Hilfe, ich werde Papa: 5 Jahre, 10 Auflagen, 70.000 Exemplare (mit super, duper Verlosung)

Am 18. März 2019 erblickte Hilfe, ich werde Papa! das Licht der, nun ja, Literaturwelt. Mit 18 Zentimetern Größe und 170 Gramm Gewicht ein eher zartes Büchlein. Nun ist es fast fünf Jahre alt, mehr als unfassbare 70.000-mal im Einkaufskorb gelandet und gerade in die ebenso unfassbare zehnte Auflage gegangen. 70.000. Wer hätte das gedacht? Ich nicht.

Als Mensch, dem das Hochstapler-Syndrom nicht fremd ist und der aus Gründen, die mal psychoanalytisch aufgearbeitet werden müssten, wenig Stolz für eigene Leistungen und Errungenschaften empfindet, halte ich es durchaus für möglich, dass meine Eltern alle zehn Auflagen komplett aufgekauft haben und dass irgendwo im Westerwald in einer Garage 70.000 Exemplare von Hilfe, ich werde Papa! lagern.

Aber vielleicht täusche ich mich auch und es steht tatsächlich in 70.000 Haushalten eine Ausgabe des Büchleins. Ein Gedanke, der mich mit Freude, noch mehr Unglaube und vor allem Sorge erfüllt. Sorge um 70.000 Babys, deren Eltern dachten, es sei eine gute Idee sich bei mir „Tipps“ und „Ratschläge“ für Vorbereitung auf Schwangerschaft und Säugling zu holen. Hoffentlich haben sie auch richtige Ratgeber gelesen. Sonst werden wir in ein paar Jahren verlorene Hilfe, ich werde Papa!-Generation von Schulabbrecher*innen, Drogenabhängigen und Arbeitslosen haben.

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Eine kleine Wochenschau | KW04-2024 (Teil 2)

Teil 1


25. Januar 2024, Berlin

6. 45 Uhr. Die letzte Nahrungsaufnahme liegt 82 Stunden zurück. Fühle mich kaputt. Meine Sinne scheinen mir auch nicht schärfer als sonst zu sein. Im Gegenteil. Komme mir vor, als sei ich in Watte gehüllt. Alles um mich herum ist dumpf und stumpf.

Kaffee würde jetzt guttun. Auf jeden Fall besser als meine Tasse Tee der Sorte „Morgenglück“. (Lügen-Tee)

In einer Art Übersprungshandlung höre ich „Ich mag“ von Volker Lechtenbrink. Das war früher das Lied in der Caro-Kaffee-Werbung. Caro-Kaffee ist gewiss nicht mein Lieblingsgetränk und auf keinen Fall Bohnenkaffee vorzuziehen. Gerade würde ich alles für eine Tasse Caro-Kaffee geben. Obwohl, wenn ich schon alles gebe, dann vielleicht doch lieber für einen richtigen Kaffee. Und wenn wir schon dabei sind, nähme ich noch ein Stück Käsekuchen dazu.

Singe gemeinsam mit Volker Lechtenbrink: „All das mag ich. Und ganz doll dich.“ Und ja, damit meine ich Kaffee.

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Mein Plan war, vormittags laufen zu gehen. Für die Agentur ist aber so viel zu tun, dass ich die Lauferei erstmal verschieben muss. Das viele Arbeiten hat auch seinen Vorteil: Es bleibt mir keine Zeit, um an Essen zu denken. Ob die Qualität meiner Arbeit besonders hoch ist, vermag ich nicht mehr zu beurteilen.

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15.45 Uhr. Komme endlich zum Laufen. Heute bin ich wieder erstaunlich fit und leistungsfähig. Bin ich vielleicht doch ein Keton-geschwängerter Hazda-Jäger?

Eine Frage, die ich nach zwei Kilometern verneinen kann. Meine Fitness- und Leistungslevel geht rapide runter. Zum Schluss bin ich so langsam, dass mich die Menschen wahrscheinlich für eine lebende Statue halten. Oder sie denken, ich habe beim Laufen einen Herzstillstand erlitten. Hoffentlich versuchen sie nicht, mich zu reanimieren.

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20 Uhr. Schauen abends „The Bear“. Eine Disney+-Serie, die in der Küche eines Chicagoer Sandwichladens spielt. In der ununterbrochen gekocht wird. Nicht die beste Streaming-Entscheidung, wenn du seit vier Tagen nichts gegessen hast.

Die gesiebte Gemüsebrühe schmeckt noch trostloser, wenn du dabei zusiehst, wie zartes Fleisch, tomatige Nudelgerichte und saftiger Schokoladenkuchen zubereitet werden. Und verzehrt. Ob meine Frau es merkwürdig findet, wenn ich den Bildschirm ablecke?

