Eine kleine Wochenschau | KW28/29-2021

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


12. Juli 2021, Berlin

Mein erster Termin nach dem Urlaub führt mich zum HNO-Arzt. Er spült mein verstopftes Ohr aus, das ich mir im Meer vor Santa Teresa eingehandelt habe. Währenddessen fragt er mich, ob wir gemeinsam mit den Italienern den EM-Titel gefeiert hätten. Ich verneine, wir hätten uns von größeren Menschenansammlungen ferngehalten. Dass es auch schlicht unmöglich wäre, gestern Abend mit den Tifosi zu feiern und heute früh in seinem Behandlungsstuhl zu sitzen, behalte ich für mich.

Der Arzt findet, so eine EM auf dem ganzen Kontinent sei zwar gut für die Völkerverständigung, aber schlecht für die Pandemiebekämpfung. Jubelnde Fußball-Fans würden sich mal nicht so gut benehmen wie das Publikum bei den Wagner-Festspielen und mehr Aerosole verströmen.

Trotz des damit verbundenen Distinktionsdünkels hat er mit dieser These wohl Recht. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die Bayreuth-Besucher:innen in ihren Abendroben und Smokings angeleitet vom Anführer der Rheingold Ultras Wolfenbüttel bei den Aufführungen grölen: „Steh‘ auf, wenn du ‘ne Walküre bist, steh‘ auf, wenn du ‘ne Walküre bist.“

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In dem Baum vor unserem Schlafzimmer ist es ungewohnt still. Das Taubennest, das ein Ort des Spektakels und des Trubels war und in dem vor unserem Urlaub zwei Eier lagen, ist verwaist. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass die Küken innerhalb von zwei Wochen geschlüpft und flügge geworden sind. Hoffentlich hat sich wenigstens nicht wieder der Habicht wie letztes Jahr zum Kükenessen eingeladen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. (Möglicherweise zeitgleich mit den Taubenküken.)

14. Juli 2021, Berlin

Die Kinder sind die ganze Woche im Judo-Trainingslager und meine Frau und ich haben sturmfrei. Wir können tun und lassen, was wir wollen. In Restaurants gehen. Oder ins Kino, ins Theater, ins Konzert oder in Bars. Die Möglichkeiten sind grenzenlos.

Allerdings sind die Kinder schon so groß, dass wir immer tun und lassen können, was wir wollen. Daher unternehmen wir überhaupt nichts Besonderes, sondern finden es nur schade, dass die Kinder nicht da sind.

16. Juli 2021, Berlin

Unsere Spülmaschine eifert unserer alten Waschmaschine nach: Sie geht kaputt. Da sie schon zweimal repariert wurde, müssen wir wohl oder übel eine neue kaufen.

Dafür können wir uns die nächsten Tage wieder wie im Studium fühlen: Wenn wir das schmutzige Geschirr von Hand abwaschen. Diese sentimentale und nostalgische Überhöhung der Studi-Zeit ist aber vollkommen unangebracht und führt dir letztlich nur die eigene Verspießerung vor Augen. Damals hattest du eine erstaunlich hohe Toleranzschwelle gegenüber dreckigen Geschirrstapeln in der Spüle und hast die Türme von schmutzigen Tellern, Töpfen und Tassen einfach zu Kunst-Installationen von Beuysscher Qualität umgedeutet. Und wenn sich irgendwann pelziger Schimmel ausbreitete, freutest du dich einfach über den neuen Mitbewohner.

Heute denkst du dagegen: „Das Besteck trockne ich schnell noch ab. Sonst bilden sich so unschöne Wasserflecken.“ Schlimm.

17. Juli 2021, Berlin

Die Kinder sind aus dem Trainingslager zurück. Sie wollen aber nicht von uns abgeholt werden, sondern fahren lieber allein mit der S-Bahn nach Hause.

Merkwürdig? So peinlich sind meine Frau und ich doch gar nicht? Die Kinder sind da anscheinend anderer Meinung.

