Im ersten Ausstellungsaum hängt ein riesiges Skelett eines Finnwals an der Decke. Finnwale werden über 20 Meter lang und wiegen fünf bis sieben Tonnen. Eine Information, die einem das gute Gefühl gibt, dass die zwei, drei überschüssigen Weihnachtskilo gar nicht so schlimm sind.)
Um zu veranschaulichen, wie groß so ein Finnwal ist, stehen in dem Raum eine Giraffe und ein Elefant. Die wirken gegen den Wal wie ein Rehpinscher und ein Chihuahua.
An einer der Wände kannst du dich über die Geschwindigkeit von Lebewesen informieren. Der Mensch liegt da nur im hinteren Mittelfeld. Er erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h.
Das schnellste Tier der Welt ist der Gepard. Das wusste ich bereits. Der erzielt eine Spitzengeschwindigkeit von weit über 100 km/h. (Möglicherweise auch nur der Usain Bolt unter den Geparden.)
Für mich überraschend, belegen Rentiere einen der vorderen Plätze in der Schnellste-Lebewesen-der-Welt-Rangliste. Die kommen auf circa 80 km/h. Wahrscheinlich das Tempo, das nötig ist, um den Santa-Schlitten in die Luft zu bekommen.
Im nächsten Raum fotografiere ich das Modell eines Vogel Strauß. So ein Strauß ist eine ziemlich imposante Erscheinung. Ich bin 1,80 und muss zu dem Tier aufschauen. Zum Glück laufen im Schlosspark Charlottenburg oder im Volkspark Rehberge keine Strauße rum.
Vor allem weil der Schnabel eines Straußes ziemlich groß ist. Damit willst du keine abbekommen. Ein Strauß erreicht eine Geschwindigkeit von gut 70 km/h. Da sieht selbst Usain Bolt im Sprintduell alt aus.
Der letzte Raum der Evolutionsausstellung beschäftigt sich mit Tieren im Wasser. Unter anderem mit japanischen Riesen-Krabben. Die haben ihren Namen nicht ohne Grund. Die Beine der männlichen Exemplare sind über dreieinhalb Meter lang. Diese Krabbenart lebt im japanischen Pazifik. Damit ist Strandurlaub in Japan von meiner Liste möglicher Feriendestinationen gestrichen.
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Nach etwa drei Stunden verlassen wir das Nationalmuseum. Auf dem Heimweg kommen wir am Karlsplatz und dem Neustädter Rathaus vorbei. Dort fand vor 600 Jahren der Prager Fenstersturz statt. Eigentlich ein Fensterwurf, denn der Bürgermeister und die Ratsvertreter sind nicht durch Tollpatschigkeit, aus dem Fenster gepurzelt. Da mussten die Hussiten schon ein wenig nachhelfen. Anschließend gab erstmal fünfzehn Jahre Krieg.
1618 gab es einen weiteren Prager Fenstersturz. Anscheinend ist es in Prag ein sozial akzeptiertes Kommunikationsmittel, deiner politischen Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen, in dem du politische Gegner aus dem Fenster schubst.
Schauplatz des zweiten Prager Fenstersturzes ist die Prager Burg. Protestantische Ständevertreter bugsierten ein paar königliche Statthalter aus dem Fenster, in den 17 Meter tiefer gelegenen Burggraben. Das löste den 30-jährigen Krieg aus. Vielleicht sollten die Prager das mit der Fensterwerferei lieber lassen. Dabei kommt doch nichts Gutes rum.
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Für die Abendgestaltung hat sich meine Frau wieder etwas Besonderes ausgedacht. Kein weiteres Konzert, sondern sie hat Karten für den Metro Comedy Club besorgt. Dort findet heute die Wildcard-Ausscheidungsrunde für den „Prague’s funniest“-Wettbewerb statt. (Falls Sie sich jetzt fragen, wie viel Spaß wir an tschechischer Stand-up-Comedy haben werden: Die Auftritte sind auf Englisch.)
Die Show startet erst um 22.30 Uhr. Eine geradezu unchristliche Zeit, zu der ich normalerweise bereits im Bett liege.
Wir überbrücken die Warterei, indem wir unser Kniffelturnier zu Ende bringen. Der Sohn belegt den vierten Platz, obwohl beziehungsweise weil ihm das Kunststück eines Einhandkniffels der Herzen gelingt. Meine Frau wird Dritte und ich verteidige meinen gestrigen Vorsprung vor der Tochter und entscheide unser 2024er Urlaubskniffelturnier für mich.
