Wissen macht: Hä? – #05 | Alles rund um Sankt Martin

Der 11. November ist nicht nur Start der Karnevalssaison, sondern auch der Tag, an dem Sankt Martin gefeiert wird. Ein römisch-ungarischer Soldat, dessen Popularität darauf beruht, einem mittel- und obdachlosen Mann einen halben Mantel geschenkt zu haben.

Ein Akt von solcher Güte, dass mehr als 1.600 Jahre später bedauernswerte Eltern im November immer noch mit ihren Kindern, die mit Laternen bewaffnet sind, bei Dunkelheit, Kälte und Nässe Lieder singend durch die Straßen ziehen müssen. Danke, Martin.

In gewohnt investigativ-wissenschaftlicher Manier geht die neueste Ausgabe von „Wissen macht: Hä?“ den wichtigsten Fragen rund um Sankt Martin nach: Wer war dieser Martin eigentlich, was ist genau zwischen ihm und dem Bettler passiert, wieso begegnen Gänse dem Martinstag eher skeptisch, warum latschen wir mit Laternen durch die Gassen, und was singen wir dabei?

Alles, damit Sie, werte Leser*innen, beim nächsten Small-Talk tagesaktuell glänzen können. Bitte, gerne.

„Wissen macht: Hä?“, die Infotainment-Rubrik mit mittelmäßig wenig Info und mittelmäßig viel tainment zu Jahres- und Feiertagen, geschichtlichen Ereignissen sowie aktuellem Zeitgeschehen. Wer regelmäßig „Wissen macht: Hä?“ liest wird wahrscheinlich nicht klüger, aber auch nicht dümmer. Vielleicht.

Leuchtbild: Sankt Martin auf dem Pferd mit rotem Mantel, zwei Kinder mit Laternen folgen unter Sternenhimmel – Symbol des Martinsumzugs.
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Post aus Portugal #18 | Urlaub in Albufeira – eine semi-teilnehmende Feldforschung

Setting und Methode

Das hier vorgestellte ethnologisch-kulturanthropologische Forschungsprojekt fand im Rahmen eines einwöchigen Urlaubsaufenthalts in Albufeira statt (6. bis 14. Juni 2025). Als Erhebungsmethode diente die semi-teilnehmende Beobachtung, durchgeführt während mehrerer ausgiebiger Spaziergänge durch die Altstadt. Das daraus resultierte Untersuchungsmaterial umfasst Beschreibungen sichtbarer Praktiken und spontaner Eindrücke sowie auditive Kartierungen.

Die explorativ angelegte Untersuchung fokussierte darauf, wie soziale Dynamiken, kulturelle Bräuche und Rituale der Vergemeinschaftung einen Ort des Außeralltäglichen generiert, an dem sich die Spaß- und Erlebnisgesellschaft materialisiert. Zusammengefasst lautete die forschungsleitende Fragestellung: „Was zur Hölle geht hier ab?“

Zur Einordnung der Studienergebnisse sei darauf hingewiesen, dass die Forschenden weder der Landessprache mächtig sind noch über einen ethnologischen oder kulturanthropologischen Hintergrund verfügen. Daher lassen sich ihre Schlussfolgerungen möglicherweise nur bedingt verallgemeinern, wobei „bedingt“ in diesem Zusammenhang als „auf gar keinen Fall“ zu verstehen ist.

Weißer Albufeira-Schriftzug mit rotem Herz am Strand.
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Post aus Portugal #17 | Eine kleine unvollständige Geschichte der Azulejos: Von den Mauren bis zur Metro

Lissabon: bekannt für seine historische Straßenbahn, für Pastéis de Nata, Fado, Sardinen, steile Hügel – und Fliesen. Diese prägen das Stadtbild und verfolgen dich Schritt auf Tritt. Du kannst keine 50 Meter zurücklegen, ohne eine geflieste Hauswand zu passieren.

Bunte Kacheln mit geometrischen Mustern, blau-weiße mit einzelnen Tier- oder Pflanzen-Motiven oder opulente szenische Wandbilder. Das ist hübsch anzusehen, da kommst du aus dem Staunen und Bewundern, aus dem „Ah!“ und „Oh!“ gar nicht heraus. Weswegen ich in den ersten zwei Wochen in Lissabon ungefähr 1.283 Wandfliesen geknipst habe.

