Eine kleine Wochenschau | KW12-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


20. März 2023, Berlin

Heute ist Internationaler Tag des Glücks. Trotzdem bekomme ich keine Benachrichtigung, dass wir am Wochenende im Lotto gewonnen haben. Für mich persönlich hat der Internationaler Tag des Glücks noch ziemlich viel Luft nach oben.

Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit „Christian, Geld allein macht nicht glücklich.“ Natürlich stimmt das, aber ich halte es trotzdem mit Marcel Reich-Ranicki, der gesagt haben soll: „Es ist besser, im Taxi zu weinen, als in der Straßenbahn.“

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Ich drehe nachmittags wieder Runden im TSV Gutsmuths-Stadion. Gegen 15.30 Uhr erscheint eine Oberstufenklasse zum Sportunterricht. Sie üben Speerwurf. Mir bescherte das damals eine meiner demütigsten Erfahrung meines ohnehin nicht an demütigen Erfahrungen armen Sportunterrichts. (Die Stichpunkte Schwimmen, Felgaufschwung und Hochsprung sollen hier genügen.)

In der 12. Klasse hielt es unser Sportlehrer für eine gute Idee, dass wir uns am Speerwurf versuchen. Ich war zwar recht passabel im Schlagballwerfen – die einzige Leichtathletik-Disziplin, von der ich das behaupten konnte –, aber der Speerwurf überforderte mich. Geistig, motorisch und überhaupt. Im Fernsehen bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften sah das immer so kraftvoll und dynamisch aus, wenn die muskelbepackten Athleten den Speer quer durch das Stadion schleuderten. Ich war jedoch ein muskelunbepackter Oberstufenschüler und warf kraftlos und undynamisch, so dass der Speer nach knapp fünf Metern wieder landete. (Er blieb nicht einmal im Boden stecken.)

Der Sportlehrer gab mir 2 Punkte. Ich glaube, einen dafür, dass ich anwesend war, und einen, weil ich niemanden verletzt habe.

21. März 2023, Berlin

Es ist 22.30 Uhr. Der Sohn kommt von seinem Brauhaus-Theken-Job zurück und muss noch seine Englisch-Hausaufgaben erledigen. Da er bei der Job-School-Life-Balance den Schwerpunkt etwas zu sehr auf Job und Life gelegt hat, muss er nun auf den letzten Drücker eine Rede verfassen.

Nun hat der Sohn zwar verbesserungswürdige Zeit- und Projektmanagement-Fähigkeiten, aber er ist dennoch lebenstüchtig. Er denkt sich, wenn es ChatGPT möglich ist, innerhalb von Minuten Computer-Programme zu schreiben und Webseiten zu designen, dann wird es den ChatBot sicherlich nicht überfordern, ihm eine kleine Rede für den Englischunterricht zu entwerfen.

Als verantwortungsvoller und guter Vater sollte ich den Jungen darauf hinweisen, dass es für den Lernprozess wichtig ist, Leistungen selbst zu erbringen. Als noch besserer Vater will ich ihm aber erklären, dass er ChatGPT instruieren soll, die Rede für einen Elftklässler zu verfassen, damit sie nicht zu gut klingt. Oder er soll sie auf Deutsch schreiben lassen und anschließend mit Deepl übersetzen.

Als ich an den Schreibtisch des Sohns trete, sehe ich, wie er gerade in die Dialogzeile tippt: „Rewrite the speech in simpler terms.“ Ich denke, viel kann ich dem Sohn nicht mehr beibringen.

22. März 2023, Berlin

Auch heute laufe ich Stadionrunden beim TSV Gutsmuths. 3.000er-Intervall-Läufe. Drei Stück in durchaus herausfordernder Geschwindigkeit.

Die Temperaturen sind inzwischen etwas milder, was das Training ein wenig angenehmer macht als in der letzten Woche. Allerdings habe ich weiterhin das Problem der laufenden Nase. Die Temperaturen rund um den Gefrierpunkt scheinen dafür also nicht ursächlich gewesen zu sein. Es ist wohl doch eine Mischung aus der körperlichen Anstrengung und einer Fehlfunktion meiner Nasenschleimhaut, die meint, sobald ich Laufklamotten anziehe, überperformen zu müssen.

