Post aus Portugal #03 | Schlaflos in Madrid (27.04.)

Madrid ist die lauteste Stadt der Welt. Oder wenigstens eine der lautesten. Steht zumindest im Internet. Aufgrund der anekdotischen Evidenz der gestrigen Nacht bin ich geneigt, dieser Aussage zuzustimmen.

Fußballfans grölten, Touris sangen, Besoffskis krakeelten, Verkehr brummte, Autos hupten, Menschen stritten, Hunde bellten, Verwirrte kreischten, Polizeisirenen sirenten. Irgendwann entsorgte dann jemand auch noch Leergut im Altglascontainer. Nicht rücksichtsvoll sanft, sondern dynamisch schwungvoll. Damit auch wirklich jede Flasche lautstark zersplittert.

Dafür habe ich prinzipiell Verständnis. Sehr großes sogar. Wenn du Flaschen in den Container schmeißt, muss es scheppern. Sonst macht das keinen Spaß. Aber vier Uhr früh ist vielleicht nicht die ideale Uhrzeit dafür.

Gegen halb sieben kam die Nachbarschaft allmählich zur Ruhe. Eine knappe Stunde später startete in der nicht so weiten Ferne Trommelgetöse, um die Teilnehmer*innen des heute stattfindenden Marathons, anzufeuern.

New York trägt den Beinamen „Die Stadt, die niemals schläft“, aber ich glaube, Madrid leidet ebenfalls unter erheblicher Schlaflosigkeit.

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Post aus Portugal #02 | Wer zu früh kommt, den bestraft trotzdem manchmal das Leben. Aber nur fast. (26.04.)

8.40 Uhr. Der AVE 9370 nach Madrid steht abfahrbereit am Gleis 4 des TGV Bahnhofs Avignon. Der Bahnsteig ist menschenleer, die Türen sind bereits geschlossen. In der Ferne schaut eine Schaffnerin prüfend nach links und rechts. Gerade als sie dem Zugführer Bescheid geben will, dass es losgehen kann, erscheinen plötzlich eine Frau und ein Mann auf der Bildfläche.

Bepackt mit großen und kleinen Rucksäcken, Taschen und Beuteln hetzen die beiden schwitzend und kurzatmig, so schnell es das Gepäck erlaubt, zum Ende des Zugs, betätigen den Türöffner und springen in den Waggon, im Hintergrund wedelt die Schaffnerin hektisch mit den Armen. Kaum hat sich die Tür wieder verschlossen, setzt sich der TGV in Bewegung.

Was wie der Anfang einer mittelmäßig lustigen deutschen Komödie anmutet („Mit der Bahn in den Wahn“), ist leider unser Leben, und die zwei Hauptdarsteller*innen sind meine Frau und ich.

Blick aus einem Zugfenster auf einen großen Fluss in der Nähe von Avignon
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Post aus Portugal #01 | Reisen mit dem Zonk (25.04.)

„Wir benötigen einen Arzt oder eine Ärztin. Wenn es einen Arzt oder eine Ärztin unter Ihnen gibt: Bitte kommen Sie in Wagen 5.“

Meine Frau und ich sitzen im ICE Richtung Mannheim, haben bereits 20 Minuten Verspätung und nach dieser Durchsage, die einen längeren Aufenthalt in Fulda, dem nächsten Halt, nach sich ziehen wird, müssen wir uns endgültig von unserem Anschluss-TGV verabschieden.

Das ist natürlich nervig, aber um das eigene Karma nicht überzustrapazieren, sollte man sich darüber jedoch nicht allzu sehr aufzuregen. Gut, wir müssen nun mehrfach umsteigen, sind erheblich länger unterwegs und die neuen Sitzplatzreservierungen kosten uns rund 30 Euro. Dafür werden wir allerdings auch nicht in Fulda im Krankenwagen abtransportiert. Das möchte man ja prinzipiell nicht und noch weniger in der hessischen Provinz.

Wir haben also nicht gerade das Tor mit dem Hauptgewinn abbekommen, aber auch nicht den Zonk. Dass wir Avignon kurz nach Mitternacht erreichen, drei Stunden später als geplant, fühlt sich allerdings zumindest ein wenig nach Zonk an.

Zwei Bilderrahmen, die nebeneinander hängen.

Auf dem linken Bild steht "Today is a perfect", auf dem rechten "Day to be happy"

Durch die merkwürdige Anordnung liest sich der Text wie "Today day is a to be perfect happy."
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Post aus Portugal #00 | Goodbye Deutschland

Friedrich Merz wird Anfang Mai Bundeskanzler und meine Frau und ich verlassen Deutschland. Ein starker, wenn nicht gar spektakulärer Texteinstieg, der Haltung, die richtige Gesinnung sowie Entschlossenheit suggeriert und uns in bestem Lichte erscheinen lässt.

