Eine kleine Wochenschau | KW33-2021

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


16. August 2021, Berlin

Hatte heute Nacht mal wieder einen bizarren Traum, in dem ich mir mit einem ungefähr 75- bis 80-jährigen Mann einen Boxkampf geliefert habe. So richtig im Ring mit kurzen Hosen, Handschuhen und Mundschutz. Der Greis war klein und schmächtig, aber ich hatte erschreckenderweise kein Problem damit, ihm immer wieder ins Gesicht zu boxen, bis er umgefallen ist. (Das macht den Traum sehr, sehr unrealistisch. Viel wahrscheinlicher wäre es, dass der Alte mich umboxt.)

Was will mir mein Unterbewusstsein mit diesem Traum sagen? Dass ich eine psychopathische Arschgeige bin, die es okay findet, schwächliche Senioren zu schlagen? Oder dass ich Angst vor dem Altern habe und es mit allen Mitteln bekämpfe?

Laut dem Ringrichter habe ich den Boxkampf gewonnen. Mit 7: 5, 6: 4. Mein Unterbewusstsein hasst also nicht nur alte Menschen, sondern hat auch keine Ahnung, wie Boxen funktioniert.

17. August 2021, Berlin

Die Tochter hat sich für einen Mini-Job beworben. Als House Keeperin. In einem 5-Sterne-Hotel, in dem eine Nacht ungefähr so viel kostet, wie ihr Monatslohn. In der günstigsten Zimmerkategorie wohlgemerkt.

Heute hat sie dort einen Termin zum Probearbeiten. Meinen Vorschlag, zur Vorbereitung unsere Wohnung zu putzen, lehnt sie ab.

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Kürzlich habe ich ein Polo-Shirt geschenkt bekommen, das mir leider zu groß ist. Der Sohn probiert es an und es passt ihm ausgezeichnet. Nicht mehr lange und ich darf seine alten Klamotten auftragen. (Wenigsten habe ich dann auch mal Marken-Kleidung.)

18. August 2021, Berlin

Auf meiner morgendlichen Laufrunde begegne ich einer jungen Frau, die mit ihrem Hund, einem kleinen Mops, Gassi geht. Sie wirft regelmäßig ein paar Leckerlis und der Mops rast dann mit einem Affenzahn los, um sie zu fressen.

Was für ein geniales Trainingskonzept! Wie schnell ich wohl rennen könnte, wenn mir als Belohnung ein paar Krümel Käsekuchen winken würde?

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Die Tochter hat beim Probearbeiten überzeugt und eine Zusage für den Hotel-Job bekommen. Der Personalchef erklärt ihr, es gäbe spezielle Rabatte für Familie und Freunde. Ich fürchte, sofern es kein 80-prozentiger Preisnachlass ist, können wir uns das trotzdem nicht leisten.

19. August 2021, Berlin

Neues aus dem Spam-Ordner:

„Guten Tag,
ich dachte mir, ob Sie vielleicht an meiner Domain realitaetsferne. de interessiert sind.
Vielen Dank im Voraus.“

Um die aktuelle Nachrichtenlage auszuhalten, wäre ein bisschen Realitätsferne gar nicht so schlecht.

20. August 2021, Berlin

Beim Einkaufen nehme ich statt normaler Essiggurken versehentlich ein Glas Salz-Dillgurken mit. Die sind exakt so scheußlich, wie sie sich anhören. Wie konnte jemand auf die Idee kommen, dass das lecker sein könnte?

„Hm, Essiggurken sind ganz okay, lass mal ein Haufen Salz und Dill dazu schmeißen und sehen, was passiert. Ah, das schmeckt dann richtig kacke. Egal, lass uns das Zeug trotzdem verticken. Irgendein Trottel wird das schon aus Versehen kaufen.“

21. August 2021, Berlin

Was vermeidet jeder mental einigermaßen stabile Mensch an einem Samstag? Zu IKEA gehen.

