Eine kleine Wochenschau | KW52/2024: Besuch in der Heimat (Teil 2)

Teil 1


27. Dezember 2024, Westerburg/Stahlhofen

Nachmittagsspaziergang am Wiesensee. Bewegung tut ja immer gut und außerdem ist es ganz schön, mal anderthalb Stunden nichts zu essen.

Der Wiesensee ist ein circa 80 Hektar großer, aufgestauter, künstlicher See. Mit Golfhotel, Segelverein und Seecafé. Aber zurzeit ohne Wasser. Das wurde vor ungefähr zwei Jahren abgelassen, um die Stauanlage und den Damm zu sanieren. Somit ist der Wiesensee eigentlich kein See mehr, sondern nur noch Wiese.

Weil in der Zwischenzeit das Gras so hoch gewachsen war, wurde der See, der kein See mehr ist, mit Spezialmaschinen gemäht. Bei SWR 4 lassen sich dazu mehrere Berichte finden.

Weil der wasserlose See die Menschen vor Ort bewegt. Ende Juli fand sogar eine Demo mit rund 120 Teilnehmer*innen statt. So richtig mit Schildern und Sprechchören. Organisiert hatte den Protest die Initiative „Wasser für den Wiesensee“, die sich bei der Namensgebung anscheinend von „Brot für die Welt” inspirieren ließ.

Auf der Kundgebung übergab die Initiative eine Liste mit 2.200 Unterschriften an den Verbandsgemeindebürgermeister. Der musste sich dann rechtfertigen, warum die Wasserlosigkeit des Wiesensees schon so lange anhält. In dem Medienbericht ist von einer aufgeheizten Stimmung die Rede, mit Zwischenrufen und Pfiffen der Demonstrierenden.

Mit dem Verbandsgemeindebürgermeister bin ich auch zur Schule gegangen. Wir waren im gleichen Mathe-LK. Was wohl aus mir geworden wäre, wenn ich im Westerwald geblieben wäre? Vielleicht wäre ich sein Pressesprecher. Eher unwahrscheinlich, da er bei der CDU ist. Dann schon eher mittelloser Stadtschreiber, der bei seinen Eltern wohnt, weil er sich keine eigene Wohnung leisten kann. (Wahrscheinlich bekommen meine Mutter und mein Vater beim Lesen gerade nervöses Augenzucken.)

Unser Spaziergang um den See ist auch ohne Wasser idyllisch. Der Himmel ist blau und die Sonne strahlt. Ich weiß nicht, wann ich in Berlin das letzte Mal die Sonne gesehen habe.

Auf dem Rückweg spricht uns an einem Parkplatz eine Frau an. Ihr Autoschlüssel tue nicht das, was er soll, nämlich das Auto öffnen. Der Ersatzschlüssel läge in ihrem Rucksack im Fußraum unter der Rückbank und sie wisse nicht weiter.

Nach mehreren Versuchen öffnet sich zumindest der Kofferraum. Durch die halb umgeklappte Rückwand quetsche ich mich mit wenig Geschick, noch weniger Anmut und gar keiner Würde nach vorne und angle den Rucksack hervor.

Der Ersatzschlüssel funktioniert zunächst ebenfalls nicht richtig. Der Sohn krabbelt daher bis nach vorne zum Fahrersitz, um die Tür von Hand zu öffnen, wobei er auch nicht gerade aussieht, als verdiene er seinen Lebensunterhalt als Schlangenmensch im chinesischen Staatszirkus. (Ich schreibe dies mit größter väterlicher Zuneigung.)

Schließlich lässt sich das Auto mit dem Ersatzschlüssel wenigstens manuell öffnen. Die Frau ist erleichtert und wir haben unsere gute Tat des Tages vollbracht.

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Meine Frau und ich schlafen in meinem alten Kinderzimmer, von dem außer ein paar aufgeklebten Sternen an der Decke und meinem alten Schreibtisch nicht viel kinderzimmeriges übriggeblieben ist.

Auf ein Schränkchen haben meine Eltern einen Adventskalender hingestellt, den ich für sie zur Grundschulzeit gebastelt habe. Aus 24 Streichholzschachteln, in vier Sechser-Reihen, mit Goldpapier und aufgemalten Sternen verziert.

Den Inhalt haben meine Eltern ebenfalls aufgehoben. Kleine Bildchen, Mini-Basteleien, erstaunlich viele Ein-Pfennig-Münzen und verschiedene Gutscheine:

  • Einmal Frühstückstisch decken
  • Einmal Straße Keren (Schnee schippen)
  • Zweimal abtrocknen

Außerdem, aus welchen Gründen auch immer, für eine Tube U-hu für meinen Vater. Keine Ahnung warum. Ich kann mich nicht erinnern, dass er viel gebastelt hätte. Vielleicht hatte ich seinen Kleber bei der Herstellung des Adventskalenders aufgebraucht und wollte ihm per Gutschein einen neuen zukommen lassen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Gutscheine jemals eingelöst habe. Möglicherweise ist der Adventskalender ein Wink meiner Eltern, ich solle endlich die verdammte Straße kehren, und mein Vater hätte gerne mit 40-jähriger Verspätung seinen Alleskleber.

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Abends, viertel nach zehn. Warte mit dem Sohn nicht am Erlebnis- sondern am Busbahnhof auf den 460er nach Montabaur. Von dort fährt der Sohn um 23.10 Uhr mit zurück nach Berlin, weil er morgen wieder ins Brauhaus muss.

Ein Bus fährt ein, mir ist unklar, ob es unserer ist. Ich gehe an die Tür, der Fahrer ignoriert mich zunächst, erst als ich dezent an die Scheibe klopfe, betätigt er missmutig den Türöffner. Auf meine Frage, ob er nach Montabaur führe, erwidert er in einem Tonfall, der heimelige Berlin-Gefühle ihn mir hervorruft, was denn an dem Bus stünde.

Trete einen Schritt zurück und lese laut vor: „ww mobility“. „Genau, ich hab’ Feierabend“, grummelt der Busfahrer.

Dass mobility und Feierabend kaum gegensätzlicher sein können und dass da eher „ww immobility“ stehen müsste, verkneife ich mir. Ich habe nicht den Eindruck, dass der Mann an einem herrschaftsfreien Diskurs im Habermasschen Sinne interessiert ist, bei dem nur das bessere Argument zählt.

Schließlich kommt doch noch der 460er. Über den Gang weg sitzen zwei junge Frauen, circa Anfang 20. So wie sie sich aufgebrezelt haben, vermute ich, sie sind auf dem Weg zu irgendeinem Club. Mit einer Dose „Monster“ trinken sie sich die nötige Energie für die Nacht an.

Eine der beiden ruft irgendwo an. Ihre Freundin trüge eine Jeans, ob sie damit reinkäme, will sie wissen. „Eine Belanciara“, raunt die andere, in der Hoffnung damit zu punkten. Der Gesprächspartner teilt ihr mit, das sei in Ordnung, so lange niemand aussähe, als ginge er zum Sport.

Angesichts meiner schwarzen Jogginghose hätte ich demnach keine Chance an der Tür. Mein Alter könnte auch ein Problem sein. (Stichwort: „Kommen die jetzt schon zum Sterben hier hin?“)

In Montabaur leiste ich dem Sohn noch eine halbe Stunde in der zugigen Bahnhofshalle Gesellschaft. Der Warteraum ist geschlossen. Ein Zettel weist darauf hin, dieser sei aufgrund wiederholter Vandalismusvorfälle nur zu den Arbeitszeiten des Service-Personals geöffnet. Mein Vater meint später dazu, dann sei er wohl nie auf.

Auf der Rückfahrt sitzen wir immerhin zu neunt im Bus. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen nachts um kurz vor halb zwölf mit dem ÖPNV durch den Westerwald fahren.

Als wir Westerburg erreichen, fährt kurze Zeit später auch noch ein Zug nach Limburg. Da soll noch einer sagen, der ländliche Raum hätte nichts vom Deutschlandticket.

28. Dezember 2024, Montabaur/Berlin

11.20 Uhr. Der ICE von Montabaur nach Köln ist ungewöhnlich voll. Während meine Frau und ich uns zu unseren reservierten Plätzen vorwühlen, bleibt die Tochter im Eingangsbereich stehen. Der Schaffner, der sie kontrolliert, lässt sie in der angrenzenden ersten Klasse sitzen („Mein Weihnachtsgeschenk für Sie.“) und einen Lieblingsgast-Keks gibt er ihr auch noch.

Als er zu uns kommt, sind die Kekse alle und wir gehen leer aus. Schlimm, diese Zweiklassengesellschaft. Oder wir sind für ihn einfach keine Lieblingsgäste. Auch schlimm.

Später ist der Gott der Bahnreisenden nicht mehr ganz so gnädig mit der Tochter. Ihr Zug nach Kiel hat ordentlich Verspätung. Aber nicht genug. Ihr Zug kommt in Kiel 57 Minuten später als geplant an und damit drei Minuten zu früh für die 25-Prozent-Entschädigung.

Meine Frau und ich müssen von Köln nach Berlin wieder im 6er-Abteil sitzen. Mit einer weiteren Frau und einer alleinreisenden Mutter mit ihrem circa achtjährigen Sohn und ihrer knapp einjährigen Tochter. Das Baby ist gut gelaunt und bietet mir ihren angesabberten Haferkeks an, ich lehne dankend ab.

In Hagen steigen die drei um. Während sich die Mutter umzieht, drückt sie mir ihre Tochter in den Arm. Entweder sehe ich sehr, sehr vertrauenswürdig aus oder die Frau ist sehr, sehr leichtsinnig. Die Kleine bedankt sich, indem sie mir fröhlich lachend auf die Brille tatscht.

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Der Rest der Fahrt verläuft ereignisarm. Als wir am Berliner Hauptbahnhof ankommen, sind in der Ferne Böller zu hören. Willkommen zuhause.


Ein herzliches Dankeschön allen Leser*innen, die das ganze Jahr über so fleißig die Wochenschau gelesen, kommentiert und geteilt haben. Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Silvesterabend und einen guten Start ins neue Jahr. Möge 2025 phantastisch werden.


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Eine kleine Wochenschau | KW52/2024: Besuch in der Heimat

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


25. Dezember 2024, Berlin/Westerburg

Kurz nach 11. Im Zug auf dem Weg zum Weihnachtsbesuch im Westerwald. Meine Frau, die Tochter und ich sitzen in einem 6er-Abteil. Meiner Stimmung ist das nicht besonders zuträglich. Und mit „nicht besonders“ meine ich „überhaupt nicht“. Ich mag 6er-Abteile nicht. Du bist fremden Menschen auf engstem Raum ausgeliefert, kannst deine Beine nicht ausstrecken und meistens ist es stickig.

In einer Mischung aus schlechtem Zeitmanagement, Stress und Trägheit konnte ich mich erst vor drei Tagen um die Tickets kümmern, was dazu führte, dass es in keinem einzigen Großraum-Abteil mehr drei freie zusammenliegende Plätze gab. Ihre Antwort spektakulär fehleinschätzend fragte ich meine Frau, ob sie lieber zusammen im Abteil oder verstreut im Großraum sitzen möchte, sie entschied sich für das Gemeinschaftserlebnis im 6er-Abteil.

Das war doof, nun konnte ich nicht mehr sagen, dass ich mich auf keinen Fall zu sechst mit mir unbekannten Personen einpferchen lassen möchte, denn dann hätte ich sie ja gar nicht erst fragen müssen. Stattdessen hätte ich die Einzelplätze reservieren und gegebenenfalls erklären können, dies wären die einzigen noch freien gewesen. (Kleingeistige Moralapostel bezeichnend dies möglicherweise als Lüge, für mich fällt das in einer langjährigen Paarbeziehung unter harmoniefördernde Diskussionsvermeidung.)

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Eine kleine Wochenschau | KW50/2024 (Teil 2)

Teil 1


12. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Internationaler Tag der Neutralität. Oder wie es in der Schweiz heißt: Donnerstag.

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Höre in den letzten Tagen sehr viel Fatoni, einen Deutsch-Rapper, den ich durch Patricia Cammarata entdeckt habe, da sie ihn auf ihre Musterbruch-Spotify-Playlist gepackt hat.

Ich bin mir bewusst, dass mit Ende 40 Deutsch-Rap zu hören, nur bedingt mit dem Konzept des „in Würde altern“ einhergeht. Trotzdem erfreue ich mich an Textzeilen wie „alle Arme gehen von links nach rechts wie Horst Mahler“, „ich bin kein Sexist, ich mansplaine auch Männer“ oder „ich bin nicht besonders klug, ihr seid nur besonders dumm“.

Allerdings muss ich mich nun bei Kundenanrufen immer etwas runter regulieren, damit ich sie nicht mit „Yo, was geht?“ begrüße. Obendrein sind Auftraggeber wahrscheinlich auch nur mäßig begeistert, wenn ich ihre Mails mit „Ihr habt wieder alle nur am Watschenbaum gerüttelt“ beantworte.

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Abendlicher Weihnachtsfilm: „Die highligen drei Könige“, über die Freund Ethan, Isaac und Chris, die jeden Heiligabend ausgiebig in New York feiern. Dieses Jahr zum letzten Mal, weil Isaac und seine Frau Betsy ein Kind erwarten.

Wie der Titel vermuten lässt, spielt der Konsum von Drogen in der Storyline eine nicht unerhebliche Rolle und der Film ist eine Art weihnachtliches „Hangover“, geht damit aber leider nicht all-in. Alles in allem dreieinhalb Dominosteine.

13. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Tag der Violine. Ich verzichte darauf, ihn zu begehen, indem ich meine alte Geige auspacke und auf ihr spiele. Ich denke, sie ist dafür sehr dankbar. Und alle Nachbarn ebenso.

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Seit zwei Tagen spielt mir der Insta-Algorithmus Werbung für Pyjamas ein. Das ist eher nach meinem Geschmack als die Hüftbruch-Todesprophezeiungen. Gut, es handelt sich um Schlafanzüge für Frauen, aber in Zeiten fließender Gender-Kategorien ist das egal.

