The Making of ‚Judith‘ (Teil 10): Wer nicht hören will, muss lesen

Mein liebes Tagebuch,

das Judith-Buch ist jetzt seit gut zwei Wochen veröffentlicht und bisher läuft es doch recht gut. Zwar wurde ich bisher bedauerlicherweise auf der Straße noch nicht von jungen Frauen angesprochen, die ein Autogramm auf ihrem BH erbaten, aber dafür gab es schon einige sehr wohlwollende Rezensionen. Außerdem hat mich auch noch niemand verklagt, weil er oder sie sich für die Vorlage einer der Charakter im Buch hält und sich despektierlich dargestellt fühlt. (Hoffentlich liest der Anästhesist aus dem Kreißsaal nie das Buch. Oder die Hebamme aus dem Geburtsvorbereitungskurs. Und Tante Uschi kann es glücklicherweise nicht mehr lesen. Gott hab‘ sie selig.)

Ob es aber weiterhin so erfreulich läuft, wird sich nächsten Freitag zeigen. Da wird es für mich nämlich ziemlich aufregend. Das habe ich mir allerdings auch selbst eingebrockt. Alles fing mit einer leicht dahingesagten Äußerung meinerseits an. „Das ist eine klasse Idee!“, hatte ich gesagt. Aus heutiger Sicht eine sehr leichtsinnige und auch fragwürdige Antwort, lautete doch die Frage von Chris und Manuela vom Seitenstraßen Verlag: „Was hältst du davon, eine Buchpremiere mit Lesung zu machen?“

Nun komme ich aus dieser Nummer nicht mehr raus und muss lesen. Öffentlich. Am 23. September, um 20 Uhr, im Gemeindesaal Moabit (Putlitzstraße 13).

Dabei habe ich eigentlich gar keine sonderliche Expertise im Vorlesen. In der Grundschule bin ich einmal Letzter im Vorlesewettbewerb geworden. Vielleicht hätte ich Chris und Manuela das sagen sollen? Damit sie über alle notwendigen Fakten verfügen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Nun ja, jetzt ist es zu spät.

Gut, als meine Kinder noch klein waren, habe ich ihnen manchmal vorgelesen. Das war aber eine überschaubare Zuhörerschaft. Und ein wahnsinnig kritisches Publikum waren die beiden auch nicht. Lag vielleicht daran, dass sie keinen Eintritt zahlen mussten. (Warum eigentlich nicht?)

Einmal habe ich aber doch schon öffentlich gelesen. Auf einem Spielplatz im Wedding, als Teil der unverblümt Kulturexpedition. Das ist so eine Quartiersmanagement-Aktion, die zeigen will, dass es im Wedding nicht nur Kleinkriminelle, Drogendealer und notorische Schulschwänzer, sondern auch Kultur gibt. Warum dann ausgerechnet ich gefragt wurde, da mitzumachen, erschließt sich dir wahrscheinlich nicht, mein liebes Tagebuch. Das macht nichts, mir nämlich auch nicht.

Auf jeden Fall fanden es die Weddinger Kinder erst einmal ziemlich spannend, dass da so ein bärtiger Typ auf der Rutsche sitzt und liest. Nachdem ich angefangen hatte, fanden sie sie es allerdings ziemlich schnell ziemlich langweilig und haben irgendwann begonnen, mit Sand zu werfen. Also, nicht direkt auf mich, aber Kollateralschäden wurden bei ihrer Sandschlacht billigend in Kauf genommen.

Ich hoffe mal, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer am Freitag keinen Sand dabei haben. Oder altes Obst und Gemüse. Da ist es vielleicht von Vorteil, dass es im Gemeindesaal Moabit eine Theke gibt. Dort können die Gäste alkoholische Getränke erwerben, um sich mich schön und meinen Vortrag lustig zu saufen. Prost!

