¡Hola España! – Tag 05 (12.09.): Vom Winde gemobbt

Der alljährliche Urlaubsblog. Aus Spanien. Nicht live, aber dafür in Farbe und HD. Falls Sie, aus welchen Gründen auch immer, alle Beiträge des ¡Hola España!-Blogs lesen möchten, werden Sie hier fündig.

Stehe auf dem Balkon, widerwillig eine Banane essend. Bananen zählen ohnehin nicht zu meinem Lieblingsobst – Stichwort eklige Fäden –, aber dieses Exemplar erregt mein Missfallen in besonderem Maße. Einerseits süß, aber anderseits trotzdem von der festen Konsistenz einer unreifen Banane, was das haptische Verzehrerlebnis erheblich einschränkt. (Sollten Sie mal erklären müssen, was ein First-World-Problem ist, können Sie gerne auf dieses Beispiel zurückgreifen.)

Aus Vernunftgründen drücke ich mir die Banane trotzdem rein. Heute stehen Drei-Kilometer-Intervallläufe auf dem Trainingsplan. Da möchte ich vermeiden, dass der Mitten-im-dritten-Intervall-Christian schwächelt und das Bedürfnis verspürt, den Vor-Trainingslauf-Christian mit der Schale der nicht gegessenen Banane zu ohrfeigen. (Der Vor-Trainingslauf. Christian ist ein sehr harmoniesüchtiger Mensch und umso mehr, wenn er das Objekt einer körperlichen Züchtigung mittels einer Obstschale werden könnte.)

Bevor ich meinen Lauf starte, trinke ich erst noch einen Kaffee. (Der Vor-Trainingslauf-Christian ist nicht nur harmonie-, sondern auch Koffein süchtig. Das gilt allerdings für alle Christians.)

Titelbild mit Blick aufs Meer, der Himmel ist von dunklen Wolken verhangen

Die Wetter-App meiner Frau hat für heute starken Wind vorhergesagt. Während ich auf der Strandpromenade Richtung Cambrils laufe, muss ich feststellen, dass sie leider recht hat.

Selbstverständlich kommt der Wind stetig von vorne, allenfalls mal von der Seite. Mir fliegen Sandkörner, Piniennadeln und diverse Insekten ins Gesicht.

Als ich hinter Cambrils am Ende der Promenade umdrehe, tritt etwas auf, das in der Meteorologie als Christian-Phänomen bekannt ist: Der Wind ändert schlagartig, wie aus dem Nichts die Richtung, so dass er auch auf dem Rückweg von vorne oder allenfalls mal von der Seite bläst. Wenigstens habe ich mich auf dem Hinweg schon an Sandkörner, Piniennadeln und Insekten im Gesicht gewöhnt.

Als wir zum Supermarkt gehen, läuft eine junge Frau telefonierend über den Parkplatz, der zu der Anlage gehört. Sie trägt einen schwarzen Hoodie, auf dem Rücken steht etwas in rosafarbenen Großbuchstaben. Die oberste Zeile ist von der Kapuze verdeckt, nur der Rest ist zu lesen: „FOR BOOBS“

Nun wüsste ich gerne, wie der komplette Satz lautet. CLAP FOR BOOBS? WATCH OUT FOR BOOBS?

Oder kandidiert eine Person, deren Eltern unglücklicherweise dachten, Boobs sei ein guter Name für ihr Kind, für irgendein Amt und hat Merch mit dem Slogan „VOTE FOR BOOBS“ bedruckt? Nicht besonders wahrscheinlich, aber das heißt nicht, dass es nicht doch stimmen könnte.

Ich könnte an der Frau vorbeigehen und unauffällig die Kapuze anlupfen. Allerdings ist mir das Risiko zu groß, dass ich weniger unauffällig bin, als ich mir das erhoffe. Da gerätst du als mittelalter, graubärtiger Typ, der am Kapuzenpulli von jungen Frauen rumfummelt, in ziemliche Erklärungsnöte. (Ungefähr so wie bei statistischen Erhebungen zu barbusigen Frauen am Strand.) Somit muss ich mich damit abfinden, niemals zu erfahren, was auf dem Hoodie steht.

Das Schicksal ist mir jedoch gewogen. Bei unserer Rückkehr vom Einkaufen telefoniert die Frau immer noch, die Kapuze ist inzwischen so verrutscht, dass der komplette Rücken samt Spruch frei gelegt ist. „BABES FOR BOOBS“.

Zugegebenermaßen sagt mir das auch nicht wirklich etwas. Was soll das heißen? Möglicherweise eine Kampagne gegen Brustkrebs? Oder ist das der anzügliche Motto-Pulli eines lesbischen Kegelvereins? Auch hier gilt: Nicht sehr wahrscheinlich, aber vielleicht trotzdem zutreffend.

Halb voll oder halb leer?

Der Strand ist nahezu menschenleer. Was mit dem weiterhin ziemlich starken Wind zusammenhängen könnte. Der macht schon das Ausbreiten der Handtücher zu einer Herausforderung. In einem unwürdigen Schauspiel lassen wir die Tücher gegen unseren Körper wehen, werfen uns dann zu Boden und versuchen sie an den Ecken mit Gegenständen zu beschweren, was uns mäßig gut gelingt.

Zumindest kann uns niemand vorwerfen, dass wir nicht lösungsorientiert denken und das ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. Vor allem ohne Rücksicht darauf, dass wir uns zum Gespött von Vilafortuny machen oder, falls ein Video davon existiert, des gesamten Internets.

Ein Mann spielt trotz des Windes mit seiner kleinen Tochter. Das Spiel besteht darin, dass der Vater einen mit Klettbändern umwickelten Ball mit der einen Hand so hoch wie möglich in die Luft wirft, um ihn dann mit einer mit Stoff überzogenen Scheibe in der anderen Hand auffängt.

Die Aufgabe des Mädchens besteht darin, zuzuschauen und ihren Papa zu beklatschen, wenn er den Ball erfolgreich aus der Luft holt. Sie scheint trotzdem Spaß zu haben.


Fortsetzung

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