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Heute ist mein zweiter Impftermin. Nachdem ich das erste Mal AstraZeneca bekommen habe, gibt es diesmal Biontech. Ist mir eigentlich ziemlich egal. Hauptsache rein mit dem Zeug.

Im Wartebereich der Praxis blättere ich in meinem Impfausweis. Er ist ein bisschen zerfleddert, aber er hat auch fast 46 Jahre auf dem Buckel. Ich bin ohnehin erstaunt, dass ich ihn nie verloren habe. Okay, die ersten rund 25 Jahre haben meine Eltern ihn aufbewahrt und die sind die ordentlichsten Menschen, die ich kenne. Abgesehen von der einen Küchen-Schublade, ihrer „Kramschublade”. Die ist allerdings immer noch aufgeräumter als die ordentlichste Schublade meines Schreibtisches.

Im Vergleich zum Impfpass meiner Nachbarin zur Linken sieht mein Ausweis aber tippi-toppi aus. Ihrer ist vollkommen aufgeweicht und eher eine Art Masse als ein Büchlein. Die Frau sieht meinen kritischen Blick. „Habe ihn aus Versehen mitgewaschen.“

Der Mann rechts von mir holt demonstrativ seinen Impfausweis aus der Innentasche seiner Jacke. Er steckt in einem kleinen durchsichtigen Heftumschlag und sieht makellos aus. Streber!

Im Behandlungszimmer führt die Arzthelferin das Aufklärungsgespräch durch. Ich solle heute unter anderem kein Sonnenbad nehmen. Der Himmel ist wolkenverhangen, von daher bin ich zuversichtlich, dass ich das schaffen werde. Außerdem soll ich keinen Alkohol trinken. Es ist 10 Uhr morgens! Für wie versoffen hält mich die Frau?

Ungefähr 20 Minuten später radle ich mit dem Gefühl der baldigen Unsterblichkeit nach Hause.

18. Juli 2021, Berlin

Besonders weit ist es mit meiner Unsterblichkeit doch nicht her. Ich liege den größten Teil des Tages mit erhöhter Temperatur, leichten Kopfschmerzen und allgemeiner Schlappheit im Bett.

19. Juli 2021, Berlin

Die Impferei geht weiter. Ich begleite die Tochter zu ihrem Termin. Im Impfzentrum an der Messe ist alles perfekt organisiert und die Ordner:innen und Helfer:innen sind alle extrem freundlich. Wirklich alle. Ohne einzige Ausnahme. In Berlin fällt das einem sofort auf.

Der Impfarzt ist etwa Ende 50/Anfang 60, er hat kurzes graues Haar und trägt eine randlose Brille. Er stellt sich mit Namen und als Anästhesist vor. Das ist einerseits gut, denn dann ist er erfahren im Umgang mit Spritzen. Andererseits wird Anästhesisten nachgesagt, sie hätten leichte Defizite, was die soziale Kompetenz angeht. (Der Anästhesist bei der Geburt der Tochter hat beispielsweise, nachdem meine Frau schon 40 Stunden in den Wehen lag, den zutreffenden, aber in der Situation dennoch unangemessenen Spruch gebracht: „Rein geht’s leichter als raus.“) Da anästhesierte Patient:innen aber die meiste Zeit betäubt sind, ist das vielleicht nicht so wichtig.

Der Impf-Anästhesist ist aber ausgesprochen freundlich. Trotzdem ist die Tochter vor der Impfung etwas ängstlich. Sie ist keine Freundin von piksenden Nadeln. Ich muss aber nur ihre Hand nehmen und wir müssen sie nicht wie bei ihrer Tetanus-, Diphterie- und Keuchhusten-Impfung vor neun Jahren mit zwei Leuten festhalten, damit der Arzt ihr die Spritze verabreichen kann. Schön, wenn die Kinder groß werden!

