Eine kleine Wochenschau | KW46/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


11. November 2024, Köln

Auftakt der Karnevalssession in Köln. Wir stehen in der Kneipenschlange, als uns drei junge Männer, so um die Mitte 20, ansprechen. Einer von ihnen fragt im breitesten schwäbisch, falls wir ein Möbelstück sein könnten, was wir dann gerne wären.

Eine merkwürdige Frage, die ohne ein paar Kölsch intus gar nicht so leicht zu beantworten ist. Wir einigen uns schließlich auf Sessel, weil der bequem sei, mein Einwand, dann säße aber immer jemand auf unserem Schoß, wird übergangen.

Ein anderer der drei, der uns die ganze Zeit in einer Mischung aus Ungeduld und Vorfreude angeschaut hat, sagt schließlich: „Also ich wäre gerne eine Deckenlampe. Dann bin ich immer der Hellste und muss nur abhängen.“

Betretenes Schweigen bei uns. Die Knaben haben also diese Möbelstückfrage einzig und allein gestellt, damit der Typ diesen Ein-Euro-Witz machen kann. Jetzt erzählt er, dass er das kürzlich bei Spotify gehört und sich das sofort aufgeschrieben hätte, weil er das so gut fand. Heute Morgen hätte er den Witz seinen Kumpels erzählt und sie hätten sich eine halbe Stunde totgelacht.

Ich frage die Drei, ob ich ihnen einen Ratschlag geben dürfte. Sie nicken und schauen mich erwartungsfroh an. „Wenn ihr nicht kinderlos bleiben wollt, erzählt diesen Witz nie, aber wirklich niemals einer Frau. Und am besten sonst auch niemandem.“

Den Rest des Tages frage ich mich, was das eigentlich über uns aussagt, dass die drei Jungs dachten, wir sind die richtigen Adressaten für diesen Witz.

Titelbild mit einer großen Alaaf-Buchstaben-Installation auf einem verregneten Kopfsteinpflaster und vor bewölktem Himmel

12. November 2024, Köln/Berlin

Wache bereits um halb sieben auf. Nun fängt der frühe Vogel zwar den Wurm, aber nicht, wenn er am Vortrag erheblich mehr Alkohol getrunken hat, als er das gewöhnlich tut.

Versuche noch etwas zu schlafen, aber ohne Erfolg. Nachdem ich mich zwei Stunden im Bett rumgewälzt habe, hat sich wenigstens die Watte in meinem Kopf verzogen und mein Hirn ist vom Aggregatzustand “matschig” in “einigermaßen fest” übergegangen.

Das frühe Aufwachen bietet mir wenigstens die Möglichkeit, früher zurückzufahren und nicht auf die 12.11-Uhr-Verbindung mit Umstieg in Dortmund warten zu müssen. Buche mir auf dem Weg zum Bahnhof für den 11.11er, was ja auch gut zu Karneval passt. Vier Minuten später schickt mir die Bahn-App eine Push-Nachricht. Aufgrund von Weichenproblemen auf der Strecke hätte der Zug zwei Stunden Verspätung.

Kein Problem, denke ich, suche ich mir einfach eine neue Verbindung raus. Wie jemand, der noch nie mit der Bahn gereist ist. Um 10.55 Uhr geht ein ICE nach Frankfurt, von dort kann ich dann weiter nach Berlin fahren. Kaum habe ich die Sitzplatzreservierung abgeschlossen, poppt eine App-Benachrichtigung auf. Wegen eines Notarzteinsatzes ist der Zug nach Frankfurt gestrichen.

Meine neuerliche Reservierung, diesmal für einen ICE nach Düsseldorf mit Weiterfahrt nach Berlin, hat immerhin zehn Minuten Bestand, dann wird eine Verspätung von circa anderthalb Stunden mitgeteilt. Der Grund: Brückenschaden.

Allmählich glaube ich, meine Sitzplatzbuchungen lösen die Beschädigungen von Schienen, Weichen und Brücken aus. Eine Vermutung, mit der ich möglicherweise tatsächlich richtig liege, denn als ich in Düsseldorf in den nächstbesten ICE einsteige und auf eine Reservierung verzichte, fährt dieser ohne Probleme und Verzögerungen nach Berlin. (Und einen freien Platz finde ich sogar auch noch.)

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Wie immer im Bahnhof kaufe ich mir bei Pret-a-Manger ein Mature Cheddar & Pret Pickle-Sandwich. Das ist für mich jedes Mal eine kulinarische Erinnerungsreise in mein Studienjahr in England Ende der 90er. Damals aß ich regelmäßig Ploughman’s-Sandwiches mit Käse und Relish.

Geschmälert wird mein Nostalgietrip allerdings durch den Preis: 6,30 Euro. Mein innerer Boomer schreit: „6,30 Euro? 12 Mark 60 für zwei Scheiben labberiges Brot, eine Scheibe Käse und ein bisschen Gemüse? Da frage ich mich nur, ob sie den Leuten, die das für diese Phantasiesummen verkaufen, oder dir Trottel, der das bezahlt, mehr ins Hirn geschissen haben.“

An der Kasse fragt mich ein junger Angestellte, ob ich einen Tipp geben wolle. Ich bin etwas verwirrt und überlege, welchen Ratschlag ich ihm geben könnte, als mir dämmert, dass er nach Trinkgeld fragt.

Dafür, dass ich mein Essen aus dem Kühlschrank geholt habe und damit zur Kasse gegangen bin, wo er den dafür zu entrichtenden Betrag eingetippt hat? Ich denke nicht. (So sehr wurde mir doch nicht ins Hirn geschissen.)

„Nein, danke“, sage ich, was sich anhört, als hätte der junge Mann mir mit der Möglichkeit, Trinkgeld zu geben, eine Dienstleistung angeboten, die ich nun höflich ablehne. Dienstleistung angeboten, die ich nun höflich ablehne. (Vielleicht hat doch jemand seine Notdurft in meinem Hirn verrichtet.)

13. November 2024, Berlin

Heute ist ein Feiertag, der es in Berlin traditionell schwer hat: der Welt-Nettigkeitstag.

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Abends lese ich bei der Lesebühne Fuchs + Söhne. Schon das zweite Mal. Für mich ist das immer etwas ganz Besonderes, denn das Stammensemble Kirsten Fuchs, Paul Bokowski, Tillmann Birr, Aidin Halimi und David Weber sind ganz phantastische Autor*innen, Künstler*innen und Vorleser*innen. Dort aufzutreten, ist für mich, als dürfte ich mit Roger Federer Tennis spielen, aber ohne kurze Hosen.

Nach der Lesung erzählt David von einer Veranstaltung mit dem Titel „Helge Schneider liest Brecht“. Der saß dabei auf der Bühne in einem Sessel und hat Brecht gelesen. So weit, so erwartbar. Wahrscheinlich hat das Publikum aber nicht damit gerechnet, dass Helge Schneider leise und nur für sich liest. Phantastisch.


Teil 2


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