Eine kleine Wochenschau | KW14-15/2025: Die neuen Möglichkeiten des Älterwerdens (Teil 2)

Teil 1


07. April 2025, Berlin

Heute ist keine-Hausarbeit-Tag. Nach der Party am Samstag müssten wir eigentlich die Wohnung putzen. Das lassen wir aber schön bleiben, denn wer sind wir, dass wir uns erdreisten, den Keine-Hausarbeit-Tag zu missachten. Schließlich möchten wir keine religiösen Gefühle verletzen.

08. April 2025, Berlin

Um unseren Restgetränkebestand zu dezimieren, trinke ich beim Arbeiten weniger Kaffee, sondern Fritz-Cola. Wie in einem hippen Start-up der frühen 2000er. Vielleicht stelle ich im Wohnzimmer einen Kicker oder eine Tischtennisplatte auf und spiele gegen mich selbst. Auf mobile Massagen verzichte ich aber. Auf Kokain ebenso.

09. April 2025, Berlin

Heute ist Tag der finnischen Sprache. Mein finnisches Lieblingswort: „Kalsarikännit“. Übersetzt heißt das so viel wie: „Sich in Unterhosen daheim alleine betrinken“.

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Hole meine Eltern am Bahnhof ab. Das letzte Mal waren sie im Dezember 2023 da. Damals war es so kalt, dass sie beschlossen, Winter sei keine gute Zeit, um Berlin zu besuchen. Fürs Wochenende ist Regen angesagt. Vielleicht kommen die beiden nächstes Jahr erst im Sommer.

10. April 2025, Berlin

Post vom Notar. Wegen eines Vertrags, den ich unterschreiben muss. Im Schreiben heißt es: „Beiliegend übersende ich Ihnen eine Fotokopie meiner vorgenannten Urkunde und einen Genehmigungsentwurf zu dieser Urkunde zur gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung.“

Das klingt hübsch. „Zur gefälligen Kenntnisnahme und Bedienung.“ Was mache ich allerdings, wenn mir der Vertrag nicht gefällt. Unterschreibe ich ihn dann ungefällig? Und mit was bedient man einen Vertrag? Am besten mit einem Aperol Spritz, denn irgendwie muss das Zeug ja weg.

11. April 2025, Berlin

Laufe seit längerem mal wieder dem Prediger über den Weg. Die Wintermonate haben ihm nicht gutgetan. Seine Jacke ist stark verschmutzt, das Gesicht aufgedunsen und der Blick glasig. Er brabbelt irgendetwas unverständliches.

Die Tiraden des Predigers haben mich immer sehr beeindruckt. Wie er mit donnernder Stimme und bemerkenswerter Eloquenz seine Botschaften verkündet hat. Häufig gegen die katholische Kirche, wenn er vor dem Kloster gegenüber stand. Jetzt wirkt er verwirrt und murmelt unzusammenhängende Worte vor sich hin.

Später sehe ich, wie er einen älteren Mann in einem Straßencafé belästigt, bis sich die beiden anbrüllen. Ich tippe auf zu viele und zu schlechte Drogen. Hoffentlich geht es dem Prediger bald wieder besser. Im Rahmen seiner Möglichkeiten.

12. April 2025, Berlin

Abends Essen im Paris-Moskau. Das war unser Weihnachtsgeschenk für meine Eltern. Seit einigen Jahren ist es bei uns gute Sitte, nur noch Geschenke zu machen, die konsumiert werden und bei denen wir gemeinsame Zeit verbringen. Auf keinen Fall etwas, das rumsteht und regelmäßig abgestaubt werden muss. Und später entsorgt werden muss. Von meinem Bruder oder mir.

Zu ihrem 70. bekam meine Mutter zum Beispiel ein Wochenende in Ludwigshafen. Was erstmal weniger nach Geschenk, sondern mehr nach Bestrafung klingt. Aber meine Mutter wuchs dort auf und wir machten unter anderem eine Stadtführung in ihrem früheren Wohnviertel. Da hörten wir dann sehr viele Namen von uns unbekannten Menschen, die früher ebenfalls dort wohnten.

13. April 2025, Berlin

Laufe durch den kleinen Tiergarten. Kürzlich wurden hier neue Mülleimer aufgestellt. Alle im leuchtenden BSR-Orange.

Unfassbar viele neue Mülleimer. An jeder Bank einer. Stehen zwei oder drei Bänke nebeneinander, sind sie auch mal von zwei, drei Eimern gesäumt. Damit du nicht aufstehen musst, um deinen Müll zu entsorgen.