Der einzige Wermutstropfen dabei: Der Satz ist grob irreführend. Der Merzsche Amtsantritt und unsere Auslandspläne liegen nur zufällig zeitlich beieinander. Unsere Planung begann schon vor circa zwei Jahre und hatte nichts mit einem möglichen Wahlsieg des sauerländischen Mr.-Burns-Verschnitts zu tun.

Sie müssen sich aber nicht sorgen, dass wir einen auf „Goodbye Deutschland“ machen und wie Moni und Bernd nach Brasilien auswandern und an der Copacabana eine Cocktail-Bar eröffnen, weil wir Strand und Sonne spitze finden und uns in „Manni‘s Durstschänke“ so gerne fertig gemixte Caipis reinlöten. Und uns hält von unserem Vorhaben auch nicht ab, dass wir kein Wort Portugiesisch sprechen und unsere fehlende Sprachkompetenz nur noch von unserer mangelnden gastronomischen Erfahrung unterboten wird.

Eine Reihe von Gepäckstücken auf dem Boden eines Bahnhofs. (Ein großer bräunlicher Trekking-Rucksack, ein kleiner grauer Rucksack, eine Einkaufstasche, ein bunt gestreifter Beutel, ein kleiner schwarzer Rucksack, ein großer lilafarbener Trekking-Rucksack.)
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¡Hola España! – Tag 13 (20.09.): Ein nasser Abschied (Teil 2)

Teil 1


Zum Abschluss des Urlaubs wollen wir nochmal Essen gehen. Im Sinne des „Never change a winning team“ hat meine Frau für 19 Uhr einen Tisch im El Pósit reserviert. Wahrscheinlich vollkommen unnötig, weil Spanierinnen zu dieser frühen Uhrzeit niemals zu Abend essen würden. Aber es ist Freitagabend und man weiß ja nie. (Better safe than sorry. And hungry.)

Nutzen gegen 17 Uhr ein Nicht-Regen-Fenster und spazieren los. Wir erreichen Cambrils viel zu zeitig, drücken uns in ein paar Läden rum, schlendern durchs Städtchen, suchen Schutz unter verschiedenen Markisen vor dem wiedereinsetzenden Regen, bis es endlich 18.40 Uhr ist und nicht mehr ganz so peinlich viel zu früh ist, um in der Tapas-Bar aufzuschlagen.

Der Laden ist spärlich besucht und wir können uns einen Tisch aussuchen. Wir nehmen den gleichen wie beim letzten Mal. Ein bisschen aus Zufall, weil es der einzige 2er-Platz ist, der nicht an andere besetzte Tische grenzt. Schließlich wollen wir nicht die Creeps sein, die sich in einem fast leeren Restaurant direkt neben andere Gäste setzen. Ein bisschen wählen wir den Tisch aber auch mit Absicht aus, denn sozial herausgeforderte Menschen helfen Routinen, Bekanntes und Bewährtes. (Stichwort Stamm-Fake-Trikot-Verkäufer)

Auch diesmal bestellen wir eine Karaffe Sangria. Ursprünglich wollte ich nur ein Glas nehmen und dann vielleicht ein zweites. Die Preispolitik des Lokals zwingt uns aber zu dem Liter, denn der kostet genauso viel wie drei Gläser.

Bevor die Bedienung kommt, deeple ich mir den Satz „Einen Krug Sangria, bitte.“ zusammen. „Una jara de sangria, por favor“, sage ich zu der Frau. Die schaut mich völlig verständnislos an. Dabei hatte ich das doch vorher mehrfach fließend, fehler- und akzentfrei aufgesagt. In meinem Kopf.

Anscheinend habe ich keinen Krug Sangria geordert, sondern irgendetwas anderes gesagt. Im besten Fall: „Sie tragen eine schöne Bluse“, im schlechteren „Sie haben einen schönen Busen.“ und im allerschlechtesten „Sie haben keinen schönen Busen.“

Das Gesicht der Kellnerin bleibt ein einziges Fragezeichen. Daher sage ich „Sangria“ und halte meine flachen Hände in einem Abstand von circa 30 Zentimeter übereinander. Die international anerkannte pantomimische Geste für Krug. „Ah“, sagt die Frau nun. „Un litre.” Geht doch.

Dafür, dass wir normalerweise nur wenig Alkohol konsumieren, meist nur in Gesellschaft, haben wir im Urlaub ziemlich viele Krüge Sangria getrunken. Etwas bedenklich, aber nun mal auch sehr lecker.

