Eine kleine Wochenschau | KW01-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


02. Januar 2023, Friedrichshafen/Berlin

Wir sitzen im Zug auf der Heimfahrt von Friedrichshafen. Dort waren wir bei unseren Freunden, mit denen wir seit über 25 Jahren gemeinsam Silvester feiern. Die Orte, an denen wir vorbeifahren, klingen als habe sie jemand für ein Kinderbuch erfunden. Löwental, Liebenau, Grünkraut, Blaukraut, Gelbkraut, Aulendorf, Warthausen, Schnürpflingen, Wrestlingen, Kitzlingen, Pfuhl, Asselfingen, Schneckingen, Bubesheim, Rettenbach, Dinkelscherben, Kutzenhausen, Diedorf, Derdorf, Dasdorf. (Okay, einige der Orte habe ich selbst erfunden. Aber wenn du über sieben Stunden im Zug sitzt, musst du irgendwie die Zeit rumbekommen.)

Wenn ich es mir recht überlege – und dazu habe ich ja Zeit –, hören sich viele Berliner Ortsteile ebenfalls so an, als seien sie ausgedacht. Für eine mittelmäßig gute, aber kommerziell erfolgreiche Fantasy-Jugendromanreihe. Friedenau (hügelige Wiesenlandschaft, in der sich friedfertige hobbitähnliche Wesen angesiedelt haben), Rummelsburg (Heimstätte eines vergnügungssüchtigen Adelsgeschlechts, das irgendwann das Riesenrad erfindet), Waidmannslust (Rückzugsgebiet liebestrunkener Jäger), Gesundbrunnen (Wirkungsort einiger Druiden, die über heilende Kräfte verfügen), Plänterwald (zu meidendes Gebiet, in dem böse Hexen ihr Unwesen treiben), Marzahn (Berg, auf dem Drachen leben) oder Blankenburg (Festung von Rittern mit schimmernder Rüstung, bei denen das Hinterteil ausgespart ist; pflegen freundschaftliche Bande mit den Jägern aus Waidmannslust).

Vielleicht sollte ich die restliche Zugfahrt nutzen, um den Plot für die Fantasyreihe zu entwerfen und die Hauptcharaktere zu skizzieren. Das wird wahrscheinlich nur mittelmäßig gut, aber mit etwas viel Glück kommerziell erfolgreich.

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Eine kleine Wochenschau | KW50/51-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


12. Dezember 2022, Berlin

Bin auf dem Weg zum Supermarkt. Es ist kalt und ich habe meine Hände tief in den Taschen meiner Jacke vergraben. Plötzlich trete ich auf eine vereiste Fläche und gerate ins Rutschen. Durch eine Pendelbewegung des Oberkörpers vermeide ich einen spektakulären Sturz, bei dem ich mir den Oberschenkelhals oder die Hüfte gebrochen und ein Erdbeben der Stärke 5,5 bis 6 ausgelöst hätte. Vor meinem inneren Auge sehe ich mich elegante und katzengleiche Bewegungen ausführen wie ein Kung-Fu-Kämpfer, der seit seinem dritten Lebensjahr in einem buddhistischen Shaolin-Kloster ausgebildet wurde. Außenstehende denken dagegen möglicherweise eher an ein alkoholisiertes Nilpferd mit Gleichgewichtsstörungen, das Tschaikowskis „Tanz der Schwäne“ aufführt.

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Eine kleine Wochenschau | KW48/49-2022 (mit Verlosung)

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


28. November 2022, Berlin

Der Sohn müsste heute eigentlich Musik schreiben. Kann er aber nicht. Er ist krank. Vielleicht reagiert sein Körper allergisch auf die Bestimmung von Tonarten, Takten, Kontrapunkten, Motiven und allem, was zur Analyse von Musikstücken dazugehört. So wie er hustet, röchelt und fiebert, scheint er aber tatsächlich krank zu sein, und versucht nicht, sich vor der Arbeit zu drücken. Oder es ist eine oscarreife schauspielerische Leistung, für die er es auch verdient hätte, zuhause zu bleiben.

