Eine kleine Wochenschau | KW34-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


21. August 2023, Berlin

Heute ist Dirty-Dancing-Tag. Als ich den Film Ende der 80er im Kino gesehen habe, war ich Team Jennifer Grey und fieberte mit ihr mit, ob sie und Patrick Swayze aka Johnny zusammenkommen, und fand den Vater, der ihr das verbieten wollte, super spießig.

Mehr als 25 Jahre später sehe ich das etwas anders. In dem Film geht es um eine Minderjährige, die im Urlaub von einem Tänzer verführt wird, der zehn bis fünfzehn Jahre älter ist und einen eher unsteten Lebenswandel führt. Und den es anscheinend nicht stört, dass das 17-jährige Objekt seiner Begierde „Baby“ genannt wird. Da bin ich inzwischen Team Vater und würde mich auch nicht umstimmen lassen, weil die beiden so schön miteinander tanzen.

(Außerdem hat Patrick Swayze in „Fackeln im Sturm“ beim Heulen immer so viel gerotzt. Das fände ich, wenn er meine Tochter heiraten und bei der Hochzeit vor Rührung weinen würde, sehr unästhetisch.)

Meine Frau und die Tochter sind heute im Kino („Oppenheimer“), der Sohn ist mit seinen Freunden unterwegs. Da ich noch anderthalb Kilo von meinem angestrebten Marathongewicht entfernt bin, mache ich mir zum Abendessen Quark mit gefrorenen Mangos. Der hat wenige Kohlenhydrate, ist fettarm und eiweißreich.

Anschließend esse ich noch zwei Toasts mit Mozzarella, dann einen halben Becher Schoko-Protein-Eis und danach einen weiteren Toast, diesmal mit Erdbeermarmelade. Ich schätze, morgen bin ich zwei Kilo von meinem angestrebten Marathongewicht entfernt. Vielleicht auch zweieinhalb.

22. August 2023, Berlin

Heute ist Sei-ein-Engel-Tag. Mir würde schon reichen, wenn einige Menschen heute den Sei-kein-Arschloch-Tag begehen.

23. August 2023, Berlin

In der Nähe meiner Laufstrecke am Hohenzollernkanal befindet sich die Julius-Leber-Kaserne. Beim Joggen sehe ich dort regelmäßig Soldat*innen. Heute gibt es anscheinend irgendeinen besonderen Marsch, denn das Soldat*innen-Aufkommen ist höher als gewöhnlich. Immer wieder treffe ich auf Soldat*innen in Uniform, mit dicken Stiefeln und schwerem Marschgepäck, die in zügigem Schritt den Weg entlang marschieren.

Die meisten von ihnen scheinen mir nur mittelmäßig fit zu sein. Sie schwitzen stark, atmen schwer und ihre Gesichter sind gerötet. Kein zartes, gesundes Rosa, sondern eher Richtung Feuerwehrautorot. Kürzlich hat mir mein Laufkollege O. erzählt, der chilenische Diktator Pinochet hätte die Bundeswehr mal als Ansammlung kampfunfähiger Homosexueller bezeichnet. Wenn ich mir den Zustand der Soldat*innen hier am Hohenzollernkanal ansehe, könnte er, was die Kampffähigkeit angeht, recht haben.

Die Soldat*innen von heute unterscheiden sich äußerlich stark von denen Mitte der 90er Jahre. Damals machte ich Zivildienst und ein paar meiner Schulkameraden gingen zur Bundeswehr. Zu der Zeit war Frauen noch eine Laufbahn im militärischen Bereich der Bundeswehr verboten. Für die Männer waren kurze Haare vorgeschrieben, das Gesicht musste glattrasiert sein und Tattoos waren nicht gestattet. Zumindest keine sichtbaren.

Die Soldaten, die mir entgegenkommen, tragen teilweise stattliche Bärte, mehr als die Hälfte hat Tätowierungen an den Unterarmen und bei einem ragt hinten aus der Mütze ein geflochtener Zopf heraus. Einige von ihnen sehen aus, als könnten sie Mitglieder der Hell’s Angels sein. Was Pinochet dazu wohl gesagt hätte?

24. August 2023, Berlin

Ich stoße im Internet auf einen Guardian-Artikel aus dem Jahr 2020. „50 simple ways to make your life greener“ Ich erwarte mir von dem Artikel nicht wirklich Tipps, wie ich meinen Alltag grüner gestalten kann, lese ihn aber trotzdem. Um mir zu bestätigen, dass ich schon ziemlich nachhaltig lebe.

