Eine kleine Wochenschau | KW11-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


13. März 2023, Berlin

Heute ist Öffne-drinnen-einen-Regenschirm-Tag. Lieber wäre mir der Du-musst draußen-keinen-Regenschirm-öffnen-Tag. Ist es aber nicht. Es regnet. Dafür liegen die Temperaturen wenigstens im zweistelligen Bereich. Ob das Wetter-Glas halbvoll oder halbleer ist, hängt davon ab, ob du rausgehen musst oder drinbleiben kannst.

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Wie jeden Montag erwartet der Greiffsche Marathon-Trainingsplan von mir, dass ich mich flott fortbewege. Fünfzehn Kilometer in 4:59. Um Gelenke, Sehnen und Knie etwas zu schonen, gehe ich ins TSV-Gutsmuths-Stadion, um auf der Tartanbahn zu laufen. Was ich vorher nicht bedenke: Mit Ein- und Auslaufen muss ich 21 Kilometer laufen. Das sind über 52 Runden. Immer im Kreis. Viel stumpfsinniger kannst du dein Training nicht gestalten.

Zum Glück wirst du als Eltern gut auf Stumpfsinn vorbereitet. Indem du deinem Kind 134-mal das Bilderbuch vom kleinen Bären Bruno Braun vorlesen, 269-mal die gleiche Folge Lauras Stern anschauen oder 387-mal das Veo-Veo-Lied vorspielen musst. (Ein traumatisches Erlebnis unsererseits nach dem Besuch der abendlichen Kinderdisco in einem mallorquinischen Familienhotel.) Wenn du das ohne größere mentale Beeinträchtigung überstanden hast, kann dir kein Stumpf- oder Wahnsinn mehr etwas anhaben.

In diesem Sinne laufe ich 52-mal stoisch im Kreis. Wenigstens muss ich dabei nicht Veo Veo hören. Ob das Trainings-Glas damit halbleer oder halbvoll ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

14. März 2023, Berlin

Der Sohn musste in Musik den Charlie-Chaplin-Clip, den wir am Sonntag gemeinsam vertont hatten, vorspielen. Er hat 13 Punkte darauf bekommen. Sensationell! Das ist das erste Mal, dass ich eine Eins in Musik bekommen habe.

Bevor Sie jetzt googeln, wie Sie mich für den Oscar für die beste Filmmusik vorschlagen können, soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Notenbandbreite zwischen zwölf und fünfzehn Punkten bewegte. Wir haben also die zweitschlechteste Note bekommen. Für mich schmälert das unsere Leistung trotzdem nicht. Wir können ja nichts dafür, dass in dem Kurs lauter musikalische Genies vom Schlage eines Enrico Morricones, eines John Williams oder eines Hans Zimmermanns sitzen und wir die Dieter Bohlens unter ihnen sind.

15. März 2023, Berlin

Heute ist Alles-was-du-denkst-ist-falsch-Tag. Das finde ich gut, denn als ich heute früh nach dem Aufstehen in den Spiegel geschaut habe, dachte ich: „Mit dem grauen Bart siehst du auch immer greisenhafter aus.“

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Der Marathon-Vorbereitungsplan will, dass ich heute Intervallläufe mache. Vier 2.000er in 4:34. Und wenn der Marathon-Vorbereitungsplan das will, muss ich das auch wollen. Ich gehe dafür wieder ins Stadion. Auf die Tartanbahn. Sie wissen schon. Wir Greise müssen auf unsere Gelenke, Sehnen und Knie aufpassen.

Nach dem anstrengenden Training fühlt sich mein ganzer Körper fest und verspannt an. Weil außer mir niemand im Stadion ist, schüttele ich beim Auslauf meine Beine und Arme ordentlich aus und lasse meinen Kopf wild kreisen. Ich möchte auch nicht ausschließen, dass ich zum Takt der Musik, die mir meine Kopfhörer ins Ohr pustet, hüpfe. Ich wackle quasi wie der Bi-Ba-Butzemann über die Tartanbahn, nachdem er sich einen Cocktail aus Speed, Ecstasy und Kokain reingepfiffen hat.