Was müssen wir heute machen? Genau, zu IKEA gehen, denn wir haben einen Termin, um unsere neue Küche zu planen.

Pünktlich um 11 sitzen wir einer Frau gegenüber, die uns gleich zu Beginn erklärt, unsere Küche sei „sehr herausfordernd“. Wahrscheinlich ein Euphemismus für „Ihre Küche mit den schiefen Wänden, dem unebenen Boden, den wenigen Steckdosen, den über Putz liegenden Gasrohren und den bescheuert installiertem Wasseranschluss ist die absolute Hölle und warum habe ich meinen Traum, professionelle Tänzerin zu werden, nicht verfolgt und muss jetzt ihre beschissene Küche planen?“

Die Frau gibt sich aber jede erdenkliche Mühe und gemeinsam verschieben wir in dem 3D-Modell unserer schiefen, unzulänglichen Küche das Mobiliar hin und her, verbreitern und verkleinern Unterschränke, hängen Oberschränke an die Wände und wieder ab, setzen Elektrogeräte ein und wieder aus, planen Fronten und Griffe und suchen Spülbecken und Armaturen aus.

Nach zwei Stunden raucht uns der Kopf. Mir kommt der Gedanke, dass unsere alte Küche eigentlich doch gar nicht so renovierungsbedürftig ist. Wir könnten einfach eine schwächere Glühbirne in die Deckenlampe einsetzen, dann fallen die abgeranzten Ecken nicht mehr so auf. Das würde uns auf jeden Fall eine Menge Zeit, Geld und Nerven sparen.

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Weil Küchenplanung hungrig macht, gehen wir erstmal ins Restaurant. Während wir anstehen, überkommt mich eine tiefe Dankbarkeit. Es wurden weltweit Milliardensummen investiert, Tausende von Wissenschaftler:innen haben an der Entwicklung von Corona-Impfstoffen geforscht, Pharmafirmen haben im Rekordtempo Produktionskapazitäten hochgezogen , um Milliarden von Impfstoff-Dosen herzustellen, eine aufwändige Logistik wurde aufgebaut, durch die täglich Hundertausende geimpft werden können, und das alles, damit ich hier meinen Impfnachweis vorzeigen kann, um vegetarische Köttbullar zu essen. Toll!

22. August 2021, Berlin

In der letzten Woche habe ich einige Kooperationsanfragen für meinen Blog bekommen. Eine Anwaltskanzlei bietet mir einen Gastbeitrag zu Vaterschaft und Scheidung an, weil sie der Ansicht sind, das könnte ein interessantes Thema für meine Leserschaft sein. Da der Blog aber zu 90 Prozent eine Leserinnenschaft hat, bin ich anderer Meinung und lehne dankend ab.

Eine PR-Mitarbeiterin einer Zahnaufhellungs-Firma teilt mir mit, sie für ihr Partnerprogramm auf der Suche nach neuen Talents und sehe da großes Potenzial in mir. Das ist sehr schmeichelhaft, aber ich denke, Zahn-Bleaching ist auch nicht der richtige Content für meinen Blog. Obwohl mir die Frau persönliche Codes anbietet, durch die ich zehn Prozent aller Umsätze bekäme und damit bis zu 5.000 Euro monatlich verdienen könnte. Mir kommt der Betrag ein wenig hoch vor. Ich meine, wie gelb können die Zähne der Familienbetrieb-Leserinnen sein?

Mein Favorit ist die Mail von Alexandra, die sich als Assistentin der Schamanin Ayla vorstellt, die in 37 Ländern der Welt bekannt sei. Anscheinend möchte sie noch bekannter werden und dazu mit mir zusammenarbeiten. Sie könnte sich beispielsweise einen gemeinsamen Stream auf Facebook oder Instagram vorstellen. Außerdem bietet sie mir einen 20%-Rabatt-Code für den schamanischen Kurs Kraft der Ahnen an. In dem Kurs wird unter anderem in das Energiefeld der Vorfahren eingetaucht, die Gebärmutter einer Energiereinigung unterzogen, der Schutzgeist herbeigerufen und die Gnade des Geldgottes empfangen. Da der Kurs 120 Euro kostet, empfängt wohl vor allem Ayla die Gnade des Geldgottes.


