Eine kleine Wochenschau | KW07/2025: Ohne Schnee, wär’s auch schee (Sorry.) (Teil 2)

Teil 1


13. Februar 2025, Berlin

Halb sechs. Wache auf, weil eine irritierende Helligkeit das Schlafzimmer erleuchtet. Ein Blick aus dem Fenster liefert die Erklärung: Es hat geschneit.

Die Gehwege, Straßen und Autos sind mit einer dünnen weißen Schneeschicht bedeckt, als hätte sie jemand mit Puderzucker überzogen. Sieht fast idyllisch aus. Also, wenn wir Dezember hätten und von vorweihnachtlicher Vorfreude beseelt wären. Haben wir aber nicht und sind wir nicht.

Mitte Februar braucht kein Mensch Schnee. Da haben wir die Kälte, die Nässe und die Dunkelheit satt und sehnen uns nach Frühling, Sonne und dem ersten Grün. Stattdessen haben wir Schnee. Ich möchte das nicht.

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Auf meiner Laufrunde joggt mir ein Mann entgegen. Mit großer Nase, buschigem Schnauzer, schwarzer Hornbrille. Sieht fast aus, als trüge er eine Brillen-Nasen-Maske.

Vielleicht tut er das tatsächlich. Weil er ein Promi ist, der nicht erkannt werden will. Nicht besonders wahrscheinlich, aber auch nicht vollkommen unmöglich. Immerhin soll Harry Styles gerade in Berlin sein und der will bestimmt gerne inkognito bleiben.

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Entdecke in meinem Notizbuch folgende Zeilen, die ich irgendwann festgehalten habe:

Leben ist das Leben vor dem Tod,
Leben ist am Abend Abendbrot.

Ich bin mir nicht sicher, ob das wahnsinnig deep ist. Weil diese wenigen profanen Worte die Banalität und Eintönigkeit des Lebens eines Mannes in der Midlife-Crisis erfassen, der in den Mühlen der Erwerbsarbeit und der Ödnis seines Familienlebens gefangen ist. (Keinerlei biographische Bezüge.)

Oder das ist ganz großer Mumpitz. Ich tendiere zu letzterem. (Nicht zuletzt, weil Mumpitz so ein schönes Wort ist.)

14. Februar 2025, Berlin

Morgendlicher Blick aus dem Schlafzimmerfenster. Es hat noch mehr geschneit. Schätzungsweise fünf bis zehn Zentimeter. Eigentlich eine romantische Winter-Wonderland-Szenerie, die sich draußen präsentiert. Wir haben aber weiterhin Februar und keine Adventszeit und deswegen möchte ich das immer noch nicht. (Und morgen auch nicht, falls Petrus hier mitlesen sollte.)

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Heute ist Valentinstag. Besondere Vorkommnisse: keine.

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Stoße bei Instagram auf die Seite von James McNicholas, einem Schauspieler, der bekannte Popsong als „dramatic monologues“ vorträgt.

Das ist großartig und genau für so etwas wurde das Internet erfunden. Nicht für Hass und Hetze, nicht für Fake News und Verschwörungstheorien und auch nicht für Pornos und Gewaltvideos. Nein, damit Menschen Quatsch machen, sich dabei filmen und andere daran teilhaben lassen.

Zum Beispiel, indem sie „Hero“ von Enrique Iglesias als Speed-Dating-Fragebogen durchgehen:

15. Februar 2025, Berlin

Draußen immer noch Schneelandschaft. Nicht mehr ganz so winter-wonderland-mäßig, sondern ein wenig weggetaut und angegraut. Das möchte ich auch nicht. (Wobei ich die Tendenz durchaus begrüße.)

Später Laufen im Schneegriesel. Das hört sich immer so urtümlich-verwegen an: Im Schnee joggen. Du gegen die Widerstände der Natur. Gegen die eisige Kälte, den beißenden Wind, den rutschigen Untergrund und die Nässe, die dir unter die Klamotten und in die Haut kriecht. Quasi wie „7 vs. Wild“, nur im Schlosspark Charlottenburg.