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Erreiche morgens ein neues Selbsthass-Level, indem ich vor dem Spiegel Frühsport mache und, weil ich anschließend noch laufen gehen will, dabei ein hautenges Funktions-Shirt trage. In der Vorweihnachtszeit ist das nicht besonders empfehlenswert. Zumindest weiß ich nun, wo die Plätzchen, Lebkuchen und Dominosteine, die ich in letzter Zeit verputzt habe, gelandet sind: Auf meinen Hüften.

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Heute Abend schauen wir „Let it snow“ (auf Deutsch „Tage wie diese“), eine Jugendbuch-Verfilmung nach einer Vorlage von John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“), Maureen Johnson und Lauren Myracle, in der eine Gruppe von Highschool-Schüler*innen die Liebe und das Leben erleben und vor großen Entscheidungen stehen, die noch viel größer wirken, wenn du 18 bist. Ein ganz wunderbarer Film mit Joan Cusack als weise Aluhut-Trägerin und einer großartigen Interpretation von „The whole of the moon“. Das verdient fünf Dominosteine.

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Als ich später im Bett liege, singt-grölt ein Mann in der Ferne. Irgendwas mit Fotzen und Hurensöhnen. Schön, diese vorweihnachtliche Besinnlichkeit.

14. Dezember 2024, Berlin

Der Judoverein des Sohns richtet sein jährliches Weihnachtsturnier aus und meine Frau und ich begehen unsere gute Tat des Jahres, indem wir helfen. Unsere Aufgabe besteht darin, von den Teilnehmenden Startgebühren zu kassieren und Wiegekarten auszugeben.

Zur Vorbereitung haben wir in den letzten Tagen fast 400 Karten ausgedruckt, zugeschnitten und sortiert. Dabei musste ich feststellen, dass ich für jemanden, der sein Geld mit Schreiben verdient, erstaunlich oft das Alphabet aufsagen muss, um sich zu vergewissern, dass das R vor dem T kommt. Und das L vor dem M.

Um rechtzeitig vor Ort zu sein, müssen wir um 5 Uhr aufstehen, fast anderthalb Stunden Bus fahren und zweimal umsteigen. Das ist alles eher unschön. Dafür kannst du bei dem Turnier aber in Jogginghosen rumlaufen, ohne als Assi zu gelten. Es sind die kleinen Dinge, die zählen.

15. Dezember 2024, Berlin

Wir feiern heute unsere alljährliche Plätzchenparty. Mit Plätzchen, Stollen, Glühwein, und Punsch. Über den Tag verteilt werden knapp 100 Freunde, Bekannte, Kollegen und Nachbarn vorbeikommen. Ich hoffe, das ufert nicht aus wie bei „Dirty Office Party”. Wobei ein echtes Rentier in der Wohnung schon ein Hingucker wäre.


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Eine kleine Wochenschau | KW50/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


09. Dezember 2024, Berlin

Heute ist Welt-Anti-Korruptionstag. Den nehme ich das erste Mal bewusst wahr. Weil meine Frau letzte Woche am ersten Tag der Adventskalender-Verlosung im Ministerium gezogen wurde. Die potenziellen Gewinne: Geschenke, die Ministeriums-Mitarbeitende nicht annehmen durften, weil sie über der 10-Euro-Compliance-Grenze lagen. Stattdessen mussten sie im Korruptions-Referat abgegeben werden. (Meine Frau nennt das Referat so. Ich glaube aber, das heißt eher Anti-Korruptions-Referat oder so ähnlich.)

Die gesetzesnonkonformen Präsente werden nicht vernichtet, sondern zum Jahresende verlost. Mir scheint, dass dieses Vorgehen, die Grenzen der Regeln zur Verhinderung von Vorteilsannahmen bis aufs Äußerste ausreizen. (Oder wie es bei Japser Ffordes „Shades of Grey“ heißt: „loopholery at its best“.

Meine Frau wusste zunächst nicht, was sie gewonnen hatte. Ihren Preis bekam sie nach ein paar Tagen per Hauspost zugestellt. So lange durfte sie auf eine goldene Uhr hoffen, die möglicherweise der Ministerin überreicht worden war. Der Gewinn entpuppte sich dann als weniger glamourös und noch weniger luxuriös: Es war eine 0,3-Liter-Trinkflasche. Oder wie ihr Kollege sagte: „Wer zur Hölle gibt so etwas im Korruptionsreferat ab?“

Titelbild mit einem kindlichen Ritter, der auf die Wand einer Grundschule gemalt ist
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Eine kleine Wochenschau | KW49/2024 (Teil 2)

Teil 1


06. Dezember 2024, Berlin

Heute ist nicht nur Nikolaus, sondern auch Nationalfeiertag Finnlands. Ich glaube aber, das ist Zufall und das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

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Im Hausflur hängt ein handgeschriebener Zettel. R. aus dem zweiten Stock wird 17 und gedenkt, dies gebührend zu feiern. Präventiv kündigt sie an, die Party könne ziemlich laut werden. Auf den üblichen Satz „Falls wir zu laut sind, kommt vorbei und sagt Bescheid.“ verzichtet sie. (Ihr Subtext lautet eher: „Deal with it, losers!“) Um halb eins werde sie alle rausschmeißen, so dass um eins Ruhe wäre.

Ich hoffe, sie feiert nicht nur bis eins, sondern länger und richtig laut und wild und ausufernd. Man wird schließlich nur einmal 17. In diesem Sinne: Happy Birthday, R.

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Abends sind wir mutig – vielleicht auch übermutig – und wagen uns an „Bringing Christmas Home“. In der Beschreibung heißt es: „Der Antiquitätenhändler Russell Carlisle stößt in einer alten Uniform auf einen vergessenen Liebesbrief aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und macht sich mit Hilfe einer Professorin für Militärgeschichte auf die Suche nach dem Empfänger.“

So weit so schlimm. In der zweiten Einstellung sagt die Professorin zu einer Studentin: „I want you to take a personal approach to your writing. Get inside the heads of our soldiers, and know what even a small piece of home can do for them. You know, the heart of the battlefield is not weapons it’s people.” Der Nachsatz „mostly dead people“ hat es bedauerlicherweise nicht ins Drehbuch geschafft.

Da wir die 90 Minuten Lebenszeit, die uns der Film kosten wird, nie zurückbekommen werden, beenden wir ihn nach zwei Minuten 45 Sekunden. (Die wir auch nicht zurückbekommen werden.) Daher kann ich nicht mit absoluter Gewissheit sagen, ob es zwischen Antiquitätenhändler und Militärprofessorin funken wird, gehe aber schwer davon aus. Zumindest wäre das nicht der überraschendste Plot-Twist der Filmgeschichte, denn weder das Film-Poster noch die ersten Szenen lassen vermuten, dass „Bringing Christmas Home“ mit den Konventionen und Erzählschablonen von Weihnachtsfilmen bricht.

Stattdessen schauen wir „Dash & Lily“, eine Kurzserie, in der zwei New Yorker Jugendlichen durch ein Notizbuch kommunizieren, das Lily in einem Buchladen versteckt hat. Während sie sich verschiedene Aufgaben stellen, kommen sich die beiden näher, was selbstverständlich auch vorhersehbar ist, aber die Storyline ist trotzdem gut, die Charaktere und Dialoge auch und da kann man schon mal vier Dominosteine vergeben.

07. Dezember 2024, Berlin

Nikolauslauf am Schlachtensee. Gemeinsam mit meiner Frau und meiner samstäglichen Grunewald-Laufgruppe. Wir haben uns alle für den Viertelmarathon (10,9km) angemeldet. Es gibt auch noch die längeren Distanzen Drittel-, Halb- und Big-5-Marathon, aber zum Jahresende musst du es ja auch nicht übertreiben.

Anschließend trinken wir selbstgemachten Glühwein, den A. mitgebracht hat. Nach gut einer Stunde laufen in der Kälte eine wohltuende Wärmequelle. Gut, das wäre heißer Tee auch, aber der Glühwein ist leckerer.

Nach einem Becher steigt uns allen der Alkohol leicht in den Kopf. Was ich als gutes Zeichen deute, dass wir uns für gewöhnlich nach dem Sport und auf fast nüchternen Magen keinen Alk reinschädeln.

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Beim Weihnachtsfilm-Screening gehen wir mit einem Film, den wir schon zweimal gesehen haben, auf Nummer sicher: „Dirty Office Party“ Kurz vor Weihnachten kündigt die hartherzige CEO Carol alias Jennifer Anniston an, die Chicagoer Zweigstelle zu schließen, die ihr Bruder Clay leitet und der durch eine ausschweifende Weihnachtsfeier einen neuen Kunden gewinnen und die Firma retten will.

Der Romantik- und Weihnachtslevel des Films ist überschaubar, aber dafür gehen Autoren, Regisseur und Darsteller bei der Comedy all in. Mit einer epischen Party, inklusive Sex, Drugs, Hip-Hop und echten Rentieren, an deren Ende das halbe Bürogebäude verwüstet ist. Das macht mir richtig Lust, doch noch mal irgendwo als Angestellter zu arbeiten. Dafür vergebe ich viereinhalb Dominosteine.

