Eine kleine Wochenschau | KW19-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


08. Mai 2023, Berlin

Wir gehen ins Kino. Kannst du ja problemlos machen, wenn die Kinder groß sind. Passiert trotzdem nur selten. Wir schauen Guardians of the Galaxy, Vol. 3, und haben uns in der letzten Reihe luxuriöse Sessel gegönnt, in denen du fast liegen kannst. Kannst du ja problemlos machen, wenn du nur selten ins Kino gehst.

Um trotzdem etwas Geld zu sparen, haben wir unsere eigenen Snacks mitgebracht. 17-Uhr-Christian hat Stullen geschmiert, Äpfel geschnitten und Gemüse-Chips eingepackt. 20-Uhr-Christian muss nun seinen Sitznachbar*innen zusehen, wie sie Nachos mit Käsesauce, M + Ms und Gummibärchen essen, und findet, dass 17-Uhr-Christian ein Volltrottel ist.

Außerdem bin ich etwas nervös. Am Eingang des Kinos hing ein Zettel, dass eigenes Essen und Trinken nicht erlaubt sei. Auch internationale Multiplex-Ketten wollen schließlich Gewinne einfahren. Nun sitze ich im Kinosaal, mümmle verstohlen an meiner Käsestulle und befürchte, jeden Augenblick könnte ein Security-Mann erscheinen und mich abführen. Vor allen anderen Zuschauer*innen. Es kommt aber niemand. Nicht einmal der nervige Eisverkäufer.

Während noch die Werbung läuft, beobachte ich, einen Mann vor uns, wie er seine Popcorn-Tüte oben zusammenfaltet und im Rucksack verstaut. Was stimmt mit dem Typen nicht? Kino-Proviant muss vor Beginn des Hauptfilms aufgegessen sein. Das ist ein Naturgesetz, das jede*r kennt. Oder will er sich das Popcorn aufheben, um später zuhause noch einen kleinen Snack zu haben? Aber eigentlich ist das ganz gut für uns. Somit sind wir selbst mit unseren Apfelschnitzen nicht die größten Freaks hier im Kinosaal.

09. Mai 2023, Berlin

Der Fenstermensch ist wieder da. Der sich um unsere Balkontür kümmert. Um 7 Uhr. 7 Uhr ist keine schöne Zeit, um Handwerker in deiner Wohnung zu haben. 7 Uhr ist allerdings auch für Handwerker keine schöne Zeit, um in einer Wohnung zu sein. Dafür haben wir um 7.30 Uhr wieder eine funktionstüchtige Balkontür und der Fenstermensch kann zu seinem nächsten Termin. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Wäre sie allerdings auch um 8.30 Uhr. Oder noch besser um 9.30 Uhr.

###

Abendessen. Der Sohn erzählt, er habe heute seinen Fehlstundenzettel bekommen. Um die Spannung zu erhöhen, schiebt er sich erstmal eine Gabel Gnocchi in den Mund. Neun unentschuldigte Fehlstunden habe er, informiert er uns schließlich. Seinem Gesichtsausdruck entnehme ich, dass er damit zufrieden ist.

Das sei guter Durchschnitt, erklärt er. Ich überlege, ob besserer Durchschnitt mehr oder weniger Fehlstunden bedeuten würde, aber das ist gerade nicht der Punkt.

Er fehle auch ausschließlich in Fächern, die er sowieso nicht einbringen muss, fährt der Sohn fort. Bei den anderen Fächern nur, wenn er die Hausaufgaben vergessen habe. Das mache keinen guten Eindruck, da wäre es vorteilhafter, gar nicht erst zu erscheinen.

Um meiner Rolle als verantwortungsvoller Vater gerecht zu werden, gebe ich zu bedenken, dass es noch viel vorteilhafter wäre, die Hausaufgaben nicht zu vergessen und zum Unterricht zu gehen. Meine Frau nickt. Dem Gesichtsausdruck des Sohns entnehme ich nun, dass er meinen Einwand für kleinlich und spießbürgerlich hält.

Wie ein PR-Profi versucht er, das Thema zu wechseln. Es sei doch Ausdruck sowohl unserer vertrauensvollen Eltern-Kind-Beziehung als auch seiner Ehrlichkeit, dass er uns von den unentschuldigten Fehlstunden erzählt, statt keine unentschuldigten Fehlstunden zu haben, weil er unsere Unterschriften fälscht.

Schön, dass der Sohn die Tugend der Ehrlichkeit so hochhält. Noch schöner wäre es, wenn er immer zum Unterricht ginge.

Ich selbst habe in meiner gesamten Schulzeit nur einmal geschwänzt. Das war in der 10. Klasse, nachmittags in Französisch dritte Fremdsprache. Mein Freund T. und ich schätzten unsere Französischkenntnisse realistisch als katastrophal ein und kamen zu dem ebenfalls realistischen Schluss, dass unsere Anwesenheit im Unterricht daran nichts ändern würde.

Stattdessen verbrachten wir die 7./8. Stunde in einer Einkaufspassage in der Nähe der Schule. So richtig genossen haben wir unsere selbst geschaffene Freizeit allerdings nicht. Wir hatten ständig Angst, aufzufliegen, weil zufällig ein Lehrer vorbeikommt. Oder noch schlimmer: Meine Mutter.

Im Prinzip sind wir ziemlich gelassen, was die unentschuldigten Fehlstunden des Sohns angeht. Solange seine schulischen Leistungen insgesamt einigermaßen stimmen. Und solange wir nicht zum Elternsprechtag eingeladen werde. Da hört unsere Gelassenheit auf.

10. Mai 2023, Berlin

Endlich hat der Frühling Einzug erhalten. Die Temperaturen sind auf über 20 Gad geklettert. Das ist gleich ein ganz anderes Lebensgefühl. Nach dem 37-monatigen Herbst/Winter habe ich jedoch vergessen, wie du dich bei solchen Temperaturen angemessen kleidest. Ich muss zu einem Kundentermin, trage ein T-Shirt, darüber ein weißes Hemd und darüber einen Strickpulli. (Warum, Christian? Warum?)

Da muss ich mich auch nicht wundern, dass ich nach fünf Minuten auf dem Rad schwitze, als würde ich gerade beim „Desert Dash“ durch die Namibische Wüste fahren. Glücklicherweise komme ich beim Kunden an, bevor ich vollkommen dehydriert bin.

Nach meiner viertelstündigen Radtour sind mein T-Shirt und Hemd am Rücken vollkommen durchnässt, so dass ich meinen Pullover nicht ausziehen kann. Die Frage, ob mir nicht zu warm sei, verneine ich. Die Schweißtropen, die an meinen Schläfen hinunterlaufen, sagen etwas anderes.


Weiter zu Teil 2


Alle Beiträge der Wochenschau finden Sie hier.


Sie möchten informiert werden, damit Sie nie wieder, aber auch wirklich nie wieder einen Familienbetrieb-Beitrag verpassen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert