Eine kleine Wochenschau | KW52-2021

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


27. Dezember 2021, Westerburg

Ich stehe bei meinen Eltern unter der Dusche und bin leicht gestresst. Hört sich komisch an, ist aber so. Meine Anspannung rührt nicht daher, dass die elterliche Dusche nicht den modernsten sanitären Standards entspräche. Ganz im Gegenteil. Vor ein paar Jahren haben meine Eltern das Bad renovieren lassen und seitdem verfügen sie über eine sehr geräumige, begehbare Dusche mit Regenbrause in der Decke, die einen sehr angenehm mit einem wohldosierten Wasserstrahl berieselt. Da dient der Duschgang nicht nur der Körperhygiene, sondern wird fast schon zum Wellness-Aufenthalt.

Nicht aber bei mir. Da ich kein Duschgel und Shampoo mitgebracht habe, muss ich mich entscheiden, welche der verschiedenen Flaschen, Tuben und Tiegel, die fein säuberlich auf dem gemauerten Vorsprung aufgereiht sind, ich jetzt verwende. Als stark weitsichtiger Mensch ist es mir unmöglich zu erkennen, was auf den Etiketten steht. Daher greife ich auf gut Glück ein Behältnis und hoffe einfach, dass ich mir nicht mit einem Duschgel, einem Gesichtspeeling oder einer Körperlotion die Haare wasche. Oder mit einem Universal-Badreiniger mit Zitrusduft.

Damit der tadellose Zustand der Dusche bewahrt wird, müssen nach dem Duschen die Wände mit einem Fensterabzieher abgezogen und getrocknet werden. Schließlich soll das Dusch-Spa-Erlebnis nicht durch unschöne Wasserflecken und Kalkablagerungen getrübt werden. Durch das Wändeabziehen gerate ich allerdings so sehr ins Schwitzen, dass ich gleich nochmal duschen könnte. Dann müsste ich aber erneut die Wände trocknen, würde wieder schwitzen, müsste ein weiteres Mal duschen und so weiter und so fort. Es ist ein Teufelskreis!

28. Dezember 2021, Westerburg

Unser Zug zurück nach Berlin ist glücklicherweise nicht übermäßig voll. Außerdem tragen alle Mitreisenden ihre Masken epidemiologisch vorbildlich und bedecken auch wirklich alle Gesichtsteile, die der Name Mund-Nase-Schutz impliziert. (Karl Lauterbach und Christian Drosten gefällt das.)

Kurz vor der Ankunft in Berlin kommt aber doch noch eine Frau vorbei, deren Stoffmaske knapp unterhalb der Nase hängt. Sie ist schätzungsweise Mitte 40, hat hennagefärbtes Haar mit rauswachsenden Dreadlocks und trägt ein Batik-Sweatshirt mit dem Aufdruck Trommel-Workshop Bad Kissingen 2017 (Was auch sonst?) „Die ist bestimmt ungeimpft“, schießt es mir durch den Kopf. Ich schäme mich ein bisschen für mein stereotypisierendes Vorurteil. Dann frage ich mich, ob sich in dem ausgebeulten Jutebeutel, der über ihrer Schulter hängt, wohl eine Klangschale befindet.

29. Dezember 2021, Berlin

Nach unserer langen Zugreise gestern starten wir den heutigen Tag mit einem Besuch im Corona-Testzentrum. Der junge Mann, der mich testet, ist sehr zurückhaltend und streichelt mit dem Teststäbchen äußerst vorsichtig die Naseninnenwand knapp oberhalb meines Nasenlochs. Also, wenn dieser Test positiv anschlägt, bin ich infektiös wie ein Super-Spreader-Event auf zwei Beinen. Oder wie ein menschgewordenes Ischgl.

30. Dezember 2021, Berlin

Der heutige Tag startet mit einer verstopften Toilette. Und damit meine ich unser Klo. Aber um es positiv zu sehen: Wenn du deinen Arm bis zum Ellenbogen ins nicht ablaufende Wasser in die Toilette stecken musst, um diese zu entstopfen, weißt du wenigstens, dass deine Verdauung gut funktioniert.