Weil es erst 20.30 Uhr ist, als „Dirty Office Party“ zu Ende ist, und du um diese Uhrzeit nur ins Bett gehen kannst, wenn du über 90 bist – liebe Grüße an den Senioren-Handy-Filter –, legen wir mit „Bad Moms 2“ nach. Ebenfalls mit begrenztem Christmas-Spirit, aber auch mit erstklassigem Comedy-Klamauk. Nicht nur, aber auch für Justin Hartley als Santa Stripper, der von Kathryn Hahn den Scham- und Pobereich gewachst bekommt, verdient der Film vier Dominosteine.

08. Dezember 2024, Berlin

Nikolausbrunch in die Arminius-Markthalle. Da waren wir bereits letztes Jahr und weil uns das Konzept, lange, viel und lecker essen, überzeugt, wiederholen wir das jetzt.

Insbesondere der Prosecco-Butler hatte es uns damals angetan. Eigentlich finde ich die Vorstellung befremdlich, mich von Angestellten bedienen zu lassen. Aber ein Diener, der dich regelmäßig mit Schaumwein versorgt, ist schon eine feine Sache. Das könnte ich mir auch im Alltag ganz gut vorstellen. Prost.


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Eine kleine Wochenschau | KW49/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


02. Dezember 2024, Berlin

Die Black Week ist rum, dafür ist heute Cyber Monday. Deswegen weiter Insta-Werbung noch und nöcher. Ich bekomme ein Angebot von Masterclass eingespielt. Für den Kurs: „Connect with anyone. Learn CIA-proven tactics to build better relationships.”

So gut kennt mich der Algorithmus doch nicht. Ich möchte keine „better relationships“ bilden. Im Gegenteil. An einem Kurs: „Avoid everybody. Learn CIA-proven tactics to go into hiding” wäre ich mehr interessiert.

Titelbild mit einem schwarzen Herz auf einer Häuserwand. Durch die Mitte des Herzes geht eine schwarzer Farbstrich senkrecht nach unten bis aus dem Bildausschnitt raus.
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Eine kleine Wochenschau | KW48/2024 (Teil 2)

Teil 1


Der Sohn muss heute Abend nicht arbeiten, so dass wir einen vorweihnachtlichen Familienpflichttermin wahrnehmen können: Ausstechplätzchen backen. Das machen wir seit fast 20 Jahren. Die Vorweihnachtszeit beginnt erst, wenn wir gemeinsam Plätzchen gebacken und die Küche in ein Chaos aus Mehl, Zuckerstreuseln und Teigresten verwandelt haben.

Essenzielle Bestandteile unseres Familienplätzchenbackens:

  • Weihnachtsmusik, damit wir je nach Lied in besinnliche oder beschwingte Stimmung kommen.
  • Sekt, damit die Plätzchenausstecherei leichter von der Hand geht.
  • Teig, damit wir überhaupt etwas zum Ausstechen haben.

Nach einem Rezept meiner Großmutter väterlicherseits backen wir immer „feines Buttergebäck“. Um dieser Bezeichnung gerecht zu werden, kommen auf 500 Gramm Mehl anderthalb Päckchen Butter. Bei den gegenwärtigen Butterpreisen macht das die Plätzchen zur Dubai Schokolade unter dem Weihnachtsgebäck.

29. November 2024, Berlin

Weil ich mich in den letzten Tagen so viel mit Werbung beschäftigt habe, sorgt sich Insta anscheinend um meine Arbeitsmoral. Heute ist das erste Angebot ein Pomodoro-Timer. Damit kannst du deine Arbeitszeiten tracken und dich dazu zwingen, mindestens 45 Minuten am Stück zu arbeiten.

Dazu könnte ich zur besseren Organisation meines Schreibtisches und zur Steigerung meiner Produktivität ein längliches, formschönes Aufbewahrungsbehältnis kaufen. Darin kann ich Stifte und kleinere Büromaterialien wie Büroklammern oder Haftnotizen verstauen, zusätzlich gibt es eine Halterung fürs Handy und mit einem Spezialmarker (nicht im Angebot enthalten) auf der schwarzverspiegelten Abdeckung To-Dos notieren. Das kann ich selbstverständlich auch auf Schmierzetteln, aber die sehen nicht so chic aus.

Damit ich mich nicht so leicht durch die Verlockungen des Internets ablenken lasse, bekomme ich eine Tastatur mit Minimonitor vorgeschlagen, auf dem du lediglich siehst, was du gerade tippst. Quasi eine elektrische Schreibmaschine ohne Papier.

Der handliche kleine Etikettendrucker könnte meinen Arbeitsalltag ebenfalls erleichtern. Ich drucke zwar nie Etiketten aus, aber das liegt möglicherweise einfach daran, dass mir dazu das Equipment fehlt.

