Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
01. November 2021, Berlin
Die Tochter hat Geburtstag. Sie wird 18 und ist damit ab heute volljährig. Dabei kommt es mir doch wie gestern vor, dass ich sie nach der Geburt im Krankenhaus in einen altrosafarbenen Fotteestrampler aus dem Klinikbestand zwängte und dabei dachte: „Hoffentlich vermasseln wir das nicht mit dem Elternsein.“ Der Tochter lief eine einzelne Träne über ihr kleines Gesicht. Wahrscheinlich dachte sie dasselbe.
Zur Feier des Tages gehen wir morgens gemeinsam frühstücken. (Damit die Stimmung in der Familie nicht zu ausgelassen wird, schreibt der Sohn in der Schule derweil Deutsch.) So ein Sekt-Frühstück ist nicht nur ein guter Start in die Volljährigkeit, sondern auch in den Montag und in die neue Woche. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die gute Laune durch den Alkohol oder durch das Nichtarbeiten ausgelöst wird.
02. November 2021, Berlin
Der Sohn und ich haben ein neues Ritual, bei dem er mir nachmittags erzählt, was in der Schule alles durchgenommen wurde. Okay, Ritual trifft es nicht ganz, sondern es ist eine pädagogische Maßnahme aufgrund eines kleineren schulischen Vorkommnisses, das hier nicht weiter vertieft werden soll.
In Chemie hätten sie etwas zu Alkanen gemacht, erklärt der Sohn. Was Alkane seien, wisse er aber nicht. Dafür habe ich Verständnis, denn meine Allgemeinbildung zu chemischen Prozessen ist auch eher rudimentär. Und mit „eher rudimentär” meine ich, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, dass Chemie das einzige Fach war, in dem ich mal einen blauen Brief bekam, und dass ich Chemie nach der zehnten Klasse sofort abgewählt habe. (Geistig hatte ich es bereits irgendwann in der Neunten abgewählt.)
Meine Chemie-Inkompetenz hält mich aber nicht davon ab, zu mutmaßen, Alkane könnten irgendetwas mit Basen und Säuren zu tun haben, denn ich kann mich dunkel daran erinnern, im Chemieunterricht mal das Wort alkalisch gehört zu haben.
Eine kurze Wikipedia-Recherche zeigt allerdings, dass Alkane und alkalisch nicht sonderlich viel miteinander zu tun haben. Bei Alkanen handelt es sich laut der Internet-Enzyklopädie um „Grenzkohlenwasserstoffe, früher Paraffine genannt, mit denen in der organischen Chemie die Stoffgruppe der gesättigten, acyclischen Kohlenwasserstoffe benannt werden. Das heißt, ihre Vertreter bestehen nur aus den beiden Elementen Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H), weisen nur Einfachbindungen und keine Kohlenstoffringe auf. Damit sind sie eine Untergruppe der aliphatischen Kohlenwasserstoffe. Für sie gilt die allgemeine Summenformel CnH2n+2 mit n = 1, 2, 3, …“
Mein Gehirn weigert sich, diese Informationen zu verarbeiten, und schaltet bei dem Wort Grenzkohlenwasserstoffe sofort ab. Ich bin einfach nur froh, dass ich nicht mehr zur Schule gehen muss, und vor allem, dass ich keinen Chemieunterricht mehr habe. Sehr froh!
03. November 2021, Berlin
Heute ist Weltmännertag. Das hört sich erstmal bescheuert an, denn es ist ja nicht so, dass Männer in der Regel zu wenig Aufmerksamkeit bekämen. An dem Tag soll es aber um Männergesundheit gehen und das ist ja eine gute Sache. Also, liebe Männer, denkt an eure Gesundheit und macht einen Termin zur Hodenkrebsvorsorge und zur Prostatauntersuchung aus.
Ironischerweise ist heute nicht nur Weltmännertag, sondern auch Hausfrauentag. Bei dem geht es aber nicht um die Gesundheit von Hausfrauen, sondern es sollen die Frauen geehrt werden, die sich mehrheitlich um den Haushalt und die Kinderbetreuung kümmern, aber ohne die gebührende gesellschaftliche Anerkennung zu bekommen. Ich dachte, dafür gäbe es schon den Muttertag? Was wollen die Frauen denn noch alles? Am Ende noch gleiches Geld für gleiche Arbeit?