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Eine kleine Wochenschau | KW47-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


21. November 2022, Berlin

Montage zählen gemeinhin nicht zu den beliebtesten Wochentagen. Das müßiggängerische Wochenende liegt hinter und die Woche voller Arbeit oder Schule vor einem. (Bei Lehrer*innen beides.) Den Sohn hat es besonders schlimm erwischt. Er muss diese Woche drei Klausuren schreiben. Heute ist Chemie dran. Er hat mir sogar gesagt, zu welchem Thema, aber ich habe es sofort vergessen.

Chemie war in der Schule mein mit Abstand schlechtestes Fach. Während meiner Schulzeit habe ich insgesamt zwei Sechsen geschrieben. Eine davon im Chemie-Halbjahrestest in der 10. Klasse. Aus Rücksichtnahme auf meine Eltern wollte ich sie mit schulischen Nichtigkeiten und dieser zugegebenermaßen schlechten, aber im Verhältnis zum Weltgeschehen doch irrelevanten Zensur emotional nicht unnötig belasten. Daher ließ ich sie bei der Beantwortung der elterlichen Frage, ob in der Schule irgendetwas Besonderes vorgefallen sei, elegant unter den Abendbrottisch fallen.

Das Ganze kam später allerdings doch raus. Als Zugabe zum Halbjahreszeugnis erhielt ich einen blauen Brief, da meine Leistungen in Chemie nur schwach ausreichend mit Tendenz zum Mangelhaften waren. Persönlich fand ich das gar nicht so schlecht, denn ich musste ja die Sechs aus dem Test ausgleichen. Zu meiner Überraschung teilten meine Eltern diese wohlwollende Einschätzung nicht vollumfänglich. Ihre Dankbarkeit, dass ich ihre Nerven durch das Verschweigen der Sechs geschont hatte, hielt sich ebenfalls in Grenzen.

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Eine kleine Wochenschau | KW46-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


14. November 2022, Berlin

Nostalgische Kindheitserinnerungen im Supermarkt. Der Kassierer im Supermarkt trägt eine Armbanduhr mit Taschenrechner. Sowie damals in der Grundschule mein Klassenkamerad Thorsten. Dafür habe ich ihn sehr beneidet. Meine Eltern erfüllten mir meinen Wunsch nach einer Taschenrechner-Uhr aber nie und ich suchte auf vielen Geburtstagstischen und unter mehreren Weihnachtsbäumen vergeblich nach ihr. (Schlimmstes Trauma für die wohlbehütet aufgewachsene Generation Golf.)

Auch jetzt an der Kasse denke ich, dass ich gerne so eine Uhr hätte. Dabei trage ich seit über 25 Jahren keine Armbanduhr. Eine Zeit lang hatte ich eine Taschenuhr, weil ich dachte, das sei cool. Stellte sich aber heraus, dass es sehr uncool ist. Außerdem habe ich einen Taschenrechner in meinem Smartphone, den ich so gut wie nie benutze. Und mit „so gut wie nie“ meine ich „nie“. Es gibt im Alltag einfach sehr wenige Situationen, in denen ich zu mir sage: „Was für ein Glück, dass mein Handy einen Taschenrechner hat. Aber noch besser wäre es, wenn ich ihn am Handgelenk tragen würde.“

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Eine kleine Wochenschau | KW45-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


07. November 2022, Berlin

Mein Friseurbesuch in Carlow liegt inzwischen fast zwei Monate zurück. Mein Spiegelbild legt mir daher mit einem gewissen Nachdruck, ich solle mir mal wieder die Haare schneiden lassen. Besser heute als morgen.

Also mache ich einen Termin bei meiner Stammfriseurin Ayşe aus. Wie die aufmerksamen Leser*innen meines Cassis-Urlaubsblogs wissen, ist Ayşe eigentlich gar nicht meine Stammfriseurin, sondern die meiner Frau. Allerdings hätte ich gerne, dass sie meine Stammfriseurin wäre, weil sie eine hervorragende Friseurin ist. Daher gebe ich in dem Online-Tool des Friseurgeschäfts immer an, dass ich meinen Termin gerne bei Ayşe hätte. Bis auf ein einziges Mal hat das aber nie geklappt. Stattdessen musste ich mir immer von einer von Ayşes Kolleginnen die Haare schneiden lassen. Die machten das zwar auch ganz gut, aber nicht so gut wie Ayşe.