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Seit letzter Woche schauen meine Frau und ich alle James-Bond-Filme in chronologischer Reihenfolge. Begonnen haben wir mit „James Bond jagt Dr. No.“ mit Sean Connery (1962), inzwischen sind wir bei „Octopussy“ mit Roger Moore (1983) angelangt.

Für heutige Sehgewohnheiten ist unsere James-Bond-Retrospektive herausfordernd. Die Kampfszenen der frühen Filme sind beispielsweise auf eine Art und Weise choreografiert, dass ich mir durchaus zutrauen würde, dabei mitzumischen, ohne dass es einen qualitativen Abfall gäbe. Die schauspielerische Leistung der Komparsen ist eher so Niveau Laienschauspieler-Truppe, die an Heiligabend in der Kirche die Weihnachtsgeschichte aufführt. Ohne vorher jemals geprobt zu haben.

Der tendenziell dünne Plot leitet in erster Linie von einer Actionszene zur nächsten über. Dazwischen kommt die ein oder andere Bettgeschichte. Aber ich glaube, das ist bei den neueren Bond-Filmen auch nicht anders.

Aus heutiger Sicht schwer erträglich ist die Darstellung von Frauen. Der häufigste Satz der weiblichen Charaktere ist ein geschmachtetes „Oh James.“ Anschließend fallen sie ihm in die Arme und er küsst sie.

Ohnehin bin ich nach dreizehn 007-Filmen zu dem Schluss gekommen, James Bond muss hochgradig sexsüchtig sein. Anders ist nicht zu erklären, warum er, sobald er eine Frau erblickt, sofort an Beischlaf denkt, und alles daran setzt, diesen zu vollziehen.

Vielleicht sollte er das mal therapeutisch aufarbeiten. Dann würde er möglicherweise auch weniger Klapse auf den Po verteilen und nicht andauernd Frauen gegen ihren Willen küssen. Wobei diese ihren Widerstand immer schnell aufgeben und dann begeistert mitmachen. Denn wir wissen ja alle, dass nein gar nicht nein heißt und Frauen sich nur ein wenig zieren.

Ansonsten scharwenzelt James Bond durch die Filme wie ein schmieriger Onkel auf Familienfeiern, der anzügliche Komplimente verteilt. Das findest du allenfalls lustig, wenn du Admin der Facebook-Gruppe „Früher saßen wir auf der Fahrt nach Italien noch unangeschnallt auf der Rückbank, während Vaddi vorne zehn Stunden gequarzt hat, und das hat uns auch nicht geschadet“ bist.

Ich freue mich dagegen schon auf „Sag niemals nie“. Da haut Barbara Carrera alias Fatima Blush James Bond ordentlich aufs Maul.

30. November 2024, Berlin

Der Black Friday ist Vergangenheit, die Werbeangebote nehmen trotzdem nicht ab. Zum Beispiel für ein Kartenset für Strategic Storytelling, mit dem du fesselnde Präsentationen entwickeln kannst. Das habe ich mir aber schon vor anderthalb Jahren gekauft und noch nie benutzt.

Eher verwenden würde ich eventuell die Mini-Digitalkamera in Schlüsselanhänger-Größe. Die schießt Fotos in 80er-Jahre-Optik. Dafür könnte ich mir sicherlich auch einen Filter fürs Smartphone runterladen, aber dann hätte ich nicht die niedliche Kamera.

01. Dezember 2024, Berlin

Insta ist weiterhin zuversichtlich, dass ich doch ein Instrument erlernen könnte, und spielt mir eine Werbung für Gitarren für Kinder ein. Vom gleichen Anbieter des Designer-E-Pianos. Die Gitarren sehen auch sehr gut aus. Vielleicht kaufe ich beide und stelle sie ins Wohnzimmer. Als Blickfang.


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Eine kleine Wochenschau | KW48/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


25. November 2024, Berlin

Finde in meiner Inbox eine Mail von Brunobett. Unser Schlafsofa, das wird dort gekauft haben, werde heute zwei. Ich weiß nicht, was ich mit dieser Information anfangen soll.

Wie feiert man den Geburtstag eines Schlafsofa? Mit einem Geburtstagsständchen am Morgen? Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst? (Passt eigentlich.) Ob es sich etwas zum Geburtstag wünscht oder einen Lieblingskuchen hat, ist mir ebenfalls unbekannt.

Aber eins weiß ich definitiv: Auch bei Schlafsofas gilt die alte Kindergeburtstagsregel: Pro Lebensjahr darf nur ein Gast eingeladen werden.

Titelbild mit einem noch ungebackenem Weihnachtsplätzchen in Form eines Sterns. Der Stern hat zwei Sternenäuglein, ein Zacken ist umgeklappt und hält eine Mandel fest.
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Eine kleine Wochenschau | KW47/2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


18. November 2024, Berlin

Heute ist Tag des Okkultismus. Angesichts der innen- und geopolitischen Lage fände ich einen Tag des Exorzismus wünschenswert.