26. Januar 2024, Berlin

6. 30 Uhr. Ich, das Sofa und ein Glas Wasser. Die Fasterei ist heute rum. Erster Aufbautag. Ich dürfte einen Apfel essen. Bin aber zu antriebslos, um in die Küche zu gehen und mir einen zu schneiden.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder bitte ich meine Frau, mir Apfelschnitzen zu machen. Das hätte aber so unangenehme Patriarchats-Mutti-Vibes. Oder ich faste weiter. Bis mein Körper so viel Keton produziert hat, dass ich euphorisiert und fastengeflasht in die Küche hüpfe und mir voller Tatendrang einen ganzen Obstsalat zubereite.

Ich überlege noch. Vielleicht kommt der Apfel irgendwann von selbst aus der Küche. Das wäre eine dritte Möglichkeit. Und die beste.

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19 Uhr. Meine Frau und ich stehen in der Küche und schnippeln kiloweise Karotten, Pastinake, Lauch, Broccoli und Blumenkohl. Für unsere erste größere Mahlzeit, die wir nach dem Fasten zu uns nehmen dürfen: Gemüsesuppe. Mild gewürzt. Oder am besten gar nicht. Um den Magen ganz sanft an normales Essen heranzuführen.

Ich bin kein großer Gemüsesuppe-Fan. Im Gegenteil. Böte mir jemand unter normalen Umständen Gemüsesuppe an, würde ich erwidern: „Vielen Dank, ich habe bereits gegessen!“ Die Umstände sind aber nicht normal, denn genau dies habe ich nicht getan. Gegessen. Seit fünf Tagen. (Außer vorhin einen Apfel und eine Banane.)

Daher greife ich mit großem Appetit zu und finde die Gemüsesuppe köstlich. Schmeckt wie das beste Essen der Welt. (Käsekuchen, Pizza und Nudeln schauen mich entrüstet an. Ich glaube, das Fasten hat mich gebrochen.)

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20.30 Uhr. Bei „The Bear“ wird ein neues Risotto-Gericht ausprobiert. Das wäre noch besser als Gemüsesuppe, denke ich. (Kampflos gebe ich mich nicht geschlagen!)

27. Januar 2024, Berlin

8 Uhr. Überlege auf dem Sofa, ob ich einen Kaffee trinken soll. Ein Gedanke, der mir vor einer Woche nicht in den Sinn gekommen wäre. Da wäre die Antwort so klar gewesen, dass sich die Frage gar nicht gestellt hätte.

Heute zaudere ich. Was, wenn mein Magen das noch nicht verträgt, mir schlecht wird und ich nie wieder Kaffee trinken will? Das Risiko ist mir zu hoch. Was wäre das für ein Leben? Ich möchte kein Mensch sein, der den Morgen mit einer „leckeren“ Tasse Kräutertee begrüßt. Dafür habe ich viel zu viel Respekt vor dem Morgen. Der kann einem immerhin den ganzen Tag versauen.

Esse erstmal einen Apfel, eine reife Banane und zwei Scheiben Dinkel-Toast. Nun sollte mein Magen gewappnet sein für Kaffeebohnen, Koffein und einen Schuss Milch.

Zu meiner Enttäuschung muss ich feststellen, dass der erste Kaffee nur so mittel schmeckt. Auf keinen Fall die geschmackliche Offenbarung, wie ich sie mir die letzten Morgen vorgestellt habe, während ich gezwungenermaßen an meinem Kräuter-, Früchte- oder Ayurveda-Tee nippen musste.

Der Kaffee ist nicht so kräftig und intensiv, wie ich ihn mir erträumt habe. Wenn das so bleibt, wird das schwierig mit dem morgendlichen Lebensgeisterwecken. Möglicherweise liegt es an der Maschine. Die war sieben Tag im Stillstand, ist aus der Übung und muss erst wieder lernen, wie man leckeren, wohlduftenden Kaffee kocht.

Oder meine Kaffeegeschmacksknospen sind, nachdem sie eine Woche nichts zu tun hatten, verkümmert und ich muss sie aus dem Fasten-Schlaf holen. Noch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass ich doch nicht zu einem Kaffee hassenden und Kräutertee liebenden Menschen mutiert bin.

28. Januar 2024, Berlin

Die Fastenwoche ist auch an meinen Spam-Mails nicht spurlos vorbeigegangen. Früher bekam ich Angebote für Viagra, Penis-Pumpen und gefälschte Luxusuhren.  In den letzten sieben Tagen hatten meine Spam-Mails dagegen folgende Betreffzeilen:

  • “Unlock strong vision: Try our natural eye dropper today”
  • “Do you have joint pain, swelling and stiffness?”
  • “Rebuild gums and teeth today”
  • “Is tinnitus dangerous?”
  • “Sleeping problems? ”
  • “How stretching helps your body”
  • “Discover a method for healthy blood sugar”
  • “Protect your memory now”

In der Prä-Fasten-Ära trauten mir die Spammer ein ausschweifendes Sexleben zu, dem lediglich durch ein paar Erektionsbooster und mit penisverlängernden Maßnahmen ein bisschen auf die Sprünge geholfen werden muss. Und mit ihren Fake-Chronometern könnte ich mich der Damenwelt als geldwerten und potenten Fuckbuddy präsentieren.