In der Realität ist das aber wenig erquicklich, dieses Joggen im Schnee. Da fühlt sich das nicht nach „Du gegen die Natur“ an, sondern mehr nach „Die Natur gegen dich“. Mit ihrer eisigen Kälte, dem beißenden Wind, dem rutschigen Untergrund und ihrer Nässe, die dir unter die Klamotten und in die Haut kriecht, hat die Natur einen ganz klaren Wettbewerbsvorteil.

Vor allem, wenn du kein kerniger, widerstandsfähiger Survivalist bist, der aus einem Kieselstein und einer Birkenrinde ein Zelt bauen kann, sondern ein Mensch, der die meiste Zeit des Tages drinnen am Schreibtisch verbringt, der nicht einmal mit Kompass die Himmelsrichtungen bestimmen kann und dessen Fitnesszustand im Februar ausbaufähig ist.

16. Februar 2025, Berlin

Um 18 Uhr brechen der Sohn und N. zu ihrer großen Asienreise auf. Zunächst fahren sie nach Frankfurt, verbringen noch zwei Tage bei dem Bruder meiner Frau und dessen Mann, bevor es dienstags über München nach Bangkok geht. Dann reisen sie zwei Monate lang durch Südostasien und besuchen Orte, von denen ich noch nie gehört habe und mir in meiner eurozentristischen Ignoranz nicht merken kann, weswegen ich sie hier nicht aufzähle.

Die beiden haben die komplette Reise ganz allein geplant. Flüge, Routen, Unterkünfte, sich um Impfungen gekümmert, ihre Reisepässe erneuert. Alles, ohne ein einziges Mal um Hilfe zu bitten.

Einerseits erfüllt dich das als Eltern mit Stolz. Dass dein Kind so selbstständig ist und in der Lage, so einen anspruchsvollen Trip zu organisieren. Andererseits ist uns etwas unbehaglich, ob die beiden wirklich an alles gedacht haben. Oder wie meine Frau sagt: „Am liebsten würde ich seine Tasche packen, damit er nichts vergisst.”

Ein Drang, den ich sehr gut nachvollziehen kann, dem du aber natürlich unter keinen Umständen nachgeben darfst. Wenn deine Kinder erwachsen werden, musst du als Eltern lernen, Kontrollverlust auszuhalten.

Zu meiner eigenen Beruhigung habe ich dem Sohn vor ein paar Wochen den Link zur Sicher-reisen-App des Auswärtigen Amts geschickt. Mit tagesaktuellen Reisehinweisen für alle Länder dieser Erde, den wichtigsten Kontaktnummern zu Botschaften und Konsulaten sowie aktuellen Notfallinformationen. Das muss reichen. Keine Ahnung, ob er sie installiert hat.

Gute Reise, E., gute Reise.


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Eine kleine Wochenschau | KW07/2025: Ohne Schnee, wär’s auch schee (Sorry.)

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


10. Februar 2025, Berlin

Viertel nach sechs. Sitze im Wohnzimmer und trinke Kaffee. Den ersten nach unserer Fastenwoche.

Das ist auch bitter nötig, denn ich hatte eine unruhige Nacht. Mit wenig Schlaf, dafür mit viel Hin-und-her-wälzen. Warum, weiß ich nicht genau. Vielleicht weil eine anstrengende Woche ansteht. Und mit anstrengender Woche meine ich, dass ich einen auswärtigen Termin habe.

Nicht einmal einen besonders stressigen oder anspruchsvollen Termin. Nur ein Business Lunch, um ein Projekt zu besprechen. In Zeiten von Video Calls kommt das nicht mehr so oft vor. Am Donnerstag muss ich aber das Home Office verlassen. Das heißt, ich muss mich rasieren, meine bequeme Jogginghosen-Trainingsjacken-Kombi gegen halbwegs seriöse Kleidung eintauschen und mit dem Rad durch die Kälte fahren. Das ist alles einzeln schon unschön, in Kombination aber umso unschöner.

