Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
06. Februar 2023, Berlin
Am Sonntag dürfen (müssen) wir in Berlin das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen nochmal neu wählen. Gemäß der Moabiter Sozialstruktur gibt es bei uns in der Gegend einen leichten Überhang an SPD-, Grünen- und Die-Linke-Wahlplakaten. CDU und FDP sind weniger stark vertreten, die AfD erfreulicherweise so gut wie gar nicht.
Die skurrilste politische Gruppierung, die bei uns in der Gegend wirbt, ist die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung. Mit dem Slogan „Wie willst du in 800 Jahren leben?“ Die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung scheint mir die Most-single-issue-Partei seit der Biertrinker-Partei zu sein.
Tatsächlich ist laut ihrer Website ihr einziges Anliegen, dass zehn Prozent des Berliner Landeshaushaltes für die schnellere Entwicklung von Medizin eingesetzt wird, mit der Menschen durch Verjüngung wahrscheinlich nicht mehr an Alterskrankheiten oder hohem Alter sterben und tausende Jahre leben können. Körperlich und geistig gesund, wie extra betont wird. Alle anderen Themen würden den anderen Parteien überlassen und im Falle einer Regierungsbeteiligung könnten sie von den Koalitionspartnern behandelt werden.
Allein, dass die Vertreter*innen der Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung für erwähnenswert erachten, lässt mich an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln. Und wer will schon tausende von Jahren alt werden? Irgendwann sind Netflix, Amazon Prime und Co. leer geschaut, alle Bücher ausgelesen und sämtliche Länder bereist und dann ist es ja wohl auch mal gut mit der Leberei. Die Rente mit 67 scheint mir dann auch nicht länger haltbar zu sein. Somit wird die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung wohl auf meine Stimme verzichten müssen.