20. Juli 2021, Berlin

Impfbegleitung, die Zweite. Heute ist der Sohn an der Reihe. Die Impfärztin erzählt beim Smalltalk von ihrem Kontrastprogramm. Im Februar und März habe sie die Ü80-jährigen geimpft, mit denen etwas lauter und langsamer gesprochen werden musste, nun kämen die U20-jährigen.

„Da haben sie ja lauter 50-jährige geimpft“, erkläre ich und schäme mich sofort für den Spruch. (Sie wissen ja, mit Small Talk und mir ist es kompliziert.)

„Sie sind wohl Mathematiker“, erwidert die Ärztin. Ich bin mir nicht sicher, ob in ihrer Stimme Bewunderung oder Verachtung mitklingt.

22. Juli 2021, Berlin

Die neue Spülmaschine wird geliefert. Kein Abwasch mehr per Hand. Yay!

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Ich packe die Maschine aus und stelle fest, dass wir die falsche bestellt haben. Nay!

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24. Juli 2021, Berlin

Gestern wurden die Olympischen Spiele eröffnet, so dass ich den Tag sportiv verbringe: Ich sitze auf dem Sofa, trinke Kaffee und schaue anderen Menschen beim Säbelfechten, Hockey, Tennis, Schwimmen, 3×3-Basketball, Beach-Volleyball, Judo und Tischtennis zu.

Als Kind war es mein Traum, irgendwann bei Olympia mitzumachen. Da ich mir meiner eigenen Unsportlichkeit bewusst war und keine Chance sah, mich für das deutsche Team zu qualifizieren, dachte ich, dass ich für irgendein afrikanisches Land in einer Sportart, die dort nicht besonders verbreitet ist, starten könnte. Zum Beispiel für Kenia im Tennis. Mein genialer Plan scheiterte daran, dass ich niemanden in Kenia kannte, der mich zwecks Einbürgerung hätte adoptieren können. Außerdem war ich so unsportlich, dass selbst Kenianer, die noch nie in ihrem Leben einen Tennisschläger in der Hand gehalten haben, bessere Tennisspieler als ich gewesen wären. So werden Kinderträume zerstört.

Aber das ist eigentlich gar nicht schlimm. So muss ich nicht in der schwülen Hitze von Tokio Tennis spielen, sondern kann auf dem Sofa sitzen, Kaffee trinken und anderen Menschen beim Säbelfechten, Hockey, Tennis, Schwimmen, 3×3-Basketball, Beach-Volleyball, Judo und Tischtennis zuschauen. Ein Stück Kuchen wäre nett.

25. Juli 2021, Berlin

Auf unserer sonntäglichen Laufrunde kommen wir an einem kleinen Basketballfeld vorbei. Dort dribbelt ein älterer Mann, der weit über 80 ist, einen Basketball über den Court. Ich würde jetzt gerne schreiben, wie er sich in die Höhe geschraubt und den Ball mit einem spektakulären Slam Dunk versenkt hat, aber er wirft von der Freiwurflinie und verfehlt den Korb. Das Leben schreibt leider doch nicht die besten Geschichten.



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60 Kommentare zu “Eine kleine Wochenschau | KW28/29-2021

Erwähnungen

  • Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.

    27. September 2021, Berlin

    Sitze vormittags mit dem Sohn beim Orthopäden. Beim Judoturnier am Wochenende hat er sich irgendetwas am Knie zugezogen. Außerdem ist sein linker Daumen lädiert, auf Höhe des rechten Wangenknochens hat er einen blauen Fleck und die Lippe hat auch etwas abbekommen. So wie der Sohn aussieht, fühlt sich heute wahrscheinlich die CDU.

    Der Orthopäde untersucht das Knie, mutmaßt, dass das Außenband überdehnt oder angerissen ist und ordnet ein MRT an. Ich bitte ihn, sich auch den Daumen anzuschauen Der Sohn kann keinen Stift halten, was blöd ist, weil er Linkshänder ist, was noch blöder ist, weil er diese Woche drei Arbeiten schreiben muss. Daher bitte ich um ein Attest, weil das bei den Lehrer:innen wahrscheinlich mehr Eindruck macht, als ein von mir geschriebener Zettel.