Jetzt halten die Spammer mich für ein ungelenkiges, vergessliches und diabetöses Wrack mit Schlaf, Seh- und Hörproblemen. Bei so einem Typen, denken sie, liegt so viel im Argen, da ist an orgiastische, sexuelle Aktivitäten überhaupt nicht zu denken.

„Leude, hier müssen wir erstmal Generalüberholung machen. Anschließend kümmern wir uns dann um den funktionsuntüchtigen Minipimmel.“


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Eine kleine Wochenschau | KW04-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


22. Januar 2024, Berlin

6.45 Uhr. Sitze auf dem Sofa und beginne langsam meinen Tag. Zumindest versuche ich es. Das ist gar nicht so einfach, wie es sich anhört. Heute startet unsere alljährliche Fastenwoche und da steht Kaffee auf der No-go-Liste. Für die die nächsten vier Tage gibt es nur Wasser und kein Brot, sondern Tee. Keine schöne Aussicht.

Ich verspüre Heißhunger. Immerhin habe ich seit zehn Stunden nichts gegessen. Kein Wunder, dass mir blümerant ist. Sicherlich bin ich hochgradig unterzuckert. Was natürlich Unsinn ist. Auch ohne Fasten läge meine letzte Mahlzeit zehn Stunden zurück. Trotzdem stünde ich da nicht kurz vor einem Schwächeanfall.

Frage mich, wie ich ohne Kaffee in den Tag starten soll. Wer weckt dann meine Lebensgeister? Bestimmt nicht das Glas Wasser, das neben mir steht. Und schon gar nicht der Waldfrucht-Tee, der mich vorwurfsvoll anschaut, weil ich ihn so langsam trinke.

Kaffee ist da anders. Kaffee ist wie ein guter Freund. Kaffee macht dir keine Vorwürfe. Kaffee hilft dir, ohne doofe Fragen zu stellen. Ich vermisse Kaffee.

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Familien-Gedöns der Woche (489)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine kleine Wochenschau | KW03-2024 (Teil 2)

Teil 1


17. Januar 2024, Berlin

Heute ist Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag. Ich glaube nicht, dass bei allzu vielen die guten Vorsätze zweieinhalb Wochen gehalten haben.

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Auf meiner Laufrunde durch den Volkspark Rehberge entdecke ich an einem Gitter einen Zettel. Werbung für einen Fotokalender. „TXL forever“. Mit Motiven vom Flughafen Tegel.

Ich habe meine Zweifel, ob der Volkspark Rehberge der richtige Ort ist, um einen Flughafen-Fotokalender zu bewerben. Eine gewisse räumliche Nähe zu Tegel ist zwar gegeben, aber Parkbesucher*innen stehen wahrscheinlich eher auf Bäume, Pflanzen und Natur und weniger auf Flughäfen, die nicht mehr in Betrieb sind. Da hat der Kalender-Anbieter einen ziemlichen Streuverlust mit seiner Volkspark-Rehberge-Marketing-Kampagne.

Darüber hinaus fehlt der Kampagne die nötige Breitenwirkung. Im ganzen Park hängt nur dieses eine Poster. Das nicht einmal ein Poster ist, sondern ein DIN A4-Ausdruck in einer Klarsichthülle. Um die Werbebotschaft bei den potenziellen Käufer*innen nachhaltig zu penetrieren, reicht das wohl nicht.

Für mich allerdings schon. Zuhause schaue ich mir die Etsy-Seite zu dem Foto-Kalender an. Die Bilder für die verschiedenen Monate sind nach meiner unfachmännischen Einschätzung nur bedingt künstlerisch wertvoll. Der Anbieter weist aber auch darauf hin, dass es sich lediglich um Schnappschüsse und keine professionellen Fotografien handelt. Deswegen kostet der Kalender auch nur 16,50 Euro.

Ich frage mich, wer sich so etwas kauft. Enthusiastischen Tegel-Fans, die sich Kalender mit Bildern des 2020 stillgelegten Flughafens in ihre Wohnung hängen, scheint mir eine sehr spitze Zielgruppe zu sein. Aber Geschmäcker sind ja sehr verschieden.

Ein Bekannter von mir hatte beispielsweise nie einen rechten Draht zu seinem Schwiegervater. Bis er ihm einen hochwertigen Bildband mit Aufnahmen von Landwirtschaftsmaschinen geschenkt hat. Beim gemeinsamen Anschauen der Bilder und Fachsimpeln über Traktoren, Mähdrescher und Erntemaschinen haben sie dann gebondet. Vielleicht würden die beiden sich über einen Flughafen-Fotokalender freuen.

18. Januar 2024, Berlin

Schaue nach dem Aufstehen aus dem Fenster. Das mit dem Schnee scheint erstmal zu bleiben. Toll.