Titelbild mit einem Wandgraffiti "Smash Patriarchy", darunter sind ein Hammer und eine Sichel
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Eine kleine Wochenschau | KW47/2024 (Teil 2)

Teil 1


22. November 2024, Berlin

Auf dem Bürgersteig kommt mir ein Mädchen auf dem Fahrrad entgegen. Die Kleine hebt die Füße von den Pedalen und ruft: „Hui!“ Dann dreht sie sich zu ihrem Papa um und fragt: „Kannst du das auch?“ Der antwortet: „Klar“ und fährt ebenfalls ein Stück freifüßig.

Lustig wäre gewesen, er hätte das Gleichgewicht verloren und wäre umgekippt. Passiert aber nicht, denn das Leben hat keinen Sinn für Pointen. Im Gegensatz zu mir. Trotzdem schubse ich den Mann nicht vom Rad.

23. November 2024, Berlin

Meine Frau war gestern Abend mit Kolleg*innen weg und kam erst spät zurück. Oder früh, je nach Perspektive.

Dennoch hat sie nachmittags unnormal viel Energie. So viel Energie, dass sie heute schon den Flur weihnachtlich schmücken will. Und so viel Energie, dass ich sie argumentativ nicht davon überzeugen kann, dass das viel zu früh ist. Weihnachten kommt erst am ersten Adventswochenende vom Schrank runter. Das weiß man doch.

Was käme dann als nächstes, frage ich sie. Holen wir vielleicht im Januar den Osterschmuck raus? Meine Frau lacht, als hätte ich einen Witz gemacht. Ich glaube, einer ihrer fünf Gin & Tonic war schlecht.

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Wir statten dem Sohn abends einen Überraschungsbesuch im Brauhaus ab, wo er arbeitet. Da dort am Wochenende immer viel Betrieb herrscht, haben wir online einen Tisch reserviert. Unter falschem Namen, damit die Überraschung tatsächlich gelingt.

Meine Frau fragte mich, ob ich mir den auch merken könne. Ich erwiderte das mit einem verächtlichen „Na klar doch“, bei dem ein leicht beleidigtes „Ich ja nicht doof“ mitschwang. Nun sitze ich auf dem Rad und versuche mich auf dem Weg zum Brauhaus krampfhaft daran zu erinnern, unter welchem Namen ich die Reservierung vorgenommen habe.

Der Sohn schaut sehr überrascht, als wir das Lokal betreten, scheint sich aber zu freuen. Vielleicht hat er als Kellner einfach diese gespielte Freundlichkeit perfektioniert, mit der du deine Trinkgeldchancen erhöhst. Unser Tisch gehört zu seiner Station, so dass er uns bedienen muss. Fast wie zuhause, nur umgekehrt.

Später kommt sein Chef zu uns und äußert sich sehr löblich über den Sohn. (Fleißig, freundlich, loyal) Sowas hörst du als Eltern selbstverständlich gerne.

Dann lässt er sich ausführlich über die Vorzüge des Kellnerns aus. (Wertvolle soziale Erfahrungen, immer gute Jobaussichten, steuerfreies Trinkgeld) Dabei redet er mit so viel Begeisterung und Leidenschaft, als wolle er uns davon überzeugen, bei ihm anzufangen. Ich überlege noch.

24. November 2024, Berlin

Das Marketing Südtirol Team schreibt mir eine Mail. Einer ihrer Kunden, ein Hotelier, dem Hunde sehr am Herzen liegen und bei dem die Vierbeiner herzlich willkommen sind, sei an einer Zusammenarbeit interessiert. Dafür qualifiziere ich mich, weil ich „viele hochwertige Inhalte rund um das Thema Hund“ bereitstelle.

Meine Hunde-Postings beschränken sich eigentlich auf unser kürzliches Merle-Dogsitting, einen wenig furchteinflößenden kleinen Kläffer, einen obskuren Corgi-Dackel-Mischling sowie diversen Hundebegegnungen beim Laufen, wobei ich mich meistens frage, ob ich mich besser durch einen Sprung in die Spree rette oder indem ich auf einen Baum klettere. Angesichts dieser Beiträge frage ich mich, was dann wohl minderwertige Inhalte rund um das Thema Hund sind.

Die Kooperation stellt sich das Marketing Südtirol Team folgendermaßen vor: Ich verlinke zu einem Artikel des Hoteliers, was dessen Suchmaschinenranking verbessert, im Gegenzug verweise er auf meinen Blog, was sich wiederum positiv auf meine Sichtbarkeit auswirke. Das Beste daran: Es sei kostenlos und im Handumdrehen erledigt.

Trotz dieser unschlagbaren Argumente verzichte ich auf das Angebot und lösche die Mail.


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