    Der Daumen sei wohl verstaucht, meint der Orthopäde und fragt den Sohn, ob er nicht auch mit rechts schreiben könne. Der Sohn antwortet, seine Schrift sei schon mit links nicht die allerleserlichste – was ein ziemlicher Euphemismus ist –, aber mit rechts sei sie gar nicht zu entziffern und eine Zumutung für die Lehrer. Als Arzt weiß der Orthopäde wahrscheinlich nicht, was mit „unleserliche Handschrift“ überhaupt gemeint ist, stellt dann aber doch das Attest aus.

    „Oben genannter Patient kann die nächsten 14 Tage nicht handschriftlich tätig werden.“

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    Meine Frau schreibt mittags die Lehrer:innen an, um anzukündigen, der Sohn könne die Arbeiten nicht mitschreiben und schickt das Attest gleich mit. Die Geschichtslehrerin antwortet umgehend, dass sei kein Problem. Vor allem, weil die Arbeit schon heute geschrieben wurde.

    28. September 2021, Berlin

    Unsere Dusche funktioniert nicht. Irgendetwas blockiert die Wasserzufuhr im Brauseschlauch. Langsam habe ich den Eindruck, 2021 arbeitet eine Checkliste ab, was alles kaputt gehen kann. Heizung, Wasserboiler, Waschmaschine, WLAN und Spülmaschine sind schon abgehakt.

    Jetzt also die Dusche. Da sich das Problem nicht auf die Schnelle lösen lässt, kauere ich nun würdelos in der Badewanne und halte zum Haarewaschen den Kopf unter den Wasserhahn. Um den Rest des Körpers zu waschen, schütte ich mir mit einer kleinen Schüssel Wasser über Rücken, Brust und Beine, was ein nicht weniger demütigendes Bild abgibt. Wenn ich mich etwas anstrenge, kann ich mir vorstellen, dass ich eine rituelle Waschung durchführe, um Körper und Geist zu reinigen. Ich möchte mich aber nicht anstrengen und mein Geist zieht es auch vor, genervt zu bleiben. (Umso wichtiger wäre wahrscheinlich die rituelle Waschung.)

    29. September 2021, Berlin

    Ich bekomme eine Mail von der Volks- und Raiffeisenbank. Mit meinem Banking stimme etwas nicht und deswegen musste es deaktiviert werden. Das ist merkwürdig, denn ich habe gar kein Konto bei der Volks- und Raiffeisenbank. Noch merkwürdiger ist allerdings der Text der Mail.

    WichtigeеMitteilungSehrеgeehrterеKunde,Ihr Bankingеwurde aus sicherheitstechnischenеGründenеdeaktiviert.durchеneue Bestimmungenеist es erforderlich, dassеKontoinhaber inеregelmäßigen Abständen eine kurzeеBestätigung Ihrerеaktuellen Datenеdurchgeben. Damit soll gegen nichtеauthorisierte Benutzung vonеKonten und Geldwäscheеvorgegangenеwerden.Um unsereеDienste weiterhin wieеgewohnt nutzen zu können undеeiner drohenden Schließung vorzubeugen, möchtenеwir Sie höflich bittenеdies umgehend zuеerledigen.Wir wunschenеIhnen noch einenеangenehmen Abendеund entschuldigen unsеfur die Unannehmlichkeiten.Mit freundlichenеGruBenIhreеVolksbank

    Die Phishing-Betrüger könnten sich ruhig etwas mehr Mühe geben und ihre Mails vor dem Abschicken jemandem zum Gegenlesen geben. Sie wissen schon, 4-Augen-Prinzip und so. Das hat ja auch etwas mit Respekt gegenüber den potenziellen Betrugsopfern zu tun, dass du nicht den Eindruck vermittelst, du hältst sie für die letzten Volltrottel, die auf so etwas reinfallen.

