Eine kleine Wochenschau | KW03-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


15. Januar 2024, Berlin

Heute ist große Bauern-Demo am Brandenburger Tor. Als ich gegen 13 Uhr zum Supermarkt gehe, fahren vereinzelte Traktoren an mir vorbei. Monströs große Maschinen. Die Fahrer hupen immer mal wieder.

Keine Ahnung, was die hier wollen. Das Brandenburger Tor ist rund anderthalb Kilometer entfernt. Wahrscheinlich wollen die Bauern ihren Protest in die ganze Stadt tragen, damit das auch wirklich alle mitbekommen. Als wäre das nicht schon seit Tagen Nummer-1-Thema in allen Nachrichtensendungen, Zeitungen und im Internet. Du musst schon unter einem Stein leben, um von den Bauern-Protesten nichts mitzubekommen.

Vielleicht wissen die Bauern, die hier durch Moabit cruisen, auch einfach nicht, wie sie zum Brandenburger Tor kommen. Deswegen fahren sie den ganzen Tag verzweifelt durch Berlin und suchen ihre demonstrierenden Kollegen.

Die Bauern-Proteste sind allgegenwärtig. Auch bei Penny. Während ich meine Tomaten aufs Warenband lege, kommentiert die Kundin hinter mir: „Mal sehen, ob wir die noch aus Deutschland bekommen, wenn die Bauern demonstrieren.“

Ich teile die Befürchtungen der Frau nicht. Die Tomatenernte wird sicherlich nicht auf alle Ewigkeit abgeschafft wird, nur weil die Landwirte ein paar Tage protestieren. Außerdem kommen ohnehin die wenigsten Tomaten im Supermarkt aus Deutschland. Schon gar nicht im Januar.

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Christian Lindner spricht auf der Bauern-Demo. Ich bin kein Fan des Finanzministers – im Gegenteil – und finde ihn auch nicht sonderlich sympathisch – ebenfalls im Gegenteil. Aber sich vor 10.000 wütende Landwirte zu stellen, die dich und deine Entscheidungen so richtig scheiße finden und eher nicht an der konstruktiven Suche nach dem validesten Argument im Aristotelischen Sinne interessiert sind, nötigt mir durchaus Respekt ab. Allerdings nur so lange, bis Christian Lindner anfängt zu reden.

Zunächst muss Bauernpräsident Rukswied die wütende und buhende Menge beruhigen und dem Finanzminister Gehör verschaffen. Rückblickend betrachtet, hätte er das vielleicht lieber bleiben lassen sollen. Dann wären uns die Lindnerschen Ergüsse erspart geblieben und das hätte meinen Tag sicherlich nicht schlechter gemacht.

Zu Beginn wanzt Lindner sich gleichmal an die Bauern ran. Die Klimakleber hätten das Brandenburger Tor beschmiert, die Bauern hätten es dagegen geehrt. Das findet er ganz supi. Was zur Hölle meint er damit? Haben irgendwelche Bauern Opfergaben abgelegt und dem Brandenburger Tor gehuldigt?

Weil das Brandenburger Tor nicht abgerissen wurde, schließt Lindner daraus, dass die protestierenden Bauern alles ganz friedliebende Menschen sind. Auf keinen Fall Rechte, sondern quasi Agrar-Ghandis. Die Medien und die Politik sollten besser mal die Unterwanderung der Klimabewegung durch Linksextreme thematisieren. Das ist für den Christian nämlich das eigentliche Problem.

Ich lese später, Christian Lindner soll bei der Rede erkältet gewesen sein. Möglicherweise ist seine fiebertraumartige Rede darauf zurückzuführen, dass er zu wenige Medikamente genommen hat. Oder zu viele.

Lindner gibt weiter den Einschleimer. Wenn er mal den Pferdestall ausmiste, sei er immer total fertig. Deswegen wisse er, wie hart die Bauern arbeiten würden. Anscheinend denkt er, weil er mal eine Heugabel in der Hand gehalten hat, er sei ein Bauer ehrenhalber. Ich frage mich inzwischen, ob der Redenschreiber von Lindner inkompetent ist, keinen Bock hatte oder seinen Chef so richtig in die Scheiße reiten wollte.

Die protestierenden Landwirte fallen auf Lindner Bauernfängerei nicht rein. Sie buhen ihn weiter aus.

Später bedauert Lindner, dass er hier überhaupt dem hart arbeitenden Mittelstand Sparmaßnahmen erklären müsse, während es Menschen im Land gäbe, die fürs Nichtstun bezahlt werden. Wahrscheinlich denken viele der Protestierenden, er redet über sich und die Ampel-Koalition.

Lindner brüstet sich, beim Bürgergeld eine Milliarde eingespart zu haben und bei den Leistungen für Asylbewerber würde auch gekürzt. Die Bauern brüllen trotzdem „Hau ab!“ Da bin ich durchaus ihrer Meinung, wenn auch aus anderen Gründen.

16. Januar 2024, Berlin

Heute ist Nationaler Nichts-Tag. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Wäre tatsächlich Nationaler Nichts-Tag, gäbe es diesen Tag gar nicht.

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Über Nacht hat es geschneit. Ein Satz, der sich im Dezember gut anhört – insbesondere an Heiligabend –, im Januar aber ganz und gar nicht. Petrus ist das egal. Seit Jahren ist der Dezember verhältnismäßig warm und es lässt sich keine Schneeflocke blicken. Im Januar dagegen, wenn niemand mehr Lust darauf hat, kommt es runter geschneit wie nichts Gutes.

Weiße Weihnachten – ja, Schnee und Eis im Januar – nein, im Februar schon gar nicht und im März unter keinen Umständen.

Entgegen der meteorologischen und kalendarischen Vorgaben möchte ich, dass der Winter mit dem Dezember endet und danach sofort der Frühling sein blaues Band flattern lässt. Das mit dem blauen Band kann er auch bleiben lassen, Hauptsache es wird wärmer. (Wenn das mit der Klimakrise so weiter geht, wird das in nicht allzu ferner Zukunft wahrscheinlich der Fall sein.)

Der Frühling hat aber kein Bock, schon im Januar zu starten. Im Gegenteil. Der Januar ist nass, kalt und grau. Außerdem dauert er 800 Wochen, in denen du nie die Sonne zu sehen bekommst. Niemand mag Januar. Der Januar ist einfach der Montag unter den Monaten.


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