Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
20. Mai 2024, Berlin
Pfingstmontag. Einer dieser Feiertage, bei denen du nicht so richtig weißt, warum sie existieren. Was dir aber egal ist. Einem geschenkten Feiertag-Gaul, schaut niemand ins Frei-Maul.
An Pfingsten wird daran gedacht, dass der Heilige Geist über die Jünger kam. Die waren, nachdem Jesus gen Himmel gezogen war, vollkommen verängstigt und orientierungslos. Dann erschien der Heilige Geist, wer auch immer das ist, und alles war tutti. Auch mit diesen Informationen bleiben sehr viele Fragen rund um Pfingsten offen. Aber, wie gesagt, das ist unerheblich, sofern du an dem Tag nicht arbeiten musst. (Stichworte: geschenkt, Feiertag-Gaul, Frei-Maul)
Heute ist außerdem Sei-ein-Millionär-Tag. Ein Gedenktag, der im Gegensatz zu Pfingsten sehr einfach zu verstehen ist. Die Umsetzung ist dennoch herausfordernd. Sagt zumindest unser Bankkonto.
21. Mai 2024, Berlin
Der Sohn hat nächste Woche Abi-Präsentationsprüfung, am Donnerstag muss er die schriftliche Ausarbeitung dazu abgeben. Ich ermuntere ihn, wenn er nicht wüsste, was er schreiben soll, könne er einfach loslegen, egal was dabei rauskommt. Dann habe er einen Text, den er so lange überarbeitet, bis er rund ist. Der Sohn meint, das mache er immer so. Ich bin mir nicht sicher, ob das auch für den Teil „überarbeiten, bis er rund ist“ gilt.
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Habe gestern beim Fitness-Training seit Wochen erstmals wieder Kniebeugen und Ausfallschritte gemacht. Beides sehr effektive Übungen für Muskelauf- und Fettabbau. Und beides sehr effektive Übungen für Muskelkater aus der Hölle. Aua.
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Hole meine neue Brille ab. Als meine Frau abends heimkommt, fällt ihr nichts auf. Zu ihrer Verteidigung: Das neue Modell hat wie das alte einen dicken schwarzen Hornrahmen, ist aber deutlich größer. Gut, wir sind seit 27 Jahren zusammen, da schaust du nicht mehr so genau hin. Geringfügige Veränderungen im Gesicht des Partners können da schon mal übersehen werden.
Was allerdings nicht für meine Frau spricht: Als ich das Zimmer des Sohns betrat, hat er die neue Brille sofort bemerkt. Bei einem 17-jährigen hätte ich gedacht, er würde nicht einmal registrieren, wenn ich plötzlich zwei Köpfe hätte. Vielleicht lasse ich mir morgen eine Glatze schneiden. Mal sehen, ob meiner Frau das auffällt.
(Kleiner Spoiler: Am Samstag wird meine Frau sagen: „Schau mich mal an. Mensch, du trägst ja deine neue Brille.“)
22. Mai 2024, Berlin
23 Uhr. Eine Uhrzeit, zu der ich normalerweise im Bett liege. Und wenn es gut läuft, sogar schlafe. Heute jedoch nicht. Heute stehen wir im Terminal 2 des BER und warten auf die Tochter. Die kommt aus Carlow zurück. Für gut. Zermürbt von nervtötenden Poetry-Kursen, schlechtem Wetter und schimmeligen Zimmern beendet sie nach zwei Jahren ihr dortiges Studium.
Aber in Irland war nicht alles schlecht. Das Beste bringt sie mit: C., ihren irischen Freund. Wir haben also für die nächsten Wochen einen weiteren Mitbewohner. Hoffentlich verstehen wir ihn. Wahrscheinlich denkt er das auch.
23. Mai 2024, Berlin
1.30 Uhr. Zurück vom Flughafen, empfängt uns zuhause der Sohn. Er bräuchte ein wenig Formatierungshilfe für die Präsentationsprüfungsausarbeitung, die morgen fällig ist. Beziehungsweise heute.
Meiner Frau fällt sofort auf, dass der rechte Seitenrand viel zu groß ist. Anstatt sechs Zentimeter eher zehn. Nachdem sie ihn richtig eingestellt hat, schnurrt das Dokument auf knapp fünf Seiten zusammen. Vorgeschrieben sind sechs bis sieben.
Der Sohn und sein Freund, mit dem er die Prüfung macht und den er inzwischen per Videocall hinzugezogen hat, bleiben vollkommen tiefenentspannt. Wie es sich für Teenager gehört. Da müssten sie halt noch ein paar Labersätze schreiben. (Wahrscheinlich die Labersätze, die ich beim Gegenlesen rausgestrichen habe.)
Der Text muss aber doch nicht mit inhaltsleerem Füllmaterial aufgebläht werden. Meine Frau bemerkt, dass der Zeilenabstand zu gering ist. Nachdem sie ihn auf anderthalb erhöht hat, wächst der Text auf sechseinhalb Seiten. Gut für den Sohn und den Freund, die sich nichts mehr aus den Fingern saugen müssen, und noch besser für die Lehrerin, die das nicht lesen muss.
Nun sind die beiden nur noch unzufrieden, dass sie heute so früh aufstehen müssen, weil sie den Ausdruck bis um 12 Uhr abgeben müssen. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass das Abi rum ist und der Ernst des Lebens anfängt.
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Als der Sohn aus der Schule zurück ist, frage ich ihn, ob sie etwas aus der Geschichte gelernt hätten. Er nickt. Während ich dabei an mehr Zeit zum Schluss einplanen, Vorgaben sorgfältig durchlesen, Formatierungen gleich am Anfang vornehmen und ähnliches denke, hat der Sohn anderes im Sinn: Irgendwie geht doch immer alles gut.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)