Wobei Berlin, was die Schneemengen angeht, noch glimpflich weggekommen ist. In NRW hat es in den letzten Tagen mehr als 30 Zentimeter geschneit. Dort fällt in vielen Landkreisen die Schule aus. Berliner Schüler*innen empfinden das nicht als „glimpflich weggekommen”, sondern als himmelschreiende Ungerechtigkeit.

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Radio Eins berichtet, dass nach den Bauern nun die LKW-Fahrer in Berlin protestieren. Oder wie die Moderatorin sagt: „Nach den Treckern kommen die Brummis.“ Heute gäbe es eine Mahnwache in der Straße des 17. Junis und morgen eine Kundgebung am Brandenburger Tor. (Sicherlich wird ihm wieder gehuldigt.)

Durch die vielen Lastwagen in der Stadt sei mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen, erklärt der Nachrichtensprecher. Außerdem würden Bauen eine Autobahn-Auffahrt in Brandenburg blockieren. Wahrscheinlich fragt sich die letzte Generation gerade, wo sie sich noch hinkleben kann.

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Abends laufe ich vom Gendarmenmarkt nach Hause und komme an der LKW-Mahnwache vorbei. Die reicht von kurz hinterm Brandenburger Tor bis zur Siegessäule und dann noch ein größeres Stück der Altonaer Straße. Ungefähr drei Kilometer lang mit circa 500 Fahrzeugen.

Ab und an hupt einer der Lastwagen-Fahrer, einige andere stimmen dann mit ein. Ansonsten stehen viele Männer rum, ein paar Grillen und es wird Bier getrunken. Hat ein bisschen was von Betriebsausflug.

Ein paar Fahrer haben in einer rostigen Tonne ein Feuer entfacht, um sich zu wärmen. Ein Touristen-Pärchen stellt sich dazu und hält die Hände an die Flammen. „Is there a protest?“, fragt der Mann in gebrochenem Englisch. Nachdem du tausende Meter an einer Kolonne von riesigen Lastern vorbeigelaufen ist, die mit Postern, Transparenten und Bannern behängt sind, ist das ungefähr so, als stündest du vor einem brennenden Haus und fragst: „Is this house burning?“

Viele Fahrer stehen nicht draußen in der Kälte, sondern sitzen in ihren Brummis. Die Motoren lassen sie laufen, um sich an der Standheizung zu wärmen. Wenn ich das richtig verstehe, sind hunderte von LKW-Fahrern mit ihren Lastern durch ganz Deutschland nach Berlin gefahren und sitzen jetzt stundenlang mit laufenden Motoren bei ihrer Mahnwache rum und verbrauchen noch mehr Sprit. Da verliert das Argument, die Benzinpreise und die CO2-Bepreisung seien zu hoch, doch ein wenig an Glaubwürdigkeit.

19. Januar 2024, Berlin

Ich telefoniere mit der Tochter. Sie friert. Weil Gas so teuer ist, haben sie und ihre Mitbewohner*innen die Heiz-Zeiten eingeschränkt. Die Heizung wird nur zwischen 8 und 9, 13 und 14 und 20 und 22 Uhr angemacht. Dazwischen behelfen sie sich mit dicken Pullovern, Wärmflaschen und Tee.

Heute Abend würden sie alle zusammen weggehen, erzählt die Tochter noch. Irgendwie muss das eingesparte Heizgeld ja ausgegeben werden.

20. Januar 2024, Berlin

Habe heute Nacht geträumt und erinnere mich nach dem Aufwachen noch daran. Das passiert sehr selten. Im Traum stand ich im Supermarkt an der Kasse. Das Kassenband war sehr lang, bestimmt 25 Meter und voll mit Lebensmitteln. Nachdem ich bezahlt hatte, waren meine Einkäufe plötzlich alle verschwunden und unauffindbar.

Ich weiß nicht, ob das in die Kategorie Albtraum fällt oder mir mein Unterbewusstsein sagen will, ich solle gefälligst weniger essen.

21. Januar 2024, Berlin

Wenn die Bauern und die Brummi-Fahrer demonstrieren können, können wir das auch. Meine Frau und ich gehen zur „Zusammen gegen Rechts“-Demo am Bundestag. 100.000 andere auch. Keine Ahnung, ob das was bringt. Ich hoffe es.


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Eine kleine Wochenschau | KW03-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


15. Januar 2024, Berlin

Heute ist große Bauern-Demo am Brandenburger Tor. Als ich gegen 13 Uhr zum Supermarkt gehe, fahren vereinzelte Traktoren an mir vorbei. Monströs große Maschinen. Die Fahrer hupen immer mal wieder.

Keine Ahnung, was die hier wollen. Das Brandenburger Tor ist rund anderthalb Kilometer entfernt. Wahrscheinlich wollen die Bauern ihren Protest in die ganze Stadt tragen, damit das auch wirklich alle mitbekommen. Als wäre das nicht schon seit Tagen Nummer-1-Thema in allen Nachrichtensendungen, Zeitungen und im Internet. Du musst schon unter einem Stein leben, um von den Bauern-Protesten nichts mitzubekommen.

