Eine kleine Wochenschau | KW11-2021

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


08. März 2021, Berlin

Heute ist Internationaler Frauentag aka Internationaler Feministischer Kampftag. Im Gegensatz zum Rest der Republik ist der Frauentag in Berlin ein gesetzlicher Feiertag.

Als dieser Feiertag vor zwei Jahren in Berlin eingeführt wurde, fiel er gleich auf einen Freitag und hat den Berliner:innen direkt ein langes Wochenende beschert. Ein kluger Schachzug, wenn du im Wettstreit um Deutschlands populärsten Feiertag Punkte sammeln willst. Im letzten Jahr wurde dieser Bonus aber gleich wieder verspielt, denn da lag der Frauentag auf einem Sonntag.

Diesmal ist der Frauentag montags – ergo langes Wochenende in Berlin –, aber das ist irgendwie egal. Wenn du seit zwölf Monaten ständig allein Zuhause im Home Office und Home Schooling abhängst und ohnehin nicht mehr weißt, welcher Tag überhaupt ist, dann nimmst du so einen Feiertag nur noch nebenbei wahr.

09. März 2021, Berlin

Kurz vor halb neun und ich stehe im Supermarkt. Üblicherweise gehe ich im Sinne des Social Distancing und der Kontaktvermeidung immer schon um halb sieben einkaufen. Da sind die Läden schön leer und du triffst nicht auf so viele Menschen, was auch in Nicht-Pandemie-Zeiten eigentlich ganz schön ist.

Heute bin ich etwas später los, da ich dachte, dass die Supermarkt-Mitarbeiter:innen nach dem langen Wochenende morgens etwas länger brauchen, um die Regale zu befüllen. Eine Vermutung, mit der ich nicht falsch liege. Als ich den Supermarkt betrete, sind die Mitarbeiter:innen immer noch emsig dabei, Waren aus- und einzuräumen. Dafür sind schon eine Menge andere Kund:innen unterwegs. Somit habe ich leere Regale und viele Menschen. Quasi das Schlechteste aus beiden Welten. Das nächste Mal gehe ich wieder um halb sieben einkaufen.

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Um 19.30 Uhr ist Elternabend. Ein Satz, bei dem bei Eltern nervöses Augenzucken einsetzt.

Bei diesem Elternabend ist aber alles anders. Ein Vater führt souverän durch die Sitzung, stets die Uhr im Blick behaltend. Die beiden Lehrer sind phantastisch und werden gleichermaßen von den Eltern und den Schüler:innen geliebt. (Insbesondere letzteres ist bemerkenswert, denn einer von ihnen unterrichtet Latein und Griechisch, zwei Fächer, auf die Schüler:innen nicht gerade mit Zuneigung blicken.) Außerdem halten sich auch die teilnehmenden Eltern mit Fragen zurück, bei denen du den Wahrheitsgehalt der gut gemeinten aber vollkommen weltfremden Aussage „Es gibt keine dummen Fragen.” stark in Zweifel ziehst.

Der Elternabend endet schließlich pünktlich nach einer Stunde. Vielleicht ist 2021 doch nicht alles schlecht.

10. März 2021, Berlin

Im Briefkasten ist ein Versicherungsschreiben. Der jährliche Status meiner Risikolebensversicherung. Im Falle meines Ablebens bekommen meine Frau und die Kinder 100.000€. Ich finde, das ist ein guter Betrag. Er ist hoch genug, um finanzielle Erschwernisse, die mein Tod mit sich bringen würde, abzufedern. Gleichzeitig ist die Summe niedrig genug, dass niemand auf die Idee kommt, mein Essen zu vergiften, um an das Geld zu kommen. Hoffe ich zumindest.

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Im Tagesspiegel lese ich, dass im Sommer in Berlin anlässlich des fünften Todestages von Bud Spencer ein temporäres Museum zu seinen Ehren eröffnet wird. Das ist super. Sollte der Sommerurlaub coronabedingt ausfallen, haben wir eine spitzenmäßige Touristen-Attraktion vor Ort, die wir besuchen können. Toll fände ich, wenn es anstatt einer Eintrittskarte am Eingang eine Bud-Spencer-Gedächtnis-Schelle gäbe. Und als gastronomisches Angebot möchte ich eine Pfanne Bohnen oder Omelette aus Straußeneiern. (Falls Sie sich fragen, ob ich als Kind zu viele Bud-Spencer-Filme gesehen habe: Ja, habe ich.)

11. März 2021, Berlin

Beim Joggen entdecke ich an einer Ampel einen Aufkleber mit der hübschen Aufschrift himmels-engel.de – Gespräche mit Belehrungen von meinen Freunden aus dem Weltraum. Klingt interessant. Wer ist nicht an Belehrungen interessiert und dann auch noch von Freunden aus dem Weltraum?

Zuhause schaue ich mir die Seite an. Sagen wir so: Wäre ein LSD-Trip eine Website, wäre es himmels-engel.de.

Aber nicht nur das psychedelische Design, sondern auch die Hinweisen und Tipps lassen bei den Autor:innen die Einnahme bewusstseinserweiternder Drogen vermuten. „ACHTUNG! Das CHIP-KENNZEICHNEN von Euch und Sachen zur Versklavung durch die Echsen aus der Hölle hat bereits begonnen.“ Zum Glück müssen wir uns trotzdem keine Sorgen machen: Die belehrenden Weltraum-Freunde haben einen Evakuierungsplan für die Erde vorbereitet.