Mülleimer so weit das Auge reicht. Wenn man den Blick über den Park schweifen lässt, sieht es aus wie eine Invasion einer Hundertschaft orangefarbener R2-D2.


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Eine kleine Wochenschau | KW14-15/2025: Die neuen Möglichkeiten des Älterwerdens

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


31. März 2025, Berlin

Erster Montag nach der Sommerzeitumstellung. Kein guter Tag und nicht nur wegen Montag. Körper, Biorhythmus und mentale Verfasstheit sind noch auf Winterzeit gepolt, dem Wecker ist das vollkommen wumpe und er plärrt dich eine Stunde zu früh aus dem Schlaf. Also schon um 6 Uhr, wie vorgesehen, aber im Grunde genommen bereits um 5 Uhr, was in Euro sogar 2.30 Uhr ist.

Du liegst wie erschlagen im Bett, trauerst dem jäh unterbrochenen Schlaf hinterher, die Müdigkeit liegt wie eine extraschwere Gewichtsdecke auf dir und der Gedanke aufzustehen übersteigt deine Vorstellungskraft. Einfach liegen bleiben ist jedoch keine Option, denn Leistungsgesellschaft und kapitalistische Verwertungsmaschinerie verlangen nach deiner Arbeitskraft.

Im Hintergrund sitzt Christian Lindner und spuckt tatkräftig in die Hände. Da verlässt du wirklich unverzüglich das Bett, denn wer will schon, dass der ehemalige Finanzminister – die Älteren erinnern sich – in deinem Schlafzimmer abhängt. Außer Franca Lehfeldt. Vielleicht.

Titelbild mit einem großen, bunten Geburtstagskuchen
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Familien-Gedöns der Woche (545)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

"Kannst du bitte daran denken, deine dreckigen Klamotten in den Wäschekorb zu legen?" "Aber Mama, ich merk mir doch schon all die Dinge, mit denen ich dich wahnsinnig machen kann!" Ja, okay, verstehe, es gibt Wichtigeres… Ähm. Moment!

— Sprosse (@4sprosse.bsky.social) 11. April 2025 um 09:16
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Familien-Gedöns der Woche (544)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW13/2025: Banale, aber trotzdem nervende First-World-Problems (Teil 2)

Teil 1


28. März 2025, Berlin

Schreck am Morgen: Spiegel Online push-meldet schwere Erdbeben in Myanmar und Bangkok. Wir sind besorgt, ob es den Jungs gut geht.

Das zeugt einerseits von löblicher elterlicher Fürsorge, andererseits von bedenklicher geographischer Unkenntnis. Die Entfernung von Bali nach Myanmar beziehungsweise Bangkok beträgt circa 4.000 und 3.000 Kilometer. Das ist also so, als würde ich mich in Berlin vor einem Erdbeben in Bagdad oder Riad fürchten.

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Nächstes First-World-Problem, auch banal, aber besonders nervig: Ich benötige neue Hosen. Das ist ein Problem, weil ich sehr ungern Klamotten shoppen gehe. Sehr, sehr ungern.

Dazu muss ich das Haus verlassen, im Laden weiß ich nie meine Größe, mit den vielen Bezeichnungen für Hosenformen kann ich nichts anfangen – High Waist, Boot Cut, Cropped, Skinny, Slim, Palazzo, WTF – und irgendwann stehe ich in einer Umkleidekabine, wo ich mich in sehr unvorteilhaftem Licht von vorne, hinten, links, rechts, oben und unten betrachte. Das ist alles äußerst unschön.

Im Allgemeinen mache ich mir nicht viel aus meinen Klamotten. Die meiste Zeit trage ich Jogginghosen. Die sind flauschig, zwicken nicht und beim Einkaufen halten mich die anderen für einen wahnsinnig sportlichen Typen, der gerade auf dem Weg zum oder vom Training ist. (Oder für einen Asi.)

Ansonsten besitze ich noch zwei Jeans. (Eigentlich drei, aber eine davon passt mir zurzeit nicht so gut.) Die sind schon einige Jahre alt und bei beiden ist der Stoff am Knie inzwischen recht dünn, an den rechten hat sich jeweils sogar ein kleines Loch gebildet. Ich habe keine Ahnung, warum. Schließlich rutsche ich nicht wie ein Einjähriger auf allen Vieren durch die Wohnung. Anscheinend liegt bei mir eine anatomische Fehlbildung der rechten Kniescheibe vor, der der Jeansstoff nicht gewachsen ist.