Vielleicht wissen die Bauern, die hier durch Moabit cruisen, auch einfach nicht, wie sie zum Brandenburger Tor kommen. Deswegen fahren sie den ganzen Tag verzweifelt durch Berlin und suchen ihre demonstrierenden Kollegen.

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Familien-Gedöns der Woche (488)

Die DSGVO, so beliebt wie Zitronat, Orangeat, Rosenkohl und Kapern. Daher auch diese Woche der Hinweis: Durch die eingebetteten Posts der diversen Social-Media-Plattformen können deren Betreiber wahrscheinlich irgendetwas herausfinden, was Sie im Internet so machen. Und zwar weil ich die Posts nicht hinter leserinnenunfreundlichen opt-in-Verfahren versteckt habe. Wenn Sie das nicht möchten, ziehen Sie am besten schnell weiter. Allen anderen viel Spaß beim Lesen.

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Wie jeden Freitag, das beste Familien-Gedöns der Woche. Auch diesmal ist die Auswahl gekennzeichnet durch Intransparenz, Subjektivität und Inkompetenz.

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Eine Prager Wochenschau | Tag 3 (06.01.): Wer zuletzt lacht, lacht zuletzt (Teil 2)

Teil 1


Im ersten Ausstellungsaum hängt ein riesiges Skelett eines Finnwals an der Decke. Finnwale werden über 20 Meter lang und wiegen fünf bis sieben Tonnen. Eine Information, die einem das gute Gefühl gibt, dass die zwei, drei überschüssigen Weihnachtskilo gar nicht so schlimm sind.)

Um zu veranschaulichen, wie groß so ein Finnwal ist, stehen in dem Raum eine Giraffe und ein Elefant. Die wirken gegen den Wal wie ein Rehpinscher und ein Chihuahua.

An einer der Wände kannst du dich über die Geschwindigkeit von Lebewesen informieren. Der Mensch liegt da nur im hinteren Mittelfeld. Er erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 45 km/h.

Das schnellste Tier der Welt ist der Gepard. Das wusste ich bereits. Der erzielt eine Spitzengeschwindigkeit von weit über 100 km/h. (Möglicherweise auch nur der Usain Bolt unter den Geparden.)

Für mich überraschend, belegen Rentiere einen der vorderen Plätze in der Schnellste-Lebewesen-der-Welt-Rangliste. Die kommen auf circa 80 km/h. Wahrscheinlich das Tempo, das nötig ist, um den Santa-Schlitten in die Luft zu bekommen.

Im nächsten Raum fotografiere ich das Modell eines Vogel Strauß. So ein Strauß ist eine ziemlich imposante Erscheinung. Ich bin 1,80 und muss zu dem Tier aufschauen. Zum Glück laufen im Schlosspark Charlottenburg oder im Volkspark Rehberge keine Strauße rum.

Vor allem weil der Schnabel eines Straußes ziemlich groß ist. Damit willst du keine abbekommen. Ein Strauß erreicht eine Geschwindigkeit von gut 70 km/h. Da sieht selbst Usain Bolt im Sprintduell alt aus.

Der letzte Raum der Evolutionsausstellung beschäftigt sich mit Tieren im Wasser. Unter anderem mit japanischen Riesen-Krabben. Die haben ihren Namen nicht ohne Grund. Die Beine der männlichen Exemplare sind über dreieinhalb Meter lang. Diese Krabbenart lebt im japanischen Pazifik. Damit ist Strandurlaub in Japan von meiner Liste möglicher Feriendestinationen gestrichen.

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Nach etwa drei Stunden verlassen wir das Nationalmuseum. Auf dem Heimweg kommen wir am Karlsplatz und dem Neustädter Rathaus vorbei. Dort fand vor 600 Jahren der Prager Fenstersturz statt. Eigentlich ein Fensterwurf, denn der Bürgermeister und die Ratsvertreter sind nicht durch Tollpatschigkeit, aus dem Fenster gepurzelt. Da mussten die Hussiten schon ein wenig nachhelfen. Anschließend gab erstmal fünfzehn Jahre Krieg.

1618 gab es einen weiteren Prager Fenstersturz. Anscheinend ist es in Prag ein sozial akzeptiertes Kommunikationsmittel, deiner politischen Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen, in dem du politische Gegner aus dem Fenster schubst.

Schauplatz des zweiten Prager Fenstersturzes ist die Prager Burg. Protestantische Ständevertreter bugsierten ein paar königliche Statthalter aus dem Fenster, in den 17 Meter tiefer gelegenen Burggraben. Das löste den 30-jährigen Krieg aus. Vielleicht sollten die Prager das mit der Fensterwerferei lieber lassen. Dabei kommt doch nichts Gutes rum.