Trotz des nicht von der Hand zu weisenden Unterhaltungswertes der Seite halte ich mich nicht zu lange dort auf. Schließlich möchte ich nicht, wenn mein Browserverlauf mal kontrolliert wird, für unzurechnungsfähig erklärt und entmündigt werden.

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Die Tochter schreibt heute ihre letzte reguläre Arbeit ihres Schülerinnen-Lebens. In Philosophie. Über Heidegger, Sartre und Camus. Alles Existentialisten, wie sie mir erklärt. (Zumindest im weitesten Sinne.) „Dann haben die alle schwarze Rollkragenpullover getragen“, ist eine Aussage mit nicht nur zweifelhaftem Wahrheitsgehalt, sondern die auch definitiv wenig hilfreich für ihre Klausur ist. („Erklären Sie die unterschiedlichen Auffassungen von Heidegger, Camus und Sartre, was den Sinn des Lebens ausmacht.“ „Diese Auffassungen sind mir nicht geläufig, aber sie trugen alle stylishe schwarze Rollis.“)

12. März 2021, Berlin

Als ich im Supermarkt die Einkaufslisten-App öffne, entdecke ich ein paar Einträge, die nicht von mir stammen: Kopfsalat, Salatkräuter, Essiggurken, Kichererbsen. Prinzipiell hat jeder aus der Familie Zugriff auf die App, aber die anderen benutzen sie hauptsächlich in der Diktierfunktion. Das heißt, sie rufen mir zu, was ich aufschreiben soll.

Vielleicht wurde die App ja gehackt. Aber wer würde so etwas tun? Und würden Hacker nicht eher Energy-Drinks und Chips auf die Liste setzen? Egal, ich kaufe einfach brav alles ein, was in der App steht.

Zuhause klärt sich auf, dass die Einträge vom Sohn stammen. Darauf konnte ich wirklich nicht kommen. Dass der Sohn Kopfsalat ordert, ist auf jeden Fall wesentlich unrealistischer, als dass sich eine Gruppe russische Hacker an der Liste zu schaffen gemacht hat.

Der Sohn zeigt mir auf Tik-Tok ein paar Videos eines jungen Mannes mit beeindruckenden Muskelbergen, der gesunde Rezepte vorstellt. Ich weiß nicht, ob sich der Sohn von seinen Muckis oder seinem enthusiastischem „Voll lecker!”, mit dem er jedes Video beendet, bei seiner Lebensmittelbestellung überzeugen ließ.

Wie dem auch sei, ich möchte mich ganz herzlich bei dem jungen Mann bedanken, dass er den Sohn dazu gebracht hat, ein paar Vitamine zu sich zu nehmen. Eine Bitte hätte ich allerdings noch: Wäre es Ihnen möglich, noch ein paar weitere Videos zu veröffentlichen, in denen Sie staubsaugen, schmutziges Geschirr und alte Klamotten wegräumen und Ordnung auf Ihrem Schreibtisch schaffen? Vielen Dank im Voraus!

13. März 2021, Berlin

Neuester Ampel-Aufkleber-Fund beim Laufen: „We are eating people!“ Dann doch lieber Veganismus.

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Nachmittags lese ich in den alten Kita-Unterlagen der Tochter. (Aus den Kartons, die ich vor zwei Wochen aus dem Keller geholt habe.) Ihre Antwort in der Steckbrief-Rubrik Das möchte ich werden, wenn ich groß bin lautet: „Kasse“. Ein sehr solider Berufswunsch, wie ich finde. Da bist du finanziell immer abgesichert.

Als die Tochter dann in die Grundschule ging, hat sie ihren Berufswunsch geändert. Da wollte sie ein Lesecafé betreiben, wo du beim Kuchenessen lesen kannst. Oder während des Lesens Kuchen essen, je nachdem wie du deine Prioritäten setzt. Ein Job in der Gastronomie ist natürlich hart, aber irgendwie trotzdem ein besserer Berufswunsch als „Germany’s Next Topmodel”.

14. März 2021, Berlin

Bei SkySports signalisiert Lothar Matthäus Bereitschaft, nach der EM die Nachfolge von Jogi Löw als Trainer der Nationalmannschaft anzutreten: „Das ist eine Verpflichtung von mir gegenüber dem Fußball.”

Ein toller Satz, finde ich, den ich künftig in meinen Sprachgebrauch übernehmen werde. „Das ist eine Verpflichtung von mir gegenüber Käsekuchen.” Das hört sich doch viel staatsmännischer an als „Ich bin verfressen und könnte pausenlos Käsekuchen in mich reinstopfen.”

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Auf Twitter stoße ich auf einen Thread, wie in Europa im Mittelalter Elefanten gemalt wurden. Also, zu einer Zeit, in der die meisten Menschen noch nie einen Elefanten gesehen haben und sich auf Augenzeugenberichte anderer verlassen mussten.

Diese Zeichnungen lassen rückblickend den Elefanten, den die Tochter im Kindergarten mal gemalt hat, in künstlerisch wesentlich wertvollerem Licht erscheinen.


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