Das gute Buch

Ich bekomme immer mal wieder Bücher von Verlagen oder Autor:innen zugeschickt. Da mir die Zeit für aufwändige Rezensionen fehlt, sollen sie wenigstens hier Erwähnung finden.

Claudia Haessy hat wieder zugeschlagen: Vier Jahre nach ihrem großartigen Debütroman „Wenn ich die Wahl habe zwischen Kind und Karriere, nehme ich das Sofa“, ist nun der nicht minder phantastische Nachfolger „Tagsüber Zirkus, abends Theater“ erschienen. (Das Wörtchen „nun“ soll die Tatsache verschleiern, dass das Buch bereits im April erschienen ist, ich aber erst kürzlich dazu kam, es zu lesen. Shame on me!) Mit gewohnt deftigem Humor schreibt sie mit scharfem Auge für Alltagsbegebenheiten über das Leben mit Kind, Job und Latte-Macchiato-Müttern.

Unter allen Leser*innen, die weder Zirkus noch Theater scheuen, um bis Donnerstag, den 26.08., einen Kommentar unter diesem Beitrag zu hinterlassen, verlose ich mein Leseexemplar von „Tagsüber Zirkus, abends Theater“. Der Rechtsweg ist ebenso wie der Linksweg ausgeschlossen, eine Auszahlung des Gewinns ist nicht möglich, alle E-Mail-Adressen werden nach Abschluss der Verlosung DSGVO-konform gelöscht, blablabla …

Claudia Haessy: Tagsüber Zirkus, abends Theater. rowohlt Verlag. 2021. (Affiliate Link)



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82 Kommentare zu “Eine kleine Wochenschau | KW33-2021

  1. Hallo,

    Ich lese hier immer gern und fand das Reisetagebuch total toll. Mich interessiert das Buch und ich würde es gerne gewinnen.
    LG tanja

  2. Das Buch würde ich gern gewinnen. Vielleicht hilft es mir darüber hinweg zu sehen, dass von meinen drei Wochen Urlaub wegen Umzugs von 250 auf
    130 qm keine Erholung zu erwarten ist.

  3. Eine gute Woche 😅 das Buch ähnelt vom Titel meiner Lebensrealität 😂👌 klingt nach humorigem Umgang mit den Tücken des Alltags…

  4. Oh, na den Lostopf möchte ich nicht links oder rechts liegen lassen und hüpfe sehr gern mit rein.
    Vielen Dank für die Möglichkeit.

  5. Da würde ich auch gern in den Lostopf hüpfen!
    Und danke für die Wochenschau, es ist wirklich eine Bereicherung am Sonntagabend!
    Sonja

  6. Hallo Christian,

    da sich der Buchtitel wie eine Beschreibung meines Lebens mit zwei lebhaften Jungs liest, würde mich „Tagsüber Zirkus, abends Theater“ sehr interessieren 🙂 und ich würde mich über einen Gewinn freuen.

  7. Die Wochenschau zu lesen ist bei mir mittlerweile ein Ritual geworden, um das Wochenende ausklingen zu lassen. Und mit den Familientweets startet es oft. Hoffentlich wird es irgendwann nicht zu schwierig, allein zu merken, wann genau nun Wochenende ist, wenn ihr wieder Betriebsurlaub habt.