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Für die Abendgestaltung hat sich meine Frau wieder etwas Besonderes ausgedacht. Kein weiteres Konzert, sondern sie hat Karten für den Metro Comedy Club besorgt. Dort findet heute die Wildcard-Ausscheidungsrunde für den „Prague’s funniest“-Wettbewerb statt. (Falls Sie sich jetzt fragen, wie viel Spaß wir an tschechischer Stand-up-Comedy haben werden: Die Auftritte sind auf Englisch.)

Die Show startet erst um 22.30 Uhr. Eine geradezu unchristliche Zeit, zu der ich normalerweise bereits im Bett liege.

Wir überbrücken die Warterei, indem wir unser Kniffelturnier zu Ende bringen. Der Sohn belegt den vierten Platz, obwohl beziehungsweise weil ihm das Kunststück eines Einhandkniffels der Herzen gelingt. Meine Frau wird Dritte und ich verteidige meinen gestrigen Vorsprung vor der Tochter und entscheide unser 2024er Urlaubskniffelturnier für mich.

Damit bin ich nun alleiniger Rekord-Urlaubskniffel-Champion. Mein größter sportlicher Erfolg neben dem Gewinn der Westerwälder U12 Judo-Kreismeisterschaft in der Gewichtsklasse bis 32 Kilo – außer mir gab es nur einen Teilnehmer, der im Finale über seine eigenen Füße stolperte – sowie einem siebten Platz unter 26 Läufern beim Berliner Vollmondhalbmarathon 2022.

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20.40 Uhr endet unsere Kniffelrunde. Noch knapp zwei Stunden bis zu unserem Comedy-Abend. Da können wir vorher noch ein wenig entspannen. Unsere Entspannung endet sehr abrupt, bevor sie überhaupt angefangen hat, als meine Frau einen Blick auf die e-Tickets wirft. Die Show startet nicht um 22.30 Uhr anfängt, sondern endet um diese Zeit. (Auch Stand-up-Comedians wollen vor Mitternacht ins Bett.)

Beginn des Comedy-Abends ist 21 Uhr. Die Fahrt zur Location dauert mit der Straßenbahn und einmal umsteigen 18 Minuten. Das heißt, wir schaffen es nicht pünktlich. Das ist sehr misslich, denn zu spät bei einem Stand-up-Auftritt zu erscheinen, garantiert, dass du zur öffentlichen Zielscheibe von Spott und Witzen wirst.

Mit Bolt dauert die Fahrt laut App nur zwölf Minuten. Michal, unser Fahrer, unterbietet die Zeit sogar um eine Minute. Er setzt uns um 20.57 Uhr vor dem Metro Comedy Club ab. Aus Dankbarkeit gibt der Sohn ihm seinen 100-Kronen-Schein, den er gestern Abend als Rückgeld in einem Prager Späti erhielt. Damit verdoppelt er fast das Fahrgeld.

Beim Einlass stellt sich heraus, dass unsere Unpünktlichkeitsangst unbegründet war. Die meisten Besucher*innen – und Comedians – tummeln sich noch an der Theke, um mittels Bier sicherzustellen, dass der Abend auch wirklich lustig wird.

Der Veranstaltungsraum befindet sich im Keller. Die Einlasserin fragt uns, ob wir gerne in der noch freien ersten Reihe sitzen möchten. Möchten wir selbstverständlich nicht. So viel Selbsthass besitzen wir nicht, uns freiwillig nach vorne zu setzen, wo dich die Comedians in Gespräche verwickeln, in denen sie zur Belustigung des restlichen Publikums Witze auf deine Kosten reißen.

Entsprechend setzen wir uns möglichst weit nach hinten. Was immer noch ziemlich nah an der Bühne ist, denn der Raum bietet nur Platz für 50 bis 60 Leute.

Bevor es losgeht, bleibt noch genügend Zeit, dass der Sohn und ich oben an der Theke Bier holen. Ich runde den Betrag, den mir die Frau hinterm Tresen nennt, auf 200 Kronen auf und hoffe, dass ich damit circa zehn und nicht nur ein Prozent Trinkgeld gebe.

Auch ohne dass wir in der ersten Reihe sitzen, werden an dem Abend erstaunlich viele Witze über Deutsche gemacht. Der zweite Teilnehmer ist sogar Deutsch-Türke. Ein Deutsch-Türke, der in einer tschechischen Kellerbar englische Stand-up-Comedy macht. Mehr Globalisierung geht nicht.

Den Wettbewerb gewinnt verdientermaßen Jemanja. Ein hünenhafter, bärtiger Serbe, der sich ausführlich über seinen neuen Premium-Mixer auslässt, den er nach der Geburt seines Kindes angeschafft hat. Zu seinem Bedauern kann er mit niemandem über den Mixer sprechen. Seine Frau redet lieber über Politik und Kultur, für eine Unterhaltung mit seinen Kumpels ist das Thema zu unmännlich. Es hat schon seinen Grund, dass es zwar Motorrad-Gangs, aber keine Mixer-Gangs gibt.

