Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
11. September 2023, Berlin
Die Tochter hat in Carlow einen neuen Job angefangen. Als Putzkraft in einem Hotel. Gestern, an ihrem zweiten Arbeitstag, hat sie ihren Kopf mit voller Wucht gegen die Kante eine Badezimmertür geknallt. Weil ihr schwindlig und leicht übel war, wurde sie nach Hause geschickt.
Heute geht es ihr schon viel besser, aber sie hat an der Stirn eine monströs große Beule. Wie in einem Tom & Jerry-Cartoon, wenn Tom einen Hammer auf die Rübe bekommen hat. Es fehlt nur, dass ein paar Vögelchen ihren Kopf umkreisen.
Ich behalte den Gedanken lieber für mich. Humor soll laut dem Volksmund zwar die beste Medizin sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Tochter das genauso lustig findet wie ich.
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Heute ist Mach-dein-Bett-Tag. Den habe ich jeden Tag, denn ich mache täglich mein Bett. Fast schon zwanghaft. Als mein Schreibtisch noch im Schlafzimmer stand, wäre es mir nicht möglich gewesen, mit einem unordentlichen Bett im Rücken zu arbeiten.
Inzwischen habe ich ein eigenes Arbeitszimmer. Trotzdem könnte ich den Gedanken nicht ertragen, dass das Bett zwei Zimmer unordentlich ist. Obwohl ich es nicht sehe.
Es macht mir sogar ein ungutes Gefühl, wenn ich morgens vom Laufen zurückkomme und feststelle, dass ich vergessen habe, vorher das Bett zu machen. Der Gedanke, dass ich zwei Stunden unterwegs war, während die Decke zerknäult am Fußende lag und die Kopfkissen platt gelegen waren, macht mich nervös.
Abgesehen davon ist es viel angenehmer, abends in einem gemachten Bett zu schlafen. Es wäre mir sogar zuwider, mich hinzulegen, wenn Laken, Decke und Kissen verknittert wären. Da würde ich zuerst das Bett machen und mich direkt danach hineinlegen.
William McRaven, ein ehemalige Navy Seal und Oberbefehlshaber der Einheit für Spezialoperationen, hat einen Bestseller mit dem Titel „Make your bed“ geschrieben. Wer sein Laken glatt ziehe und Kissen und Decken aufschüttele, bekäme einen Sinn für Ordnung und Struktur. Für den Tag und fürs Leben. Wer sein Bett gemacht hat, wüsste, dass er etwas geschafft hat.
Ich verstehe zwar, was er damit meint, aber wenn mein Bett zu machen das Einzige wäre, was ich am Tag hinbekommen habe, hätte ich abends nicht das Gefühl, dass ich besonders produktiv war. Außerdem ist mir in sein Betten-machen-Ansatz zu viel Disziplin, Drill und Leistungsstreben hineinprojiziert. Ich möchte einfach, dass mein Bett ordentlich ist. Nicht mehr und auf keinen Fall weniger.
Ich möchte jedoch nicht zu kritisch mit der Betten-machen-Philosophie von Herrn McRaven sein. Immerhin hat er die Einheiten befehligt, die Saddam Hussein gefangen genommen und Osama bin Laden getötet haben. Wer weiß, wie gut er mit Kritik umgehen kann.
12. September 2023, Berlin
In unserer Straße parkt der Kastenwagen einer Reinigungsfirma. Auf dem Kofferraum steht „Forever clean“. Guter Spruch, aber schwieriges Geschäftsmodell.
Auf der einen Seite ein super Werbeversprechen. Wer möchte es nicht für immer sauber haben? Wie willst du dir aber eine Stammkundschaft aufbauen, wenn du immer nur einmal zum Putzen kommen musst.
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13 Uhr. Die Nachbarin aus dem Hinterhaus duscht. Diesmal nicht allein, ihr Freund duscht mit ihr. Vielleicht ist es gar nicht ihr Freund, sondern ein Mitbewohner mit Benefits. Da beide lange Haare haben, ist durch die Milchglassscheibe nicht zu erkennen, wer gerade vor wem kniet und dem oder der anderen eine Freude bereitet.
Ich weiß schon, dass ich nicht zusehen sollte, wie die beiden duschen. Um ihre Intimsphäre zu respektieren. Und meine eigene. Aber das ist wie bei einem Autounfall, bei dem du nicht wegschauen kannst.
13. September 2023, Berlin
Drehe im Stadion des TSV GutsMuths meine Runden. Gleichzeitig hat eine Schulklasse Sportunterricht. Schätzungsweise eine 12. Klasse. Ich kann nicht unterscheiden, wer die Schüler sind und wer der Lehrer ist. Die Schüler sehen sehr alt aus – die meisten tragen Vollbärte –, der Lehrer anscheinend sehr jung.
Der Sportunterricht sieht aus wie organisiertes Chaos. Beziehungsweise wie unorganisiertes Chaos. Ein paar der Schüler*innen spielen Volleyball, einige hampeln an den Fitness-Geräten rum und viele Mädchen sitzen auf dem Rasen im Schatten. Wahrscheinlich Menstruationsprobleme.
Es ist nicht einfach, Jugendliche im Sportunterricht zu motivieren. Vor allem wenn du jünger aussiehst als sie.
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Am Zeitschriftenregal bei Penny liegt die aktuelle Ausgabe der Astro-Woche prominent aus. Auf dem Titelbild steht groß die Schlagzeile „Wem kann ich noch vertrauen?“
Ich habe viele Fragen:
- Es gibt eine Zeitschrift „Astro-Woche“?
- Haben Menschen, die auf Horoskope vertrauen, überhaupt ein Vertrauensproblem?
- Ist die Astro-Woche eine vertrauenswürdige Quelle, um die Frage zu beantworten, wem du noch vertrauen kannst?
14. September 2023, Berlin
Es klingelt. Ich habe gestern für die polnische Familie im dritten Stock ein Paket angenommen. Nun steht die circa achtjährige Tochter vor mir. „Ich soll einen Karton abholen.“
Das Paket ist ziemlich groß. Laut Beschriftung enthält es eine Karaokemaschine.
„Kannst du das tragen?“, frage ich die Kleine, als ich ihr das Paket überreiche. Sie nickt.
Im Bemühen ein wenig Small Talk zu betreiben, frage ich: „Ist das eine Musikmaschine für dich?“ „Weiß nicht.“ Sie zuckt mit den Schultern.
„Oder ist das dein Geburtstagsgeschenk?“, smalltalke ich weiter. „Weiß nicht.“ Sie zuckt wieder mit den Schultern und geht hoch.
Meine Güte, was stimmt nicht mit mir? Falls ich recht habe, habe ich mit meinem doofen Fragen ihre Geburtstagsüberraschung ruiniert. Toll, Christian, ganz toll.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Mit seiner Frau lebt er in Berlin-Moabit, die Kinder stellen ihre Füße nur noch virtuell unter den elterlichen Tisch. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Sein neues Buch “Wenn ich groß bin, werde ich Gott” ist im November erschienen. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
Ich habe auch eine solche Spam-Email am 29. September erhalten:
„In meiner Inbox befindet sich eine Mail von Vanieta Hristova. Ich kenne keine Vanieta Hristova. Der Betreff lautet „2023“, in der Mail steht lediglich „Können wir reden?“ Nun frage ich mich, ob Frau Hristova mit 2023 reden möchte oder mit mir über 2023.“
Genauso…
Frau Hristova ist also gar nicht an einem Gespräch exklusiv mit mir interessiert? Sehr traurig.