  8. Ein Kurs mit der Schamanin wäre auch spannend gewesen 🤔 aber ich lese auch gerne witzige Bücher 🤗 daher würde ich natürlich auch über den Gewinn des Buches freuen 😁 Wenn nicht, werde ich diesen Blog trotzdem regelmäßig weiterlesen, um weiterhin lustigen Gesprächsstoff mit meinem Mann zu haben 😂

  9. „Tagsüber Zirkus, abends Theater“ genauso fühlt sich mein Alltag an – super Idee mit der Verlosung, vielen herzlichen Dank 😂

  10. Vielen Dank für die Wochenschau und die Familientweets. Insbesondere bei den bizarren Träumen muss ich immer schmunzeln, da mich ein paar ebenso bizarre Exemplare bereits heimgesucht haben.
    Ich würde mich sehr über das Buch freuen.

  11. *in den Lostopf hüpfe*
    Lieber Christian,
    zweimal wöchentlich fiebere ich deinen Veröffentlichungen entgegen und bin immer wieder begeistert.
    Ob ich nichts anderes zu tun habe? Doch, in Vollzeit arbeiten und „nebenbei“ den Aufstieg zur Verwaltungsfachwirtin absolvieren inkl. aktuell vieler Prüfungen und somit viel lernerei…. Da kommt ein bisschen aufmunternde Abwechslung gerade recht – auch mal ein anderes Buch, in welchem es nicht nur von Art. und § wimmelt :-).

    Viele liebe Grüße unbekannterweise und verliere hoffentlich niemals den Spaß an diesem Blog, auf was soll ich mich dann freuen?
    Madlen

  12. Mit drei Kindern ist bei uns auch immer was los! Ich als Leseratte würde mich sehr über das Buch freuen und es zwischen dem alltäglichen Zirkus und dem häuslichen Theater verschlingen 🙂
    Grüße aus Wiesbaden, Conny

  13. …ich hüpfe mit in den Lostopf! :-)

    Ich starte den Tag zumindest bedingt lieber “im Familienbetrieb lesend”. Heute nützt das allerdings nix, weil ich ab heute wieder Umschulungsuntericht habe (online natürlich) und mich zu bewerben habe (um eine Praktikumsstelle) (voll super zu C-Zeiten, bitte Daumen drücken) (danke :).

  14. Seit Corona ist es samstags bei Ikea gar nicht mehr sooo schlimm, habe ich festgestellt. Über das Buch würde ich mich sehr freuen, Zirkus und Theater haben wir hier auch öfter 😀

  15. Oh! Da hab ich die Veröffentlichung wohl verpasst! Der Vorgänger steht hier im Regal und wurde auch schon mehr als einmal gelesen. 🙂

Erwähnungen

  • Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.

    11. Oktober 2021, Westerburg

    Nachmittags flanieren mein Vater, der Sohn und ich durch Westerburg. Ein Drei-Generationen-Spaziergang gewissermaßen. Ich möchte schauen, was sich seit unserem letzten Besuch vor knapp zwei Jahren alles verändert hat.

    Ein neuer Rewe wurde eröffnet. Nach einem unfassbar langwierigen Planungs-, Genehmigungs-, Einspruchs- und Bauprozess, der sich so lange hingezogen hat, dass der Berliner Flughafen als Best-Practice-Beispiel für gelungene Projektplanung und Bauorganisation gelten kann.

    Dem Sohn fällt ein kleiner Imbissladen auf. Nicht wegen des kulinarischen Angebots, sondern aufgrund des Namens. Der lautet irgendwie naheliegenden, aber für Westerwälder Verhältnisse doch originell „Westerburger“. Burger nehmen allerdings nur einen verschwindend geringen Teil der Speisekarte ein, die hauptsächlich von Dönervariationen und Pizzen dominiert wird. Aber „Westerburger“ klingt einfach besser als „Wester-Döner“ oder „Wester-Pizza“.

    Ansonsten hat sich in Westerburg nicht sonderlich viel getan. Eher im Gegenteil. Die Zahl der leerstehenden Ladengeschäfte ist in den letzten Jahren nochmal stark angestiegen und größtenteils liegt das wahrscheinlich nicht mal an Corona. An dem ein oder anderen leeren Geschäft bleiben wir stehen und ich erzähle dem Sohn, was da früher drin war und was wir dort gekauft haben. Ein unvergesslicher „Vaddi erzählt vom Krieg“-Moment für den Sohn.