Mit zunehmender Aufenthaltsdauer tritt zugegebenermaßen ein gewisser Gewöhnungseffekt ein. Da stehst du vor fußballfeldgroßen gefliesten Historienbildern und denkst: „Joah, noch `ne Kachel.“

Langes Fliesenmosaik mit bunt gefärbten Hausfassaden (Gelb, Rot, Blau, Türkis), Fenstern und Balkonen; unten handschriftliche Namen
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Post aus Portugal #16 | Cascais – Küste, Kiosk, Karussell. Oder: Ebbe im Höllenschlund

Himmelfahrt, 9.45 Uhr. Irre orientierungslos durch die untere Ebene des Bahnhofs Cais do Sodré, das Gleis suchend, an dem der Zug nach Cascais abfährt. Ich habe keine Ahnung, wo wir hinmüssen. Zu viele Gänge, zu wenige Schilder.

Ein Jugendlicher, circa 16/17, nimmt seinen In-Ear-Kopfhörer aus dem Ohr und schaut mich freundlich an. „Do you need help, sir?”

Sehr aufmerksam von ihm. Gleichzeitig klingt seine Frage, als spräche er mit einem geistig verwirrten Opi, der aus dem Altersheim ausgebüxt ist und nicht weiß, wo er sich befindet.

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Kurz und klein: Von Krähen, Kaffee und Kassengesprächen

An der Aral-Tankstelle in der Jagowstraße hat eine Krähe ihren Kopf tief in einen der orangefarbenen BSR-Mülleimer gesteckt. Nach einigem Trippeln und Wippeln zieht sie ihn heraus und hält in ihrem Schnabel einen zugebundenen Hundekotbeutel. Sie lässt ihn auf den Bürgersteig fallen, wo bereits eine Tüte mit Hundeexkrementen liegt.

Anschließend versinkt sie wieder in dem Eimer, trippelt und wippelt, taucht wieder auf und – patsch – landet das nächste Säckchen auf dem Boden. So geht das weiter und weiter. Der Eifer, mit dem die Krähe die eingetüteten Hundehaufen um den Mülleimer verteilt, hat etwas leicht Manisches.

Warum sie das wohl macht? Vielleicht findet gerade ein Krähen-Wettbewerb statt: „Euer Kiez soll kacke werden.“

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Kleiderordnung muss sein

Wie sich die nicht vergesslichen Stammleser*innen möglicherweise erinnern, verkündete ich gestern die einzig wahre und unumstößliche Anziehreihenfolge: 1) Unterwäsche, 2) T-Shirt/Hemd, 3) Socken, 4) Hose, 5) Pullover/Sweatshirt.

Meine Kollegin C. erklärte, sie hätte sich darüber noch nie Gedanken gemacht, würde aber eine andere Variante bevorzugen. Anscheinend hatte sie den Satz überlesen, dass jedwede Abweichung von der von mir propagierten Abfolge wider die Natur sei und ein Verstoß gegen die göttliche Ordnung darstelle.

C. war der Meinung, man ziehe die Socken direkt nach der Unterwäsche an, dann die Hose und danach T-Shirt oder Hemd. Wie kann man sich in einem Menschen so täuschen?

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Gedankensplitter: Von unschönem Wetter, Anziehregeln und anderem

Der Morgen wartet mit einer unerfreulichen Kühle auf. Im Radio ist sogar von bald zu erwartendem Frost die Rede. Unschöne Aussichten.

Bei meiner Marathonvorbereitung, die ich gewöhnlich morgens absolviere, werde ich demnächst – heute? – wohl auf langärmlige Shirts zurückgreifen müssen und die langen Hosen sind auch nicht mehr fern. Auch unschöne Aussichten. Mein Laufvergnügen sinkt proportional zu Länge und Umfang der zu tragenden Bekleidung.

Am liebsten würde ich im Winter gar nicht laufen – Stichwort hautenge Laufleggings – aber genau in dieser Jahreszeit ist die sportliche Betätigung unabdingbar – Stichwort Weihnachtsgebäck.

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Schreiben gegen die Schreiblosigkeit

In unserem Badezimmer herrscht Tropenklima: 30 Grad und gefühlte Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent. Fehlen nur noch Orang-Utans, die sich von Liane zu Liane schwingen.

