Eine kleine Wochenschau | KW24-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


12. Juni 2023, Berlin

Nach unserem Irland-Urlaub steht die Resozialisierung in den Erwerbsarbeit-Alltag an. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, nachdem wir tagelang bei bestem Wetter durch die irische Landschaft gewandert sind und unser Sozialleben abgesehen von vereinzelten Kontakten mit anderen Wander*innen sowie B+B-Gastgeber*innen in erster Linie aus Begegnungen mit Kühen und Schafen bestand.

Auch kulinarisch ist die Wiedereingliederung eine Herausforderung. Eine Woche lang gab es morgens Würstchen, Speck, Rührei und Pancakes und abends stärkten wir uns in irischen Pubs mit Burgern und Pommes oder Fish & Chips. Meine Frau hielt es heute Morgen aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht für nötig, mir ein ähnliches Frühstückangebot zu unterbreiten. Ich möchte das nicht direkt als Zeichen mangelnder Wertschätzung und Zuneigung interpretieren, empfinde es aber dennoch als äußerst bedauerlich.

Stattdessen muss ich mir selbst Haferflocken machen. Zumindest mein Cholesterinspiegel freut sich darüber.

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Eine kleine Wochenschau | KW22-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


29. Mai 2023, Berlin

Heute ist nicht nur Pfingsten, der Tag, an dem der Heilige Geist über die Apostel gekommen ist, was auch immer das bedeuten soll, sondern auch „Lerne, wie kompostieren geht“-Tag. Wenn ich mir das Zimmer des Sohns mit den benutzten Müslischalen, Töpfen mit Nudelüberbleibseln, fast leeren Kaffeetassen und Dönerresten im Mülleimer anschaue, komme ich zu dem Schluss, dass er diesen Tag ganzjährig und sehr enthusiastisch begeht.

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Eine kleine Wochenschau | KW21-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


22. Mai 2023, Berlin

Nachdem vor zwei Wochen der Frühling eingezogen ist, macht sich heute schon der Sommer breit. Es sind 27 Grad.

Kurz vorm Supermarkt steht ein Mann mit einem ungefähr dreijährigen Mädchen auf dem Arm. Die Kleine weint bitterlich und ist nicht zu beruhigen.

Der Mann legt eine bewundernswerte Gelassenheit an den Tag. Wahrscheinlich führt er jeden Tag Meditations- und Achtsamkeitsübungen durch. Oder frühstückt morgens Beruhigungsmittel. Er fragt seine Tochter mit sanfter Stimme: „Was möchtest du denn, Spätzchen?“ „Einen Mantel“, schluchzt das Kind und vergräbt in größter Verzweiflung sein Gesichtchen in der Schulter seines Papas.

Heutzutage ist es nicht mehr opportun, Kinderwünsche mit einem barschen „Nein“ abzuschlagen und das ist auch gut so. Kinder sollen in einer positiven Ja-Umgebung aufwachsen. Das ist das kleine 1×1 der bedürfnisorientierten Erziehung. Dennoch habe ich großes Verständnis, als der Mann antwortet: „Das geht nicht, Spätzchen, dafür ist es viel zu warm.“

Die Kleine ist allerdings ganz anderer Ansicht. Wenig Spätzchen- sondern eher Hulk-like brüllt sie in der Lautstärke eines Düsenjets beim Durchbrechen der Schallmauer. Bei allem Mitgefühl für den Vater bin ich froh, dass ich in den Supermarkt gehen kann und mich des Problems nicht annehmen muss.

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Eine kleine Wochenschau | KW20-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


15. Mai 2023, Berlin

Der Sohn muss heute Chemie schreiben. Das Gute daran: Es ist die letzte Chemie-Arbeit seines Lebens. Das Schlechte daran: Er muss heute Chemie schreiben.

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Eine kleine Wochenschau | KW19-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


08. Mai 2023, Berlin

Wir gehen ins Kino. Kannst du ja problemlos machen, wenn die Kinder groß sind. Passiert trotzdem nur selten. Wir schauen Guardians of the Galaxy, Vol. 3, und haben uns in der letzten Reihe luxuriöse Sessel gegönnt, in denen du fast liegen kannst. Kannst du ja problemlos machen, wenn du nur selten ins Kino gehst.