04. November 2021, Berlin
Im Zuge unseres Wir-unterhalten-uns-über-die-Schule-„Rituals“ erzählt der Sohn, dass sie in PW gerade über soziale Marktwirtschaft redeten. Als der Super-Pädagoge, der ich bin, frage ich nach, was denn die soziale Marktwirtschaft sei. Die habe irgendein ein Eduard erfunden, meint der Sohn.
Fast, mein Junge, fast. Hofften wir einfach, dass der PW-Lehrer die soziale Notengebung erfindet.
05. November 2021, Berlin
Vor ein paar Tagen habe ich auf meinem Laptop die Netflix-App installiert. Zugegebenermaßen erhöht das nicht gerade die Produktivität, aber es macht das Arbeiten wesentlich lustiger, wenn du nebenbei Stand-up-Specials schaust. (Und mit „nebenbei“ meine ich, „stattdessen“.)
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Meine Frau und ich sind eingeknickt. Nach mehr als drei Monaten Abwaschen von der Hand und zermürbt davon, ständig den Handwerkern hinterher zu telefonieren und zu mailen, haben wir eine neue Spülmaschine gekauft. Eine nicht zu teure, die wir dann einfach wieder verkaufen, wenn die Elektrik erneuert, der Fußboden gemacht und die neue Küche geliefert wurde. Also irgendwann 2023. Oder 2024.
06. November 2021, Berlin
Der Sohn geht abends auf eine Sturmfrei-Geburtstagsparty. Bevor er aufbricht, geben wir ihm noch ein paar mahnende Worte mit. Er solle es nicht zu wild treiben, nicht zu viel trinken, sein Limit kennen und keine Schäden verursachen, die die Haftpflicht nicht abgedeckt. Lauter Sätze, die im Gehirn des Sohnes eine Halbwertszeit von wenigen Millisekunden haben. Zumindest gibt er durch ein knappes Nicken vor, er habe vernommen, was wir gesagt haben. Ich schätze, mehr kannst du von einem Teenager nicht verlangen.
07. November 2021, Berlin
Ich fühle mich etwas verschnupft und mein Hals kratzt ein wenig, so dass ich den Morgen mit einem Corona- Selbsttest beginne. Nicht gerade ein Traumstart in den Tag, vor allem, weil ich den Test vor dem ersten Kaffee vornehmen muss, um das Testergebnis nicht zu verfälschen.
Aber um auch das Positive zu sehen: Wenn du mit dem Teststäbchen so weit vorgedrungen bist, dass du dein Kleinhirn kitzelst, bist du wenigstens richtig wach. Und der Test ist negativ. Darauf einen frischen Kaffee. Prost!
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Laut dem Kalender mit den skurrilen Jahrestagen ist heute Umarme-einen-Bären-Tag. Ein Gedenktag, den du wahrscheinlich nur einmal in deinem Leben begehst.
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Wir verbringen den Tag nicht mit dem Umarmen von Bären, sondern mit einem gründlichen Küchen-Großputz. Wenn die neue Spülmaschine nächste Woche kommt, soll sie sich bei uns wohlfühlen und nicht denken, wir sind irgendwelche Assis, die nur einmal im Jahr ihre Küche so richtig ordentlich putzen. (Und mit „die nur einmal im Jahr ihre Küche so richtig ordentlich putzen“ meine ich „die sich nicht mehr daran erinnern können, wann sie ihre Küche das letzte Mal so richtig, richtig ordentlich geputzt haben“.)
Nach ungefähr zweieinhalb Stunden mache ich schlapp. Leicht fiebrig muss ich mich hinlegen und meine Frau muss den Rest der Küche alleine saubermachen. (Ein Opfer, das sie im Sinne des Weltmännertags sicherlich gerne erbringt.)
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Retrospektiv lässt sich resümieren, dass diese Woche ein ziemlicher Antiklimax war: Mit einem Sektfrühstück gestartet und mit einem Küchengroßputz und kränklich im Bett geendet.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
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