Schuld ist die Heizung. Die lässt sich nicht abstellen. Selbst auf Null läuft sie wie eine überambitionierte High-Performerin. Nicht in Teilzeit, sondern 24/7. Friedrich Merz würde vor Rührung weinen.

Wer dagegen ein Low-Performer ist: Ich. Seit Wochen nichts Neues auf dem ‚Familienbetrieb‘. Zuletzt am 22. August, vor einem Monat. Über unseren portugiesischen Supermarkt. Ist Ihnen wahrscheinlich nicht aufgefallen. Der Algorithmus mochte ihn nicht: zu wenig Wut, zu wenig Streit, zu wenig Hass. (Oder zu wenig Qualität?)

Vor vierzehn Tagen gab’s noch ein zweitverwertetes „Wenn ich groß bin, werde ich Gott“-Kapitel. Zum einjährigen Buchgeburtstag – und damit das Tumbleweed auf dem Blog nicht so auffällt.

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Fear and Loathing auf dem Elternsprechtag


„Donnerstag ist Elternsprechtag.“ Der Sohn ist gerade von der Schule nach Hause gekommen und steht in der Tür zu meinem Arbeitszimmer.

„Donnerstag ist Elternsprechtag.“ Ein Satz, der wenig Gutes erahnen lässt. Weniger als wenig. Gar nichts. Wie beim Zahnarzt „Das wird ein kleines bisschen wehtun.“, in der Fahrradwerkstatt „Billig wird das nicht.“ oder in der Bahn „Unsere Ankunft verspätet sich um wenige Minuten.“

Der Sohn würde mir diese Elternsprechtag-Information nicht mitteilen, wäre damit nicht die Erwartung verbunden, dass ich dort erscheine. Darauf habe ich wenig Lust. Weniger als wenig. Gar keine.

Meine Mutter war da anders. Die ging jedes Jahr freudig zum Elternsprechtag. Nicht, um meine schulischen Leistungen zu besprechen, die waren meist unauffällig. Nein, sie wollte die neuen Lehrerinnen und Lehrer kennenlernen und mit denen, die sie bereits kannte, ein Schwätzchen halten.

Ich dagegen bin nicht gut darin, mit Menschen zu reden, die ich nicht kenne. Außer an Karneval. Weil der Elternsprechtag aber nicht in einer Kneipe stattfindet und kein Kölsch gereicht wird, möchte ich da nicht hingehen. Meine Frau auch nicht. Nicht einmal in der Kneipe und mit Kölsch.

Bisher konnten wir in der Schullaufbahn unserer Kinder Elternsprechtage erfolgreich vermeiden. Nun ist der Sohn seit ein paar Monaten in der siebten Klasse auf dem Gymnasium, wo es nach dem ersten Halbjahr obligatorisch ist, dass sich Eltern mit allen Hauptfach-Lehrerinnen und -Lehrern treffen. Hätte ich das gewusst, hätten wir den Sohn auf einer anderen Schule angemeldet.

Fear and Loathing auf dem Elternsprechtag
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Post aus Portugal #15 | Supermarktbesuche. Oder: Die Entdeckung der Langsamkeit

„Bom dia.“ Die Begrüßung der jungen Frau hinter der Supermarktkasse war nicht übermäßig enthusiastisch. Eher geschäftsmäßig, wie eine lästige Pflicht, die zu erledigen war.

Sicherlich hatte der Marktleiter sie angewiesen, die Kund*innen willkommen zu heißen, jedoch vergessen, den Grad der an den Tag zu legenden Herzlichkeit näher auszuführen. Die hängenden Schultern und der abwesende Blick der Kassiererin signalisierten, dass sie lieber woanders wäre.

Diese Ausführungen sollen aber keine kleinliche Kritik eines nörgelnden Deutschen am portugiesischen Einzelhandelspersonal sein. Als Berliner stünde mir das gar nicht zu. Bei meinem Penny löst das ebenfalls keine Begeisterungsstürme aus, wenn ich an der Kasse erscheine. Dort bekomme ich auch keine Umarmung mit Küsschen links und Küsschen rechts. (Worüber ich aus einer Vielzahl von Gründen sehr dankbar bin.)

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