    12. Oktober 2021, Westerburg

    Auf meiner morgendlichen Laufrunde jogge ich den Radweg, der von Westerburg nach Wallmerod führt, entlang. Ich mustere die mir entgegenkommenden Fahrradfahrer:innen sehr genau, um zu sehen, ob es sich vielleicht um alte Bekannte von früher handelt. Die meisten sind aber deutlich älter als ich und haben mindestens fünf Jahre vor mir Abi gemacht.

    Als ich zuhause in den Spiegel schaue, stelle ich fest, dass ich mich getäuscht habe. Die Menschen auf dem Radweg waren zwar tatsächlich nicht mehr ganz jugendlich, aber trotzdem mindestens fünf Jahre jünger als ich.

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    Meine Frau ist in Göttingen zu ihrer jährlichen Herz-Kontrolluntersuchung. Auf dem Rückweg zum Bahnhof schickt sie mir ein Foto von dem Box-Hotel, in dem ich während ihrer Herz-OP vor zwei Jahren übernachtet hatte und dessen Name eine recht präzise Vorstellung von der Größe der Zimmer gibt.

    Anscheinend hat das Hotel eine neue Werbefigur. Ob sie für einen Gästeansturm sorgen wird, wage ich aber zu bezweifeln, denn sie sieht aus wie Bernd, das Brot, der eine Umschulung zur Dominatrix gemacht hat.

    13. Oktober 2021, Westerburg/Berlin

    Der Sohn und ich fahren zurück nach Berlin. Wir sind mit reichlich Proviant in Form von belegten Brötchen und Keksen ausgestattet. Bei der Getränkeauswahl hatte ich dem Sohn gestern im Rewe freie Hand gelassen. Deswegen haben wir nun Ice Tea mit Bubblegum-Flavor dabei, der aussieht und schmeckt, als hätte ein bekiffter Harlekin in eine Flasche mit aromatisiertem Erdbeer-Himbeersirup gepinkelt.

    14. Oktober 2021, Berlin

    Heute ist Iss-ein-mit-Schokolade-überzogenes-Insekt-Tag. Nun ja, ich muss ja nicht jeden Trend mitmachen.

    Außerdem ist heute Nationaler Tag des Desserts. Das ist schon mehr nach meinem Geschmack. Also, sofern es keine mit Schokolade überzogenen Insekten gibt.

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    Während unserer Abwesenheit wurde versucht, ein Paket zuzustellen, dass ich nun im Kiosk zwei Straßen weiter abholen muss. Ich habe keine Ahnung, von wem es ist, da auf dem Abholschein nur die Sendungsnummer vermerkt ist.

    Nach längerem Suchen kommt der Kioskbesitzer mit einem monströsen Karton zurück. Er ist von irgendeiner mir unbekannten Agentur und ich weiß immer noch nicht, was der Inhalt sein könnte. Vielleicht sei das Paket voller Geld, mutmaßt der Kioskbesitzer. Ich fürchte, das ist eine unrealistisch hoffnungsvolle Annahme, verspreche ihm aber, sollte er recht haben, wiederzukommen und ihm einen auszugeben.

    Nachdem ich das Paket nach Hause geschleppt und aufgemacht habe, ist meine Enttäuschung groß. (Auch ohne ein unrealistisches Geldgeschenk erwartet zu haben.) Es ist eine Werbeaktion für einen Pferdefilm, der ab demnächst bei Netflix läuft. Die Pferdefiguren lassen vermuten, dass sie ein Designer entworfen hat, dessen ästhetisches Farbempfinden irgendwann in den 80ern ausgebildet wurde, und sie sollten als Mahnung gelten, dass übermäßiges Klebstoffschnüffeln durchaus zu erheblichen Hirnschädigungen führen kann.

