Eine kleine Wochenschau | KW04-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


23. Januar 2023, Berlin

Der Elektriker kommt heute. Um sich der angebohrten Leitung im Arbeitszimmer anzunehmen. Aufgrund meiner ausgeprägten handwerklichen Unterbegabung – Stichwort „Angebohrte Stromleitung“ – verspüre ich in Gegenwart von Handwerkern stets sehr starke Minderwertigkeitskomplexe. Wenn die Handwerker mit ihrer Arbeit anfangen, liegt mir trotzdem immer die Frage auf der Zunge, ob ich irgendwie helfen könne. Bei meiner DIY-Unfähigkeiten eine geradezu ehrabschneidende Frage, auf die ich auch gar keine positive Antwort erwarten würde. Ganz im Gegenteil würde ich keinem Handwerker vertrauen, der auf meine Hilfe angewiesen ist.

Nach einer halben Stunde ist der Elektriker fertig mit dem Öffnen der Wand und dem Flicken des Kabels. Er fragt mich, ob er das Loch in der Wand zumachen soll oder ob ich das selbst machen würde. Ich höre mich mit unangebrachter Selbstsicherheit antworten: „Das mache ich selbst.“ und frage mich dabei: „Warum?“ Wahrscheinlich möchte ich den Anschein erwecken, ich sei ein richtiger Mann, der so etwas kann und für den Handwerken quasi ein Hobby ist. Die angebohrte Leitung direkt über der Steckdose macht es schwierig, diesen Eindruck aufrecht zu erhalten.

Ich treibe mein unwürdiges Schauspiel auf die Spitze, indem ich mich zum Schluss im Fachsimpeln versuche und frage, warum die Sicherung nicht rausgeflogen sei, als ich das Kabel durchgebohrt habe. Während ich die Frage stelle, weiß ich schon, dass ich die Antwort nicht verstehen werde, und der Elektriker weiß das ebenfalls. Er antwortet trotzdem. Ich setzte dabei eine interessierte Miene auf, nicke immer mal wieder und sage an Stellen, die mir richtig beziehungsweise nicht vollkommen falsch erscheinen: „Ach so.“ oder „Aha.“

Sicherlich stellt mir der Elektriker dieses Gespräch in Rechnung. Und er wird Erschwerniszulage dafür berechnen. Vollkommen zu Recht.

25. Januar 2023, Berlin

Gegen meine Gewohnheit war ich nicht morgens joggen, sondern breche erst um 17 Uhr zu meiner Laufrunde auf. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig. Für meinen Biorhythmus, aber auch wegen der Lichtverhältnisse. Als ich den Schlosspark erreiche, ist es stockdunkel. Im Park gibt es keinerlei Beleuchtung. Ob dort noch nie Laternen aufgestellt waren oder ob das eine energiesparende Maßnahme ist, um das Klima zu schonen und die Putinsche Kriegskasse nicht zu füllen, weiß ich nicht.

Ich laufe die dunklen Wege entlang und kann kaum fünf Meter weit sehen. Der Park ist nahezu menschenleer. Es gruselt mich ein wenig. Das liegt auch daran, dass meine Frau und ich zurzeit exzessiv Supernatural schauen. Eine Serie, in der es nur so von gewaltbereiten Dämonen, blutsaugenden Vampiren und rachsüchtigen Geistern sowie anderen Monstern, denen du nicht begegnen möchtest, wimmelt.

Hoffentlich befinde ich mich hier nicht in der Eröffnungssequenz einer Supernatural-Folge. Als namenloser Statist würde diese nämlich mit meinem sicheren Tod enden und mein Blut, meine Gedärme und möglicherweise Teile meines Gehirns wären auf dem Parkweg verteilt. Ich laufe etwas zügiger, um den Park möglichst schnell wieder zu verlassen. Ein vollkommen sinnloses Unterfangen. Als namenloser Supernatural-Statist kannst du deinem Splatter-Tod nicht weglaufen.

In der Ferne sehe ich durch die Bäume vereinzelte rote Punkte. Das werden Bremslichter im Feierabendverkehr sein. Sollte dies mein letzter Wochenschau-Eintrag sein, habe ich mich geirrt und es waren die glühenden Augen eines Rudels Werwölfe.

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Ich wache nachts auf. Die Natur ruft. (Meine kürzlich wieder eingeführte 2,5-Liter-am-Tag-Trinken-Routine fordert ihren Tribut.) Im Flur bekomme ich fast einen Herzinfarkt. Direkt vor der Schlafzimmertür schwebt ein Geist. Es stellt sich dann aber relativ schnell heraus, dass es doch kein Gespenst ist, das nach meinem Leben trachtet, sondern die silbrig reflektierende Fahrradweste meiner Frau, die am Jackenständer hängt.

Vielleicht sollten wir doch etwas Supernatural schauen, sondern ab und an etwas leichtere Fernsehkost. Unsere kleine Farm zum Beispiel. Oder Teletubbies.


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