Zum Essen nehmen wir wieder die Kartoffeln und das Käsebrett. Um dem Eindruck entgegenzuwirken, wir müssten zwangsneurotisch immer alles auf die exakt gleiche Weise tun, wählen wir diesmal statt der Scampi und des Hühnchens die hausgemachten Nachos mit Guacamole (knusprig), frittierten Kabeljau mit holzgeröstetem Pfeffer und Muskatwein (außen knusprig, innen zart) sowie Schweinegulasch nach Art des Hauses mit einer Sauce aus getrockneter roter Paprika, Knoblauch und spanischem Rotwein (zart).

Beim Nachtisch gilt wieder, das winning team nicht zu changen, da wollen wir keine Kompromisse eingehen. Nicht aufgrund irgendwelcher Zwangsneurosen, sondern weil die Brownies und der Käsekuchen so unfassbar lecker waren.

Der Kellner zieht zwar kritisch die Augenbrauen hoch, als wir zwei Nachtische bestellen, aber das ist uns egal. Hält er uns halt für verfressen. Das ist der Vorteil, wenn du einen halben Liter Sangria intus hast, dann ist dir selbst als people pleaser vollkommen wumpe, was andere von dir denken. Vor allem, wenn es um Nachtisch geht.

Insbesondere der Käsekuchen ist wieder ein Gedicht. Eine Ode an Fett, Zucker und kurzkettige Kohlenhydrate. Wer auch immer ihn gebacken hat, ich möchte diese Person heiraten. (Falls meine Frau etwas dagegen hat, wäre ich offen für eine polyamore Beziehung.) Noch lieber würde ich den Kuchen selbst heiraten. Und da lasse ich mich von meiner Frau auch nicht zu einer Dreierbeziehung überreden, den will ich ganz für mich allein.

Der Tag endet für mich, wie er begonnen hat: nass. Daran bin ich selbst schuld. Zu Beginn unseres Heimwegs sage ich: „Hoffen wir, dass es bei den paar Tropfen bleibt, und keinen richtigen Schutt gibt.“ Das löst natürlich einen kosmischen Schmetterlingseffekt aus, der dafür sorgt, dass es nicht bei den paar Tropfen bleibt, sondern einen richtigen Schutt gibt. Dabei bleibt kein Auge und vor allem kein Kleidungsstück trocken.

„Da fällt einem der Abschied etwas leichter”, versucht meine Frau das Positive an unserer Situation zu sehen.


Bilanz des Tages

  • 35,02 Kilometer gelaufen
  • 49.363 Schritte gegangen
  • 2x pitschnass geworden
  • 2 Kniffel (wieder ehelich geteilt)
  • 38 Punkte Vorsprung beim Kniffel-Urlaubs-Duell
  • 1 Liter Sangria getrunken
  • 1 göttlichen Käsekuchen gegessen

Muchas gracias, Vilafortuny, Cambrils und Salou, ihr ward gut zu uns. Und heute ward ihr ein wenig nass zu uns. Adios!

El final.

¡Hola España! – Tag 13 (20.09.): Ein nasser Abschied

Der alljährliche Urlaubsblog. Aus Spanien. Nicht live, aber dafür in Farbe und HD. Falls Sie, aus welchen Gründen auch immer, alle Beiträge des ¡Hola España!-Blogs lesen möchten, werden Sie hier fündig.

Der letzte Urlaubstag beginnt wie der erste. Mit klingelndem Handywecker um 6 Uhr. Der letzte 35-Kilometer-Lauf des Urlaubs steht an. (Eigentlich liegt der lange Lauf immer auf dem Samstag, aber da reisen wir, auf den Sonntag schieben geht auch nicht, da reisen wir immer noch, und einfach ausfallen ist ebenfalls keine Option, von wegen böses Erwachen beim Köln-Marathon und so.)

Das Wetter macht die Aussichten auf den heutigen Lauf noch unschöner. Es regnet. Nicht nur ein paar Tropfen, sondern richtig ordentlich Schutt. Niederschlagslevel Monsun.

Erstmal abwarten und im Handy versinken. 30 Minuten später. Keine Änderung an der Wetterfront. Immer noch Regen, immer noch richtig ordentlicher Schutt, immer noch Niederschlagslevel Monsun.

Vom Balkon aus sehe ich einen einsamen Läufer auf der Strandpromenade vorbeiziehen. Streber.

Weiter abwarten. Zwei Bananen, einen Kaffee und eine Handy-Session später weiterhin Dauerschutt, nach einer nächsten Scrolling-Session und dem Dehnprogramm, hat der Regen aufgehört. Beziehungsweise nieselt nur noch. Keine Ausreden mehr, die Ferienwohnung nicht zu verlassen und loszulaufen.