Trotz meiner Gleichgültigkeit bezüglich meines modischen Auftretens bin ich mir im Klaren, dass du nicht zu jedem Anlass in Jogginghosen erscheinen kannst – außer du bist Adam Sandler – und auch nicht in löchrigen Jeans. Meine Frau hat in letzter Zeit diesbezüglich auch häufiger subtile Andeutungen gemacht. (Ihre exakten Worte waren: „Du müsstest mal neue Hosen kaufen.“, was bei genauerer Betrachtung gar nicht so subtil ist.)

Gestern unternahm ich einen ersten Versuch, das Projekt „Hosenkauf“ in die Tat umzusetzen. Im Schultheiß-Quartier bei H&M. Dieser ist jedoch recht klein und das Angebot überschaubar. Daher sah ich nicht sofort, unmittelbar nach Betreten des Ladens etwas, das mir gefiel.

Das ist für mich schwierig. Springt mir nicht innerhalb von 2,5 Sekunden ein Kleidungsstück in die Augen, das ich kaufen möchte, sinkt meine ohnehin begrenzte Shopping-Laune unter Normalnull. Entsprechend schlenderte ich mit weniger Dynamik als das Sanostol-Kind durch den Laden, fasste hie und da alibimäßig eine Hose an und verließ schließlich kopfschüttelnd das Geschäft. (Nach circa 3,8 Sekunden.)

Da sich die Jogginghosen-und-löchrige-Jeans-Problematik nicht von allein löst, fahre ich heute an den Kudamm in den Flagship-Store des schwedischen Modelabels. Die Herrenabteilung liegt in der zweiten Etage. Finde ich suboptimal. Für shoppingaverse Menschen wie mich muss das Einkaufserlebnis so niedrigschwellig wie möglich sein und nicht damit beginnen, zweimal Rolltreppe fahren und dazwischen die halbe Kinderabteilung durchqueren zu müssen.

Oben angekommen, bin ich verwirrt. Angesichts der Schnitte, Stoffe und Farben der ausgestellten Klamotten frage ich mich, ob ich doch in der Damenabteilung gelandet bin. Vielleicht habe ich in den letzten Jahren aber auch nur den ein oder anderen Modetrend verpasst. Oder mein Männlichkeitsbild ist weit weniger fortschrittlich als ich gerne vorgebe.

Die große Aufschrift „Herren“ an der Wand deutet darauf hin, dass ich mich doch nicht verlaufen habe. Auch hier begeistert mich aber erstmal keine der Hosen. Am besten gefallen mir die Joggingbuxen. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass meine Frau diese nicht mit ihrer „Du müsstest mal wieder Hosen kaufen.“-Aussage meinte.

Nehme schließlich zwei dunkle Hosen mit in die Ankleide. Als ich die erste anprobiere, ertönt plötzlich eine durchdringende Stimme: „Das sieht erst in der richtigen Pose gut aus. Stell’ dich mal gerade und selbstbewusst hin.“

Zucke zusammen und richte mich auf. (Bauch rein, Brust raus.) Stelle dann fest, dass ich gar nicht gemeint bin, sondern in der Nachbarkabine berät ein Typ seine Freundin in modischen Fragen.

Meine ausgesuchten Hosen stehen mir vielleicht nicht 1a, aber ich fühle mich körperlich und geistig nicht in der Lage nach Alternativen zu suchen. Und für 1b reicht es allemal. Zumindest in der richtigen Pose und wenn ich mich gerade und selbstbewusst hinstelle.

29. März 2025, Berlin

Auf Bali ist heute Nyepi, der erste Tag des neuen Jahres nach dem Balinesischen Mondphasen-Kalender. Der wird als Tag der Stille begangen und sehr ernst genommen. Jedwede Vergnügungen, das Verlassen des Hauses, Auto fahren und Arbeiten sind tabu. Feuer oder Licht sind auch nicht gestattet. Durch die Stille und Dunkelheit sollen Dämonen und Geister denken, die Insel sei verlassen, so dass sie weiterziehen und niemanden behelligen. (Das sollten die Menschen in den USA mal ausprobieren: einen Tag schweigen und alle Lichter ausmachen. Vielleicht hilft das etwas.)

Tourist*innen sollen sich ebenfalls an diese Regeln halten. Der Sohn und N. dürfen also nicht rausgehen und müssen in ihrer Unterkunft bleiben. Das kennen sie ja von Corona. Allerdings wird am Tag der Stille auch das mobile Internet abgestellt. Das ist dann doch eine Spur härter als ein gewöhnlicher Lockdown.

30. März 2025, Berlin

In der Nacht wurde die Uhr eine Stunde vorgestellt und heute endet Ramadan. Für muslimische Kinder die perfekte Kombination, weil sie so eine Stunde weniger aufs Zuckerfest warten mussten.