Damit bin ich nun alleiniger Rekord-Urlaubskniffel-Champion. Mein größter sportlicher Erfolg neben dem Gewinn der Westerwälder U12 Judo-Kreismeisterschaft in der Gewichtsklasse bis 32 Kilo – außer mir gab es nur einen Teilnehmer, der im Finale über seine eigenen Füße stolperte – sowie einem siebten Platz unter 26 Läufern beim Berliner Vollmondhalbmarathon 2022.
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20.40 Uhr endet unsere Kniffelrunde. Noch knapp zwei Stunden bis zu unserem Comedy-Abend. Da können wir vorher noch ein wenig entspannen. Unsere Entspannung endet sehr abrupt, bevor sie überhaupt angefangen hat, als meine Frau einen Blick auf die e-Tickets wirft. Die Show startet nicht um 22.30 Uhr anfängt, sondern endet um diese Zeit. (Auch Stand-up-Comedians wollen vor Mitternacht ins Bett.)
Beginn des Comedy-Abends ist 21 Uhr. Die Fahrt zur Location dauert mit der Straßenbahn und einmal umsteigen 18 Minuten. Das heißt, wir schaffen es nicht pünktlich. Das ist sehr misslich, denn zu spät bei einem Stand-up-Auftritt zu erscheinen, garantiert, dass du zur öffentlichen Zielscheibe von Spott und Witzen wirst.
Mit Bolt dauert die Fahrt laut App nur zwölf Minuten. Michal, unser Fahrer, unterbietet die Zeit sogar um eine Minute. Er setzt uns um 20.57 Uhr vor dem Metro Comedy Club ab. Aus Dankbarkeit gibt der Sohn ihm seinen 100-Kronen-Schein, den er gestern Abend als Rückgeld in einem Prager Späti erhielt. Damit verdoppelt er fast das Fahrgeld.
Beim Einlass stellt sich heraus, dass unsere Unpünktlichkeitsangst unbegründet war. Die meisten Besucher*innen – und Comedians – tummeln sich noch an der Theke, um mittels Bier sicherzustellen, dass der Abend auch wirklich lustig wird.
Der Veranstaltungsraum befindet sich im Keller. Die Einlasserin fragt uns, ob wir gerne in der noch freien ersten Reihe sitzen möchten. Möchten wir selbstverständlich nicht. So viel Selbsthass besitzen wir nicht, uns freiwillig nach vorne zu setzen, wo dich die Comedians in Gespräche verwickeln, in denen sie zur Belustigung des restlichen Publikums Witze auf deine Kosten reißen.
Entsprechend setzen wir uns möglichst weit nach hinten. Was immer noch ziemlich nah an der Bühne ist, denn der Raum bietet nur Platz für 50 bis 60 Leute.
Bevor es losgeht, bleibt noch genügend Zeit, dass der Sohn und ich oben an der Theke Bier holen. Ich runde den Betrag, den mir die Frau hinterm Tresen nennt, auf 200 Kronen auf und hoffe, dass ich damit circa zehn und nicht nur ein Prozent Trinkgeld gebe.
Auch ohne dass wir in der ersten Reihe sitzen, werden an dem Abend erstaunlich viele Witze über Deutsche gemacht. Der zweite Teilnehmer ist sogar Deutsch-Türke. Ein Deutsch-Türke, der in einer tschechischen Kellerbar englische Stand-up-Comedy macht. Mehr Globalisierung geht nicht.
Den Wettbewerb gewinnt verdientermaßen Jemanja. Ein hünenhafter, bärtiger Serbe, der sich ausführlich über seinen neuen Premium-Mixer auslässt, den er nach der Geburt seines Kindes angeschafft hat. Zu seinem Bedauern kann er mit niemandem über den Mixer sprechen. Seine Frau redet lieber über Politik und Kultur, für eine Unterhaltung mit seinen Kumpels ist das Thema zu unmännlich. Es hat schon seinen Grund, dass es zwar Motorrad-Gangs, aber keine Mixer-Gangs gibt.
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Zurück in unserer Unterkunft packen wir die Koffer und bereiten Proviant für die morgige Heimreise vor. Jetzt müssen wir morgen nur noch daran denken, am Bahnhof unbedingt ein paar Kühlschrank-Magnet zu besorgen. Denn wenn du von einer Reise keinen Kühlschrank-Magneten mitbringst, hat sie im Prinzip nicht stattgefunden. Und das wäre sehr schade.
Die kompletten Beiträge der Prag-Reise finden sie hier:
- Anreise (03.01.): Es fährt ein Zug nach Irgendwo
- Tag 1 (04.01.): So weit die Füße tragen
- Tag 2 (05.01.): Essen wie die Tschechen
- Tag 3 (06.01.): Wer zuletzt lacht, lacht zuletzt
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)