Das ist mir aber egal. Ich bin ja allein hier. Das ist allerdings eine spektakuläre Fehleinschätzung meinerseits, wie ich feststellen muss, als mich plötzlich auf der Gegengerade ein anderer Läufer überholt. Nun habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich töte ihn oder ich darf nie wieder um diese Uhrzeit auf den Sportplatz gehen. Weil ich für ersteres viel zu erschöpft bin, werde ich mir eine neue Trainingszeit suchen müssen.

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Ich stehe auf dem Balkon und beobachte, was bei uns in der Straße so passiert. (Welcome to the Fenster-Rentner-Life.) Auf der anderen Straßenseite geht ein Elternpaar mit einem kleinen Kind. Das Kind ist schätzungsweise zwei bis drei Jahre alt und fährt Laufrad. Es trägt einen lila-pinkfarbenen Schneeanzug, einen geblümten Helm und auf der Nase eine neongelbe Sonnenbrille. Modisch ist das etwas gewagt. Mit so einem Ensemble kommst du nur als niedliches Kleinkind durch. Oder auf einer 80 er-Party. (Aber auch dort nur, wenn du niedlich bist.)

Das Kind ist außerordentlich guter Laune. Es singt lauthals mit großer Text- aber ausbaufähiger Tonsicherheit „Laterne, Laterne.“ Jahreszeitlich ist das vielleicht nicht ganz passend, aber als Kleinkind im 80er-Outfit kommst du damit durch.

16. März 2023, Berlin

Heute ist Alles-was-du-machst-ist-richtig-Tag. Anscheinend sind den Menschen, die sich diese Feier- und Gedenktage ausdenken, die Ideen ausgegangen und sie haben sich gedacht: „Ach, lass uns einfach das Gegenteil von gestern nehmen.“

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Der Sohn hatte heute Englisch-Klausur. Die sei insgesamt ganz gut gelaufen, erzählt er als er nach Hause kommt. Außer der zweite Teil der Listening Comprehension. Da mussten sie eine Rede der Queen anhören. Die Aufnahme sei ziemlich alt gewesen und hätte total gerauscht. Außerdem hätte die Queen so einen komischen Akzent, der voll schwer zu verstehen sei.

Eine sehr gewagte These. Wahrscheinlich gab es kaum eine Person auf der Welt, die ein besseres und deutlicheres Englisch als die Queen gesprochen hat. Zumindest britisches Englisch. Der Sohn schaut auf Netflix aber fast ausschließlich US-amerikanische Serien und Filme. Da kann es schon sein, dass die Queen dann klingt, als spräche sie irgendeinen abseitigen Hinterwäldler-Dialekt.

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Der Fensterputzer war heute da. Seit circa zwei Jahren gönnen wir uns den Luxus, die Fenster nicht selbst zu putzen, sondern bezahlen jemanden dafür, der das besser und schneller kann als wir. Für mich fühlt sich das immer noch etwas elitär an, jemandem Geld dafür zu geben, damit er für uns Haushaltstätigkeiten übernimmt. Ein Gefühl, das sich aber recht schnell verflüchtigt, als ich die frisch geputzten Fenster genieße.

Es gibt kaum einen spektakuläreren Vorher-Nachher-Effekt als frisch geputzte Fenster. Außer wenn ich nach dem Aufstehen den ersten Kaffee getrunken habe. Das ist auch ein spektakulärer Vorher-Nachher-Effekt, wie ich mich von einem zombiehaften Wesen, das lediglich zu Grunzlauten fähig ist, in eine ansatzweise menschliche Lebensform verwandele, die sich halbwegs verständlich artikulieren kann.

Einen großen Nachteil haben frisch geputzte Fenster allerdings doch: Wenn die Sonne durch sie scheint, siehst du wie viel Staub in deiner Wohnung liegt. Vielleicht sollten wir jemanden engagieren, der bei uns sauber macht. Das wäre mir aber wirklich zu elitär. Und zu geizig wäre ich auch dafür. Außerdem wird es ja irgendwann dunkel. Da siehst du das mit dem Staub gar nicht mehr so sehr.


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