Titelbild mit einer verschneiten Straße mit parkenden Autos in der Morgendämmerunge.
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Familien-Gedöns der Woche (537)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW06/2025: Wir haben Hunger, Hunger, Hunger (Teil 2)

Teil 1


06. Februar 2025, Berlin

Warum morgens aufstehen, wenn du keinen Kaffee trinken darfst? Andere kulinarische Highlights hat der Tag auch nicht zu bieten. Abgesehen von Tee und Wasser, was aber eher in die Kategorie kulinarisches Lowlight fällt. Am liebsten würde ich die nächsten zwei Tage schlafend im Bett verbringen, bis am Samstag alles rum ist.

Das fröhlich grüßende Schokoküchlein geht mir auch auf die Nerven. Würde es gerne mit einem gezielten Fausthieb zu Matsch hauen. Dafür fehlt mir aber die Energie.

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Heute fühle ich mich nicht ganz so schwächlich. Auch das Laufen fällt mir im Vergleich weniger schwer. Allerdings nur zwei Kilometer. Danach zieht mir irgendjemand den Stecker und ich krieche die restlichen fünf Kilometer über die Tartanbahn. Mit ausgiebigen Gehpausen. Vielleicht könnte mir jemand mal eine Duracell-Batterie in den Hintern schieben.

07. Februar 2025, Berlin

Beginne den Tag damit, das nervende Schokoküchlein und die Mozartkugeln in einen Küchenschrank zu sperren. Nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn. Funktioniert aber nur so mäßig, denn nun denke ich die ganze Zeit daran, wie das Küchlein und die Kugeln im Schrank stehen.

Sitze dabei auf dem Sofa und trinke Tee. Bin mittlerweile zu Früchtetee übergegangen, weil ich den Pfefferminztee nicht mehr sehen konnte. Früchtetee ist aber auch kein adäquater Kaffeeersatz. Nichts ist morgens adäquater Kaffeeersatz.

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Auf dem Heimweg vom Laufen. Bin kaputt, ausgelaugt und vollkommen entkräftet. An einer Ampel spricht mich eine ältere Frau, so um die Mitte 60, an. Sie sagt, ich sähe sportlich aus, ob ich ihr vielleicht helfen könnte. Wie es in Berlin üblich ist, wenn dich fremde Menschen ansprechen, reagiere ich mit einem skeptischen Blick.

Die Frau stört das nicht weiter und sie holt aus einer Einkaufstasche ein Fläschchen mit Soja-Sauce. Die gehöre einer älteren Nachbarin und sei so fest verschlossen, dass sie sie nicht aufbekämen. Ich würde das aber sicherlich schaffen.

Nach viereinhalb nahrungslosen Tagen bin ich da weniger zuversichtlich. Unter Mobilisierung meiner letzten Energiereserven, von denen ich mir nicht sicher bin, sie zu haben, und mit unmenschlicher Kraftanstrengung gelingt es mir schließlich, den Deckel aufzudrehen.

Die Frau ist glücklich und ich habe meine gute Tat des Tages vollbracht. Allerdings frage ich mich, ob ich noch genügend Energie habe, um bis nach Hause zu kommen.

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Bei „The Night Agent“ sitzt in einer Szene ein Paar im Restaurant. Der Mann beendet irgendwann das Mahl und verlässt den Tisch, obwohl sein Teller noch halb voll ist. Was stimmt mit dem Penner nicht?

08. Februar 2025, Berlin

Meine Frau und ich wachen um halb sieben auf. Beide mit einem unangenehmen, leicht pelzigen Geschmack im Mund. Das kommt davon, wenn du tagelang keine feste Nahrung im Magen hast.

Oder irgendein Tier hat in unseren Mündern übernachtet, meint meine Frau. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Auf die kommst du aber nur, nachdem du fünf Tage nichts gegessen hast.