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Eine kleine Wochenschau | KW13/2025: Banale, aber trotzdem nervende First-World-Problems

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


24. März 2025, Berlin

Aus der Reihe „Banale First-World-Probleme, die trotzdem tierisch nerven“: Werbung bei Amazon Prime.

Du bezahlst fast 100 Euro im Jahr, um Filme und Serien bei dem Dienst von Jeff „Meine Angestellte müssen in Flaschen pinkeln, damit sie ihre Zeitvorgaben einhalten“ Bezos zu streamen, und dann kommt alle zehn Minuten eine Unterbrechung, um Verdauungsmittel, Grippemedikamente oder – nach 21 Uhr – Gleitgel anzupreisen.

Dazu kommt, dass neue Serien nur noch stückchenweise Woche für Woche erscheinen. Statt sie in einem Rutsch wegbingen zu können, bekommst du am Ende der Folge eine Cliffhanger-Nase gedreht und musst sieben Tage auf Nachschub warten. Wie so ein Höhlenmensch in den 80ern.

Was kommt als nächstes? Sitze ich bald wieder mit Mutter auf dem Sofa und schaue Die Wicherts von nebenan? (Da hielten sich die Cliffhanger allerdings in Grenzen.)

Titelbild mit einer Keramik-Spardose in Form einer weißen Karl-Marx-Büste. Unterhalb des Kopfes klebt ein Messingschild auf dem "Karl mag's" steht.
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Familien-Gedöns der Woche (543)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW12/2025: Der Schokoladen-Millionär (Teil 2)

Teil 1


21. März 2025, Berlin

Osterrabatte bei Penny. Nur 2,69 Euro für die 110g-Hasen von Kinder-Schokolade. Ich habe keine Ahnung, was die normalerweise kosten. Weil das Preisschild aber rot hervorgehoben ist, vertraue ich als unmündiger Kunde dem Discounter, dass es sich um ein unschlagbares Schnäppchen handelt.

Packe acht Stück ein – für die Osterhasen-Aktion bei uns im Haus – und lege mehrere Tüten mit Milka-Eiern dazu. Eigentlich stört das meinen inneren Monk. Produkte von zwei unterschiedlichen Marken zu kombinieren, deren farbliche Gestaltung sich auch noch so sehr unterscheidet. Allerdings sind die Eier ebenfalls mit einem roten Preisetikett ausgezeichnet, so dass sich mein innerer Sparfuchs durchsetzt.

An der Kasse ruft mein mit Ostersüßigkeiten gefüllter Wagen Bewunderung bei vier circa zehnjährigen Jungs hervor. Was ich mit der vielen Schokolade vorhabe, wollen sie wissen. Erkläre ihnen, die würde ich an die Kinder in unserem Haus verteilen. Ihren Gesichtern ist die Enttäuschung anzusehen, dass sie nicht bei uns wohnen.

Endgültig Legendenstatus erlange ich bei den Knaben, als ich meine Einkäufe mit meiner goldenen Postbank-EC-Karte bezahle. Die besitzen meine Frau und ich lediglich, weil wir gemeinsam oberhalb des monatlichen Geldeingangslimits von 3.000 Euro liegen. Bei jeder Benutzung schäme ich mich, weil die Karte so protzig aussieht, und komme mir wie ein ungehobelter Neureicher vor.

Den Jungs ist das egal, sie halten mich wahrscheinlich für einen Millionär. Ich möchte den Mitarbeitenden bei Penny nicht zu nahe treten, aber wäre das der Fall, kaufte ich nicht hier, sondern im benachbarten Bio-Supermarkt ein.

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Inzwischen sind die beiden Asienreisenden in Lombok angekommen. Wegen eines Unwetters kreiste ihr Flugzeug eine Stunde über dem Flughafen. Erst im vierten Versuch gelang dem Piloten die Landung.

Ihre Bilder vom Strand zeugen auch nur wenig von Idylle. Regen, Wind, Wellen, alles ist grau. Lediglich die Palmen im Hintergrund erinnern an Indonesien. Ansonsten könnten das auch Fotos von einem herbstlichen Nordseeurlaub sein.

22. März 2025, Berlin

Heute vor fünf Jahren begann der erste Corona-Lockdown in Deutschland. Mit Home Office, Schulschließungen und menschenleeren Straßen. Und in den Supermärkten begann der Kampf um Nudeln, Klopapier und Mehl.