    Der Karton ist voll mit Pferde-Devotionalien. Trinkbecher, Klamotten, Spielzeugfiguren und anderes Zeug, das wahrscheinlich von Kindern in Asien hergestellt wurde, die jünger als die Pferdefilm-Zielgruppe sind. In der Kiste liegt außerdem ein Zettel der Spielzeugfirma, die den ganzen Ramsch produziert hat. Bei einem Unboxing-Video solle unbedingt darauf hingewiesen werden, dass die Sachen alle kostenlos zur Verfügung gestellt worden sind. Und der Name der Firma soll natürlich erwähnt werden. Ob das wohl auch für ein Throwing-away-unwanted-fucking-shit-Video gilt?

    15. Oktober 2021, Berlin

    Im Supermarkt hängt ein Zettel am Schwarzen Brett: „Hamster suchen ein Zuhause.“ Darunter hat jemand geschrieben: „Menschen suchen auch ein Zuhause.“ Daneben steht die Notiz: „Hamster sind wichtiger.“

    Ich überlege, ob da jemand sehr, sehr hamsterlieb oder sehr, sehr menschenfeindlich ist.

    16. Oktober 2021, Berlin

    Als meine Frau und ich abends auf dem Sofa sitzen und Serie schauen, kommt der Sohn ins Wohnzimmer. Mit ernster Miene erklärt er, dass er gerne eine Katze hätte. Obwohl wir uns als liebende Eltern verstehen, die die Anliegen ihrer Kinder ernst nehmen, beschließen wir, diesen Wunsch abzuschlagen.

    Meine Frau erklärt, Katzen seien äußerst komplizierte Lebewesen. Eigensinnig, launisch und wenn ihnen irgendetwas nicht passt, würden sie einfach irgendwohin pissen. Quasi wie ein Kind im Trotzalter, denke ich. Da der Sohn mit diesem Vergleich aber nichts anfangen kann, behalte ich ihn für mich.

    Außerdem seien Katzen undankbar und hinterhältig, fährt meine Frau fort. Seit sie vor einigen Jahren bei Freunden von deren Kater gekratzt wurde, obwohl sie ihm tagelang morgens Futter gegeben hat, ist sie auf Katzen nicht gut zu sprechen. Der Sohn gibt aber nicht so schnell auf. Das müsse doch nicht bei jeder Katze so sein und vielleicht hätten wir eine, die total lieb sei. Wir lassen uns trotzdem nicht erweichen.

    Eigentlich ist es ja gut, dass er sich ein Haustier wünscht. Dadurch kann er Tugenden wie Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsgefühl erlernen. Vielleicht schenken wir ihm zu Weihnachten ein Tamagotchi.

    17. Oktober 2021, Berlin

    Heute ist Tag des traditionellen Handwerks im Erzgebirge. Die Jahrestage werden auch immer spezieller. Freuen Sie sich demnächst auf den Tag der 1975 geborenen, im Westerwald aufgewachsenen, in Berlin-Moabit lebenden Autoren mit zwei Kindern, die 2016 geheiratet haben und gerne Käsekuchen essen.

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    In meiner Inbox finde ich ein neues Blog-Kooperationsangebot. Für Premium-Trimmer und Männer-Pflegeprodukte für den Bereich vom Bauchnabel abwärts. So wird das in der Mail umschrieben. Um der Alliteration willen, hätte mir die Bezeichnung „Schamhaar-Schurmaschine“ besser gefallen, aber mich fragt ja niemand.

    Als Promotionaktion wird mir eine Produktvorstellung im Selbsttest vorgeschlagen. Hm?!? Ich weiß nicht, ob ich das mir und vor allem den Blogleser:innen zumuten sollte. Kann ich lieber nochmal das Kooperationsangebot für den Kraft-der-Ahnen-Kurs der Schamanin Ayla sehen?

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    Christian HanneChristian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
    Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
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