01. Juli 2022, Berlin
Heute ist Internationaler Witzetag. Keine Pointe.
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Der Sohn kehrt wohlbehalten von der Klassenfahrt zurück. Er ist zwar etwas müde, aber ansonsten körperlich unversehrt. Fast. Im Schwimmbad ist er in eine Wespe getreten und am nächsten Tag in den Ohrring einer Klassenkameradin. Das sei aber eigentlich ganz praktisch gewesen, meint er, denn so hätten sie den Ohrring wenigstens wieder gefunden. Eine angenehm pragmatische Sichtweise.
02. Juli 2022, Berlin
Heute ist Fest der Niederlegung der Muttergottesgewänder. Ob das wohl so eine Art FKK-Body-Positivity-Tag für Maria ist?
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Seit ungefähr zwei Tagen steht bei uns vor dem Haus ein sehr niedriger, länglicher Couch-Tisch. Entweder hat da jemand seinen Sperrmüll wild entsorgt, weil der Weg zum Wertstoffhof zu lästig war, oder es handelt sich um eine der Nachhaltigkeit verpflichteten „Zu verschenken“-Aktion, bei der allerdings der „Zu verschenken“-Zettel vergessen wurde. Vielleicht beides.
Gegen 23 Uhr wählen ein junger Mann und eine junge Frau, beide circa Anfang 20, diesen Tisch als Sitzgelegenheit, um ein Bier zu trinken und sich zu unterhalten. Das ist ein bisschen nervig. Nicht wegen der Ruhestörung, sondern weil sie nicht laut genug reden, dass ich verstehen kann, um was sich ihre Unterhaltung genau dreht. Dem Gemurmel entnehme ich lediglich, dass sich die Frau kürzlich von ihrem Freund getrennt hat. Das empfindet sie inzwischen aber als Chance, um sich weiterzuentwickeln. Der junge Mann ist da ganz ihrer Meinung.
Sofern es sich bei dem jungen Mann nicht um den schwulen besten Freund der jungen Frau handelt, mit dem sie sich super über Männer austauschen kann, gehe ich aufgrund meiner Lebenserfahrung davon aus, dass er nicht abgeneigt ist, die vakante Stelle des GV-Partners einzunehmen. Oder zumindest ein wenig zu knutschen. Das haben Männer nämlich meistens im Sinn, wenn sie sich nachts, leicht angetrunken mit Frauen über deren Beziehungsproblemen unterhalten. Ungünstigerweise freuen sich die Frauen häufig einfach, dass es Männer gibt, die so gut zuhören, und packen sie in die „friend zone“. Eine klassische Lose-win-Situation.
03. Juli 2022, Berlin
Heute ist Schmeichle-deinem-Spiegelbild-Tag. Ein Ehrentag, der am besten in Verbindung mit dem Schalte-das-Licht-im-Bad-nicht-an-, dem Trinke-schon-vor-dem-Zähneputzen-Gin-Tonic- und dem Belüge-dich-selbst-Tag funktioniert.
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Beim Joggen sehe ich eine Frau, die mit ihrem Hund Gassi geht. Wegen ihres grauen Haars schätze ich sie auf Ende 60 oder Anfang 70. (Sie mich aufgrund meines grauen Barts möglicherweise auch.) Sie trägt ein schwarzes T-Shirt, auf dem in großen Buchstaben: „All fucking metall!“ steht.
Irgendwie finde ich es cool, dass die Frau in ihrem Altern ein T-Shirt mit so einem Spruch anzieht. Gleichzeitig bin ich mir unsicher, wie cool ich es fände, wenn meine Eltern so ein T-Shirt trügen.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)