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Kurz nach acht treffen meine Frau, der Sohn und ich uns in der Küche, wo wir gemeinschaftlich unseren Fastenbrecher-Apfel zu uns nehmen. Es ist natürlich schön, endlich wieder etwas essen zu dürfen, aber wenn du eine Woche lang von Käsebroten, Gnocchi und Pizza phantasierst, ist der kulinarische Genuss eines Apfels doch ausbaufähig.

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Der Apfel erweist sich beim Laufen als nur bedingt energiespendend. Ich starte mit dem Ziel, sieben Kilometer zu absolvieren, reduziere es nach 500 Metern auf sechs Kilometer und nach zehn Minuten finde ich, fünf Kilometer reichen eigentlich auch.

Nach einer Weile stelle ich fest, dass ich bei irgendeiner Ampel vergessen habe, meine Laufuhr wieder anzuschalten. Sie zeigt 2,87 Kilometer an, aber ich weiß nicht, ob ich 100, 200 oder 500 Meter mehr gelaufen bin. Für einen Läufer sind undokumentierte Laufkilometer die schlimmstmögliche Katastrophe. Die haben quasi nicht stattgefunden, verfälschen dir die Statistik, gefährden deine Laufkilometer-Ziele.

Entsprechend schwanke ich zwischen Tobsuchtsanfall und Nervenzusammenbruch, fühle mich aber für beides zu schwach. Dass ich den Lauf nicht abbreche und weinend nach Hause gehe, sondern fortsetze und schließlich nach 5,1 Kilometern beende, stufe ich neben meinen Marathonteilnahmen als größte Leistung meiner Läuferkarriere ein. (Eigentlich sogar etwas höher als die Marathons.)

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Zum Mittagessen eine kleine Schale Reispudding mit Banane und Heidelbeeren. Anschließend gemeinschaftliches Nickerchen auf dem Sofa. Ein schöner Ausblick auf unsere Zeit als Rentner*innen.

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Abends Gemüsesuppe, jetzt wieder mit Gemüse. Die schmeckt zwar nach den Tagen des Verzichts sehr lecker, aber meine Frau meint treffend: „Ein großes Stück Käse wäre schöner.“ Und ein Käsebrot noch schöner.

Anschließend schauen wir „Prometheus“ und „Alien Covenant“. Da wird wenigstens nicht gegessen. Außer die Menschen von den Aliens.

09. Februar 2025, Berlin

Nur noch zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Zeit, sich mit meiner. Wahlpräferenz zu beschäftigen. Ich mache als erstes den Kandidierendencheck auf Abgeordnetenwatch. Das Ergebnis: 89% Übereinstimmung mit der Kandidatin der Marxistisch- Leninistischen Partei Deutschlands.

Normalerweise heißt es, Menschen werden mit zunehmendem Alter konservativer. Gegen diesen Trend entwickle ich mich dagegen anscheinend zum linken Revoluzzer. (Was immer noch besser ist als zum rechtsradikalen Reichsbürger.) Vielleicht lebe ich in zehn Jahren in einer polyamorösen, autonomen Kommune irgendwo in Brandenburg.

Probiere mich anschließend am Wahl-O-Mat aus. Hier liegen bei mir die Grünen mit 91,1% vorne. Bin also doch kein Linksradikaler, sondern bürgerlicher Besserverdienender mit Klimaschutz-Vorlieben und Offenheit gegenüber dem Gendern.

Auf dem zweiten Platz folgt der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) mit 90%. Der liegt bei meiner Frau und den Kindern sogar an erster Stelle. Hätte nicht gedacht, dass unsere Familie so viel Sympathien für die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein hat.

Nur noch zwei Wochen bis zur Bundestagswahl bedeutet auch, nur noch zwei Wochen Wahlkampf. Halleluja, es gibt auch noch gute Nachrichten.


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Eine kleine Wochenschau | KW06/2025: Wir haben Hunger, Hunger, Hunger

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


03. Februar 2025, Berlin

6.30 Uhr. Sitze im Wohnzimmer auf dem Sofa, um langsam die Lebensgeister in mir zu erwecken. Das will nicht so recht gelingen, denn heute startet unsere alljährliche Fastenwoche. Deswegen darf ich keinen Kaffee trinken, sondern muss mich mit Pfefferminztee begnügen. Und mit Pfefferminztee weckst du keine Lebensgeister.