Wobei ich mich deswegen nicht über andere erheben will, die weniger umweltbewusst leben. Meine okay grüne Lebensweise ist sehr häufig keine bewusste Entscheidung und auch kein selbstauferlegter Zwang, sondern entspricht schlicht meinen Vorlieben beziehungsweise Abneigungen. Zum Beispiel fahre ich kein Auto, weil ich es hasse und viel zu stressig finde. Ich fliege auch nur sehr selten, da ich es für eine unnormale Art der Fortbewegung halte. (Eine Maschine, die mehrere hundert Tonnen wiegt und sich in 10.000 Metern Höhe fortbewegt? Da kann etwas nicht stimmen.) Dagegen fahre ich gerne Zug. Dort sitze ich bequem, muss mich um nichts kümmern und kann in Ruhe lesen, Musik hören und dösen. (Wenn auch manchmal länger als geplant.)

Vor einigen Jahren haben wir uns für einen Ökostrom-Anbieter entschieden und die viele unserer Lebensmittel kaufen wir im Bio-Supermarkt. Das ist beides etwas beziehungsweise deutlich teurer als konventionellen Strom zu beziehen oder im Discounter einzukaufen. Das ist aber nicht besonders heldenhaft von uns, sondern ich denke mir, wenn wir das mit unseren Akademiker*innen-Einkommen nicht machen, wer dann? (Außerdem ist der Bio-Supermarkt meistens sehr leer, so dass ich den Einkauf zügig erledigen kann.)

Seit gut zwei Jahren haben wir außerdem einen Sparduschkopf, der weniger Wasser verbraucht und einen beim Duschen in feinperligen Wassernebel einhüllt, was jeden Duschgang zu einem kleinen Spa-Erlebnis macht. Darüber hinaus verwenden wir seit einigen Jahren fast nur noch Duschseifen und feste Shampoos, was unseren Plastikmüll deutlich reduziert.

In der Corona-Zeit haben wir endlich angefangen, unseren Biomüll zu trennen. (Besser spät als nie.) Der Eimer mit den Bioabfällen ist zwar manchmal etwas eklig und die Biotonne im Hof ist immer super eklig, da der Sohn aber bei uns für den Müll zuständig ist, macht mir das persönlich nichts aus.

Meine langatmigen und leicht selbstbeweihräuchernden Ausführungen erwecken möglicherweise den Eindruck, wir seien Vorzeige-Ökos und Umwelt-Engel. Sind wir aber nicht. Im Gegenteil. Ich bin mir meiner nicht unerheblichen Umwelt- und Klimasünden durchaus bewusst.

Beispielsweise esse ich viel zu viele Milchprodukte, was Treibhausgase verursacht und unser Plastikmüllaufkommen stark erhöht. Das kann ich auch nicht mit unseren Duschseifen und festen Shampoos kompensieren. Ich streame darüber hinaus zu viel Musik und Serien und die Zahl der elektronischen und digitalen Geräte in unserem Haushalt ist bedenklich hoch. Viele davon laufen rund um die Uhr im Standby-Modus, selbst wenn das nicht nötig ist. (Looking at you, Fernseher!)

Unser Kühlschrank ist fast 20 Jahre alt und nach heutigen Maßstäben bestimmt nicht mehr besonders energieeffizient. Aber er funktioniert tadellos und da wäre es auch nicht besonders ressourcenschonend, ihn wegzuwerfen.

Ganz gut sieht es wiederum in meinem Kleiderschrank aus. In dem Guardian-Artikel heißt es, bevor du ein Kleidungsstück kaufst, sollst du dich fragen, ob du es mindestens dreißigmal anziehen wirst. Für mich wäre das sehr wenig. Ich schätze, ich trage meine Sachen eher dreihundertmal.

Genau kann ich das allerdings nicht sagen. Viele meiner Kleidungsstücke sind identisch. Schwarze Polo-Shirts, graue T-Shirts, schwarze Unterhosen oder schwarze Socken. Deswegen habe ich keinen Überblick, wie häufig ich die einzelnen Sachen tatsächlich anziehe. Möglicherweise zwei der Polo-Shirts sechshundertmal und die anderen nie.

Mein Anziehverhalten ist aber auch keine bewusste Entscheidung, um Klima und Umwelt zu schonen. Ich hasse einfach shoppen. (Fast so sehr wie Autofahren.) Im Real Life genauso wie Online. Bevor ich mir neue Klamotten kaufe, trage ich die alten so lange, bis sie fast auseinanderfallen. Und dann noch ein paar Monate länger.


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