    Ich frage mich ohnehin, ob es tatsächlich Menschen gibt, die auf solche Mails reagieren. Wenn neben dem Bankautomat ein Typ in zerlumptem Anzug steht und zu dir sagt: „Deinen Karten nicht funktionieren. Mussten geben mir und dazu noch auch Ihren PIN. Ich wunschen noch einen angenehmen Tage und entschuldigen mich fur die Unannehmlichkeiten.“, denkst du doch auch nicht: „Mensch, was für ein netter Mann, bei dem ist meine Bankkarte gut aufgehoben. Vielleicht kann er sich auch noch um mein Aktiendepot kümmern.“

    30. September 2021, Berlin

    Die Briten bekommen immer mehr die Auswirkungen des Brexits zu spüren. Da die meisten ausländischen Arbeitskräfte das Land verlassen mussten, gibt es zu wenige LKW-Fahrer, was dazu führt, dass die Tankstellen nicht genügend Benzin geliefert bekommen und auch in vielen Supermärkten bleiben häufiger mal die Regale leer.

    Der Brexit hat aber noch ganz andere Folgen: Nordirische Zirkusse klagen über eine Clowns-Knappheit. Im Gegensatz zur LKW-Fahrer-, Benzin- und Lebensmittel-Knappheit gibt es für dieses Problem eine einfache Lösung: Wenn die Menschen einen Clown sehen wollen, können sie sich einfach die Reden von Boris Johnson anschauen.

    01. Oktober 2021, Berlin

    Heute ist Tag des Lächelns. Ich glaube nicht, dass der in Berlin besonders begangen wird. Außerdem ist Tag des Kaffees. Dafür brauche ich auch keinen eigenen Gedenktag, den habe ich jeden Tag. Im Gegenteil wäre es für mich sinnvoller, es gäbe einen Christian-macht-heute-mal-halblang-was-den-Kaffeekonsum-angeht-Tag.

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    Der Sohn fragt, ob er sich heute Abend mit ein paar Klassenkameraden und -kameradinnen treffen dürfe. Sie wollten im Park abhängen. Wir erlauben es, er solle aber spätestens um 1 Uhr zu Hause sein und außerdem seinen Perso mitnehmen, falls die Polizei im Park kontrolliert. Schließlich haben weder meine Frau noch ich Bock, ihn nachts auf irgendeiner Wache abzuholen, weil seine Personalien nicht festgestellt werden konnten.

    Es ist für mich noch gewöhnungsbedürftig, dass der Sohn jetzt in einem Alter ist, wo er weggeht. Ich kann mich kaum auf unsere Serie konzentrieren, weil ich mir vorstelle, wie er jetzt draußen rumläuft. Abends, wenn es schon dunkel ist. Außerdem frage ich mich, ob wir aufbleiben müssen, bis er wohlbehalten zurück ist.

    Aus Kinderperspektive ist das nicht so toll, sondern eher nervig, wenn du nach Hause kommst und die Eltern noch wach sind und dich ausfragen, wie es war. Aus Elternperspektive ist es aber auch nicht so prickelnd. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal bis 1 Uhr wach war. Wir sind ja auch keine 20 mehr, als du um eins erst losgegangen bist. Und andererseits sind wir noch keine 80, wo du mit sehr wenig Schlaf auskommst.

    Der Sohn hat ein Einsehen mit uns und ist schon um 23 Uhr zurück. Er kündigt an, morgen würde er wieder weggehen. Also, nur wenn wir nichts dagegen hätten, fügt er noch pro forma hinzu.

    O2. Oktober 2021, Berlin

    Als ich meine Brille absetze und auf der Küchenanrichte ablege, bricht sie am Steg auseinander. Nun habe ich quasi zwei Monokel, aber keine Brille mehr. Danke, 2021, vielen Dank!