Kein Montag sollte damit beginnen, dass du keinen Kaffee trinken darfst. Und auch kein anderer Tag. Für mich ist der Verzicht auf Kaffee tatsächlich das schlimmste am Fasten. Warum gibt es eigentlich kein Kaffee-Fasten, wo du anstatt schrecklicher Gemüsesäfte Kaffee trinkst? Das könnte ich mir gut vorstellen – die Lebensgeister ebenfalls – und das wäre nicht so freudlos-asketisch. Wahrscheinlich aber nicht so wahnsinnig gut für den Magen.

Ich fühle mich jetzt schon müde, schlapp und antriebslos. Dabei ist meine letzte Mahlzeit erst elfeinhalb Stunden her. Wie wird das erst, wenn ich 50, 60 oder 70 Stunden nichts gegessen habe? Keine guten Aussichten für meine Arbeitsproduktivität diese Woche. (Christian Lindner schaut kritisch in meine Richtung.)

Titelbild mit einer Vintage-Teetasse, auf der Queen Elisabeth II. abgebildet ist.
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Familien-Gedöns der Woche (536)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW05/2025: Wer die Wahl hat (Teil 2)

Teil 1


Die grüne Bundestagsabgeordnete Hanna Steinmüller trägt auf ihrem Wahlplakat einen grauen Hosenanzug und sieht aus, als sei sie von einer Stylistin professionell geschminkt worden. Etwas zu professionell, denn durch ihr Auftreten wirkt sie mehr wie eine Bankberaterin und weniger wie eine klassische Grüne.

Bei denen denke ich immer an langhaarige und -bärtige, leicht ungepflegt ausschauende Männer in Wollpullovern sowie an Frauen in wallenden Gewändern, die strickend im Bundestag sitzen und für die Make-up und Lidschatten ein Verrat ihrer feministischen Ideale gewesen wäre. So war das zumindest Anfang der 80er, als die Grünen noch nicht durch die Institutionen marschiert sind und die Institutionen noch nicht durch die Grünen.

Auf einen inhaltlichen Slogan hat Hanna Steinmüller verzichtet. Schade eigentlich. „Hoch die Hände, Ampel-Ende“ wäre ganz lustig gewesen. Stattdessen heißt es dort lediglich: „Für Berlin-Mitte“ Darunter noch: „Ein Mensch, ein Wort.“

Dieser Zusatz ist mir schon bei Robert Habeck aufgefallen, dessen Plakate in der Turmstraße hängen. Unter seinem Portrait prangt in dicken, fetten Großbuchstaben: Zuversicht. Woher Robert Habeck diese nimmt, würde mich interessieren. Wahrscheinlich eher nicht aus den aktuellen Wahlumfragen und noch weniger aus den jüngsten Prognosen zum Wirtschaftswachstum.

Auf dem Foto strahlt er auch nicht wahnsinnig viel Zuversicht aus. Er schaut eher leicht verkniffen drein. Wie jemand, der sich extrem unwohl fühlt, fotografiert zu werden. Was definitiv für Robert Habeck spricht.

Unten auf dem Plakat steht dann auch: „Ein Mensch, ein Wort.“ Was er uns damit sagen will? Ich weiß es nicht. Vielleicht soll potenziellen Wähler*innen versichert werden, dass es sich bei Robert Habeck um einen Menschen handelt und nicht, wie Friedrich Merz kürzlich in einem Interview gesagt hat, um einen Wuschelbären handelt.

31. Januar 2025, Berlin

Heute gibt es in Berlin Halbjahres-Zeugnisse. Das erste Mal seit fünfzehn Jahren hat dieser Tag keine Bedeutung für uns, sondern ist einfach ein Freitag. Was allerdings auch heißt, dass wir nicht ins Café Extrablatt zum Zeugnis-Essen gehen können. Schade.