Um trotzdem etwas Geld zu sparen, haben wir unsere eigenen Snacks mitgebracht. 17-Uhr-Christian hat Stullen geschmiert, Äpfel geschnitten und Gemüse-Chips eingepackt. 20-Uhr-Christian muss nun seinen Sitznachbar*innen zusehen, wie sie Nachos mit Käsesauce, M + Ms und Gummibärchen essen, und findet, dass 17-Uhr-Christian ein Volltrottel ist.

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Eine kleine Wochenschau | KW18-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


01. Mai 2023, Berlin

Tag der Arbeit. Meine Frau und ich nutzen den arbeitsfreien Tag, um Wandern zu üben. Hört sich komisch an und ist es auch. Aber nicht im Sinne von lustig, sondern wie bei merkwürdigen Sonderlingen. Anfang Juni besuchen wir die Tochter in Irland und haben eine Wanderung entlang des Dingle Ways geplant. Vier Tage hintereinander müssen wir zwischen 17 und 25 Kilometern zurücklegen.

Weil wir noch nie einen Wanderurlaub gemacht haben – was unter anderem daran liegt, dass ich die Kombination der Worte Wandern und Urlaub befremdlich finde –, hielten wir es für eine gute Idee, das vorher auszuprobieren. Schließlich wollen wir nicht am ersten Tag zwei Kilometer hinter Camp feststellen: „Puh, diese Wanderei ist viel zu anstrengend. Lass’ mal zum nächsten B&B trampen.“

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Eine kleine Wochenschau | KW17-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


24. April 2023, Berlin

Autsch, autsch, autsch. Nach dem Marathon von gestern stellt das Treppenlaufen eine größere körperliche Herausforderung dar. Vor allem runter. Ich fühle mich, als hätte ich die Oberschenkel eines Ochsens. Allerdings nicht, was die Kraft angeht, sondern den Umfang. Bei jedem Schritt brennen meine Oberschenkel wie Feuer. Vielleicht sollte ich mich lieber aufs Treppengeländer setzen und runterrutschen.

Um mich trotzdem etwas bewegen – aber nicht zu schnell –, mache ich einen kleinen Spaziergang durch den Kiez. Dabei höre ich meine Marathon-Playlist und schwelge in Erinnerungen des gestrigen Laufs. Mein Körper ist wahrscheinlich noch vollgepumpt mit einem Glückshormon-Cocktail aus Endorphinen, Dopamin und Serotonin. Ich lächle alle mir entgegenkommenden Menschen beseelt an. Am liebsten würde ich sie umarmen und ihnen ins Ohr flüstern: „Ich bin gestern Marathon gelaufen.“

Aber so etwas kannst du nicht bringen. Selbst in Berlin nicht, wo merkwürdige Verhaltensweisen nicht ganz unüblich sind. Gerade nicht in Berlin. Da mache ich mich schon mit meinem freundlichen Lächeln verdächtig. Sicherlich denken die Passant*innen: „Was stimmt mit dem Typ nicht? Scheiß Psycho.“

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Eine kleine Marathonschau | KW16-2023

Diesmal keine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche, sondern zum Hamburg Marathon. Aber genauso banal, trivial und egal.


Rückblende

Oktober 2022

Im Januar hatten mein Freund A. und ich uns beim Köln Marathon angemeldet und uns eine Zeit von vier Stunden vorgenommen. Die Laufgötter waren allerdings gegen uns. Obwohl wir uns gut vorbereitet hatten. Aber anscheinend nicht gut genug. A. stieg bei Kilometer 30 entkräftet aus, ich schleppte mich halb laufend, halb gehend weiter, bis ich mich nach vier Stunden und 25 Minuten würdelos über die Ziellinie quälte.

Das wurmte mich alles so sehr, dass ich mich am nächsten Tag für den Hamburg Marathon im April 2023 registrierte. Dann suchte ich mir im Internet einen härteren Trainingsplan. Mit mehr schnellen Einheiten, mehr langen Läufen und mehr Kilometerumfängen. Ich erhoffte mir davon ein besseres Abschneiden in Hamburg, mein Unterbewusstsein wollte mich damit wahrscheinlich bestrafen.