    Gut, die Brille ist mehr als 10 Jahre alt und hat mir immer gute Dienste geleistet, da kann sie irgendwann auch mal kaputt gehen. Andererseits erfordert die zerbrochene Brille eine Spontanität, auf die ich nicht vorbereitet war. Zum einen muss ich heute noch zum Optiker gehen und mich um einen Ersatz kümmern, denn meine Back-up-Brille ist ein circa 20 Jahre altes Gestell, bei dem die Gläserstärke nicht mehr so ganz zu meiner Weitsichtigkeit passt. Das wird mir schmerzlich vor Augen geführt, als ich maulwurfsgleich versuche, am Handy die Öffnungszeiten des Optikers zu entziffern. Zum anderen muss ich nun doch eine Jeans anziehen, dabei sah meine eigentliche Tagesplanung heute vor, gemütlich in Jogginghose zu entspannen. Danke, 2021, vielen Dank!

    Wenigstens hat der Optiker gute Nachrichten für mich: Die Brille kann repariert werden. Ich bin sehr erleichtert. Wenn es mich schon latent überfordert, eine Jeans anzuziehen, obwohl ich geplant hatte, eine Jogginghose zu tragen, wie hätte ich mich da für ein Brillenmodell entscheiden sollen, das mich mindestens für die nächsten zehn Jahre begleitet?

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    Auf dem Heimweg gehe ich noch schnell zu meinem arabischen Frisör. (Wenn schon spontan, dann richtig.) Ich habe mir das letzte Mal kurz vor dem Urlaub, also vor knapp zweieinhalb Monaten, die Haare schneiden lassen und nun sieht es bei mir obenrum etwas zottelig aus. Aber nicht gewollt hipster-stylish zottelig, sondern eher nach Moschusochse-mit-einer-nicht-behandelbaren-Fell-Krankheit zottelig.

    Vor mir ist noch ein anderer Kunde dran. Als er fertig ist, fragt er den arabischen Frisör nach Haar wuchs. Der Mann zeigt auf eine rote Dose und fragt: „Was ist das für ein Wachs?“

    Der arabische Frisör zuckt mit den Schultern. „Rotes.“

    „Und das?“ Der Mann deutet auf einen schwarzen Tiegel.

    „Schwarzes.“

    „Und das?“, fragt der Mann und zeigt nun auf einen grauen Behälter.

    „Graues.“

    Ich denke, niemand kann meinem arabischen Frisör eine unlautere Verkaufstechnik vorwerfen, mit der er den Kunden mit überzogenen Versprechungen zum Erwerb von Haar-Styling-Produkten überreden will. Der Mann kauft trotzdem vier Dosen. (Zwei schwarze und zwei rote, falls es Sie interessiert.)

    03. Oktober 2021, Berlin

    Heute ist Tag der deutschen Einheit. Dass er dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, trübt die Freude über den Feiertag allerdings ein wenig.

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    Normalerweise bin ich kein Mensch, der sich leicht erheitern lässt. Zumindest nicht so, dass ich laut und anhaltend lache. Dieses Video eines Mannes, der versucht, Gnocchi zu frittieren, hat es aber geschafft.

    Vielleicht sollten wir alle mal öfter Gnocchi frittieren…🤓 pic.twitter.com/Ub4jzWANW2— Ruhrpottlady (@mitPunkimHerzen) September 27, 2021

    https://platform.twitter.com/widgets.js

    Anscheinend ist mein Humor doch weniger anspruchsvoll und intelligent, als ich mir immer glauben machen will.

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    Christian HanneChristian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
    Im September erscheint sein neues Buch „Papa braucht ein Fläschchen“. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind „Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter“, „Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit“ sowie „Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“*. (*Affiliate-Links)
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Neuveröffentlichungen

  • Nun ist es auch mal gut mit der Urlaubs-Bloggerei. Dafür die neueste Wochenschau: Mit Ohr-Spülungen, ganz viel Impferei, kaputten Spülmaschinen und gescheiterten Olympia-Teilnahmen.

    Viel Spaß beim Lesen!

    familienbetrieb.info/eine-kleine-wo…

Erwähnungen

  • Thomas
  • 🌈Buffelomm geimpft🌈💉🎉

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