Es ist halb neun und ich warte schon seit rund 90 Minuten vor dem Bäcker auf meinen Vater. Er scheint nicht zu kommen. Meine Anrufe und SMS-Nachrichten beantwortet er auch nicht. Das ist aber kein Grund zur Sorge, da er sein Handy immer auf lautlos gestellt oder ganz ausgeschaltet hat.
Betrübt betrete ich die Bäckerei, wohlwissend dass es auch heute nichts wird mit dem ersehnten und –wie ich betonen möchte – verdienten kostenlosen Kinderbrötchen. Dass passt irgendwie zu unserem letzten Urlaubstag, der durch Regen, Schwermut und Trübsal gekennzeichnet ist. Heute enden unsere drei Wochen auf Föhr und damit ein großartiger Urlaub. (Lediglich mit leichten Abstrichen wegen der inakzeptablen Gratis-Brötchen-Situation und wegen der künstlichen Camping-Wecken-Verknappung an Sonntagen.) Ab morgen Nachmittag dann wieder Berlin, ab Montag dann wieder arbeiten. Keine schönen Aussichten. Als ich meine Brötchen bezahlt habe und – natürlich ohne Kinderbrötchen – den Laden verlasse, übergibt sich gerade ein kleiner Junge in den Brunnen an der Mittelbrücke. Ich würde das jetzt auch gerne machen.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)