Dass sich das Kommen auf jeden Fall lohnt, dafür sorgt ein ganz besonderer Gast: Stefan Schwarz, langjähriger Kolumnist beim Magazin und Erfolgsautor von Bestsellern wie „Wir sollten uns auch mal scheiden lassen“ oder „War das jetzt schon Sex“. Mir wurde erzählt, dass seine Lesungen Kultstatus haben und er dabei ganze Säle so in Ekstase versetzt, dass er inzwischen einen Großteil seiner Einkünfte durch Fortbildungsseminare für US-amerikanische Fernsehprediger erzielt. Es freut mich sehr, dass ich ihm am Freitag assistieren darf, indem ich die BHs und Schlüpper, die für ihn auf die Bühne geschmissen werden, einsammle.

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Damit sich die Leserinnen und Leser des Familienbetriebs von den orgiastischen Vorlesequalitäten von Stefan Schwarz persönlich überzeugen können, mein liebes Tagebuch, verlose ich 3 x 2 Eintrittskarten für Freitagabend. Dazu muss man nur unter dem Beitrag, bei Facebook oder bei Twitter kommentieren, aus welchem Kapitel aus dem Judith-Buch ich unbedingt vorlesen soll (Inhaltsverzeichnis siehe unten). Das Gewinnspiel endet am Mittwochabend, 23.59 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, meine Kinder, meine Frau und meine Eltern dürfen nicht teilnehmen und der Gewinn wird auch nicht ausgezahlt. Weder in bar noch in Käsekuchen.

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So, mein liebes Tagebuch, nun muss ich aber anfangen, mich auf die Lesung vorzubereiten. Du weißt schon, Stimm- und Atemtraining, Entspannungsübungen, Stimmbänder ölen und so weiter. Außerdem suche ich noch nach ein paar formschöne Erwachsenenwindeln, die nicht so ausbeulen. Falls ich mich auf der Bühne vor Aufregung einnässe. Oder vor Freude.

Bis dahin,
Dein Christian

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Wenn's ein Junge wird, nennen wir ihn Judith


Preis:
9.90 € (inkl. 7% MwSt. Innerhalb Deutschlands versandkostenfrei)
Broschiert: 128 Seiten
Verlag: Seitenstraßen Verlag
Erscheinungstag: 7. September 2016


Inhaltsverzeichnis

  1. Die Hochzeit meines Bruders
  2. Stiftung Schwangerschaftstest
  3. Umzug mit Hindernissen
  4. Für das Baby nur das Beste
  5. Die Qual der Namenswahl
  6. Geburtsvorbereitung in der Eso-Hölle
  7. Der Sommer der Liebe
  8. Wehe, wenn die Wehen (nicht) kommen
  9. Nur 48 Stunden – Protokoll einer schweren Geburt
  10. Beim ersten Mal tut’s noch weh
  11. Geschenke, Geschenke. Oder: Das wäre doch nicht nötig gewesen
  12. Schlaflos in Moabit

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Alle Kapitel von „The Making of ‚Das Buch’“ gibt es hier.

7 Kommentare zu “The Making of ‚Judith‘ (Teil 10): Wer nicht hören will, muss lesen

  1. Berlin ist leider etwas zu weit weg, sonst wäre ich vor Ort (auch um dem Autor nach dem Desaster… äh… der erfolgreichen Lesung die erlauchte Flosse zu schütteln).

    Das wird sicher großartig.
    Du schaffst das schon.

  2. Da Berlin zu weit weg und Babysitter aufm Land sowieso Mangelware sind, mach ich zwar nicht beim Preisausschreiben mit, aber tu meine Meinung kund, dass ich gern Kapitel 7 hätte – einfach so. Weil ich die Zahl mag. Und Deinen Blog :D

  3. Leider leider leider war ich nach etwa 5 Stunden lesen schon durch. Aber ein sehr schön geschriebenes Buch, an manchen Stellen hätte man fast noch mehr übertreiben können ;)

    • Fünf Stunden ist schon recht flott. Es gab allerdings eine Leserin, die nach 69 Minuten schon durch war!
      Und was heißt übertreiben? Bei dem Buch handelt es sich um dokumentarische Aufzeichnungen, die auf dem Discovery-Channel veröffentlicht werden könnten.

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