungewollte Schwangerschaft hin oder her, so etwas möchtest du als werdende Mutter nicht hören.
Maria ist ziemlich ratlos, wie sie ihrem Zimmermann beibringen soll, dass sie ein Kind bekommt. Selbst wenn er in Sexualkunde gar nichts mitbekommen hat, so weiß er von der Blumen-und-Bienen-Sache doch so viel, dass ihm dämmern muss, dass er nicht der Vater ist.
Der findige Engel weiß aber Rat. Sie solle Josef sagen, der Heilige Geist sei über sie gekommen. Das würde schon irgendwie funktionieren. Vielleicht.
Also erzählt Maria zu Hause etwas von der „unbefleckten Empfängnis“ und zu ihrer großen Überraschung schluckt Josef diese Erklärung tatsächlich ohne weitere Diskussion. Angeblich war er damals schon 80. Wahrscheinlich wusste er nicht, was diese „unbefleckte Empfängnis“ sein soll, traute sich aber nicht, nachzufragen. Weil das wieder so etwas ist, was diese Millennials so machen und er nicht mehr versteht. Wie Gendern, Veganismus oder Work-Life-Balance.
Über die folgende Schwangerschaft ist nichts bekannt. Da haben Matthäus, Markus, Lukas und Johannes ihre Chronisten-Pflicht etwas lax gehandhabt. Somit ist nicht überliefert, ob die Gottesmutter unter Schwangerschaftsübelkeit litt, mit Wassereinlagerung in den Beinen zu kämpfen hatte oder Essiggurke-Nutella-Gelüsten nachging.
Die Geschichte setzt erst wieder ein, als Mariechen im 9. Monat schwanger war. Zu dieser Zeit kam irgendjemand von den römischen Besatzern auf die Idee, man könne ja mal eine Volkszählung machen. Um das Ganze nicht zu einfach zu gestalten, sollten sich die Menschen nicht in ihrem Wohnort melden, sondern in ihrem alten Heimatort.
Für Maria und Josef bedeutete das ein 130-Kilometer-Trip nach Bethlehem. Zu Fuß, weil Flixbus und Uber noch nicht erfunden waren. Maria durfte wenigstens auf einem Esel reiten. Da war Josef ganz der fürsorgliche Ehemann und werdende Stiefvater.
Nach vier- bis fünftägiger beschwerlicher Reise erreichten die beiden schließlich Bethlehem. Dort stellte sich heraus, dass Josef nicht gerade ein Planungsgenie war. Er hatte vergessen, sich um eine Unterkunft zu kümmern.
Wie Maria auf diesen Fail reagierte, ist in der Heiligen Schrift ausgespart. Möglicherweise wegen ihrer nicht ganz bibelkonformen Wortwahl. „Zum Teufel nochmal, Josef, du hattest eine einzige verschissene Aufgabe. Ich muss seit Monaten den verdammten Heiland in mir wachsen lassen und du bekommst es nicht auf die Kette, eine verfickte Herberge klarzumachen, du gottloser Trottel.“
Während der Schwangerschaft hatte Gott sich nicht gerade als engagierter Vorzeige-Dad in spe hervorgetan, sondern durch Abwesenheit geglänzt. („Ich bin in allen Dingen, die sind.“) Jetzt aber, in dieser Notsituation, zeigte er, dass Verlass auf ihn ist: Quasi aus dem Nichts organisierte er für die beiden einen Stall.
Was er sich dabei gedacht hat, bleibt schleierhaft. Vielleicht wollte er, dass Jesus an einem möglichst unhygienischen, maximal verkeimten und für alle Beteiligten extrem unkomfortablen Ort zur Welt kommt. Irgendwo, wo Stroh rumliegt, Tiere leben und der Wind reinpfeift. Um den Jungen abzuhärten und sein Immunsystem zu stärken. (Wahrscheinlich ist Gott auch Impfgegner.)
Über die Entbindung selbst ist in der Bibel nichts zu lesen. Da haben sich die Evangelisten erneut einen schmalen Fuß gemacht. Dadurch ist auch nicht bekannt, ob der Schöpfer der Erde und alles Lebens sich im Kreißsaal/Stall irgendwie nützlich gemacht hat.
Als Jesus endlich da ist, geht Gott all-in und nagelt erstmal einen Stern in den Nachthimmel. Damit jede und jeder mitbekommen: der Heiland ist geboren. Wie so ein nerviger Dude, der alle seine WhatsApp-Kontakte informiert, dass er Vater geworden ist.
„Am 24.12., um 18 Uhr, hat unser kleiner Jesus gesund und munter das Licht der Welt – also mich – erblickt. Gepriesen sei Gott – also ich – in der Höhe.“ Baby-Emoji, Herz-Emoji, Tränchen-verdrück-Emoji, Auberginen Emoji. (Letzteres nur, weil es in der Liste der zuletzt verwendeten Icons auftauchte.)
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Seit 2.000 Jahren läuft die Geschichte von Jesus, Maria und Josef immer wieder und wieder. (Fast so oft wie „Last Christmas“.) Das Geheimnis ihres Erfolges: Sie gibt uns das gute Gefühl, doch einigermaßen normal zu sein.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)