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Bekomme auf Insta das Video eines Parcours-Artisten in meinen Feed gespielt. Der Mann springt von sehr hohen Gebäuden oder Mauern in Laternenpfähle oder Masten hinein und gleitet daran zu Boden.

Ich habe viele Fragen:

  • Warum macht er das? Für den Kick, den Augenblick?
  • Ist ihm das Prinzip Treppenstufen unbekannt?
  • Wie hoch sind die Beiträge seiner Unfallversicherung?
  • Warum schaue ich mir das an? Für den Kick, den Augenblick? Aber ohne meinen Schreibtisch zu verlassen?

23. März 2025, Berlin

Lese in den letzten Tagen regelmäßig bei „Buddenbohm und Söhne“. Dort postet Maximilian Buddenbohm seit 21 Jahren Interessantes, Nachdenkliches, Informatives und Amüsantes. Inzwischen sogar täglich, immer auf höchstem sprachlichem Niveau und in einer intellektuellen Tiefe, dass du schon mal neidisch werden kannst.

Selbstverständlich auf bewundernde und wertschätzende Weise. Im Sinne von „Auf diese Formulierung wäre ich auch gerne gekommen.“ und nicht mit dem Gedanken „Hoffentlich bekommt der olle Max bald Gicht, damit er nicht mehr tippen kann und mein Blog in besserem Licht dasteht.“

Heute berichtet er von einer Datenbank mit den Werken, die Meta „genutzt“ (aka geklaut) hat um seine AI zu trainieren. Ich bin narzisstisch genug, um sofort meinen Namen in das Suchfeld einzugeben. Fehlanzeige. (Im Gegensatz zu Maximilian Buddenbohm.)

Dafür hat sich Meta an folgenden Werken von fast Christian Hannes bedient:

  • Christian A. Hanke: Computational Methods for Understanding Riboswitches
  • Christian Hanke (zusammen mit Holger Gohlke): Tertiary Interactions in the Unbound Guanine-Sensing Riboswitch Focus Functional Conformational Variability on the Binding Site
  • Christian Hanner (gemeinsam mit Tomas McKelvey): On Identification of Hammerstein Systems Using Excitation With a Finite Number of Levels

Ich habe keine Ahnung, was Riboswitches sind – Ribo-Switches oder Ribos-Witches? –, und das Hammerstein-System ist mir ebenfalls unbekannt. Dennoch beziehungsweise gerade deswegen scheinen mir diese Beiträge besser geeignet zu sein, um eine künstliche Intelligenz klüger zu machen als Bücher wie „Ein Vater greift zur Flasche“ oder „Wenn ich groß bin, werde ich Gott“.

Ein bisschen enttäuscht bin ich dennoch. Sobald ein Unternehmen an einer Artificial Stupidity arbeitet, kommt aber meine große Stunde.

Stoße bei Maximilian außerdem auf einen Clip von Bill Nighy („Love actually”, „The boat that rocked”). Darin kündigt er einen neuen Podcast an. Mit den Worten: „My name is Bill Nighy and I am here to complicate things further.” Was für ein Intro.

Und ein Satz, der in so vielen Lebenssituationen passt:

  • „Ich bin Friedrich Merz. I am here to complicate things further.“
  • „Ich bin der Klempner, der sich ihre kaputte Heizung anschauen soll. I am here to complicate things further.“
  • „Ich bin das Programm zum Ausfüllen deiner Steuererklärung. I am here to complicate things further.“
  • „Ich bin die Lasche zum Öffnen der Wurstverpackung. I am here to complicate things further.“

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Eine kleine Wochenschau | KW12/2025: Der Schokoladen-Millionär

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


17. März 2025, Berlin

Sehe vom Balkon aus auf der anderen Straßenseite eine Tagesmutter mit einem Kinderwagen mit den Ausmaßen einer Stretch-Limo. Darin sitzen sich vier Kinder in Zweier-Reihen gegenüber, in ihren Händen halten sie Plastikbecher. Damit stoßen die Kleinen schwungvoll an, begleitet von lautem Lachen, Kichern und Glucksen.

Das kann man nun bedenklich finden, zweijährige Kinder die quasi ein Alkoholgelage nachmachen. Oder man erfreut sich an ihrer ansteckenden Fröhlichkeit. Ich entscheide mich für letzteres. Gerade in diesen Zeiten darfst du nicht immer das Schlechte sehen. Da musst du auch mal schöne Gedanken zulassen. In diesem Sinne: Prost.

Titelbild mit einem Wand-Graffiti von Balu dem Bären mit rückwärts getragenem Basecap, Baggy Pants und einer dicken goldenen Halskette
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Familien-Gedöns der Woche (542)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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