Mein Triefnasen-Problem ist besonders misslich, weil auch heute eine Schulklasse im Stadion Sportunterricht hat. Ohnehin bin ich beim Laufen sicherlich nicht die allerästhetischste Erscheinung und wenig geeignet, um geschmeidige, aber gleichzeitig dynamische Laufstile zu studieren. Eher um zu simulieren, wie es aussähe, wenn Holsteinische Milchkühe joggen würden. Dass mir dabei ein schleimiger Gulp im Gesicht hängt, macht meinen Anblick für die Jugendlichen sicherlich nicht schöner.

Bei den kälteren Temperaturen trug ich noch Handschuhe, mit denen ich mir immer mal wieder über Mund und Nase wischte. Nun bin ich allerdings handschuhlos unterwegs und muss mir anders behelfen. Immer wenn ich wieder an der Schulklasse vorbeilaufe, ziehe ich kurz vorher mein Laufshirt hoch und befreie meine Mund-Nasen-Partie von dem ganzen Schnodder.

Ungünstigerweise ist das Shirt schwarz, so dass meine wiederholten Gesichts-Säuberungsaktionen deutliche Spuren hinterlassen. Weiß-gelblich. Kurz über dem Hosenbund. Nach drei Runden sehe ich aus, als hätte ich beim Laufen erregende erotische Phantasien. Ich gehe davon aus, dass die Lehrerin nächste Woche ein anderes Stadion für den Sportunterricht suchen wird.

23. März 2023, Berlin

Als ich morgens mein Handy einschalte, befindet sich in meiner Inbox eine Lotto-Gewinnbenachrichtigung. Anscheinend hat der Lotto-Gott mein Klagen vom Montag doch noch erhört. Der Mail ist allerdings nicht zu entnehmen, wie viel wir gewonnen haben. Das tut es nie.

Um das in Erfahrung zu bringen, muss ich mich in meinen Lotto-Berlin-Account einloggen. Das ist nicht besonders erforderlich. Daher muss ich erstmal in meinem Passwort-Manager nach meinen Zugangsdaten schauen. In der Aufregung ob der möglichen Lotto-Millionen, funktioniert das mit dem Copy & Pasten am Smartphone nicht ganz so flüssig und es dauert ein paar Minütchen, bis ich endlich weiß, wie hoch unser Gewinn ausgefallen ist: 11,60 Euro.

Ich möchte wahrlich nicht undankbar sein, aber ich denke, die Summe reicht nicht aus, um den Welttag des Glücks auf den 23. März verlegen zu lassen.

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Im Juni besuchen wir die Tochter in Irland. Wir treffen uns zunächst in Carlow und gehen dann eine Woche wandern. Auf der Dingle Halbinsel, die der schönste Platz der Erde sein soll. Zumindest behauptet das der Anbieter, bei dem wir die Wander-Tour gebucht haben.

Für die erste Nacht in Carlow benötigen wir ein Hotel. Bei meiner Internet-Recherche stoße ich auf das Dinn Rí. Es ist das günstigste Hotel im Ort. Wobei günstig relativ ist, denn es kostet immerhin 100 Euro die Nacht. Und das Dinn Rí ist kein 5-Sterne-Luxushotel, bei dem 100-Euro-die-Nacht ein Schnäppchen wäre. Dafür liegt es mitten in der Stadt.

Wir rufen die Tochter an, um in Erfahrung zu bringen, ob sie das Dinn Rí kennt. Das tut sie durchaus, denn zu dem Hotel gehört auch The Foundry, einer der zwei Night Clubs in Carlow. Meine Frau findet das toll. Da könnten wir alle zusammen tanzen gehen, schlägt sie vor. Wenn ich den Gesichtsausdruck der Tochter richtig deute, ist sie von der Idee einer gemeinsamen Party-Nacht mit ihren Eltern nicht ansatzweise so begeistert wie ihre Mutter. Ich buche trotzdem eine Nacht im Dinn Rí. Kurz danach erhalte ich eine Mail des Hotels. In der werde ich auf die Existenz des Nacht-Clubs hingewiesen und darauf, dass die Musik am Wochenende durchaus in den Zimmern zu hören sei. Da ergibt der Name Dinn Rí dann auch Sinn. Laut Google Translator ist es ein gälischer Ausdruck für „Sorry for that.“


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