Titelbild mit einem wolkenverhangenen Himmel über dem Strand
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¡Hola España! – Tag 12 (19.09.): Helga, die Schreckliche

Der alljährliche Urlaubsblog. Aus Spanien. Nicht live, aber dafür in Farbe und HD. Falls Sie, aus welchen Gründen auch immer, alle Beiträge des ¡Hola España!-Blogs lesen möchten, werden Sie hier fündig.

Aufmerksame Stammleser*innen kennen inzwischen mein liebgewonnenes Morgenritual. Auf dem Balkon sitzen, mit Kaffee und Keks den Meerblick genießen. Seit Beginn des Urlaubs habe ich dafür einen Stammplatz, seit 11 Tagen sitze ich ganz rechts, mit bester Sicht auf Strand und Wasser.

Heute ist alles anders, heute sitze ich ganz links, mit ein bisschen Meerblick und ganz viel Andere-Ferienwohnungen-Blick. Von Genießen keine Spur, ich bin hochgradig angespannt, habe den Keks hinuntergeschlungen und trinke meinen Kaffee in kleinen, hektischen Schlucken. Immer wieder schaue ich mich paranoid um.

Der Grund für meine Nervosität: eine monströs große Heuschrecke. Die habe ich heute früh an der rechten Balkontür entdeckt. Dort hockt sie fast auf Höhe meines angestammten Platzes. Sie kommt mir bekannt vor. Ich glaube im letzten Jurassic-World-Film hat sie als Stuntdouble für den riesigen Dinosaurier zum Schluss mit dem T-Rex gekämpft. Bei der Größe der Heuschrecke gehe ich davon aus, sie ist in einem Atomkraftwerk aufgewachsen.

Wenigstens hat sich das Ding nicht in unsere Wohnung verirrt. Eine Vorstellung, die mich an den Rand einer Ohnmacht bringt.

Titelbild mit einer sehr großen Heuschrecke, die am Rand einer Balkontür sitzt
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¡Hola España! – Tag 12 (19.09.): Helga, die Schreckliche (Teil 2)

Teil 1


Die Heuschrecke ist immer noch da. Wir müssen sie wohl als neue Mitbewohnerin akzeptieren. Aber nur auf dem Balkon!

Möglicherweise sieht sie uns ebenfalls als Mitbewohner*innen an, die sie allerdings allenfalls duldet. Wahrscheinlich mehr als ehemalige Mitbewohner*innen in spe. Oder als Abendessen. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Im Gegenteil.

Vielleicht sollte ich ihr einen Namen geben. Wenn dich jemand mit Namen anspricht, hast du mehr Skrupel, ihn aufzufressen. Ich nenne sie Helga.

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Nach dem Frühstück passen wir ein Nicht-Regen-Fenster ab und gehen zum Supermarkt. Proviant für die Heimfahrt besorgen. Auch so ein unschönes Wort: Heimfahrt. Wenn du über Heimfahrt nachdenkst, hast du keine Möglichkeit mehr, dir schönzureden, dass der Urlaub doch noch nicht bald zu Ende ist.

Wir kaufen Brot, Belag, Äpfel und – ganz wichtig – Knabberzeug und Kekse. Außerdem ein Bounty. Das essen wir schon am Nachmittag. Quasi als Trauerarbeit ob des nahenden Urlaubsendes.

Als wir vom Supermarkt zurückkommen, steht die Haustür offen. Jemand hat einen Keil untergeschoben, damit sie nicht zufällt. Das könnte mir egal sein. Aber an der Wand hängt ein Zettel mit dem Hinweis, die die Tür solle zu jeder Zeit zu sein. Auf Spanisch, Englisch und Deutsch. Wer auch immer den Zettel aufgehängt hat, scheint es sehr ernst mit der geschlossenen Tür zu meinen.

Könnte ich trotzdem ignorieren. Schließlich habe ich mich nicht über die Vorschriften hinweggesetzt und die Tür aufgelassen. Mein Problem ist jedoch, dass ich mich sehr häufig für Sachen verantwortlich fühle, für die ich gar nicht verantwortlich bin. Zum Beispiel für offene Türen, die nicht offen sein sollen.

Überlege, die Tür zuzumachen. Damit alles seine Ordnung hat. (Der deutsche Untertan ist stark in mir.) Allerdings trägt vielleicht die Person, die den Keil untergeschoben hat, gerade schwere Gegenstände ins Haus – Einkäufe, Getränkekisten, Waschmaschinen. Somit würde sie das Schließen der Tür verärgern. Das möchte ich unter keinen Umständen. (Der People Pleaser ist ebenfalls stark in mir.)