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Zurück in unserer Unterkunft packen wir die Koffer und bereiten Proviant für die morgige Heimreise vor. Jetzt müssen wir morgen nur noch daran denken, am Bahnhof unbedingt ein paar Kühlschrank-Magnet zu besorgen. Denn wenn du von einer Reise keinen Kühlschrank-Magneten mitbringst, hat sie im Prinzip nicht stattgefunden. Und das wäre sehr schade.


Die kompletten Beiträge der Prag-Reise finden sie hier:



Eine Prager Wochenschau | Tag 3 (06.01.): Wer zuletzt lacht, lacht zuletzt

Wir sind kurzverreist. Nach Prag. Hier gibt es den Bericht. Nicht ganz live, aber dafür in Farbe und 8k. Falls Ihnen Ihre Lebenszeit nichts wert ist und Sie alle Prag-Beiträge lesen möchten, werden Sie hier fündig.


Meine morgendliche Laufrunde führt mich an der O2-Arena vorbei. Ein Display über dem Eingang kündigt einen Auftritt der Jonas Brothers an „5 Albums in 1 show!“ Ich frage mich, seit wann Magier Platten aufnehmen. Und dann gleich fünf Stück.

Es dauert ungefähr zwei Kilometer, bis mir einfällt, dass das mit der Zauberei nicht die Jonas, sondern die Ehrlich Brothers sind. Eigentlich heißt es, dass körperliche Ertüchtigung die Durchblutung des Hirns fördert und gut fürs Denkvermögen ist. Anscheinend muss ich noch sehr viel mehr Sport treiben.

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Eine Prager Wochenschau | Tag 2 (05.01.): Essen wie die Tschechen (Teil 2)

Teil 1


Nachdem wir unsere kulinarische Fortbildung abgeschlossen haben, gehen wir durch die Altstadt in Richtung Karlsbrücke. Dort in der Nähe ist die Buchhandlung „Shakespeare & Sons“, die auf den Seiten von „Mit Vergnügen“ empfohlen wurde.

Als wir die Karlsbrücke erreichen, ist es schon später Nachmittag. Im Vergleich zum gestrigen Donnerstag ist der Besucher*innen-Andrang heute noch einmal bedeutend. Unzählige Menschen drängen sich an den beiden Geländer-Seiten, um Touri-Selfies mit den Heiligen-Figuren oder der Prager Stadt-Silhouette zu schießen. Zum Glück haben wir das gestern bereits erledigt.

Bei „Shakespeare & Sons“ gibt es auf zwei Etagen Bücher aus allen Genres, hauptsächlich auf Englisch. Die Regale reichen bis zur Decke, eine Systematik ist nicht zu entdecken und billige Taschenbuch-Ausgaben stehen direkt neben hochwertigen Hardcover-Büchern.

In einem kleinen Raum entdecke ich eine Sonder-Edition zu Klassikern der Literaturgeschichte. Von Homers „Illias“ über Tolstois „Krieg und Frieden“ bis hin zu Orwells „1984“. Eine etwas männerlastige Auswahl, aber die Einbände sind aufwändig und ansprechend gestaltet. Vielleicht sollte ich die insgesamt über 30 Büchern alle kaufen. Nicht weil ich sie lesen will, aber sie sind hübsch anzusehen und würden sich gut in unserem Bücherregal. (Außerdem würden Gäste dann denken, ich hätte die Bücher tatsächlich gelesen und das ist bekanntlich fast so viel wert, wie sie wirklich gelesen zu haben.)

Nach einer guten halben Stunde verlassen wir „Shakespeare & Sons“. Draußen stellen wir fest, dass wir den Sohn verloren haben. Mit 17 ist er in einem Alter, in dem wir deswegen nicht in Panik verfallen müssen. Meine Frau ruft ihn einfach an.

Der Sohn befindet sich noch in der Buchhandlung. Erstaunlich. Er hat es sich im Untergeschoss auf einem Sofa bequem gemacht. Das klingt schon mehr nach ihm. Er erklärt, er müsse nur noch eine Seite Foucault zu Ende lesen, dann käme er. Okay?

Noch eine Seite Foucault zu Ende lesen? Freiwillig? Ich habe Fragen. Ist das unser Sohn? Oder wurde er von Aliens ausgetauscht? Oder wurde er entführt und will uns signalisieren, dass etwas nicht stimmt?

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Als der der Sohn seine Foucault-Lektüre beendet hat, gehen wir an der Moldau entlang in Richtung zum „Czech Design Shop“. Der ist ebenfalls eine Empfehlung von „Mit Vergnügen“ und bietet, wie der Name vermuten lässt, tschechische Design-Produkte an. Richtig originell fände ich es, gäbe es dort ausschließlich in Asien produziertes Plastikspielzeug. Gibt es aber nicht. Sondern Geschirr, Gläser, Tassen, T-Shirts, Postkarten, Taschen und Schmuck.