Um den Druck zusätzlich zu erhöhen, nahm ich mir eine Zeit von 3:45 vor, die ich später in einer Mischung aus Größenwahn, vollkommenem Realitätsverlust und fortgeschrittenem Wahnsinn sogar auf 3:30 erhöhte. Fast eine Stunde schneller als in Köln und unter meiner Bestzeit von 3:33:53 vom Berlin Marathon 2013. Damals waren mein Bart und Haar noch dunkelbraun und mein Körper zehn Jahre jünger. Und fünf Kilo leichter. Beste Voraussetzungen für ein Underdog-Sport-Drama, bei dem ich gegen mein jüngeres Ich antrete.

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Eine kleine Wochenschau | KW16-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


17. April 2023, Berlin

Im Supermarkt. Verwende beim Bezahlen einen 7-fach-Payback-Punkte-Coupon, den wir kürzlich zugeschickt bekommen haben. Ja, meine Frau und ich sind Teil eines Kundenbindungsprogramms, bei dem wir einem undurchsichtigen Konzern Daten über unsere Einkaufsgewohnheiten sowie unsere bevorzugten Produkte überlassen. Und unsere Seelen obendrein. Dafür können wir uns ab und an Prämien wie einen Stabmixer oder ein Handrührgerät aussuchen. Wüsste die Frau das, die sich letztens an der Kasse so sehr über das bargeldlose Einkaufen echauffiert hat, ginge sie wahrscheinlich spontan in Flammen auf.

Fühle mich beim Einscannen des 7-fach-Gutscheins wie meine Großmutter. Die Eltern meines Vaters waren in den 50ern in die USA ausgewandert. Dort besuchten wir sie Mitte der 80er Jahr. Als ich damals mit meiner Großmutter einkaufen ging, kramte sie an der Kasse aus ihrem Geldbeutel einen Stapel Coupons hervor, die sie aus verschiedenen Zeitungen und Magazinen ausgeschnitten hatte. Für die gab es dann eine extra Packung Cornflakes, einen gratis Kanister Milch, zehn Prozent Rabatt oder andere Vergünstigungen.

Eigentlich hatten meine Großeltern es nicht nötig, Rabatt-Coupons zu benutzen. Sie waren recht wohlhabend, besaßen in Deutschland eine Eigentumswohnung und in Los Angeles in einem besseren Viertel ein großes Haus mit Swimming-Pool. Da bist du nicht wirklich auf kostenlose Cornflakes angewiesen. Aber wer weiß. Vielleicht basierte der Wohlstand meiner Großeltern gerade auf der konsequenten Nutzung der Coupons.

Wie dem auch sei. Von unseren Payback-Punkten werden wir uns eher kein Haus mit Schwimmbad leisten können. Dafür reicht es demnächst möglicherweise für eine Heißluft-Fritteuse.

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Eine kleine Wochenschau | KW15-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


10. April 2023, Berlin

Ostermontag. Verbringe den größten Teil des Tages mit der Verdauung des gestrigen Ostermahls. Zwischendurch gehe ich laufen. Auf meiner Hohenzollernkanal-Strecke komme ich an den Schwänen vorbei, denen ich immer mit einer Mischung aus Respekt, Ehrfurcht und Hosen füllender Angst begegne. Das Schwanenpaar baut am Uferrand an seinem Nest. Ein älteres Ehepaar ist davon hellauf begeistert und fotografiert die Schwäne samt Brutstätte. Nicht aus sicherheitsabstandwahrender Ferne, sondern sie machen Nahaufnahmen, bei denen du wahrscheinlich die Struktur jeder einzelnen Schwanenfeder und jedes im Nest verbaute Ästchen erkennst.

Ich bin mir nicht sicher, ob es sonderlich klug ist, sich brütenden Schwänen so sehr zu nähern. Die gelten auch ohne zu erwartenden Nachwuchs nicht gerade als Mahatma Ghandis unter den Wasservögeln. Allerdings hat die Sorglosigkeit der Senior*innen auch sein Gutes: Dadurch sinkt mein Risiko, von den Schwänen attackiert zu werden, denn ich gehe davon aus, dass ich deutlich schneller rennen kann als die beiden betagten Mitbürger*innen.

Einfach abzuhauen und das Ehepaar seinem Schwanen-Schicksal zu überlassen, wäre allerdings bestimmt nicht gut für mein Karma. Vielleicht werde ich dann später als Schwan wiedergeboren. Vielleicht aber nicht, denn das könnte auch als Aufstieg im Wiedergeburtszyklus betrachtet werden. (Zumindest aus Sicht der Schwäne.)

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