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Für die Linke wirbt in unserer Straße Stella Merendino für ihre Wahl. Sie trägt blaue Krankenhaus-Kleidung, was den Satz „Aus der Rettungsstelle in den Bundestag“ unterstreicht. Ich schätze, das soll Authentizität und Lebensnähe demonstrieren. Stella Merendino ist keine machtversessene Karrierepolitikerin, sondern weiß, wo den Menschen der Schuh drückt.

Ich wünsche Frau Merendino alles Gute für ihre berufliche Neuorientierung. Angesichts des gegenwärtigen Fachkräftemangels im Gesundheitswesen wäre es aber auch nicht schlimm, wenn das mit dem Bundestagsmandat doch nicht klappt.

01. Februar 2025, Berlin

Annika Klose kandidiert in unserem Bezirk für die SPD. Sie hat sich auf dem im sozialdemokratischen rot gehaltenen Plakat für ein existenzialistisch anmutendes, schwarzes Rollkragenoberteil entschieden. In der Hand hält sie einen Würfel mit einem QR-Code in Form des SPD-Logos. Dazu passend steht unter ihrem Namen: „Plakat scannen, SPD wählen.“

Ich gehe davon aus, dass du durch den Scan Informationen erhältst, die dich davon überzeugen sollen, sozialdemokratisch zu wählen, und nicht schon deine Stimme für die SPD abgibst.

Das Plakat von Olaf Scholz in unserer Straße hat einen schwarz-rot-goldenen Hintergrund. Damit niemand vergisst, dass er der Bundeskanzler ist. Er blickt so freundlich, wie es ihm möglich ist, in die Kamera. Halb über ihm, halb auf seiner Stirn ist der SPD-Slogan „Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ abgedruckt.

Alles in Großbuchstaben, wodurch der Eindruck ansteht, Olaf Scholz brüllt einem das ins Gesicht: „MEHR FÜR DICH. BESSER FÜR DEUTSCHLAND.“

Was damit wohl gemeint ist? Mehr Olaf Scholz für dich? Ich glaube nicht, dass das viele Menschen möchten. (Außer Olaf Scholz sowie einige Stockholm-Syndrom geschädigte SPD-Mitglieder.)

Und soll mehr Olaf Scholz besser für Deutschland sein? Auch da nicken wohl nur wenige Menschen zustimmend. (Außer Olaf Scholz und einige Stockholm-Syndrom geschädigte SPD-Mitglieder.)

Wahrscheinlich ist er zumindest besser für Deutschland als Friedrich Merz. Aber da liegt die Messlatte auch nicht allzu hoch.

02. Februar 2025, Berlin

Morgen beginnt unser alljährliches Saftfasten. Folglich ist heute Entlastungstag, was wiederum bedeutet: Keine tierischen Lebensmittel mehr, kein Zucker, kein Koffein. Unschöne Aussichten für den Sonntag.

Nachmittags gehen wir noch zur Demo. „Aufstand der Anständigen. Wir sind die Brandmauer.“ Obwohl ich mich auf Massenveranstaltungen immer unwohl fühle. Zu viele Menschen, von denen mir viele suspekt erscheinen. Außerdem mag ich keine Parolen skandieren. Die sind doch häufig sehr unterkomplex und naiv. Da entsteht beim gemeinsamen Rufen bei mir kein Zugehörigkeitsgefühl, sondern eher Fremdscham.

Aber das Thema ist zu wichtig – gerade nach dieser Woche im Bundestag – und bei Demos geht es ja immer auch um Symbolik. Um möglichst hohe Teilnehmerzahlen und um eindrückliche Fotos. Die verdeutlichen sollen, dass eine Mehrheit gegen rechtsextreme Parteien und unmenschliche Anti-Migrationspolitik ist.

Deswegen schiebe ich meinen Dünkel und meine Befindlichkeit beiseite und ziehe nachher mit durch das Regierungsviertel. Quasi um mich als Zählvieh zur Verfügung zu stellen. Meine Frau findet, dass der Spruch „Not all heroes wear capes“ trotzdem nicht auf mich zutrifft.