Die Einrichtung des „Czech Design Shops“ ist ebenso minimalistisch wie die dortigen Produkte. Die Preise allerdings nicht. Somit belassen wir es beim nur anschauen und verzichten auf den Kauf einer Tasse. (Unser Bankkonto nicht zustimmend.)

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Auf dem Heimweg gehen der Sohn und ich noch schnell einkaufen. Diesmal wirklich in einem tschechischen Supermarkt. Der heißt allerdings Albert, was sich nicht gerade super tschechisch anhört. Aber ich bin diesbezüglich kein Experte. Unter Umständen ist das ein sehr populärer Name in Tschechien, nur dass kein berühmter Tscheche so heißt.

Vielleicht heißt der Supermarkt-Gründungsvater Albert und bürgt wie der hippe Claus mit seinem guten Namen für Qualität und Einkaufserlebnis. Oder Albert ist ein tschechisches Akronym für „Die besten Produkte zu günstigen Preisen.“

Bei Albert ist es etwas geräumiger und vor allem ordentlicher als bei LIDL und bei BILLA, wo wir in den letzten beiden Tagen waren. Wobei das auch keine allzu hohe Messlatte ist.

Möglicherweise ist es bei Albert etwas teurer, aber das vermag ich nicht abschließend beurteilen. Bei den tschechischen Kronen und den hohen Beträgen habe ich keinen rechten Überblick. In einem Supermarkt kostet die Butter 2,345 Phantastilliarden, indem anderen 2,361 Phantastilliarden. Oder umgekehrt.

Wir haben alle Einkäufe beisammen und gehen zur SB-Kasse. An der scheitern wir fast. Nach dem ersten Produkt – eine Flasche Cola (nicht Kofola) – leuchtet auf dem Display ein roter Punkt auf.

Eine Supermarktangestellte kommt, um sich dem Problem anzunehmen. Sie ist circa Ende 50 und schaut uns missbilligend an. Sie kann kein Englisch und wir kein Tschechich. Das macht die Kommunikation herausfordernd.

Die Frau gestikuliert wild. Sofern ich ihre Pantomime richtig interpretiere, dürfen wir den Bereich rechts von der Kasse, wo die eingescannten Waren abzustellen sind, unter keinen Umständen berühren.

Mir ist schleierhaft, wie das funktionieren soll. Tut es auch nicht. Der rote Punkt leuchtet noch zweimal auf. Beim zweiten Mal sind Gestik und Mimik der Supermarktangestellten so barsch, dass dagegen Eiskunstlauftrainerinnen der 80er Jahre als warmherzige und zugewandten Menschen gelten können. Hier können wir uns also nie wieder blicken lassen.

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Unermüdlich und unerschütterlich optimistisch unternehme ich nach Trdelnik und Kofola einen weiteren Versuch, mich unserem Gastland durch den Verzehr einheimischer Produkte anzunähern. Dazu habe ich im Supermarkt tschechische Schokolade gekauft.

Sie heißt Mléčná und wenn ich die blaue Verpackung richtig deute, handelt es sich um Vollmilch-Schokolade. Zumindest würde es mich bei dem abgebildeten Milchkrug überraschen, wenn es Traube-Nuss-Schokolade wäre.

Geschmacklich liegt Mléčná, wie schon Kofola, am unteren Ende der Zumutbarkeits-Skala. Wir können nicht genau benennen, was uns stört, aber wir verziehen alle nach dem ersten Bissen das Gesicht. Das sollte nicht passieren, wenn du Schokolade isst.

Mir ist schleierhaft, wie man es überhaupt hinbekommt, dass Schokolade nicht schmeckt. Schokolade besteht hauptsächlich aus Fett, Zucker, Milch und Kakao. Da kann eigentlich nichts schiefgehen. Zur Ehrenrettung der tschechischen Schokoladenindustrie sei erwähnt, dass die Tafel ganz unten im Regal lag, kurz über dem Fußboden. Da liegt bekanntlich in den seltensten Fällen die Premiumware. Von daher möchte ich nicht ausschließen, dass auch leckere tschechische Schokolade existiert, die ich erst noch finden muss.

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Erfreulicher als das Schokoladenexperiment verläuft unsere abendliche Kniffelrunde. Zumindest für mich. Ich verwandle meinen Sechzig-Punkte-Rückstand gegenüber der Tochter in einen 130-Punkte-Vorsprung.

Ich möchte nicht voreilig sein, kein Bärenfell vor der Jagd verteilen und den Tag nicht vor dem Abend loben. Außerdem weiß ich selbstverständlich, dass man sich nicht zu früh freuen soll, am Ende abgerechnet wird und die Ente hinten kackt. Aber 130 Punkte sind schon ein sehr komfortabler Vorsprung.

Hoffentlich finde ich morgen in der Stadt einen Copy-Shop, in dem ich mir ein T-Shirt bedrucken lassen kann: „Kniffel-Champion Prague 2024: It’s coming home!“


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