Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
02. Januar 2023, Friedrichshafen/Berlin
Wir sitzen im Zug auf der Heimfahrt von Friedrichshafen. Dort waren wir bei unseren Freunden, mit denen wir seit über 25 Jahren gemeinsam Silvester feiern. Die Orte, an denen wir vorbeifahren, klingen als habe sie jemand für ein Kinderbuch erfunden. Löwental, Liebenau, Grünkraut, Blaukraut, Gelbkraut, Aulendorf, Warthausen, Schnürpflingen, Wrestlingen, Kitzlingen, Pfuhl, Asselfingen, Schneckingen, Bubesheim, Rettenbach, Dinkelscherben, Kutzenhausen, Diedorf, Derdorf, Dasdorf. (Okay, einige der Orte habe ich selbst erfunden. Aber wenn du über sieben Stunden im Zug sitzt, musst du irgendwie die Zeit rumbekommen.)
Wenn ich es mir recht überlege – und dazu habe ich ja Zeit –, hören sich viele Berliner Ortsteile ebenfalls so an, als seien sie ausgedacht. Für eine mittelmäßig gute, aber kommerziell erfolgreiche Fantasy-Jugendromanreihe. Friedenau (hügelige Wiesenlandschaft, in der sich friedfertige hobbitähnliche Wesen angesiedelt haben), Rummelsburg (Heimstätte eines vergnügungssüchtigen Adelsgeschlechts, das irgendwann das Riesenrad erfindet), Waidmannslust (Rückzugsgebiet liebestrunkener Jäger), Gesundbrunnen (Wirkungsort einiger Druiden, die über heilende Kräfte verfügen), Plänterwald (zu meidendes Gebiet, in dem böse Hexen ihr Unwesen treiben), Marzahn (Berg, auf dem Drachen leben) oder Blankenburg (Festung von Rittern mit schimmernder Rüstung, bei denen das Hinterteil ausgespart ist; pflegen freundschaftliche Bande mit den Jägern aus Waidmannslust).
Vielleicht sollte ich die restliche Zugfahrt nutzen, um den Plot für die Fantasyreihe zu entwerfen und die Hauptcharaktere zu skizzieren. Das wird wahrscheinlich nur mittelmäßig gut, aber mit etwas viel Glück kommerziell erfolgreich.


Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)