Auf Twitter wird mir empfohlen, die Toilettenschüssel luftdicht mit Frischhaltefolie abzudecken und die Spülung zu betätigen. Dann würde sich die Folie aufblähen und die Verstopfung löse sich durch den Unterdruck. Ich versuche das aber lieber nicht, denn ich befürchte, dass das gegen das diesjährige Böllerverbot verstoßen könnte. Außerdem habe ich wenig Lust, sollte dieses Experiment schief gehen, das Bad kurz vor Jahresende noch einer Generalrenovierung unterziehen zu müssen.

31. Dezember 2021, Berlin

Meine Frau und ich gehen vormittags das letzte Mal 2021 laufen. Auf der Strecke absolviere ich meinen 2.600sten Laufkilometer in diesem Jahr. Enttäuschenderweise stehen weder Neu-Bundeskanzler Olaf Scholz noch Neu-Regierende-Bürgermeisterin Franziska Giffey am Streckenrand, um mir zu gratulieren.

Aber vielleicht ist das auch besser so, denn die Advents- und Festtagvöllerei fordert ihren Tribut. So kurzatmig hechelnd, wie ich durch den Tiergarten stapfe, gebe ich ein derart würdeloses Schauspiel ab, dass es von Vorteil ist, wenn mich dabei niemand sieht. Außer meine Frau. Bei der fällt das aber unter diese schlechten Zeiten, in denen sie zu mir stehen muss, wie sie es im Ehegelübde geschworen hat.

Nach dem Lauf zeigt meine Fitness-App an, dass ich 2021 beim Joggen 214.582 Kalorien verbraucht habe. Das entspricht knapp 32 Käsekuchen. Meine Gewichtsentwicklung deutet allerdings darauf hin, dass ich umgerechnet 33 Käsekuchen gegessen haben muss.

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Wir feiern Silvester gemeinsam mit unseren Freunden aus Friedrichshafen, mit denen wir seit 25 Jahren – mit Ausnahme des letzten Jahres – das Jahresende begehen. Wie es sich für ein richtiges Allman-Silvester gehört, gibt es zum Essen Raclette und später schauen wir Dinner for one.

Nachdem wir das neue Jahr ebenfalls traditionell mit Sekt und ABBA (Happy New Year) begrüßt haben, beschließen wir den Abend (beziehungsweise den Morgen) mit Wachsgießen. Das ist zwar umweltfreundlicher als Bleigießen, aber die gegossenen Formen sind etwas schwieriger zu interpretieren. Meine Frau erkennt in fast jeder Figur einen Fisch oder einen Embryo. Das heißt, wir bekommen nächstes Jahr entweder Nachwuchs oder ein Aquarium. Oder ein Aquarium mit Babyfischen.

01. Januar 2022, Berlin

Wir starten 2022 mit Ausschlafen und einem ausgiebigen Frühstück. Dann machen wir einen Spaziergang zum Futurium, wo wir uns anschauen, wie unsere Zukunft vielleicht aussehen wird.

Die Ernährung der Zukunft besteht möglicherweise aus dem Verzehr von Insekten. Im Vergleich zu Fleisch sind diese proteinreicher und fettärmer und außerdem in der Produktion wasser-, flächen- und klimaschonender. Ich hoffe trotzdem, dass ich nicht so alt werde, dass wir zu Silvester Raclette mit Käfern, Heuschrecken und Mehlwürmern essen müssen.

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Apropos Essen: Zum Abendbrot machen wir Resteessen aus den Mahlzeiten der letzten Tage. Es bleiben Reste übrig. Das heißt, morgen gibt es Reste-Restessen.

02. Januar 2022, Berlin

Der Sohn hat heute nicht nur seinen letzten Ferientag, sondern auch seine Booster-Impfung. Er spekuliert auf leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen, die es ihm unmöglich machen, in den nächsten Tagen zur Schule zu gehen.

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Abends veranstalten wir unseren letzten Familien-Pizza-Film-Abend, bevor die Tochter nächste Woche nach Schweden geht. Damit es nicht zu rührselig und sentimental wird, schauen wir Venom 1 und 2. (Nichts hält Abschiedsschmerz besser auf Distanz als ein gewalttätiger, blutrünstiger Super-Anti-Held.)


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