Wir leben in Berlin in einem Haus mit einer sehr netten Mietergemeinschaft. Man grüßt sich im Treppenhaus, nimmt gegenseitig Päckchen an, leiht sich Eier und Zucker und wenn man mal im Urlaub ist, gießen die Nachbarn für einen die Blumen. Fast so idyllisch wie in Bullerbü. Aber eines Sommers wurde dieses harmonische Mieter-Soziotop empfindlich gestört. Davon handelt de folgende Geschichte aus den sehr frühen Jahren des Familienbetriebs.
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„Ja, ja, ja, ja, ja!“, erschallt es aus dem Hinterhof in unser geöffnetes Schlafzimmerfenster. Schrecke im Bett hoch und versuche, mich zu orientieren. Es ist 1 Uhr morgens und drückend heiß. Wir haben Anfang August und ganz Deutschland leidet unter einem Jahrhundertsommer mit tropischen klimatischen Bedingungen. Tagsüber klettert das Thermometer regelmäßig auf über 35 Grad und auch nachts kühlt es nur unwesentlich ab.
Die Freundin leidet ganz besonders unter der Hitze. Sie ist im fünften Monat schwanger. Allerdings hat ihr Bauchumfang bereits Ausmaße angenommen, als sei sie kurz vor der Entbindung eines Drillingspärchens. Ein Umstand, der jedoch auf keinen Fall zur Sprache gebracht werden darf. Männer mit schwangeren Frauen kennen das: Die Hormone der Frauen tanzen Samba, ihre Gefühle schwanken zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt und sie sind unausgeglichener und reizbarer als Klaus Kinski. Eine unbedachte Äußerung des Mannes und zack! verbringt man die Nacht auf dem Sofa. Als treusorgender Freund weiß ich selbstverständlich, dass scherzhafte Bemerkungen über die körperliche Konstitution der Freundin insbesondere in Verbindung mit Analogien aus der Welt der Dickhäuter gerade so opportun sind wie Schoko-Muffins auf einem Weight-Watchers-Treffen anzubieten.
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Die Freundin schläft aufgrund ihrer schwangerschaftsbedingten Leibesfülle und der schwülen Temperaturen nur noch sehr schlecht – und ich damit ebenfalls. Da sind nächtliche Ruhestörungen eher ungünstig. Aber wieder und immer wieder dringt ein weiblich-ekstatisches „Ja, ja, ja, ja, ja!“ zu uns ins Schlafzimmer. Irgendwo im Haus drückt eine Frau entweder mit überschäumendem Enthusiasmus ihre Zustimmung für was auch immer aus oder sie hat einen wahnsinnigen Orgasmus. Oder ein wahnsinniges schauspielerisches Talent. Seit ‚Harry & Sally‘ und der berühmten Restaurantszene sind Männer ja etwas unsicher, was ihre sexuellen Befriedigungsfähigkeiten angeht. Beglücken sie gerade tatsächlich ihre Sexualpartnerin oder geht diese im Kopf gelangweilt die To-Do-Liste für den morgigen Tag durch und stöhnt ein wenig rum in der Hoffnung, das ungelenke Rumgefummel des Mannes ist bald vorbei?
Wie dem auch sei, die euphorischen Schreie dauern mehr als fünfzehn Minuten an. Dann ertönt ein wohliges männliches Grunzen und es herrscht Stille. Schaue die Freundin an und wir kichern wie zwei pubertierende Teenager.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)