Heute ist übrigens auch Groundhog Day. Wenn das Murmeltier Phil in Punxsutawney nach dem Winterschlaf seinen Bau verlässt und keinen Schatten wirft, naht der Frühling, scheint aber die Sonne, bleibt der Winter noch ein paar Wochen länger.

Hoffentlich kommt Friedrich Merz nicht aus dem Konrad-Adenauer-Haus, wirft einen Schatten und das heißt dann, dass er für die nächsten vier Jahre Bundeskanzler ist. Das wäre wie vier Jahre ohne tierische Lebensmittel, Zucker und Koffein.


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Eine kleine Wochenschau | KW05/2025: Wer die Wahl hat

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27. Januar 2025, Berlin

In Alt-Moabit vor einem Döner-Laden klebt an einem der orangenen BSR-Mülleimer ein weißer DIN-A4-Ausdruck, fein säuberlich in eine Klarsichtfolie gesteckt. Auf dem Blatt steht „MFA/Arzthelferin gesucht“, darunter noch ein paar Informationen und eine Telefonnummer.

Mir ist die Problematik des Fachkräftemangels durchaus bewusst und wie schwierig es ist, Personal zu bekommen. Dennoch würde ich nur ungern in eine Arztpraxis gehen, die ihre Angestellten an Mülleimern rekrutiert. Wie finden die dann ihre Ärzt*innen? Mit Post-its auf Bahnhofstoiletten?

Titelbild mit einem Aufkleber auf einem Laternenpfahl. Der Aufkleber ist ein alienmäßiger, kartoffelförmiger Kopf mit wulstigen pinken Lippen, glubschigen Augen und kleinen Tentakeln unterhalb des Kopfes.
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Familien-Gedöns der Woche (535)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Eine kleine Wochenschau | KW04/2025: Trump off! (Teil 2)

Teil 1


24. Januar 2025, Berlin

Seit Anfang des Jahres promotet Microsoft offensiv sein KI-Tool. Jedes Mal, wenn ich Word oder PowerPoint öffne, bietet mir der so genannte Copilot seine Hilfe an. Außerdem ist am Rande der Dokumentenseite immer ein kleines Symbol zu sehen. Der Copilot ist nur einen Klick entfernt.

Was das Symbol darstellen soll, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Zumindest keinen kleinen Piloten, womit Microsoft meines Erachtens eine Riesenchance vertan hat. Und Karl Klammer haben sie auch nicht aus der Mottenkiste geholt. Sehr enttäuschend.

Ich bin zwar skeptisch, probiere den Copiloten aber trotzdem aus. Schließlich darfst du dich nicht wie so ein Boomer allen technischen Neuerungen verschließen. Sonst endest du noch als Administrator der FB-Gruppe „Wir mussten noch ohne Smartphone und Internet Abitur machen und dass unsere Eltern im Auto gequarzt haben, hat uns auch nicht geschadet“. (Oder du scheiterst daran, den dm-Fotodrucker zu bedienen.)

Außerdem fällt es mir schwer, andere Menschen um Hilfe zu bitten. Da kann man das ja mal mit der KI üben. Ich schaue nach, was der Copilot so alles an Unterstützung anbietet. In der Liste ist unter anderem aufgeführt, er könne eine Präsentation zusammenzufassen.

Keine schlechte Idee. Meine PowerPoint ist inzwischen auf über 100 Slides angewachsen. Da kann eine Kurzversion nicht schaden, falls jemand mal fragt, was da denn so drinsteht.

Also tippe ich in das Dialogfeld: „Bitte fasse mir die Präsentation zusammen.“ Wenn ich mit einer KI kommuniziere, verwende ich stets die Worte Bitte und Danke. Falls die Roboter in der Zukunft die Macht übernehmen, sollen sie sich erinnern, dass ich sie immer respektvoll und auf Augenhöhe behandelt habe und nicht wie einen unwürdigen Domestiken.