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Eine kleine Wochenschau | KW44-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


31. Oktober 2022, Berlin

Heute ist Halloween. Wie jedes Jahr am 31. Oktober. Also kommt das nicht besonders überraschend. Trotzdem habe ich vergessen, Süßigkeiten zu kaufen. Das heißt, ich muss mich ab ungefähr 17 Uhr totstellen und darf die Tür nicht mehr öffnen. Schließlich möchte ich nicht einer Horde trick-or-treatender und vollkommen überzuckerter Kinder erklären, dass es bei uns nicht Süßes gibt, ich ihnen aber eine Zwiebel anbieten könnte.

Um ehrlich zu sein, habe ich gar nicht vergessen, Süßigkeiten zu besorgen, sondern absichtlich keine gekauft. Vor ein paar Jahren hatten wir zu Halloween eine riesige Schale voll mit Schokoriegel, Bonbons und Gummibärchen vorbereitet. Allerdings kam kein einziges Kind vorbei. Das hatte – unweigerlich – zur Folge, dass ich ungefähr 90 Prozent des Schüsselinhalts selbst verzehren musste. Der Gang auf die Waage war dann gruseliger als jeder noch so furchteinflößender Horror-Clown.

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Eine kleine Wochenschau | KW43-2022

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23. Oktober 2022, Berlin

Heute unfreiwilliger, aber anscheinend unvermeidlicher Quartalsbesuch beim Orthopäden. Diesmal nicht wegen mir und meinem Rücken, sondern der Sohn hat sich beim Judotraining an der Hand verletzt. Als ich vorhin in der Praxis angerufen habe, wurde mir gesagt, wir sollen ohne Termin vorbeikommen. Ich stelle mich auf eine längere Wartezeit ein. Wenn es gut läuft, sind wir Heiligabend wieder zuhause.

Im Wartezimmer befinden sich bereits sechs Leute. Das geht eigentlich. Vielleicht sind wir doch schon zu Nikolaus fertig. Es kommt aber noch besser. Nicht einmal fünf Minuten sind vergangen, als über den Lautsprecher unsere Namen aufgerufen werden. Vor allen anderen. Für unsere Wahl zur Beliebteste Person im Wartezimmer ist das nicht gerade förderlich. Das lässt sich aber verschmerzen, wenn du dafür ins Behandlungszimmer gehen darfst.

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Eine kleine Wochenschau | KW42-2022

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16. Oktober 2022, Berlin

Unsere drei Tage Familien-Geburtstagstreffen auf Föhr sind vorbei. Heute geht es zurück nach Hause. Nach Frankfurt, nach Hamburg, nach Berlin und nach Irland.

In unserem letzten Zug Richtung Berlin sitzt schräg vor mir ein junger Mann. Er isst ein Butterbrot. Die Stulle sieht lecker aus. Sehr lecker sogar. Der Rand ist nicht zu fest, die Mitte ist saftig und die Menge an Butter genau richtig. Das heißt, nicht zu wenig, dass du sie fast gar nicht schmeckst, sondern eher erahnst. Aber auch nicht zu viel, dass du das Gefühl hast, jemand hat ein Stück Butter mit Brot belegt.

Ich muss mich zusammenreißen, dem Typ nicht die Stulle zu entwenden und abzubeißen. Noch bin ich aber sozial kompetent genug, um zu wissen, dass es nicht unter allgemein akzeptierte Verhaltensweisen fällt, den Reiseproviant fremder Menschen zu verspeisen.

Mich irritiert, wie der Mann sein Brot isst. Er beißt einfach wahllos hinein. Mal links, mal rechts, mal oben, mal unten. Wie so ein wildes Tier. Dabei weiß doch jeder, dass die einzig richtige Art ein Butterbrot zu essen, darin besteht, zuerst den Rand wegzuessen und sich das saftige Innere für zum Schluss aufzuheben. Ich behalte das aber für mich. Es gehört sicherlich auch nicht zur sozialen Norm, fremde Menschen über die korrekte Art des Butterbrotessens zu belehren.

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Eine kleine Wochenschau | KW40/41-2022

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


09. Oktober 2022, Bonn/Berlin

Nach einem gemütlichen Frühstück fahren meine Frau und ich zurück nach Berlin. Was sehr positiv ist: Nach dem gestrigen Marathon hält sich mein Muskelkater in den Beinen doch sehr in Grenzen. Wahrscheinlich hat die Regeneration durch das langsame Tempo und meine vielen Gehpausen bereits während des Laufs ab Kilometer 32 eingesetzt.

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