Beschließe schließlich, die Tür offen zu lassen. Weil mich das ja wirklich nichts angeht. Nun werde ich den Rest des Tages darüber nachdenken, ob ich sie nicht doch besser zugemacht hätte.

Nachmittags kleiner Spaziergang die Strandpromenade entlang. Wie in einer Rentnersimulation. „Oldie but Goldie 2024“ (Jetzt auch mit mobilem Blasenkatheter.) Verzichte trotzdem darauf, mit auf dem Rücken verschränkten Armen zu flanieren. Eigentlich schade, das wäre bestimmt bequem.

Überholen eine Frau mit Kind auf dem Arm. Die Kleine ist quengelig. Unzufrieden mit sich, der Welt und der Gesamtsituation. Es ist ja auch schon 18 Uhr, da kann man schon mal quengelig und unzufrieden sein.

Die Mama sagt sehr mitfühlend: „Life is hard, sweety.“ Ich weiß nicht, ob sie mit ihrer Tochter spricht oder mit sich selbst. Vielleicht sollte ich ihr die Bimmelbahn zwischen Salou und Cambrils empfehlen.

Abendessen auf dem Balkon. Heute haben wir weniger Augen für die Selfie-/Foto-Aktivitäten am Strand, sondern achten mehr auf die Balkontür. Dort sitzt immer noch Helga. Das ist unangenehm, dafür hockt sie wenigstens nicht bei uns am Tisch. Sollte sie fragen, würden wir ihr das natürlich erlauben. Und dann drinnen essen.


Bilanz des Tages

  • 1 Riesen-Heuschrecke auf dem Balkon
  • 10,24 Kilometer gelaufen
  • 17.178 Schritte gegangen
  • 1x pitschnass geworden
  • 34,57 Euro im Supermarkt ausgegeben
  • 1 Bounty gegessen
  • 1 Rentner-Spaziergang
  • 2 Kniffel (ehelich geteilt)

¡Hola España! – Tag 11 (18.09.): Kein Regen im Nichts

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Der Morgen präsentiert sich mit grauer Wolkendecke. Am Horizont sieht der Himmel aus wie das Nichts in „Die Unendliche Geschichte“. Aber es regnet nicht. Wo Nichts ist, kann kein Regen fallen.

Ich esse eine Banane. In der Ferne segelt auf dem Meer ein Segelboot ohne Segel. Heißt das dann überhaupt segeln?

Über den Strand spaziert eine Frau mit Stockschirm unter dem Arm. Wahrscheinlich weiß sie nicht, dass es im Nichts nicht regnet. Zeit für mich, laufen zu gehen, bevor ich noch mehr wirre Gedanken habe.

Titelbild mit einem dunklen, wolkenverhangenen Himmel über dem Meer
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¡Hola España! – Tag 10 (17.09.): Der mittelalte weiße Mann und das Meer

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Sitze mit Prä-Lauf-Kaffee und Prä-Lauf-Keks auf dem Balkon und genieße den Prä-Lauf-Meerblick. Der Kollege, der gestern mit dem Rasenkantenschneider zugange war, fängt an, Rasen zu mähen. Um 9.12 Uhr.

Ich beklage mich weiterhin nicht, ich stelle lediglich fest. Oder wie Thomas Gottschalk zu seinem neuen Buch „Ungefiltert“ schreibt: „Ich beschwere mich aber nicht, sondern wundere mich nur.“ Was übersetzt so viel bedeutet wie, dass er sich auf jeden Fall und definitiv beschwert. Ein Grund, das Buch nicht zu lesen.

Auch sonst fallen mir keine Gründe für die Lektüre ein. Möglicherweise tue ich Thomas Gottschalk unrecht, aber ich glaube nicht, dass sein Buch ausreichend horizonterweiternd für mich ist. Dafür habe ich meinen eigenen inneren Boomer, den ich manchmal nur mit Mühe zähmen kann. Der wundert sich schon genug. (Fasst aber wenigstens dienstlich keine Frauen an. Undienstlich auch nicht.)

In der Buchankündigung schreibt Thomas Gottschalk noch, dass er sich nicht nur Gedanken über die Zeit macht, in der wir leben, sondern sie auch ausspricht. Mir wäre lieber, er behielte sie für sich, und falls nicht, dass er sie nur gefiltert kundtut.

Titelbild in schwarzweiß, auf dem ein Mann in Badeshorts ins Meer geht. Sein Oberkörper ist sehr weiß, seine Arme und beine gebräunt.
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