Der Copilot rödelt ein wenig vor sich hin, dann spuckt er das Ergebnis aus:

  1. Herkunft und Ziel: Beginnen Sie mit der Frage „Woher kommen wir?“ und erläutern sie kurz die Ursprünge oder den Hintergrund des Themas.
  2. Zukunftsperspektiven: Fahren Sie fort mit „Wohin gehen wir?“ und diskutieren Sie die zukünftigen Ziele oder Visionen.

Angesichts dieses Vorschlags bin ich recht zuversichtlich, dass 2025 noch nicht das Jahr sein wird, in dem ich durch eine KI arbeitslos werde. Aber wenigstens hat mich der Copilot gesiezt.

Wie der Copilot zu dieser Zusammenfassung kommt, kann ich allerdings nachvollziehen. Ich habe die Präsentation mit einer leicht abgewandelten Liedzeile aus „Cotton Eye Joe“ begonnen. „Where did we come from, where did we go?“ Das Ganze habe ich noch mit einem großflächigen Rednex-Foto bebildert.

Ich denke, solange eine KI noch nicht auf die Idee kommt, Cotton-Ey-Joe-Zitate und Rednex-Bilder in Vorträge einzubauen, ist mein Job sicher. (Zumindest so lange ich Kunden habe, die das mitmachen.)

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Heute bringe ich es immerhin auf 2.600 Schritte und 131 Aktivkalorien. Jetzt muss meine Uhr nicht mehr denken, dass ich im Koma liege.

25. Januar 2025, Berlin

Heute große Demo am Brandenburger Tor. Gegen die AfD, Trump, Elon Musk, unterwürfige Tech-Bosse, den österreichischen Volkskanzler in spe, Herbert Kickl, gegen den allgemeinen Rechtsruck und Faschismus und für sozial-gerechte Investitionen in die ökologische Transformation des Landes.

Das ist vielleicht ein wenig breit gefächert und könnte ein wenig Zuspitzung vertragen, aber prinzipiell ist das alles sehr unterstützenswert. Meine Frau und ich gehen trotzdem nicht hin. Wir hatten vorher schon Karten für einen David Lynch Film im Babylon gekauft.

Ein bisschen habe ich ein schlechtes Gewissen. Hoffentlich fragen mich meine Enkelkinder später nicht: „Opa, was hast du eigentlich damals gemacht, um dich dem Faschismus entgegenzustellen.“ „Da habe ich ‚Fire, walk with me‘ geschaut, Kinder.“

Ich schätze, das ist meine Form von Eskapismus. Um mich dem Bösen und Schlechten der Welt zu entziehen, fliehe ich in die Welt von Twin Peaks. Dort ist alles so beklemmend, hoffnungslos und fürchterlich, dass die Realität ganz erträglich erscheint.

26. Januar 2025, Berlin

Neueste Meldungen zu Trump: Er „scherzt” über eine dritte und vierte Amtszeit, der Gazastreifen solle nach Ägypten und Jordanien umgesiedelt werden und er verfolgt seine Gegner unbarmherzig.

Die soziopathische Orange ist jetzt seit einer Woche wieder im Amt und ich bin so weit, dass ich für ein Medium, in dem keine Trump-Nachrichten auftauchen, Geld bezahlen würde. Vielleicht versuche ich es mal mit der Apotheken-Umschau. Die ist sogar kostenlos.

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Heute ist auch in Westerburg Demo. Ebenfalls gegen die AfD, die in der Stadthalle eine große Wahlkampfveranstaltung abhält. Mit Politiker*innen der Bundes- und Landesebene und einer FPÖ-Vertreterin, weil österreichische Faschisten in Deutschland, das hat ja früher schon mal gut funktioniert.

Die Stadthalle bewirtschaftet übrigens ein griechisches Ehepaar. Da würde mich interessieren, wie die sich fühlen, wenn sie einem Haufen rassistischer Arschgeigen, für die sie potenzielle Remigrationskandidat*innen sind, Gyros, Souvlaki und Bifteki servieren müssen. Vielleicht Hoffentlich spucken sie ihnen ins Bier.


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